Myconius, Friedrich - Tetzel in Annaberg
Um dieselbe Zeit war ein Predigermönch, Johannes Tetzel genannt, der große Clamant, Commissarius und Ablaßprediger in Germania. Er erpredigte unzählig viel Gelds, das er alles gen Rom schickte, in Deutschland, und sonderlich auf dem neuen Bergwerk St. Annaberg, da ich, Friedrich Mecum, ihn selbst zwei Jahr gehöret: da war trefflich groß Geld erlangt. Unglaublich ist, was dieser ungelehrte und unverschämte Mönch durfte vorgeben. Er sagte, wenn einer bei Christi lieber Mutter geschlafen hätte, und legte nur Geld in des Papstes Ablaßkasten, so hätte doch der Papst diese Gewalt im Himmel und auf Erden, daß er's vergeben könnte; und wenn er's vergebe, so müßte es Gott auch vergeben. Item, wenn sie flugs einlegten, und Gnade und Ablaß lösten, so würden alle Berge um St. Annaberg eitel gediegen Silber werden. Item, sobald nur der Groschen im Becken klinge, so führe die Seele, für die man einlege, vom Mund auf gen Himmel. Also ein groß Ding war sein Ablaß! In Summa: unser Herrgott war nimmer Gott, hatte alle göttliche Gewalt dem Papst gegeben: tu es Petrus, tibi dabo clavis, quodcunque ligaveritas. Da mußte Petrus und Petra, clavis und solvere, alles eitel Papst sein und heißen. Und da waren Ketzermeister, und wer ein Wort dawider redete, den verbannten und verbrannten sie. Und war der Ablaß so hoch geehrt, daß, wenn man den Commissarium in eine Stadt einführte, so trug man die Bulla auf einem samtenen oder goldenen Tuch daher, und gingen alle Priester, Mönche, der Rat, Schulmeister, Schüler, Männer, Weiber, Jungfrauen und Kinder mit Fahnen und Kerzen, mit Gesang und Prozession entgegen. Da läutete man alle Glocken und schlug alle Orgeln, geleitete ihn in die Kirche, richtete ein rotes Kreuz mitten in der Kirchen auf, da hängte man des Papstes Panier an usw. und in Summa: man hätte nicht wohl Gott selbst schöner empfangen und halten können.