Murray, Andrew - Der Geist Jesu Christi – 13. Das Warten auf den heiligen Geist.

Murray, Andrew - Der Geist Jesu Christi – 13. Das Warten auf den heiligen Geist.

Er befahl ihnen, dass sie warteten auf die Verheißung des Vaters, welche ihr habt gehört, sprach Er, von mir“ (Apg. 1,4).

„Auf den HErrn warten“, das war eins der wohlbekannten Worte, womit die alttestamentlichen Heiligen die Stellung ihrer Seelen zu Gott ausdrückten. Sie warteten auf Gott, sie harrten seiner. Zuweilen finden wir diesen Ausdruck in der Heiligen Schrift als die Sprache der Erfahrung: „Meine Seele wartet auf den HErrn.“ „Ich harre des HErrn, meine Seele harrt.“ Wiederum kommen diese Worte vor als die Bekräftigung einer Bitte: „Leite mich, täglich harre ich deiner.“ „HErr, sei uns gnädig, denn auf dich harren wir.“ Oft ist darin auch eine Ermahnung, eine Ermutigung zur Ausdauer enthalten, wo irgendeine Schwierigkeit vorhanden ist: „Harre des HErrn, sei getrost und unverzagt und harre des HErrn.“ „Sei stille dem HErrn und warte auf Ihn.“ Wiederum tönt daraus die Versicherung der Seligkeit dieses Wartens: „Wohl allen, die seiner harren.“ Die auf den HErrn harren, kriegen neue Kraft.“

Alle die selige Erfahrung und die Ermahnungen der vorangegangenen Heiligen fasst unser HErr zusammen und verbindet sie, da wo Er den Ausdruck vom Warten benutzt, mit der Verheißung des Vaters, dem Heiligen Geist. Das, was so tief eingewoben war in das eigentliche Wesen des religiösen Lebens und der Sprache des Volkes Gottes, sollte nun eine neue und höhere Anwendung finden. Wie sie auf die Offenbarung Gottes gewartet hatten, entweder dass Er das Licht seines Angesichts auf sie leuchten lasse, oder dass Er zu ihrer Erlösung sich auf besondere Weise ins Mittel setze, oder dass Er selbst komme, um seine Verheißungen an seinem Volke zu erfüllen; ebenso sollen auch wir warten. Aber jetzt, da der Vater im Sohn offenbart ist, und der Sohn die große Erlösung vollendet hat, jetzt bezieht sich das Warten hauptsächlich auf die Erfüllung der großen Verheißung, in welcher die Liebe des Vaters und die Gnade des Sohnes sich offenbart und uns zugeeignet wird die Gabe, die Innewohnung, die Fülle des Heiligen Geistes. Wir warten darauf, dass der Vater und der Sohn uns immer zunehmende Einflüsse des Heiligen Geistes zuströmen lasse, wir warten auf den Heiligen Geist, auf seine Anregung, Leitung und mächtige Stärkung, damit Er den Vater und den Sohn in uns offenbare und die Heiligkeit und den Gehorsam, zu dem der Vater und der Sohn uns berufen hat, in uns zustande bringe.

„Er befahl ihnen, dass sie warteten auf die Verheißung des Vaters, welche ihr habt gehört von mir.“ Die Frage möchte aufgeworfen werden, ob diese Worte sich nicht ausschließlich auf die Ausgießung des Heiligen Geistes am Tage der Pfingsten beziehen, und ob der Befehl jetzt, da der Heilige Geist der Kirche gegeben worden, noch immer gültig ist. Es mag auch eingewendet werden, dass bei dem Gläubigen, in dem der Heilige Geist wohnt, das Warten auf die Verheißung des Vaters kaum zusammenstimmt mit dem gläubigen, freudigen Bewusstsein, dass der Heilige Geist ihm bereits gegeben ist und in ihm Wohnung gemacht hat.

Diese Frage und diese Einwendung eröffnen uns ein Gebiet, das von der tiefsten Bedeutung für uns ist. Der Heilige Geist ist uns nicht gegeben als ein Besitztum, über das wir verfügen könnten nach unserem Belieben. Nein, Er soll unser Meister sein und uns regieren. Nicht wir sollen Ihn gebrauchen, sondern Er will sich unserer bedienen. Er ist in der Tat uns gegeben, aber als unser Gott, und unsre Stellung Ihm gegenüber ist diejenige der tiefsten und völligsten Abhängigkeit von dem Einen, der da gibt einem jeglichen, „nachdem Er will.“ Der Vater hat uns den Geist gegeben; aber dennoch wirkt Er nur als der Geist des Vaters. Wenn wir Ihn um seine Wirkungen bitten und den Vater anflehen, dass „Er uns Kraft gebe, stark zu werden durch seinen Geist,“ so muss diese Bitte und die Erwartung der Erhörung ebenso klar und bestimmt sein, als da wir zum ersten Mal um die Gabe des Heiligen Geistes baten. Wenn Gott seinen Geist gibt, so ist dies eine Mitteilung seines innersten Wesens. Er gibt auf göttliche Weise, das heißt nach der Kraft des unendlichen Lebens, unaufhörlich, fortlaufend und ununterbrochen. Als Jesus denen, die an Ihn glaubten, die Verheißung gab von dem stets sprudelnden Born, den immerfort fließenden Strömen des Lebens, da sprach Er nicht von einer einmaligen Tat des Glaubens, durch den sie hinfür allemal die unabhängigen Besitzer dieses Segens sein sollten, sondern von einem Leben des Glaubens, das in unveränderlicher Empfänglichkeit seine Gaben allzeit allein durch die Lebensverbindung mit Ihm besitzen sollte. Darum ist dieses köstliche Wort vom Warten „Er befahl ihnen zu warten“ mit allen seinen herrlichen Bedeutungen aus vergangenen Erfahrungen, hineingewoben in das neue Leben unter der Leitung des Heiligen Geistes. Was die Jünger damals in jenen zehn Tagen des Wartens taten und empfanden, und was sie als herrliche Frucht und Lohn davontrugen, das wird auch für uns der Pfad und das Pfand des Lebens im Geiste, zu dem wir berufen sind. Die Fülle des Geistes - das ist die Verheißung des Vaters- und unser Warten darauf, diese beiden Stücke sind unzertrennlich und auf ewig mit einander verbunden.

Haben wir nicht hier die Antwort auf die Frage, warum so viele Gläubige nur wenig wissen von der Freude und der Kraft des Heiligen Geistes? Sie haben nicht verstanden, darauf zu warten; sie haben noch nie mit Aufmerksamkeit den Abschiedsworten des Meisters gelauscht: „Er befahl ihnen, dass sie warteten auf die Verheißung des Vaters, welche ihr von mir gehört habt.“ Die Verheißung haben sie gehört; nach ihrer Erfüllung haben sie sich gesehnt. In ernstlichem Gebet haben sie sich darauf gestützt; sie sind gebückt und traurig einhergegangen im Bewusstsein ihres Mangels. Sie haben versucht, an die Erfüllung zu glauben, sie zu ergreifen; sie haben versucht, mit dem Heiligen Geist erfüllt zu werden. Aber bei dem allem haben sie nicht erkannt, was das Warten ist. Sie haben in Beziehung auf diese Verheißung es nie ausgesprochen, vielleicht auch nie gehört: „Wohl allen, die seiner harren.“ „Die auf den HErrn harren, kriegen neue Kraft.“ Worin aber besteht dieses Warten? Und wie sollen wir warten? Ich schaue auf zu Gott, damit Er durch seinen. Heiligen Geist mich lehre auf die einfachste Weise dies auszusprechen, was irgendeinem seiner Kinder helfen könnte, dem Befehl des Meisters nachzukommen. Lass mich dir als einem Gläubigen sagen, dass du zunächst auf eine völlige Offenbarung der Macht des in dir wohnenden Geistes zu warten hast. Am Abend des Auferstehungstages hatte Jesus seine Jünger angehaucht und gesagt: „Nehmt hin den Heiligen Geist“; doch sollten sie noch warten auf die völlige Geistes- und Feuertaufe. Als ein Kind Gottes hast du den Heiligen Geist. Schlage die Stellen in den Episteln nach, die an Gläubige voller Schwachheiten und Sünden gerichtet sind (1 Kor. 3,1-3.16; 6,19.20; Gal. 3,2.3; 4,6).

Fange an im kindlichen Glauben an das Wort Gottes, die stille Gewissheit zu pflegen: „Der Heilige Geist wohnt in mir.“ Wenn du im Kleinen nicht treu bist, so darfst du das Große nicht erwarten. Erkenne es im dankbaren Glauben an, dass der Heilige Geist in dir ist. So oft du in dein Kämmerlein gehst um mit Gott zu reden, so halte zuerst inne, um dich daran zu erinnern und es zu glauben, dass der Heilige Geist in dir ist als der Geist des Gebets, der das „Abba“ in dir ruft. Stelle dich in die Gegenwart Gottes und bezeuge es mit Bestimmtheit vor Ihm, bis du dessen selbst völlig bewusst bist, dass du ein Tempel des Heiligen Geistes bist.

Jetzt bist du in der richtigen Stellung, um den zweiten Schritt zu tun, nämlich den HErrn in aller Einfalt zu bitten, dir in diesem Augenblick die Wirkungen seines Heiligen Geistes zu verleihen. Dieser Geist ist in Gott, und ist auch in dir. Du bittest den Vater im Himmel, dass sein allmächtiger Geist in stärkerer Bezeugung des Lebens und der Kraft von Ihm ausgehen, und als der in dir wohnende Geist in deinem Innern mit größerer Macht wirken möge. Indem du dies bittest und dich dabei auf seine Verheißungen im allgemeinen, oder auf eine besondere Verheißung die du ihm vorlegst, stützt, so glaube, dass Er dich hört und deine Bitte erfüllt. Dabei brauchst du nicht sogleich danach zu sehen, ob du in deinem Herzen etwas fühlst; es mag dort alles finster und kalt sein; nein, du sollst glauben, dass heißt, du sollst dich darauf verlassen, was Gott in dir tun wird, ja bereits tut, obgleich du es nicht fühlst.

Und nun kommt das Warten. Harre des HErrn, warte auf seinen Geist. Lass deine Seele zur Ruhe kommen und stille werden, ja stille zu Gott, und gib dem Heiligen Geist Zeit, in dir die Gewissheit lebendig zu machen und zu vertiefen, dass Gott dir seine mächtigen Wirkungen gewähren wird. „Wir sind ein heiliges Priestertum, zu opfern geistliche Opfer.“ Das Schlachten der Opfer war ein wesentlicher Teil des alttestamentlichen Gottesdienstes. Bei jedem Opfer, das du darbringst, muss ein Schlachten stattfinden, das heißt eine Hingabe und eine Auslieferung deiner selbst und deiner Kraft zum Tode. Wenn du in heiliger Stille so vor Gott wartest, so sieht Er darin ein Bekenntnis, dass du gar nichts habest, keine Weisheit um recht zu beten, seine Kraft, um recht zu arbeiten. Das Warten ist der Ausdruck des empfundenen Mangels und der inneren Leere. Durch das ganze Christenleben hindurch gehen diese beiden Hand in Hand: Das Gefühl der Armut und Schwachheit, und die Freude des überschwänglichen Reichtums und der Kraft. Während die Seele vor Gott wartet, versinkt sie in ihrem eigenen Nichts und wird dann erhöht zu der göttlichen Gewissheit, dass der HErr ihr Opfer angenommen hat und ihr Verlangen erfüllen will.

Hast du also auf deinen Gott gewartet, so gehe wieder an deine tägliche Arbeit, oder tritt an die besondere, dir gestellte Aufgabe; harre im festen Glauben, dass Er die Erfüllung seiner Verheißung und seines Kindes Erwartung in die Hand genommen hat. Begibst du dich nach solchen Augenblicken des Wartens zum Gebet oder zum Lesen des göttlichen Wortes, so tue es in der Zuversicht, dass der Heilige Geist in dir deine Gebete und deine Gedanken leiten wird.

Wenn dir deine Erfahrung zu beweisen scheint, dass dem doch nicht also sei, so sei gewiss, dass dies dich nur zu noch einfältigerem Glauben, zu noch völligerer Hingabe führen soll. Du bist noch zu sehr gewöhnt an die Anbetung Gottes in der Kraft deines Verstandes und des fleischlichen Sinnes, dass du in der Tat nicht alsobald zum Anbeten im Geiste kommst. Aber warte nur weiter: „Er befahl ihnen zu warten.“ Erhalte dich in deinem täglichen Leben in einer wartenden Stimmung. Übe dich täglich und immer häufiger in deinem Harren auf den HErrn. Die Menge der Worte und die Inbrunst der Gefühle sind dem wahren Gebet oft eher hinderlich als förderlich gewesen. Das Werk Gottes in dir muss immer tiefer, geistlicher und unmittelbarer von Gott selbst gewirkt werden. Warte auf die Verheißung in ihrer ganzen Fülle. Achte die Zeit nicht als verloren, die du damit zubringst, deiner Unwissenheit, deiner Leere, aber auch deinem Glauben und deiner Erwartung, deiner völligen Hingabe an die Herrschaft des Geistes, Ausdruck zu geben. Auf alle Zeiten hin soll Pfingsten der Kirche beweisen, was der erhöhte Jesus von seinem Throne aus an ihr tut. Die zehn Tage des Wartens sollen uns die richtige Stellung dartun, die uns unaufhörlich den Pfingstsegen zusichert.

Mein Bruder, die Verheißung des Vaters ist gewiss. Jesus hat sie dir gegeben. Der Geist selbst wirkt schon in dir. Seine völlige Innewohnung und Leitung ist dein Erbteil. O, halte den Befehl deines HErrn! Warte auf Ihn: Warte auf seinen Geist. „Harre des HErrn, sei getrost und unverzagt und harre des HErrn.“ „Wohl allen, die seiner harren.“

Himmlischer Vater! Durch deinen geliebten Sohn haben wir deine Verheißung vernommen. In unaufhörlichen, göttlichen Strömen, fließt die Quelle des lebendigen Wassers vom Throne Gottes und des Lammes; dein Geist fließt herab, um unsere durstigen Seelen zu beleben. Denn wir haben nicht gehört, auch hat kein Auge gesehen, was du bereitet hast denen, die deiner harren.

Wir haben auch den Befehl deines Sohnes vernommen, dass wir sollen warten auf die Verheißung. Habe Dank für alles, was davon schon an uns in Erfüllung gegangen ist. Aber unsere Seele sehnt sich nach dem vollen Besitz, nach der Fülle der Segnungen Christi. O Vater! lehre uns auf dich harren und täglich vor deiner Türe zu warten.

Lehre uns täglich, wenn wir zu dir nahen, auf deinen Heiligen Geist warten. Lehre uns, indem wir unsere eigene Weisheit und unseren Willen in den Tod geben, und uns mit heiliger Furcht vor den Kundgebungen unserer eigenen Natur scheuen, uns im Staube zu deinen Füßen niederzulegen, damit dein Geist mit Macht in uns wirken könne. O lehre es uns erfassen, dass in dem Maße als wir unser eigenes Leben Tag für Tag dir hingeben, das heilige Leben, das von deinem Throne herfließt, uns mit Macht durchdringen wird, so dass wir dich im Geiste und in der Wahrheit anbeten können. Amen.

1. Wie Jesus die Erfüllung und das Ende des Gesetzes war, so ist der Heilige Geist die Vollendung, die Erfüllung des Evangeliums. Alles was Jesus getan hat, würde uns nichts nützen, wenn nicht der Heilige Geist in unsere Herzen käme und uns alles zueignete.“ (Goodwin.)

2. Wir müssen unser Pfingsten nicht in der Vergangenheit suchen. Das Pfingsten der Apostelgeschichte ist der Kirche Christi deshalb gegeben, damit sie mit den Vorrechten dieser neuen Haushaltung Gottes bekannt werde. Der Geist Gottes kommt als ein Regen, der immer und immer wieder herabfließen, als ein Wind, der immer aufs neue blasen muss. Pfingsten war gleichsam eine Probe der Erfüllung, welche die Verheißung begleitete, damit wir uns mit um so größerer Inbrunst auf die Verheißung stützen möchten. Der Tag der Pfingsten war ein vorbildlicher Tag; alle darauf folgenden Tage sollten ihm gleich gewesen sein, oder ihn noch übertroffen haben. (Bowen.)

3. Warten! O des allumfassenden Wortes, das die richtige Stellung der Jünger, der Verheißung des Vaters gegenüber, kennzeichnet! Warten! Darin ist die Verleugnung des eigenen Ich, seiner Weisheit, seiner Kraft inbegriffen; es bedeutet Lossagung von allem anderen; bereitwillige Hingabe alles dessen, was der Geist beanspruchen will; freudiger Glaube an das, was Jesus ist, und zuversichtliche Erwartung dessen, was Er tun will. Wartet! Harrt! Dies ist die einzige Bedingung, welche der gen Himmel fahrende HErr an die Erfüllung der Verheißung knüpfte.

4. Die Jünger sollten nicht sofort an ihre Arbeit gehen, in Glauben an die Verheißung, dass der Heilige Geist ihnen gegeben werde; sie sollten warten, bis sie freudig bezeugen und beweisen konnten, dass der nun im Himmel thronende Jesus seinen Geist in sie gelegt habe.

5. Warten! Dies sei in Beziehung auf den Heiligen Geist der tiefe Grundton im täglichen Leben eines jeden, der da weiß, dass der Geist in ihm wohnt, der sich aber danach sehnt, von oben mächtig mit Ihm angetan zu werden. Warten! Dies sei die Stellung der Kirche, die da erwartet, dass ihr HErr, auf ihre Bitten hin, seine Kraft mächtig in der Welt offenbaren wolle. Er befahl ihnen zu warten.“ „Wartet (bleibt) bis dass ihr angetan werdet mit Kraft aus der Höhe.“

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