869 n. Chr.

Wenn Rom an erster Stelle steht, weil es den ersten Apostel als Bischof aufnahm, so wird Antiochaia eher den Vorrang haben. Denn der Apostel Petrus war Bischof von Antiochaia, bevor er in Rom war. Ferner, wenn Rom (diesen Anspruch erhebt) wegen des Apostelfürsten, der zuerst die Laufbahn des Märtyrers vollendete, hätte mit viel mehr Recht Jerusalem vor Rom den Vorrang. Ferner, wenn die Bischofsstühle ihren Vorrang von der Qualität ihrer Inhaber ableiten, wird da nicht Jerusalem glänzend über alle den Sieg davontragen Denn er selbst, der Schöpfer und Herr des Petrus und von uns allen zusammen, der erste und große Erzpriester, die Quelle alles Lebens und auch des bischöflichen Ranges, wurde dort geboren, hielt sich dort auf und opferte sich freiwillig für das Heil der Welt.

Ferner, wenn Rom seinen Vorrang durch den Apostelfürsten zu begründen sucht, so gebührt Byzanz der Vortritt durch den erstberufenen Andreas, den älteren Bruder des Petrus. Denn viele Jahre früher übernahm er den Bischofsstuhl von Byzanz, als sein Bruder Bischof der Römer wurde.

Wenn man mir aber den Ausspruch vorhält: „Du bist Petrus und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen usw.“, so wisse, daß sich das nicht auf die römische Kirche bezieht. Geh weg! Denn das ist jüdisch und engherzig, die Gnade und Göttlichkeit der Kirche auf Teilgebiete und Plätze zu beschränken und sie nicht für die ganze Oikumene in gleicher Weise wirksam werden zu lassen. Aber auch die Worte 'Auf diesen Felsen', - wie könnte sie einer, wenn er auch sehr dreist wäre und die Schamlosigkeit für Ruhm hielte, gewaltsam dahin auslegen, sie seien von der römischen Kirche gesprochen? Es ist klärlich von dem Felsen gesagt, auf dem die übereinstimmende Lehre von Christus beruht und hiermit von der ganzen Kirche, die durch die Lehre der Apostel bis an die Grenzen der Erde ausgebreitet und fest begründet wurde. Wir bekennen auf Grund der Belehrung durch die heiligste und ehrwürdige Definition, daß der Heilige Geist zu dieser Kirche durch die Fanfaren der Propheten in frommer Auslegung auf die eine katholische und apostolische Kirche beziehen, nicht auf eine des Petrus oder auf eine römische, wie es die römische Unbildung in ihrem leeren Geltungsbedürfnis haben möchte.

Quelle: Rhalles-Potles, Syntagma ton theion kai hieron, Bd. 4 Athen 1854, 409 f. übersetzt von Herbert Hunger