Pauli, Simon - Predigt über das Evangelium am andern Sonntage des Advents.

Pauli, Simon - Predigt über das Evangelium am andern Sonntage des Advents.

(Postilla. Magdeb. 1574. f. Fol. 12.)

Text: Luc. 21 (v. 25-36).

Es schreibt der heilige Hieronymus in einer Epistel an etliche Klosterjungfrauen, dass er täglich, wenn er des Morgens aufstehe aus seinem Bette, und des Abends sich niederlege, item, wenn er esse, trinke, lese, schreibe oder etwas Anderes fürhabe, ihm stets für die Augen stelle das Bild des jüngsten Gerichts, darauf der Sohn Gottes, unser Herr Jesus Christus, erscheinen wird ein gerechter Richter der Lebendigen und der Todten, und lasse ihm immerdar in seine Ohren klingen diese Stimme des Sohnes Gottes, die er alsdann wird erschallen lassen: Stehet auf, ihr Todten, stehet auf und kommt für Gericht und gebet Rechenschaft. Wenn auch wir allesammt dasselbige Bild des jüngsten Gerichts uns gleicher Gestalt stets vor die Augen stelleten und dieselbige Stimme des Sohnes Gottes in unsere Ohren klingen liessen, wäre hoch und von Herzen zu wünschen. Denn wenn uns das Bild des jüngsten Gerichts täglich vor den Augen stände, und wir immer gedächten an die Stimme des Sohnes Gottes, damit er Die, so da liegen und schlafen im Staube der Erden, aufwecken und zugleich mit Denen, so in seiner Zukunft leben und überbleiben werden, zu sich wird fordern und laden, dass sie das letzte Urtheil anhören und empfahen, so würde nimmer sein eine solche Freiheit zu sündigen in den Sichern und Gottlosen, und wiederum eine solche grosse Traurigkeit und Wehklagen in den frommen Gottseligen, die durch das Kreuz bewähret worden. Wenn die gottlosen Sicheren alle zeit ihre Augen hinrichteten und sähen auf die Zukunft des Herrn zum jüngsten Gericht, darauf Himmel und Erde wird brennen wie ein Feuerofen und, als ST. Petrus schreibt 2. Petri 3, die Himmel zergehen mit grossem Krachen, die Elemente aber für Hitze zerschmelzen, und die Erde und die Wasser, die drinnen sind, verbrennen, und ihnen würden zu Gemüthe führen und zu Herzen nehmen die Stimme des Sohnes Gottes, dadurch er Alle, wenn er wird sitzen auf dem herrlichen Throne seiner Majestät, wird ansprechen, dass sie ihm, dem rechten Richter, auch von jedem unnützen Wort sollen Rechenschaft geben: so würden sie hiedurch, als von einem gräulichen Blitzen und schrecklichen Donnerschlag für den Kopf geschlagen, erschrecken und gedenken: Es will der Weg nicht hinaus mit den Sünden, wir müssen anders leben und die Unzucht, Fressen, Saufen, Schinderei, Wucher, Maulschänderei fahren lassen, weil es mit dem jüngsten Gericht, da wir sollen Rechenschaft geben, also wird zugehen. Wenn der Trunkenbold die Augen immer schlüge auf das jüngste Gericht und ihm in den Ohren klingen liesse diese Stimme: Stehet auf, ihr Todten, stehet auf und kommt für das jüngste Gericht! so würde er die Kandel, darin das Bier ist, das er säuft, wohl etliche Mal niedersetzen, ehe er sie zum Maul hübe und aussöffe. Wenn die leichtfertigen Maulschänder würden bedenken das jüngste Gericht, dass sie da sollen Rechenschaft geben von einem jeden unnützen Worte, so würden sie ein jegliches Wort wohl erwägen und wohl tausend Mal im Maul umkehren, ehe sie es ausredeten. Hingegen würden noch könnten viel fromme, gottselige Leute, die im Kreuz stecken, nicht so traurig sein von wegen ihrer Trübsal, die zeitlich und leicht ist, wenn sie des jüngsten Gerichtes eingedächtig, würden ihre Häupter aufheben nach dem Himmel und von dannen ihres Erlösers Jesu Christi und mit ihm der Erlösung von allem Unglück warten. Sie würden ihnen ohne allen Zweifel ihr Herzeleid linder machen durch diese Gedanken: Ach, was bist du so traurig? Was verzehrst du dich mit vergeblichen Sorgen, die doch nirgends zu nütze sind, denn dass sie Einen vor der Zeit aufreiben und tödten? Weisst du doch, dass dein Erlöser Jesus Christus bald zum jüngsten Gerichte erscheinen wird, welcher alle Deine Traurigkeit in ewige Freude wird verkehren. Hieran aber mangelt es, und ist dies die Ursache, dass in den Gottlosen eine solche schreckliche Sicherheit und eine solche teuflische Bosheit und Frechheit ist, allerlei Schande und Laster zu üben, hiergegen aber in vielen Gottseligen, die im Kreuz leben, eine solche grosse Traurigkeit, dass sie ihnen nicht vor die Augen stellen das jüngste Gericht und eingedächtlich sind dieser Stimme, so der Sohn Gottes wird wie eine Posaune schallen lassen: Stehet auf, ihr Todten, stehet auf und kommt für das jüngste Gericht und gebet mir Rechenschaft Derhalben verkündiget der Sohn Gottes, unser Herr Christus, im heutigen Evangelio aus dem 21. Capitel Lucä und anderswo, nicht allein, dass das jüngste Gericht kommen werde, sondern zeigt auch daneben an gewisse Zeichen, so da werden vorher gehen, dadurch alle Menschen sollen überzeuget werden, dass sie gläuben, der jüngste Tag werde gewiss erfolgen und nicht aussenbleiben. Und weil solche betrübte Zeit wird sein für der Zeit des Gerichtes, als nicht gewesen ist seitdem, dass Leute auf Erden gelebet haben, thut er hinzu vom Trost, den die Christen gegen solch Elend halten und haben sollen, hängt auch letztlich hinan eine Vermahnung an sie, dass sie alle Zeit wacker sein und beten, auf dass sie würdig werden mögen, zu entfliehen dem Unglück und zu stehen vor des Menschen Sohn. Demnach sind drei fürnehme Stücke des heutigen Evangelii. Das erste von den Zeichen, die da sollen vor dem jüngsten Gericht vorhergehen. Das andere von dem Trost gegen das Unglück und Elend, so für dem jüngsten Tage sein wird. Das dritte eine Vermahnung, dass man sich hüten solle für Fressen und Saufen und Sorge der Nahrung und dagegen wachen solle und beten, auf dass man entfliehen möge dem Allen, das geschehen soll, und stehen für des Menschen Sohn.

Das erste Stück.

Es werden Zeichen geschehen.

Nachdem viele Leute zweifeln am jüngsten Tage, ob er werde kommen oder nicht (wie hievon nach der Länge gesagt ist im Evangelio, welches Domicica 26. nach Trinitatis gepredigt wird), so verkündigt der Herr Christus allhie gewisse Zeichen, die zuvor sollen vorhergehen und geschehen, auf dass ein Jeder daraus wissen und schliessen könne, es werde der jüngste Tag mit Nichten ausbleiben, sondern gewisslich kommen. Es mischt aber unter einander und thut zusammen der Herr die Zeichen, so für der Zerstörung Jerusalems und für dem jüngsten Gericht sollen vorhergehen, weil sei einerlei sind und gleichen Ausgang (was das Unglück und Elend belangt) haben und gewinnen werden.

An der Sonne.

Das ist zu verstehen zum Ersten von den vielen Finsternissen, so an der Sonne geschehen sollen. Obwohl aber die Finsternisse der Sonne ihre Ursachen haben in der Natur, sintemal die Sonne von Gott also erschaffen, dass sie verfinstert wird, wenn in neuem Licht der Mond sich gerade unter sie setzt und also ihr Licht aufnimmt und demselbigen wehret, dass es nicht zu den Menschen, so an gewissen Örtern auf der Erde sind, kommen, noch scheinen kann, und derwegen von den Mathematicis viele Jahre zuvor, ehe sie geschehen, können zukünftig auf gewisse Jahre, Monate, Tage, Stunden und Minuten verkündigt werden: so bedeuten sie dennoch alle Zeit grosse Strafen und Unglück, wie die Historien von Anfang her Solches bezeugen. Als Xerxes, der Perser König, wider die Griechen zu streiten führete eilf mal hundert tausend Mann zu Wasser und Lande, geschah eine grosse, gräuliche Finsterniss, davon der Admiral oder oberste Schiffmann übel erschrak. Da Solches der König siehet, hielt er ihm ein Gewand oder Tuch vor die Augen und fragt ihn darauf, ob seinen Augen auch etwas Übles hiedurch widerführe. Als hierauf der Schiffmann oder Admiral Nein spricht, antwortet ihm der König: Also widerfährt auch der Sonne nichts Böses, ob sich schon der Mond wie ein Gewand oder Tuch dafürgesetzt hat. Nun widerfährt wohl der Sonne kein Böses, wenn sie verfinstert wird; aber den Menschen auf Erden verkündigt sie hiedurch etwas Böses und viel Unglücks, wie die Historie von diesem Könige Xerxe bezeuget, dass er hernach zu Wasser und Land gräulich geschlagen und von den Griechen überwunden sei. Weil auch Sonne, Mond und Sterne von Gott erschaffen sind, dass sie nicht allein Tage und Jahre, sondern auch Zeichen geben sollen, wie Genes. 3. ausdrücklich geschrieben stehet, so ist’s gewiss auch aus Gottes Wort, dass die Finsternisse an der Sonne und Mond Zeichen sind, die alle Zeit etwas Sonderliches von grossem Unglück bedeuten. Demnach, weil zu dieser unserer Zeit mehr Finsternisse geschehen, als etwa vormals gewöhnlich gewesen, ist kein Zweifel, dass sie Zeichen und Vermahnungen sind von dem jüngsten Tage und von dem mannichfaltigen, erschrecklichen Jammer, Elend und Unglück, so vorhergehen werden. Zum Andern, obwohl nur eine Sonne von Gott erschaffen und wahrhaftig nur eine ist, so lässet es sich doch oft also ansehen um die Sonne, als wären ihrer mehr, zwei oder drei, wie Anno 1566 eben auf diesen Tag, als der ehrwürdige und selige Doctor Johannes Bugenhagen Pommer dies Evangelium predigte, und auf dem Predigtstuhle stand, wurden zu Wittenberg nach dem Elbthore hinaus erschrecklicher Weise drei Sonnen gesehen, wie auch den folgenden Sommer darnach drei erschienen am Mittage. Zum Dritten hat die Sonne zu dieser Zeit nicht so grosse Kraft, was ihr helles Licht und auch ihre Wirkung in die untersten Creaturen angeht, als sie noch vor wenig Jahren, so die Alten gedenken, gehabt hat. Denn gleich wie an alten Leuten zu ersehen, dass sie an Kräften täglich schwächer und die Augen ihnen immer dunkeler werden, als verleuret die Sonne (so der Welt Auge ist) in diesem grossen und äussersten der Welt und aller Dinge Alter für dem jüngsten Tage täglich je mehr und mehr ihren Glanz zu scheinen und ihre Kraft zu wärmen. Denn die liebe Sonne jetzt so helle nicht scheinet, auch so kräftig nicht wärmet, als sie zuvor gethan hat. Zum Vierten, nachdem die Sonne (der Welt Auge, wie angezeiget) die erschrecklichen Sünden und Laster, so nun unverschämt von dem mehreren Theil der Menschen geschehen, nicht wohl mehr kann länger ansehen, macht sie aus den Feuchtigkeiten, so sie von der Erde in die Luft zeugt, Wolken, in welche sie ihren Kopf gleich einwickelt. Bisweilen thut sie den Vorhang der Wolken hinweg, darinnen sie ihren Kopf hatte, und siehet die Leute auf Erden über die Seite an, auf dass sie erfahre, was geschehe, ob auch Besserung erfolgt. Von Stund an aber, wenn sie siehet, dass so unzählig viel schändliche Laster geschehen, erschrickt sie, als wenn Einer für den Kopf geschlagen wird, und wickelt ihr Haupt wiederum in die Wolken. Denn die Sonne sich nun so oft nicht Tage unter den Wolken verborgen, und wenn die Sonne ihren Willen hätte, würde sie hinfort den gottlosen Leuten nicht mehr scheinen von wegen der Unzucht, Fressen, Saufen, Mord und Blutvergiessens in Kriegen und anderer Bosheit, wenn sie Gott nicht zwänge, dass sie gleich wider ihren Willen der Eitelkeit muss unterworfen sein, wie wir hernach aus dem 8. Capitel zu den Römern hören werde.

Und Mond.

Das andere Zeichen wird genommen von dem Mond. Was aber von der Sonne gesagt ist, Das kann auch auf den Mond gedeutet werden. Denn nun mehr Finsternisse des Mondes geschehen, als vormals. Es werden auch mehr denn ein Mond gesehen. Desgleichen der Mond nimmt ab am Schein und an Kräften und scheint nicht so oft als zuvor, weil er den Kopf in die Wolken hineinwickelt und windet, damit er die Sünden, Bosheit und Laster, so auf Erden fast bei Jedermänniglich sich begeben und zutragen, nicht sehen möge noch könne.

Und Sternen.

Das dritte Zeichen wird genommen von den anderen Sternen, welche, wenn sie schiessen, oder als fielen sie angesehen werden, durch Feuchtigkeit, die sie aus der Erde ziehen, von wegen der Sünde und Laster, die Leute, mit Urlaub, bespeien. Denn die Sterne, so ungleich viel grösser sind, als die Erde, fallen nicht, sondern sie speien nur die Leute an durch stinkende, böse Feuchte, aus der Erde gezogen. Wenn du auch nun siehest, dass die Sterne schiessen, so sollst du gedenken, dass sie die Leute anspeien. Zum Andern machen sie auch einen Vorhang von Wolken für ihre Augen, dass sie nicht ansehen wollen noch können die Bosheit, Schande und Laster, so des Nachts geschehen mit Fressen und Saufen, mit Ehebruch und anderer Unzucht, durch schändliches Tanzen, Hofiren, Springen und Singen, durch Maulschänderei, durch unzüchtige Geberde und dergleichen. Bisweilen thun sie auch wie die Sonne und Mond den Vorhang der Wolken von ihren Augen hinweg und sehen zu, was geschieht; aber bald verbergen und verstecken sie sich wiederum in den Wolken von wegen der Schande und Laster, so auf der Erde geschehen. Zum Dritten sind auch scheussliche und unglückselige Zusammenkünfte und Wiederschein der Planeten, so uns auch den Zorn Gottes und das zukünftige Unglück verkündigen. Matth. 24. steht geschrieben, dass die Sterne vom Himmel fallen auf die Erden, und in der Offenbarung Johannis am 6. Capitel: Die Sonne ward schwarz wie ein härener Sack, und der Mond ward wie Blut, und die Sterne des Himmels fielen auf die Erde, gleich wie ein Feigenbaum seine Feigen abwirft, wenn er vom grossen Winde beweget wird. Die Sonne bedeutet den Herrn Christum, der Mond bedeutet die Kirche, die Sterne bedeuten die Lehre in der Kirche. Die Sonne wird schwarz, das ist, die Lehre von Christo, welcher ist die Sonne der Gerechtigkeit, so erleuchtet alle Menschen, die in die Welt kommen, wird bei dem grössten Theile des menschlichen Geschlechts verfinstert und durch Dunkelheit der Irrthümer bedeckt. Der Mond wird wie Blut, das ist, die Kirche, so von der Sonne der Gerechtigkeit, Jesu Christo, das Licht der wahren Lehre empfähet (wie der Mond, so kein eigen Licht hat, sein Licht von der Sonne nimmt), wird durch die vielseitigen Ketzereien und Corruptelen scheusslich deformiret und wie blutig zugerichtet, weil sie mangeln und entrathen muss des Lichts der wahren Lehre, von Christo gepredigt, wie der Mond, wenn er zur Zeit der Finsterniss, da es ihm mangelt am Licht der Sonne, welches die Erde, so sich gerade setzet zwischen die Sonne und zwischen den Mond, aufnimmt, schwarz, blutig wird. Zu Dem so wird auch die Kirche blutig gemacht durch das Würgen und Morden der Christen, so in Frankreich, Niederland und an anderen Örtern die nächsten Jahre daher geschehen ist und noch täglich begangen wird. Die Sterne fallen vom Himmel, das ist, die fürnehmen Lehrer in der Kirche, so herrlicher leuchten und scheinen, als andere, von wegen ihrer Geschicklichkeit, Wohlberedenheit und guten Namens, verlassen die wahre, reine, gesunde Lehre, so Christus aus dem Himmel gebracht hat, weichen ab von der Gemeinschaft der Kirche und fallen in erschreckliche, scheussliche, gräuliche Irrthümer, wie die vornehmsten Lehrer zu dieser Zeit, so da von wegen ihrer Kunst und Wohlberedenheit, auch scheinlichen Lebens das grösste Ansehen haben und als herrliche Sterne in der Kirche leuchten, in den der Vernunft annehmlichen, begreiflichen und scheinlichen Irrthum der Lehre vom Nachtmahle des Herrn (von Christo gelehret und durch das theure Werkzeug Gottes Lutherum aus Gnaden recht erkläret) als blind und ohne Witz schrecklich dahinfallen und unzählich viele andere Zuhörer in denselben Irrthum mit sich ziehen. Ebendasselbige geschieht auch in anderen fürnehmen Stücken unserer christlichen Religion, davon viele Irrthümer und Corruptelen nicht von Ungelehrten, sondern von den Berühmtesten ihrer Geschicklichkeit halben, erregt sind worden, und noch als recht vertheidigt werden.

Auf Erden wird den Leuten bange sein.

Das vierte Zeichen, von der Bangigkeit, versteht Lutherus von geistlicher Traurigkeit, welche herkommt aus den mancherlei Secten und Rotten, dass die Leute nicht wissen, wie sie es machen sollen, damit sie mögen selig werden, und geht hiemit auf’s Papstthum, darin die Gewissen für Gottes Zorn gegen die Sünde erschrocken, durch Menschenlehre wie in einem Henkershause auf der Reckebank sind gemartert und geängstigt worden, also, dass ihrer Viele (wie Gerson schreibet), in Verzweiflung gestorben und umgekommen, sintemal aus den Klosterwerken, Vigilien, Messen und anderen von den Papisten errichteten falschen Gottesdiensten kein heilsamer, wahrhaftiger Trost, der im Gerichte Gottes den Stich halten könnte, zu überkommen war. Es sind auch die nächsten Jahre daher Viele in unseren Kirchen gewesen und sind noch Etliche, welche, ob sie wohl täglich gehöret und hören den lieblichen, angenehmen Trost des Evangelii von Vergebung der Sünden, so aus Gnaden geschieht und von der Barmherzigkeit Gottes, die mächtiger sei als alle Sünde und sie weit übertreffe, dennoch in grosse, erschreckliche, gräuliche Anfechtungen und mit der Verzweiflung in einen harten Kampf gerathen, dass sie bei sich disputiret haben und noch disputiren, ob sie einen gnädigen Gott haben, der ihnen ihre Sünde vergeben wolle, und ob sie können selig werden etc. Solcher Leute (unter welchen von Mannes- und Weibspersonen sich etliche erstochen, etliche erhenkt, etliche ertränkt, etliche auf andere Art aus Verzweiflung selbst ermordet und vom Leben gebracht, etliche aber durch Gottes Gnade wiederum zum Trost gekommen und von der Verzweiflung errettet und entfreiet sind) habe ich in den nächsten zehn Jahren gar viele gekannt und kenne ihrer noch viele. Gott erhalte Die und helfe ihnen durch seinen heiligen Geist überwinden. Es ist aber solche Angst und Verzweiflung ein Zeichen vor dem jüngsten Tage.

Das Meer und die Wasserwogen werden brausen.

Das fünfte Zeichen sind ungewöhnliche, schreckliche Sturmwinde, die uns allhie zu Rostock und in den benachbarten Seestädten wohl bekannt sind, nicht ohne merklichen Schaden der Schiffe, die auf dem Meere jährlich bleiben und mit Mann und Gut jährlich untergehen. Es sind die nächsten Jahre her solche erschreckliche Sturmwinde gewesen, dass unsere alten Schiffleute sagen, dass sie vormals der keine gedacht, und sich nicht anders oft hat lassen ansehen, als haben die Sturmwinde die Welt wollen in einen Haufen werfen, haben oft grosse Bäume, eine Tonne dick, nicht allein mit den Wurzeln aus der Erde gerissen, sondern auf den Stämmen wie eine Rübe mit grosser Gewalt abgebrochen. Und läutet also auch der Wind eine grosse Sturmglocke zum jüngsten Tage.

Und die Menschen werden verschmachten vor Furcht etc.

Das sechste Zeichen ist die gemeine Traurigkeit aller Menschen. Denn die Leute nun nicht mehr so fröhlich sind, als sie vormals gewesen sind, weil ihnen ihr Herz gross Unglück und Strafen, so bald für dem jüngsten tage über Alle auf Erden und in der Hölle über die Gottlosen in Ewigkeit ergehen werden, vorher zugesaget. Wenn Einem ein Unglück vorhanden oder bald anstossen will, ob er wohl nicht weiss warum, so ist ihm doch bange; denn sein Herz sagt ihm an, es werde Etwas kommen. Also sind die Leute nun trauriger, denn vormals, sintemal ihr Herz ihnen zusagt, dass viel Unglücks nun für dem jüngsten Tage vor der Thür sei und bald die ewige Strafe über die Gottlosen ergehen wird. Es hält der Welt ein gross Unglück, so bereits angefangen, in allen Landen für, desgleichen nicht gewesen. Daher ein Jeder getrübt und beängstigt ist, und scheinet die Traurigkeit den Leuten zu den Augen aus. Es ist ein Zeichen von dem jüngsten Tage.

Denn auch der Himmel Kräfte sich bewegen werden.

Das siebente Zeichen wird genommen von allen Creaturen unter dem Himmel. Zum Ersten wird fast der ganze Himmel in Thränen verwandelt. Denn der Himmel stehet und weinet seine Thränen durch das viele Regnen, so er thut über die Schande und Laster, die geschehen und über das Unglück, welches bald darauf erfolgen wird und vornehmlich über die ewige der Gottlosen Verdammniss, die vor der Thür und vorhanden. Zum Andern geschehen auch viele andere Zeichen in der Luft: Es werden viele Cometen und brennende Lichter, so Irrwische oder Lügenlichter genannt, geschehen. Es ist der Himmel die nächsten acht Jahr her voller feuriger Strahlen gesehen worden, die ein Ansehn von Spiessen und von Schwertern gehabt. Oft hat man den Himmel hie bei uns nicht anders gesehen, denn einen Feuerofen brennen, wie Maleachi 4. geschrieben ist: Siehe, es kommt ein Tag, der brennen soll wie ein Ofen, und die Gottlosen werden Stroh sein. Zum Dritten geschehen viele Wunderzeichen in den untersten Creaturen, sintemal seltsame Monstra geboren worden, die auch Etwas bedeuten. Zum Vierten so seufzen und ängsten sich die Creaturen unter dem Himmel wie eine Frau in Kindesnöthen und warten auf ihre und auf der Kinder Gottes Erlösung, Röm. 8: Das ängstliche Harren der Creaturen wartet auf die Offenbarung der Kinder Gottes, sintemal die Creatur unterworfen ist der Eitelkeit ohne ihren Willen, sondern um Dess willen, der sie unterworfen hat auf Hoffnung; denn auch die Creatur frei werden wird von dem Dienst des vergänglichen Wesens zu der herrlichen Freiheit der Kinder Gottes. Denn wir wissen, dass alle Creatur sehnet sich mit uns und ängstet sich noch immerdar. Aller Creaturen Kräfte, Stärke, Gedeihen nimmt täglich ab, wie wir sehen an den Thieren, Ochsen, Schafen, die nicht mehr so gross sind wie vor, item an Vögeln, Fischen, Holz, Stein, so nicht mehr so gut sind, wie sie vormals gewesen noch für wenig Jahren. Es ist den Creaturen zuwider und es verdreusst sie überaus sehr, dass die Gottlosen ihrer so schändlich missbrauchen zum Stolz, Frevel, Muthwillen und anderer Bosheit und Wollust. Derhalben ist ihnen angst und bange, wie einer Frau in Kindesnöthen, schreien ein stetiges Zetermordio über die gottlose Welt, dass sie ihr dienen müssen. Die Schafe wollten lieber Dörner, denn Wolle, die Kühe lieber Gift, denn Milch den Gottlosen geben. Demnach, wenn du hörest ein Schaf oder eine Kuh blöken oder schreien, so sollst du gedenken, wie Doctor Luther schreibet in der Auslegung der Epistel am 4. Sonntage nach Trinitatis, dass ein solch Thier Zetermordio schreie und rufe über die Gottlosen und sie für Gottes Angesicht verklage. Also die liebe Speise, Brot, Fleisch, Fisch, Butter, der liebe Trank, Wein, Bier, dienen wider ihren Willen den Gottlosen und haben grosse Angst, wie eine Frau in Kindesnöthen, seufzen und schreien wider sie. Wenn der Trunkenbold den Wein und Bier zum Ueberfluss und zur Trunkenheit in den Hals hineingeusst, so schreien über ihn diese Creaturen zurück wieder heraus ein erklagen über Missbrauch und über Gewalt. Es dient die liebe Sonne gern den frommen Leuten, weil aber mehr Böse als Fromme in der Welt sind, scheint sie wider ihren Willen in der Welt und erwärmt das Erdreich. Nachdem aber Gott gnädig und gütig ist, zwingt er die Sonne, dass sie über Gute und Böse aufgehen und die Wolken, dass sie über Gerechte und Ungerechte regnen müssen, Matth. 5. Dessgleichen thut das Gewand, Sammet, Seide, Gold und alle anderen Creaturen, die wollten wohl frommen Leuten dienen, aber Das thut ihnen wehe, dass sie von Huren und Buben und anderen Gottlosen so schändlich gemissbraucht werden, derwegen sie ein stetes Zetergeschrei gegen sie üben und dienen wider ihren Willen, von Gott gezwungen, bis auf den jüngsten Tag, da sie und alle Gottseligen werden vom Dienste des Vergänglichen und von allem Unglück frei und los werden. Mehr Zeichen aber des jüngsten Tages werden angezeigt in der Auslegung des Evangelii des 25. Sonntags nach Trinitatis.

Und alsdann werden sie sehen des Menschen Sohn kommen.

Weil das Bild des jüngsten Gerichts erklärt wird im Evangelio, welches am 26. Sonntage nach Trinitatis gepredigt wird, kann es allda gesucht und gelesen werden.

Das andere Stück.

Wenn aber Dieses anfähet zu geschehen, so sehet auf.

Nachdem die Verkündigung von den Zeichen und vom Elend, so für dem jüngsten Tage werden vorhergehen, betrübt und schrecklich ist, thut der Sohn Gottes hinzu von dem Troste, dass wir nicht durch Traurigkeit verzagen, und giebt einen Befehl, dass wir sollen aufsehen und unsere Häupter nach dem Himmel erheben und unsere Erlösung von dannen erwarten. Da alle Thiere also sind geschaffen, dass sie den Kopf niederwärts nach der Erde haben und tragen, sind wir Menschen von der Erde erhoben und aufrichtig gemacht von unserm Herrn Gott, also, dass wir den Kopf nach dem Himmel haben, auf dass wir gedenken und gläuben sollen, dass wir daselbst wohnen, Bürger und Hausgenossen Gottes sein werden. Denn wir haben hie keine bleibende Statt, sondern die zukünftige suchen wir, Ebr. 13., und ist unser Wandel im Himmel, von dannen wir auch warten des Heilands Jesu Christi, des Herrn, welcher unsern nichtigen Leib verklären wird, dass er ähnlich werde seinem verklärten Leibe, Philipp. 3. Es hat der Herr Christus die Thür des Himmelreichs, so uns von wegen der Sünden verschlossen war, durch sein Leiden, Sterben, Tod, Auferstehung und Himmelfahrt aufgethan, den Zugang eröffnet, die Stätte bereitet und wird bald wiederkommen und uns nachholen, Joh. 14: Euer Herz erschrecke nicht, gläubet an Gott, so gläubet ihr auch an mich. In meines Vaters Haus sind viele Wohnungen, und ich gehe hin, euch die Stätte zu bereiten, und ob ich hinginge, euch die Stätte zu bereiten, will ich wiederkommen und euch zu mir nehmen, auf dass ihr seid, wo ich bin. Johann. 17: Vater ich will, dass, wo ich bin, auch Die bei mir sind, die du mir gegeben hast, dass sie meine Herrlichkeit sehen, die du mir gegeben hast, ehe denn die Welt gegründet ward. Lasset uns demnach in diesem gemeinen und unserm eigenen Unglück, Jammer und Elend, so täglich grösser wird, unsere Häupter erheben nach dem Himmel und mit diesem Trost unsere Herzen erquicken, dass von dannen kommen wird in kurzer Zeit unser Erlöser Jesus Christus, der uns elende Menschen (untergedrückt und gefangen durch die beschwerliche, traurige Dienstbarkeit der Sünde, des Teufels, des Todes und viel unzähliches Unglück) zu der vorigen Freiheit wiederum bringen wird und mich sich führen in das Reich unseres Vaters, da tausend Jahre sind wie ein Tag, 2. Petri 3, da wir nicht werden können gedenken an die Traurigkeit, die wir hie auf Erden gehabt und ausgestanden von wegen der grossen, vollkommenen Freude, so daselbst sein wird (Esa. 65), da Gott der Herr wird abwischen alle Thränen von unseren Augen, da wir nicht mehr werden hungern noch dürsten, da der Tod nicht mehr sein wird, noch Leid, noch Geschrei, noch Schmerzen, kein Frost, keine Hitze, da wir nicht werden bedürfen der Sonne, noch des Mondes, dass sie uns scheinen, denn die Herrlichkeit des Herrn wird uns erleuchten, und unsere Leuchte wird sein das Lamm Gottes, Jesus Christus, Apoc. Cap. 7 und 21. Weil aber Gleichnisse und Bilder angenehm sind, auch leichter verstanden und behalten werden, malet er die Zeit seiner Zukunft ab durch ein Gleichniss, welches er nimmt von einem Feigenbaum und von allen Bäumen.

Sehet an, spricht er, den Feigenbaum und alle Bäume.

Der Feigenbaum und andere Bäume sind ein Bild des jüngsten Tages. Sie sind die Knoppen der Zeichen, welche vormals erzählt sind, und davon mehr erzählt worden am 26. Sonntage nach Trinitatis. Je grösser die Knoppen sind, so viel näher der Sommer ist. Also auch, je mehr der Zeichen geschehen, und je deutlicher sie werden, so viel näher ist der jüngste Tag und das Reich Gottes, wie der Herr spricht: Wenn ihr dies Alles sehet angehen, so wisset, dass das Reich Gottes nahe ist. Weil denn nun die Zeichen täglich grösser und klarer werden, nicht allein die, so an der Sonne, Mond, Sternen, Meer, Menschen und allen anderen Creaturen geschehen, davon hie im heutigen Evangelio gedacht wird, sondern auch die, welche der Herr anderswo und vornehmlich Matth. 24. verkündigt hat, nämlich, dass nun sind mancherlei Secten, Rotten und Corruptelen in der Lehre, dadurch, wo es möglich wäre, auch die Auserwählten möchten in den Irrthum verführet werden; dass Kriege und Geschrei von Kriegen gehört werden in allen Landen, im deutschen Lande, in Frankreich, in Hispanien, in England, Dänemark, in Schweden, in Polen; dass sich empört ein Volk über das andere, ein Königreich über das andere; dass ungewöhnliche Pestilenzen sind, so viele tausend Menschen würgen und wegfressen; dass unerhörte Theuerungen sind, also dass viele Dinge drei oder vier Mal so theuer verkauft werden, als vor zwanzig Jahren; dass Erdbeben sind hin und wieder; dass Verfolgungen sind, dadurch die Christen in Trübsal und in den Tod überantwortet werden; dass ich Viele ärgern und abfallen von der erkannten, wahren Lehre; dass sich die Leute unter einander verrathen, die Ältern die Kinder, die Kinder die Ältern, wie im Niederland und in Frankreich geschieht; dass die Ungerechtigkeit überhand nimmt und die Liebe erkaltet; dass der Mensch der Sünde und das Kind des Verderbens, der römische Antichristus, welcher im Tempel Gottes sitzt als ein Gott und giebt für, er sei Gott, kund worden ist; letztlich, dass das Evangelium vom Reich gepredigt wird in der ganzen Welt zu einem Zeugniss über alle Völker: ist zweifelsohne und ganz gewiss, es werde der Herr Jesus Christus, unser Erlöser, bald zum jüngsten Gericht erscheinen und rufen: Stehet auf, ihr Todten, stehet auf, kommt vor Gericht und gebet Rechenschaft!

Wahrlich, ich sage euch, dieses Geschlecht wird nicht vergehen.

Das ist, es wird der jüngste Tag nicht kommen, es sei denn, dass diese jetzt verkündigten Zeichen erfüllet sind. Etliche verstehen es von den Juden, dass die nicht sollen vor dem jüngsten Tage gar ausgerottet werden, sondern bis an dieselbige Zeit bleiben.

Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte vergehen nicht.

Das ist, die Himmel, wie 2. Petri 3 steht, werden zwar vergehen mit grossem Krachen, die Elemente werden vor Hitze schmelzen, und die Erde und die Werke, die drinnen sind, werden verbrennen. Aber es müssen zuvor geschehen die Zeichen, die ich vor der Welt Ende verkündigt habe. Überdas ist in diesen Worten ein sehr angenehmer, lieblicher Trost, dass die Lehre des heiligen Evangelii rein und unverfälscht neben der Kirche bleiben wird an etlichen Örtern bis an der Welt Ende, auch unter vielen Secten, Rotten und Corruptelen der Lehre und der weltlichen Regimenter Untergang.

Das dritte Stück.

Aber hütet euch, dass eure Herzen nicht beschwert werden.

Mit diesen Worten hält uns der Herr für die Sicherheit und Sünden, so für dem jüngsten Tage vornehmlich im Schwange gehen werden. Von Troja schreibt Virgilius, dass sie eingenommen und gewonnen, und der Feind hineingefallen sei, als die Leute im Wein und im Schlaf gleich sind begraben gewesen. Also wenn der Herr Christus wird zum Gericht kommen, wird er hereinfallen in die Welt, welche im Schlaf und im Wein wird begraben sein. Matth. 24., gleich wie sie waren in den Tagen Noä für der Sündfluth, sie assen, sie tranken, sie freieten und liessen sich freien bis an den Tag, da Noah zur Arche einging, also wird auch sein die Zukunft des Menschensohnes. Es sind aber zwei Sünden, so der Herr hier anzeiget und vollendet, welche kurz vor dem jüngsten Tage vornehmlich werden im Schwange gehen. Zum Ersten Übermaass, so nicht allein in Speise und Trank und Kleidern, in böser Begierde, Wollüsten und vornehmlich in Unzucht ungehalten ist, sondern auch Alles auf die Pracht wendet, dadurch dann nicht allein Herren und Fürsten, sondern auch gemeine Leute in Noth und Armuth gerathen und gesetzt werden. Zum Andern Geiz, so auf was Art und Weise es geschehen kann, Gold zusammenschlägt und kratzt und eine Ursache ist der vielen unbilligen und unmässigen Schatzungen, den armen Unterthanen in allen Königreichen, Fürstenthümern und Landen unmöglich weiter zu tragen und auszustehen, des Kirchenraubes, dass die Güter, so zu Gottes Ehre gegeben, in weltlichen Gebrauch gewendet werden, der Betrügerei und Ungerechtigkeit im Handel und Wandel, in Käufen und Verkäufen, des Wuchers und allerlei Schindens und Schabens. Hingegen ermahnet der Herr, dass man wacker sei und bete.

So seid nun alle Zeit wacker und betet.

Wacker sein ist Aufsehn haben auf seinen Beruf und auf die Gottseligkeit, sich fleissig darin vernehmen lassen, also, dass man im Glauben, Gottesfurcht und guten Gewissen bereit ist, alle Zeit, alle Stunde und alle Augenblicke den Herrn Christum würdig zu empfahen. Das Gebet aber, so eine Mauer und eine Brustwehr ist wider alles Unglück, bittet feurig und ämsig, dass man allem Uebel, welches für dem jüngsten Tage wird vorhergehen, entfliehen und mit rechtem Glauben und gutem Gewissen den Herrn Christum, den Richter der Lebendigen und der Todten, empfahen möge.

Es sollen uns aber stets vor Augen sein diese Ursachen, die uns reizen und bewegen, dass wir wacker sind und beten, auf dass wir würdig werden mögen zu entfliehen dem Allen, was geschehen soll und zu stehen vor des Menschen Sohn. Die erste Ursach ist des Herrn Christi Befehl, davon allhie steht: So seid nun alle Zeit wacker und betet. Und Lucä 12: Lasset eure Lenden umgürtet sein und eure Lichter brennen und seid gleich den Menschen, die auf ihren Herrn warten; 1. Thess. 5: Lasset uns nicht schlafen wie die Anderen, sondern lasset uns wachen und nüchtern sein. Die andere Ursache ist das Exempel der Sündfluth, nämlich, dass der jüngste Tag gewiss kommen wird, obwohl die Zeit lange währet, wie die Sündfluth kam, ob sich’s schon eine Zeitlang verweilte. 2. Petri 3: Wisset Das auf’s Erste, dass in den letzten Tagen kommen werden Spötter, die nach ihren eigenen Lüsten wandeln und sagen: Wo ist die Verheissung seiner Zukunft? Denn nachdem die Väter entschlafen sind, bleibet es Alles, wie es von Anfang der Creaturen gewesen ist. Aber muthwillens wollen sie nicht wissen, dass der Himmel vor Zeiten auch war, dazu die Erde aus Wasser und im Wasser bestanden durch Gottes Wort. Dennoch ward zu der Zeit die Welt durch dieselbigen mit der Sündfluth verderbet. Also auch der Himmel jetzund und die Erde werden durch sein Wort gesparet, dass sie zum Feuer behalten werden am Tage des Gerichts. Die dritte Ursache ist der Richter Christus, der ohne Ansehn der Person mit Gerechtigkeit richten wird alle Kaiser, Könige, Fürsten, Grafen, Freiherren, Edelleute, Bürgermeister, Rathsverwandten, Bürger, Bauern, Gelehrte, Ungelehrte, Herren, Knechte, Frauen, Mägde, Reich, Arm, Alt und Jung. Act. 17: Gott hat einen Tag gesetzt, auf welchem er richten will den Kreis des Erdbodens mit Gerechtigkeit, durch einen Mann, in welchem er’s beschlossen hat. Röm. 14: Wir werden Alle vor den Richtstuhl Christi gestellt werden; so wird nun ein Jeglicher für sich selbst Gott Rechenschaft geben. 2. Corinth. 8: Wir müssen Alle offenbar werden vor dem Richtstuhle Christi, auf dass ein Jeglicher empfahe, nach dem er gehandelt hat bei Leibes Leben, es sei gut oder böse. Der Prediger Salomo Cap. 12: Gott wird alle Werke vor Gericht bringen, das verborgen ist, es sei gut oder böse. Judas in seiner Epistel: Siehe, der Herr kommt mit viel tausend Heiligen, Gericht zu halten über alle Werke ihres gottlosen Wandels, damit sie gottlos gewesen sind, und um alle das Harte, das die gottlosen Sünder wider ihn geredet haben. Wie eine grosse Schame und wie ein gräulicher Schmerz und Angst ist in den Menschen, welche hier auf Erden vor Gericht in Gegenwart der weltlichen Obrigkeit und des gemeinen Mannes ihr Urtheil hören auflesen und darauf, wenn die Sentenz des Todes über sie gesprochen, dem blutdürstigen Henker überantwortet und hingegeben werden, dass er sie mit dem Schwert, Galgen, Rad, Feuer oder dergleichen Strafen zum Tode richte! Lasset uns nun bedenken, wie sich am jüngsten Gericht schämen werden, und welch eine gräuliche und schreckliche Angst sein wird in allen Gottlosen, die, als Matth. 12. geschrieben steht, auch von einem jeden unnützen Wort Rechenschaft geben müssen vor dem Angesicht des Sohnes Gottes, in Gegenwärtigkeit aller heiligen Engel und Menschen, und darauf nach gesprochener Sentenz von ihrer Verdammniss, werden überantwortet werden nicht einem blutdürstigen Henker, der ein Mensch ist, sondern dem blutdürstigen, gräulichen Tyrannen, dem Teufel, dass er sie ewig in der Hölle plage und martere. Die vierte Ursache ist die gegenwärtige Zeit und die Zeichen droben gemeldet, daraus man gewiss kann überzeugt werden, dass der jüngste Tag jetzt vor der Thür und vorhanden sei. Es hat Irenäus Martyr also geredet von der Zeit des jüngsten Tages: In wie viel Tagen die Welt geschaffen ist, in so viel tausend Jahren wird sie erfüllet werden, dass sie zergehe. Denn ein Tag ist bei dem Herrn als tausend Jahr, Ps. 90. 2. Petri 3. Demnach wird die Erfüllung der Zeit der Welt sein das siebente tausend Jahr. Auch ist bekannt, was Elias gelehrt hat, wie lange die Welt stehen solle: Die Jahre der Welt sind sechs tausend, darnach wird sie verbrennen. Zwei tausend Jahre ist sie öde gewesen, das ist, ohne das gegebene Gesetz; zwei tausend Jahre das Gesetz Mosis, zwei tausend Jahre die Zeit des Messiä. Und um unserer Sünde willen, die viel und gross sind, werden an dieser Zeit, dass sie nicht voll sein wird, fehlen die Jahre, so da fehlen werden. Es hat aber in diesem 1570. Jahre nach Christi Geburt die Welt gestanden 5533 Jahre, daraus denn erfolget, dass der jüngste Tag bald kommen werde. Die fünfte Ursache ist die ungewisse Stunde, darin der Herr wird erscheinen, davon allhie Meldung geschieht: dass nicht komme dieser Tag schnell über euch; denn wie ein Fallstrick wird er kommen über Alle, die auf Erden wohnen. Matth. 24: Wachet, denn ihr wisset nicht, welche Stunde euer Herr kommen wird. Wenn ein Hausvater wüsste, welche Stunde der Dieb kommen wollte, so würde er ja wachen und ihn nicht in sein Haus brechen lassen. Darum seid ihr auch bereit, denn des Menschen Sohn wird kommen zu einer Stunde, da ihr’s nicht meinet. 1. Thess. 5: Denn ihr selbst wisset gewiss, dass der Tag des Herrn wird kommen wie ein Dieb in der Nacht. Denn wenn sie werden sagen: Es ist Friede, es hat keine Gefahr: so wird sie das Verderben schnell überfallen, gleich wie der Schmerz ein schwanger Weib, und werden nicht entfliehen 2. Petri 3: Es wird aber des Herrn Tag kommen als ein Dieb in der Nacht, an welchem die Himmel zergehen werden mit grossem Krachen, die Elemente aber werden vor Hitze schmelzen, und die Erde und die Wasser, die darinnen sind, werden verbrennen. So nun das Alles soll zergehen, wie sollt ihr dann geschickt sein? mit heiligem Wandel und gottseligem Wesen, dass ihr wartet und eilet zu der Zukunft des Tages des Herrn, an welchem die Himmel von Feuer zergehen und die Elemente vor Hitze zerschmelzen werden. Die sechste Ursache ist die Ewigkeit, so nimmer kein Ende hat, darin die Gottseligen ewige Freude und Herrlichkeit haben werden, die Gottlosen aber durch ewiges Feuer werden gebrannt, gequält und gemartert werden. O Ewig, o Ewig, o Ewig, ach, ach, wie lange ist das!

Diese Lehre von den Zeichen des jüngsten Tages, von dem Trost wider das Übel und Unglück, so kurz vor dem jüngsten Tage sein wird, von der Vermahnung, dass wir uns hüten, damit unsere Herzen nicht beschweret werden mit Fressen und Saufen und mit Sorgen der Nahrung, und dass wir alle Zeit wacker sein und beten, sollen wir alle Zeit vor Augen haben und in unsere Herzen einschliessen, auf dass wir die schreckliche Sicherheit, welche sich nicht fürchtet vor dem jüngsten Gericht, von uns thun und wegtreiben, den Schmerz aber und die Angst, so wir haben aus dem gegenwärtigen Unglück, lindern und bereit sein, den Herrn Christum in einer guten Ritterschaft eines rechten Glaubens und guten Gewissens zu empfahen, wenn er am jüngsten Tage rufen wird: Stehet auf, ihr Todten, stehet auf, kommt vor Gericht und gebet Rechenschaft. Amen.

Quelle: Beste, Wilhelm - Die bedeutendsten Kanzelredner der lutherschen Kirche des Reformationszeitalters

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