Murray, Andrew - Die Schule des Gebets - Zwölfte Lektion

Murray, Andrew - Die Schule des Gebets - Zwölfte Lektion

Der Glaube an Gott oder Das Vertrauen auf Gott Selbst.

Jesus antwortete und sprach zu ihm (Petrus): Habt Glauben an Gott. Wahrlich, Ich sage euch: Wer zu diesem Berge spräche: Hebe dich und wirf dich ins Meer, und zweifelte nicht in seinem Herzen, sondern glaubte, dass es geschehen würde, was er sagt, so wird es ihm geschehen, was er sagt. Darum sage Ich euch: Alles, was ihr bittet in eurem Gebet, glaubt nur, dass ihr es empfangen werdet, so wird es euch werden.!“ Mark. 11,22-24.

Die Verheißung der Erhörung des Gebetes, die wir letztlich betrachteten, ist eine der herrlichsten in der ganzen heiligen Schrift. Bei wie Vielen hat sie nicht schon die Frage erweckt: wie komme ich zu dem kräftigen Glauben, durch welchen ich weiß, dass ich Alles empfange, was ich bitte?

Unser HErr will uns heute eine Unterweisung über ein Wort geben, das ER Seiner Verheißung der Gebetserhörung vorausschickt. ER sprach es vor der Zusage, weil es den Grund legt, auf welchem der Glaube an die Gebetserhörung sich auferbaut. „Habt Glauben an Gott!“ Dieses Wort geht dem andern Wort, das die Gebetserhörung betrifft, voraus. Die Kraft des Glaubens an eine Verheißung ist abhängig von dem Glauben an Den, der die Verheißung gab. Nur wenn wir im Glauben mit Gott leben und verkehren, wenn ER Selbst Alles für uns ist, und unsere Seele für die Einwirkungen Seiner Gnade ganz offen ist, haben wir die innere Fassungskraft für die Verheißung von der Erhörung des Gebets. Dies wird uns deutlich werden, wenn wir über die eigentliche Art des Glaubens nachdenken. Der Glaube ist nicht allein, wie oft gesagt wird, die Hand und der Mund, damit wir das uns Angebotene annehmen, sondern auch das Ohr und das Auge, wodurch wir, was uns vorgestellt wird, vernehmen und wahrnehmen. Und davon hängt größtenteils auch das Annehmen ab. Ich muss die Person, die mir eine Verheißung gibt, anhören. Schon der Ton ihrer Stimme wird mir Mut einflößen. Ich muss sie aber auch anschauen. Im Licht der Augen und im Antlitz finde ich das, was mein Vertrauen erweckt. Von der Person, die sie gibt, hängt der Wert der Verheißung ab, von meiner Kenntnis dieser Person, die Kraft meines Glaubens an die Verheißung. Das ist die Ursache, warum der HErr Jesus, bevor ER die große Verheißung von der Erhörlichkeit des Gebets gibt, zu uns spricht: „Habt Glauben an Gott.“ Das will sagen: Lasst eure Augen gerichtet sein auf den lebendigen Gott, und haltet fest, als sähet ihr Ihn, den Unsichtbaren. Durch das Auge stelle ich mich unter die Wirkung dessen, der vor mir steht, und meine Seele wird von demselben beeinflusst. Durch den Glaubensblick wird der Unsichtbare als der allezeit Gegenwärtige erkannt: dem Auge des Glaubens offenbart ER Sich; das Herz kommt unter den vollen Eindruck von dem, was Gott ist; die Seele lebt als in der Überschattung von Seiner Heiligkeit und Seiner Liebe. Ja, der Glaube ist das Auge, wodurch Gott Sich selbst und alles, was ER ist, den Seinen zur Erkenntnis bringen kann; das Licht Seiner unmittelbaren Nähe und die Kraft Seiner allmächtigen Wirkung strömen ununterbrochen in das Innerste durch den Glauben. Wie das, was ich sehe, in mir lebt, so lebt Gott in mir durch den Glauben.

Und ebenso ist der Glaube das Ohr, das allezeit die Stimme Gottes vernimmt, und wodurch allezeit der Verkehr mit dem Vater lebendig erhalten wird. Die Leitung des Heiligen Geistes, durch welche der Vater zu uns spricht, ist für das Kind Gottes nötig, und ist ihm auch zugänglich. Die verborgene himmlische Stimme will, ähnlich wie es bei dem HErrn Jesus war, uns Alles lehren, was wir reden und tun sollen. Ein Ohr, das anhaltend zu Gott gekehrt und Ihm geöffnet ist, begierig zu hören, was Gott in Seinem Wort oder in Seinen Werken sagen will, das soll Ihn auch wirklich und fortdauernd sprechen hören. Und die Worte Gottes sollen in seinem Herzen Geist und Kraft werden, und Leben und Wahrheit. Durch das geöffnete Ohr, das zu Gott Selbst, zu dem lebendigen Gott, aufhorcht, verkehrt die Seele mit Ihm und empfängt Seine Einwirkungen. Gleichwie ein Wort durch das Ohr von der Seele Besitz nimmt und in ihr lebt, so nimmt Gott durch das Ohr Besitz von dem Herzen und lebt darin.

So wird denn der Glaube das Vermögen der Seele, Gott anzuschauen und anzuhören, und wenn dies in volle Wirkung tritt, dann kann der Glaube auch die Hand und der Mund sein, womit wir Gott empfangen und annehmen. Darum hat auch der HErr Jesus, ehe ER die Verheißung der Erhörung unserer Gebete gab, gesagt: „Habt Glauben an Gott.“ Der Glaube ist einfach: Übergabe; ich gebe mein Gemüt dem Eindruck hin, den eine freudige Botschaft auf mich macht; sie herrscht über mich und erweckt mich zur Freude. Durch den Glauben übergebe ich mich der Einwirkung des lebendigen Gottes. Seine Herrlichkeit und Majestät erfüllen mein Gemüt und beherrschen mein Leben. Wenn wir in der rechten Glaubensgemeinschaft mit Gott stehen, mit Ihm innig und ununterbrochen verkehren, durch einen Glauben, der Ihn anschaut und anhört, dank wird sich auch der Glaube an die Verheißung in uns bilden, denn er ist die Frucht von dem Glauben an Den, der die Verheißung gegeben hat; das Glaubensgebet hängt von dem Glaubensleben ab. So ist der Glaube, der kräftig zu beten versteht, in der Tat eine Gabe Gottes. Nicht als etwas, das ER uns eingießt, aber doch als die heilige Gesinnung, die uns durch den Umgang mit Ihm eingehaucht wird. Wer mit Gott umgeht und Ihn gut kennt, dem fällt es nicht schwer, zu glauben, dass ER Alles tun wird, was Sein Kind, dessen Gemüt in der Zukehr zu Ihm lebt, begehrt.

Weil viele Kinder Gottes diese Verbindung zwischen dem Glaubensleben mit Gott und dem Glaubensgebet zu Gott nicht verstehen, haben sie so wenig Erfahrung von kräftigen Gebetserhörungen. Wenn sie etwas Großes im Gebet begehren, dann richten sie ihre ganze Andacht auf die Verheißung und strengen ihre ganze Kraft an, um die Verheißung gläubig zu fassen. Wenn ihnen das nun nicht gelingt, dann werden sie je und je mutlos. Sie glauben wohl, dass die Verheißung Wahrheit ist, aber es übersteigt ihre Kraft, dieselbe zu gebrauchen. Sie haben sich auf das Äußerste angestrengt, um recht zu glauben; weiter wissen sie nichts zu tun. O, dass sie doch auf die Stimme Jesu hören möchten! Richtet doch euren Glauben nicht nur auf den verheißenen Segen, sondern auf den lebendigen Gott Selbst. „Habt Glauben an Gott.“

Ein Arzt wird einem Patienten, der über Schwäche in den Händen oder in den Füßen klagt, sagen, dass sein ganzer Leib gestärkt werden muss, wenn die Glieder ihre Wirksamkeit wieder erlangen sollen. So kann auch die Stärkung unseres Glaubens nur dadurch bewirkt werden, dass unser ganzes Leben im Umgang mit Gott Selbst erstarkt. Lerne es, dich Gott ganz zu eigen geben, so wird es dir leicht werden, die Verheißung zu fassen. Wenn ich erst Gott habe, so habe ich die Verheißung auch.

Sieh doch, wie deutlich sich das bei den Glaubenshelden der alten Zeit herausstellt. Jede besondere Äußerung ihrer Glaubenskraft war Frucht und Folge einer besonderen Gottesoffenbarung. Das Wort des HErrn geschah zu Abraham. ER führte ihn heraus und sagte: „Sieh auf zum Himmel.“ Danach erst folgt: Und er glaubte Gott. Der HErr erschien Abraham und sprach: „Ich bin Gott der Allmächtige, wandle vor Meinem Angesicht und sei aufrichtig.“ Da fiel Abraham auf sein Angesicht, und Gott sprach zu ihm: „Siehe, Mein Bund ist mit dir.“ Jeder Verheißung geht eine Offenbarung Gottes voraus. Weil sie Gott kannten, vermochten die alten Gottesmänner so fest an die Verheißung zu glauben. Was Gott für uns ist, danach bemisst sich der Wert der Verheißung. Der Mann, der vor Gott wandelt und auf Sein Wort lauscht, wird die Verheißung empfangen. So war es mit Moses, mit Josua und mit Andern. Wir haben die Verheißungen in der Bibel, aber wir haben nicht innere Macht, sie uns zuzueignen, Gott muss sie uns persönlich geben. Und ER gibt sie denjenigen, die mit Ihm leben. „Habt Glauben an Gott;“ Lasst euren Glauben ganz Aug' und Ohr für Gott sein; lasst Ihn Alles in Allem für euch sein, so werdet ihr Kraft haben, auch das Wort anzunehmen: Alle Dinge, die ihr bittet im Gebet, glaubt nur, und es wird euch gegeben werden. O, welche köstliche Lektion sollen wir heute in Jesu Schule lernen. Wir wollen Gottes Gaben, aber Gott will Sich uns Selbst geben. Wir brauchen das Gebet als Mittel, um Gaben vom Himmel herabzuziehen, Jesus aber ist Selbst das Mittel, uns zuerst zu Gott hinaufzuziehen. Wir bitten, wie Bettler, um eine Abschlagszahlung, Jesus will uns zu Freunden Gottes machen, die Ihm nahe stehen. Lasst durch die Glaubensübung und die Erfahrung unserer Schwachheit uns dazu führen, dass wir auf den lebendigen Gott unser Vertrauen stellen und Ihm unsere Seele ganz übergeben. Ein Herz, von Gott erfüllt, hat Kraft zum Glaubensgebet.

HErr, lehre uns beten.

HErr, mein Gott! In tiefer Demut beuge ich mich vor Dir. Mit Scham will ich bekennen, dass ich vielmehr gesucht habe, in die Verheißung als in Dich Selbst zu glauben. Deine Gaben zu bekommen, war mir mehr angelegen, als Dich Selbst zu empfangen. HErr, mein Gott, vergib mir dies!

Und wolle mir es nun lehren, mein Gott, das Wort Deines Sohnes zu bewahren: „Habt Glauben an Gott!“ Lass es das Anliegen meiner Seele sein, Deine Heilige Gegenwart recht zu erfahren, auf dass Du mir näher seist, als irgend Jemand auf Erden. Wenn ich Dich erst habe, mein Gott, dann werden Deine Worte in mir Kraft und Leben sein, und auch in mein Wort wird durch Dich Kraft und Leben kommen.

HErr Jesus! Ich rechne auf Dich, um mich in die Übung, des: „Habt Glauben an Gott!“ einzuleiten. Du bist aus dem Himmel hernieder gekommen, um uns den Vater zu verkündigen, dass wir Ihn möchten erkennen und Ihm vertrauen. Vollbringe Dein hochgelobtes Werk auch in mir. Lebe Du in mir, und schenke mir, dass mein ganzes Leben voll sei von dem Glauben an Gott, der Ihm angenehm ist und Ihn verherrlicht. Amen!

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autoren/m/murray/murray-die_schule_des_gebets/murray_-_die_schule_des_gebets_-_12.txt · Zuletzt geändert: von aj
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