Major, Charles Forsyth - Das Gesetz Gottes, erklärt in der evangelischen Kapelle zu Straßburg - Der Herr Dein Gott.

Major, Charles Forsyth - Das Gesetz Gottes, erklärt in der evangelischen Kapelle zu Straßburg - Der Herr Dein Gott.

2. Mos. 20,1-3.
Und Gott redete alle diese Worte und sprach: Ich bin der Herr, dein Gott, der ich dich aus Ägyptenland, aus dem Diensthaus, geführt habe. Du sollst keine andere Götter neben mir haben.

Dass das Gesetz der Heiligkeit, welches wir in den zehn Geboten zusammengefasst finden, eben sowohl für die Kirche des neuen Bundes wie für die des alten Bundes bindende Kraft hat, und darum dem Buchstaben nach befolgt werden muss, haben wir in unserem letzten Vortrag bewiesen. Der natürliche Fortschritt unserer Gedanken führt uns heute zu dem ersten dieser Gebote. Indem wir uns über dasselbe unterhalten, werden wir darzulegen suchen, 1.) dass der Gott, welcher alle diese Worte zu Israel redete, derselbe ist, der im Neuen Testament zu uns redet; 2.) dass die Christen eben sowohl wie die Heiden und Israel Abgötterei treiben; 3) worin, im Gegensatz gegen diese Abgötterei um uns her, die rechte Anbetung Gottes bestehe.

I.

Es könnte Manchem meiner Zuhörer auffallen, dass ich es noch für nötig halte, den Beweis zu führen, dass der Gott des Alten Testaments auch der Gott des Neuen Testaments ist, was ja Jedermann weiß und ohne Weiteres anzunehmen geneigt sein möchte, da wir ja alle nur an Einen Gott glauben. Weniger auffallend und zugleich den Grund meines heutigen Beweises erklärend wird es daher klingen, wenn ich dasselbe mit anderen Worten ausdrücke: Wir haben zuerst uns zu überzeugen, dass Jehovah keine andere Person ist als der Herr Jesus Christus.

Ich, Jehovah, bin dein Gott. So lautet die feierliche Anrede, mit der die zehn Gebote eröffnet werden. Das mit aber Niemanden ein Zweifel übrig bleibe über die Person, die hier redet, so bezeichnet sie sich genauer mit dem Zusatz: der ich dich aus Ägyptenland, aus dem Diensthaus, geführt habe. Es ist also derselbe Gott, der sich schon an Israel offenbart hat durch wunderbare Führungen und hilfreiche Kraft. Der Gott, welcher Moses antwortete, als er ihn fragte: Was soll ich den Kindern Israel sagen, wenn ich ihnen gesagt habe: der Gott eurer Väter hat mich zu euch gesandt, und sie mich fragen werden: Wie heißt sein Name? Ich werde sein, der ich sein werde. Ich werde sein, der hat mich zu euch gesandt: Jehovah, eurer Väter Gott, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs hat mich zu euch gesandt. Das ist mein Name ewiglich, dabei man mein gedenken soll für und für.

Also der „Ewige, Selbstständige und Wahrhaftige, das unendliche unnennbare Sein“, das sich in den Führungen der Menschen auf Erden offenbart hat. Jehovah, der Ewige, der ist, war und sein wird (Off. 1,4.). Und wer ist dieses geheimnisvolle, mächtige Wesen, das die Himmel regiert mit seinem Wink und auf Erden mit den Menschen, den armen Kindern des Staubes, spricht von Angesicht zu Angesicht? Der Apostel antwortet uns auf diese Frage: Jesus Christus, gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit (Hebr. 13,8.), und erklärt uns weiter: Nachdem vor Zeiten Gott manchmal und mancherlei Weise geredet hat zu den Vätern durch die Propheten: hat er am letzten in diesen Tagen zu uns geredet durch den Sohn, welchen er gesetzt hat zum Erben über Alles, durch welchen er auch die Welt gemacht hat. Welcher, dieweil er ist der Abglanz seiner Herrlichkeit und das Ebenbild seines Wesens, und trägt alle Dinge mit seinem kräftigen Wort, hat, nachdem er durch sich selbst gemacht die Reinigung unserer Sünden, sich gesetzt zur Rechten der Majestät in der Höhe: so viel besser geworden denn die Engel, so gar viel einen höheren Namen er vor ihnen ererbt hat (Hebr. 1,1-4.).

Fragen wir aber, wie mag solches zugehen, dass Jehovah und Jesus von Nazareth eine und dieselbe Person ist? so antwortet uns wiederum der heilige Geist: Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. Dasselbige war im Anfang bei Gott. Alle Dinge sind durch dasselbige gemacht, und ohne dasselbige ist nichts gemacht, was gemacht ist. In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht begriffen. Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingebornen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit (Joh. 1,1-5.14.). Und hören wir ihn nun selbst, den treuen Zeugen, Jesus Christus, Zeugnis ablegen von sich selbst: Wenn ihr mich kennt, so kennt ihr auch den Vater. Und von nun an kennt ihr ihn und habt ihn gesehen. Spricht zu ihm Philippus: Herr, zeige uns den Vater, so genügt uns. Jesus spricht zu ihm: So lange bin ich bei euch, und du kennst mich nicht? Philippus, wer mich sieht, der sieht den Vater. Wie sprichst du denn: zeige uns den Vater? Glaubst du nicht, dass ich im Vater, und der Vater in mir ist? Die Worte, die ich zu euch rede, die rede ich nicht von mir selbst. Der Vater aber, der in mir wohnt, derselbige tut die Werke. Glaubt mir, dass ich im Vater, und der Vater in mir ist; wo nicht, so glaubt mir doch um der Werke willen (Joh. 14,7-11.).

Es bleibt uns also, so wir den Worten und Werken Jesu Glauben beimessen wollen, kein anderer Ausweg übrig: wir müssen mit dem Gesamtzeugnis der heiligen Schrift reden und sagen: Jesus Christus ist Jehovah; das A und das O, der Anfang und das Ende, der da ist, und der da war, und der da kommt, der Allmächtige (Offenb. 1,8.). Dieser wahrhaftige Gott und das ewige Leben spricht zu uns im ersten Gebot: Du sollst keine anderen Götter neben mir haben. Und fügt, durch den heiligen Geist zu der Kirche des Neuen Bundes sprechend, hinzu: Kindlein, hütet euch vor den Abgöttern (1 Joh. 5,20.21.).

II.

Dass die Heiden Abgötterei treiben, bedarf keines Beweises, es ist Jedermann bekannt und wird unter uns als Abfall von dem einigen, wahren Gott teils mit Abscheu, teils mit herzlichem Mitleiden, teils aber auch mit vornehmem Lächeln erzählt. Wir wissen es aus der Tagesgeschichte der Mission, dass von der Gesamtzahl der Einwohner der Erde noch 600 Millionen im gröbsten Götzendienst dahin gehen und das erste Gebot Gottes übertreten. Wie dieser Götzendienst auf Erden entstanden, worin er bestehe und welches seine traurigen Folgen sind, sagt uns der heilige Geist (Röm. 1,21-23.); Dieweil sie wussten, dass ein Gott ist, und haben ihn nicht gepriesen als einen Gott, noch gedankt; sondern sind in ihrem Dichten eitel geworden, und ihr unverständiges Herz ward verfinstert. Da sie sich für weise hielten, sind sie zu Narren worden; und haben verwandelt die Herrlichkeit des unvergänglichen Gottes in ein Bild, gleich den vergänglichen Menschen und den Vögeln und den vierfüßigen und kriechenden Tieren. Die Folgen aber dieses Abfalls sind ferner geschildert V. 24-32., welcher Abschnitt heiliger Schrift ein durch viele Erfahrungen bestätigtes Bild aller heidnischen Völker entwirft.

Eben so wissen wir von Israel, dass dieses hartnäckige, böse Volk, trotz aller Gebote, Warnungen und Erinnerungen Gottes, unzählige Male von diesem ersten Gebot abfiel, den Herrn, seinen Gott, versuchte und anderen Göttern nachfolgte, aus den Göttern der Völker, die um sie her waren. Wir kennen aus der Geschichte Israels seinen oft wiederholten Abfall, des Abfalls Strafe und des Herrn barmherzige Wiederannahme der Reumütigen, wenn sie sich zu ihm bekehrten.

Dass aber auch christliche Völker Abgötterei treiben, wird weniger zugegeben, weil das menschliche Herz gar zu geneigt ist, das Böse zwar anzuerkennen und zu bezeichnen als böse, so lange es bei Anderen zu finden ist, der Sünde aber einen anderen, die Sache entschuldigenden Namen zu geben weiß, sobald sie rechts oder links um uns her oder gar inwendig in unseren Herzen vom Wort der Wahrheit aufgedeckt wird. Darum müssen wir uns heute vorzüglich bei der Abgötterei unter den Christen aufhalten. Wir fragen zuerst, wie dieser Götzendienst entstehen könne, und zeigen dann, worin er besteht.

Es gibt nur einen möglichen Grund alles Götzendienstes, sowohl jenes groben, handgreiflichen bei den Heiden, als dieses feineren, verborgeneren bei den Christen. Der Apostel gibt ihn an in den Worten: Dieweil sie wussten, dass ein Gott ist, und haben ihn nicht gepriesen als einen Gott, noch gedankt; sondern sind in ihrem Dichten eitel geworden, und ihr unverständiges Herz ward verfinstert. Seht da den Grund, den innersten, den verborgensten Anfang alles Abfalls von dem lebendigen Gott! Er liegt tief begraben im menschlichen Herzen und heißt Undankbarkeit. Wenn einmal dieser Born anfängt zu quillen, und sein Wasser ausgießt in die Seelen, so bewässert und befruchtet er das Erdreich und macht es tüchtig, Früchte zu tragen, aber nicht Früchte des Geistes, sondern Früchte des Fleisches, des Verderbens. Die erste Pflanze, die dann in der Seele aufkeimt, heißt Eitelkeit. Das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens wird eitel und böse, sucht die Kreatur statt des Schöpfers, das Vergängliche statt des Ewigen. Wenn aber diese Giftpflanze groß wird (und wahrlich, sie schießt schnell auf im menschlichen Herzen!), so breitet sie ihre schattenreichen Äste aus über Verstand und Gemüt. Das Gemüt hält sie unter dem Schatten ihrer Flügel recht kühl und gleichgültig gegen den ewigen, liebreichen Gott, und den Verstand verfinstert sie dermaßen, dass er vor lauter Finsternis Alles verkehrt sieht, die Kreatur jetzt gar zum Schöpfer selbst erhebt, vor ihm, dem selbstgemachten Gott, hinfällt und ihn anbetet, während dieser also verfinsterte Verstand seine ausnehmende Weisheit und große Wissenschaft, seine feine Kunst und hohe Bildung aller Welt ausposaunt. Da sie sich für weise hielten, sind sie zu Narren geworden, spricht der heilige Geist. Nach dem nun Gottes Wahrheit verwandelt worden in die Lüge; nachdem man schon im Innern, in Gedanken und Gefühlen, dient dem Geschöpf mehr denn dem Schöpfer, der da gelobt ist in Ewigkeit (Röm. 1,25.); so ist es ein Kleines, jeden Gegenstand und jedes Verhältnis des irdischen Lebens zu seinem Volksgott, zu seinem Familiengott, zu seinem Hausgott und zu seinem persönlichen Schutzgott zu weihen, wie es gerade die Umstände und die Bedürfnisse dieses eitlen, vergänglichen Lebens fordern.

Der große Haufe unserer gebildeten Christen hat die Welt im allgemeinen lieb und was in der Welt ist (1 Joh. 2,15-17.). Ach, es ist ja so schön, so reizend in dieser Welt! die Berge und die Täler, die Flüsse und die Seen, Sonne, Mond und Sterne, Alles wird Gegenstand der Bewunderung und der Anbetung. Es ist ja die Natur, von der unsere Dichter singen, und unsre Philosophen so sonderbare Dinge zu erzählen wissen; die schöne, herrliche Natur, die uns so manchen Genuss gewährt und unsre Seelen mit süßen Seufzern füllt! Und wo bleibt der Gott dieser Natur? Ach, so fern, so unbekannt, dass wir ihn mit unseren Gedanken nicht erreichen, ihm mit unseren von lauter Natur trunkenen Gefühlen nicht nahen können! Ist das nicht Abgötterei?

Andere, weniger empfindsame Seelen, die das Leben und seinen Wert oder Unwert wohl zu taxieren wissen, hängen ihr Herz an Geld und Gut, Lust und Ehre, und verzehren ihre Geistes und Körperkräfte im Dienste dieser Götzen. Bei solchen wird der Mensch gewogen auf der Goldwaage, und die Verhältnisse des irdischen Lebens werden beurteilt nach dem Klang der Münze; aber das Wort Gottes ist bei ihnen außer Brauch gekommen. Eisern und hart schreiten diese Würdenträger der bürgerlichen Ehre durch das Leben und kennen keinen anderen Gott, als den Mammon; ihr Gottesdienst besteht in einigen herzlosen Komplimenten, die sie von Zeit zu Zeit einem ihnen unbekannten göttlichen Wesen bei besonders festlichen Anlässen machen, wobei man es ihnen nur zu deutlich anmerkt, dass ihre Gedanken im Comptoir oder im Kaufhaus, auf dem Markt oder im Laden sind: da wo der betrügliche Reichtum oder die Sorgen des Lebens hingebannt haben die Seele, die, ohne Gott und Christus in der Welt, verwüstet ist und leer, wie die des rohesten Heiden. So die Männer und Frauen im reiferen Alter, nachdem sie in ihren Jugendjahren dem Bachus und dem Amor, den beiden Hauptgötzen unseres jungen Geschlechts, bis zur Übersättigung geopfert haben.

Doch das ist alles nur zu sichtbar, wer mags leugnen? Wer will aufstehen und sagen: Du übertreibst? Ach Niemand! sondern im Gegenteil, werden nicht Tausende vielmehr ganz unbefangen sagen: Ja freilich, so siehts aus im Leben, das ist die Christenheit; aber kann es anders sein? Ist das nicht ganz natürlich? Wer wird auch so überspannt sein wollen, der menschlichen Natur einen Grad von Vollkommenheit zuzumuten, den sie nicht erreichen kann? - Gerade diese Natürlichkeit des abscheulichsten Götzendienstes ist aber unser Unglück, die Ursache unseres Todes, die Ursache unserer Hingabe in mancherlei Laster der Heiden. Und nun vergleichen wir einmal die Beschreibung heidnischer Gräuel Röm. 1,24-32. mit unserem Volksleben. Müssen wir nicht gestehen und sagen: Gerade so siehts unter uns aus? Ja leider! Und doch wusste schon der alte Hiob, dass solches Abgötterei sei, was unsre gebildetsten Nationen für ganz richtigen und erlaubten Genuss des irdischen Lebens halten. Hört den Mann, den Gott prüfte, mit sich selbst abrechnen (Hiob. 31,24-28): Habe ich das Gold zu meiner Zuversicht gestellt, und zu dem Goldklumpen gesagt: Mein Trost? Habe ich mich gefreut, dass ich großes Gut hatte, und meine Hand mächtig viel erworben hatte? Habe ich das Licht angesehen, wenn es helle leuchtete, und den Mond, wenn er voll ging? Hat sich mein Herz heimlich bereden lassen, dass meine Hand meinen Mund küsste? („zur Verehrung und Schmeichelei gegen Mächtige“) Welches ist auch eine Missetat für die Richter; denn damit hätte ich verleugnet Gott da oben.

Ist das nicht ein merkwürdiger Fortschritt in der Kultur und Aufklärung, dass jener Mann im Lande Uz vor 4000 Jahren besser wusste, was Abgötterei und Götzendienst sei, als unsre gebildeten, aufgeklärten Christen des 19. Jahrhunderts? O Kirche Christi, o Volk des Herrn, wer hat deinen Leuchter von seiner Stelle gerückt? Wer hat dich trunken gemacht mit dem Wein der Weltlust? Wer hat deinen Gott dir geraubt und statt seiner dir die elenden, toten Götzen des Heidentums in deinen Tempel und auf deine Altäre, in deine Häuser und auf deine Märkte gepflanzt? Wer hat dich betrogen um deine Seligkeit und dein Ohr so taub gemacht, dass du nicht mehr vernehmen und verstehen kannst das erste Gebot, das oben an steht in deinem Katechismus? Ich, Jehovah, bin dein Gott, du sollst keine andre Götter neben mir haben.

III.

Betrachten wir nun einen Augenblick die rechte Anbetung Gottes im Gegensatz gegen diesen Götzendienst um uns her. Diese Anbetung kann allein hervorgehen aus einem richtigen Verständnis des ersten Gebots, darum tun wir wohl, uns recht klar zu denken, was Gott uns in diesen Worten sagt.

Zuerst und vor allen Dingen dürfte wohl der Sinn dieser Worte sein: Jehovah des Alten Bundes, der sich im Neuen Testament als Jesus Christus offenbart hat, ist dein Gott; er entbietet sich selbst aus freier Gnade dir zum Wohltäter an Leib und Seele, zum Versorger im Leben und im Tod, zum Helfer aus aller Not.

Er versorgt und erhält alle Menschen, obgleich sie ein sündhaftes, abgefallenes Geschlecht sind, indem er ihnen Leben und Odem und Alles gibt (Apostgesch. 17,25.). Er erwählt sich aber im Alten Bund die Erzväter und ihren Samen, den er aus Ägypten führt, im Neuen Bund ein geistliches Volk des Eigentums, das er durch den Glauben an seinen Namen aus dem Diensthaus der Sünde zur herrlichen Freiheit der Kinder Gottes führt, und diesem Volk einer ewigen Gnadenwahl bietet er sich besonders zum Gott und Herrn an.

Ihn, den Herrn Jesus Christus, über alle Dinge zu fürchten, zu lieben und ihm zu vertrauen, ist die Aufgabe seines Volkes, ist die rechte Anbetung Gottes auf Erden.

Die Furcht Gottes ist der Weisheit Anfang, darum müssen wir durch sie uns losreißen von unserer natürlichen Undankbarkeit gegen diesen barmherzigen Gott und Vater. Wir wissen, dass Gott, der Allmächtige, der Herr und Richter der Lebendigen und der Todten zu fürchten ist. Wir wissen, dass er ohne Ansehen der Person einen Jeglichen richten wird nach seinen Werken. Wir wissen, dass er das Herz ansieht, und dass vor ihm seine Heiligen nicht rein sind. Darum lasst uns durch heilsame Vorstellung der Allmacht, der Gerechtigkeit und der Heiligkeit dieses lebendigen Gottes unseren innersten Willensgrund aufrütteln aus dem sündhaften Schlaf der Undankbarkeit, der Gleichgültigkeit, der Gottentfremdung.

Lasst uns ihm die Ehre geben und zu uns selbst sagen: Es ist Zeit, dass du aufwachst vom Sündenschlaf, vom Taumel der Weltlust, vom eitlen Trachten nach irdischen Dingen. Es ist Zeit, dass du aufstehst von den Toten und das ewige Leben anschaust und bedenkst, das dir aus Gottes heiligem Wort entgegen leuchtet. Es ist Zeit, dass du entfliehst dem zukünftigen Zorn, den Gott, der gerechte Richter, droht über alles gottlose Wesen. Denn über ein Kleines so wird kommen, der da kommen soll, und wird kein Entrinnen mehr sein; sondern sie werden sagen zu den Bergen: fallt auf uns! und zu den Hügeln: deckt uns! und werden den Tod vergebens suchen, denn der Hölle Rachen wird vor ihnen offen stehen und sie lebendig verschlingen.

Dieser Gott ist aber nicht allein zu fürchten, sondern er ist auch zu lieben. Die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus, denn die Furcht hat Pein. Durch die Liebe zu Jesus entreißen wir uns allein dem Dichten nach der Eitelkeit und dem vergänglichen Wesen dieser Welt, das uns in unserem undankbaren Naturzustand gefangen hält. Durch sie erlangen wir innere Kraft, jener Liebe zur Welt und dem, was in der Welt ist, nämlich des Fleisches Lust, der Augen Lust und hoffärtiges Leben, das alles nicht vom Vater, sondern von der samt ihrer Lust vergänglichen Welt ist, den Abschied zu geben, den Willen des Vaters zu tun und darum, als Täter des Wortes, in Ewigkeit zu bleiben. Durch Liebe zu Jesus geschieht in unserem Innern eine scharfe, durchdringende Sichtung aller Dinge, an denen wir bisher in unserer Undankbarkeit und Finsternis hingen, und wir erlangen Kraft, uns von aller unreinen, weltlichen Anhänglichkeit an geschaffene Wesen loszuwinden und den Herrn, unseren Gott, zu lieben von ganzem Herzen, von ganzem Gemüt und aus allen Kräften.

Endlich haben wir auch Ursache, diesem Gott zu vertrauen. Vertrauen ist eine Seite des Glaubens, gehorchen die andere. Wer Gott vertraut, der muss ihm auch gehorchen; wer ihm nicht gehorsam ist, der hat auch kein rechtes Vertrauen zu ihm. Wer Gott aber gläubig vertraut und gehorcht, dessen Verstand ist erleuchtet, und er beweist, dass er nicht mehr von dem Todesschatten des eitlen Erdenlebens in Finsternis gefangen gehalten wird. Er lacht jener armen Finsterlinge, die ihr Vertrauen setzen auf Geld und Gut, Lust und Ehre; denn er weiß, wie sie sich in ihrem finsteren Götzendienst abmühen und abplagen, während sie der Welt ihre vermeintliche Aufklärung heuchlerisch zur Schau tragen. Es ist das Vertrauen zu Gott in Christo ein außerordentlich fröhlicher, kindlicher Gemütszustand. Er besteht in einer völlig. sorgenfreien Übergabe des ganzen Wesens an den, von dem wir wissen: er ist dein Vater, er sorgt für dich; er ist dein versöhnter Gott, er nimmt sich deiner gewisslich an; er ist dein gerechter Richter, er wird dir gewiss kein Unrecht zufügen lassen. In solchem Gemütszustand ist der Gehorsam gegen Gottes Wort Kinderspiel; denn das Wort, das gebietet, gibt zugleich Kraft, es auszuführen, weil es uns jetzt ein lebendiges Wort geworden ist.

Dieses ist der Wandel im Glauben, der Wandel im Licht, entgegengesetzt jenem Wandel im Unglauben, in der Finsternis, von dem wir vorhin sprachen. Dieses ist die rechte Anbetung Gottes im Geist und in der Wahrheit, im Gegensatz mit jenem toten Götzendienst. Dieses ist das Christentum, im Gegensatz mit jenem Heidentum.

Auf, Volk des Herrn! Herzu zum ersten Gebot! Nieder mit den Götzen! Rottet ihre Altäre aus! Zerstört ihre Wohnungen! Hört auf, ihre Priester und Priesterinnen zu sein! Hanget dem Gott des Himmels an! Jesus Christus ist Jehovah, dein Gott, der dich aus dem Diensthaus der Weltlust ausgeführt hat durch seinen Tod und seine Auferstehung, du sollst keine anderen Götter neben ihm haben! Amen.

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