Luther, Martin - Zitate aus verschiedenen Quellen

Allgemeines Priestertum und Amt

1)

Alle Christen sind wahrhaft geistlichen Standes, und es ist unter ihnen kein Unterschied als nur um des Amts willen. Denn allein Taufe, Evangelium und Glauben machen geistlich. Demnach werden wir allesamt durch die Taufe zu Priestern geweiht, wie Sankt Petrus 1. Pet. 2 sagt: Ihr seid ein königlich Priestertum und ein priesterlich Königreich. … Dennoch ziemt es nicht einem jeden, solches Amt auszuüben. Denn weil wir alle gleicherweise Priester sind, darf sich niemand selber hervortun und sich ohne unsere Einwilligung und unsere Wahl anmaßen, das zu tun, wozu wir alle die gleiche Vollmacht haben. Denn was allgemein ist, das darf niemand ohne der Allgemeinheit Willen und Auftrag an sich reißen. Und wo es geschieht, daß jemand zu solchem Amt erwählt und, weil er es mißbraucht hat, wieder abgesetzt wird, so wäre er dasselbe wie vorher. Darum sollte der Stand eines Priesters in der Christenheit nicht anders aufgefaßt werden als der eines Amtmannes: Weil er im Amt ist, hat er einen Vorrang; wird er abgesetzt, ist er ein Bauer oder ein Bürger wie die anderen. Ebenso ist ein abgesetzter Priester nicht mehr Priester.

Das Evangelium

Wenn ich höre, daß Jesus Christus gestorben ist, meine Sünde hinweggenommen und mir den Himmel erworben hat, so höre ich das Evangelium. Das Wort ist bald vergangen, wenn man's predigt, aber wenn es ins Herz fällt und mit dem Glauben gefaßt wird, so kann es nimmer abfallen. Diese Wahrheit kann keine Kreatur umstoßen, der Höllen Grund vermag nichts dawider. Und wenn ich auch schon dem Teufel im Rachen steckte, kann ich das Wort ergreifen, so muß ich wieder heraus und muß bleiben, wo das Wort bleibt.

2)

Die Furcht Gottes

Die Furcht Gottes ist eine rechte Männin, eine tugendhafte Heldin, die sich vor keinem Trotzen, Stürmen, Drohen, Wüten und Toben der Menschen lässet schrecken, sondern wenn sie entweder Gott oder Menschen muß erzürnen, so spricht sie: Man muß Gott mehr gehorchen als den Menschen.

3)

Die offene Hand

Ich sehe an den Elenden und der zerbrochenes Geistes ist, und der sich fürchtet vor meinem Wort. (Jes. 66,2). Der Heilige Geist wird niemand gegeben, denn eben denen, die da stehen in Betrübnis und Angst; da schaffet das Evangelium Nutz und Frucht. Denn diese Gabe ist zu hoch und zu edel; darum wirft sie Gott nicht vor die Hunde. … Es müssen solche Herzen sein, die da fühlen und sehen ihre böse Lust und nicht herauskommen können. Denn es muß gezappelt sein, soll der Heilige Geist kommen und helfen.

Die Zunge

Das ist der größte Schaden nicht, so der Christenheit von Tyrannen zugefügt wird, sondern das Stücklein Fleisch, das hinter den Zähnen steckt, das tut den größten Schaden dem Reiche Gottes.

Die Stunde

Kein Ding gehet eher, ehe die Stunde kommt, die Gott bestimmet hat. Es mögen Könige, Fürsten und Herren Rat halten, alles abreden, wie sie wollen; welcher Sache Stündlein kommen ist, die gehet; die andern bleiben stecken, hindern und stauen sich, wann sich gleich alle Menschen auf Erden zerreißen wollten. Kurzum: Gott will sich ihm den Zeiger nicht stellen lassen, er will ihn stellen. Wir sollen ihm nicht sagen, was es geschlagen hat, er will es uns sagen. Darum soll ein jeder seine Sachen Gott befehlen und desjenigen, was Gott für die Hand gibt, fröhlich brauchen, ums Zukünftige Gott das Regiment herzlich befehlen. Welche anders als so tun und wollten vor diesem Stündlein hindurchreißen, die haben nichts als Unglück und Herzeleid davon und mögen zürnen, murren, solange sie wollen; Gott achtet es nicht.

4)

Der grösste Schatz

Des Engels Predigt lautet, daß dies Kindlein unser Heiland sei, an dem wir allen Trost und Freude haben sollen als an dem höchsten Schatz; wo der ist, da sehen alle Engel und Gott selber hin. Solchen Schatz aber legt er nicht allein der Mutter in den Schoß, sondern mir und dir, und sagt: Er soll dein eigen sein, du sollst sein genießen, und alles, was er hat im Himmel und auf Erden, das soll dein sein.

Wer nun solches hört, doch keine Freude daran hat, der ist wert, daß ihn der Donner neun Ellen unter die Erde schlage!

Derhalben sollen wir Gott um seine Gnade danken und bitten, daß er diese Engelpredigt selbst in unsere Herzen reden und schreiben wolle, auf daß wir uns dieses Heilands recht trösten und durch ihn Tod und Teufel überwinden mögen. Das helfe uns unser lieber Herr und Heiland Jesus Christus

Dem König unser Herz

Gott ist es, der in euch wirket beides, das Wollen und das Vollbringen, nach seinem Wohlgefallen.
Phi. 2,13

Fragest du aber: Wie muß man denn anfangen, fromm zu werden, ober was muß man tun, daß Gott in uns anfange? Antwort: Ei, hörst du nicht, daß kein Tun, kein Anfangen in dir ist, fromm zu werden? Also wenig auch Zunehmen und Vollenden in dir ist. Gottes allein ist Anfangen, Fördern und Vollenden. Alles, was du anfängst, ist Sünde und bleibt Sünde, es gleiße, so hübsch es wolle; du kannst nicchts denn sündigen, tue, wie du willst. Darum ist kein andrer Anfang, fromm zu werden, denn daß dein König zu dir komme und fange in dir an. Nicht suchest du ihn, er findet dich: denn die Prediger kommen von ihm, nicht von dir; ihre Predigt kommt von ihm, nicht von dir; dein Glaube kommt von ihm, nicht von dir, und alles, was Glaube in dir wirket, kommt von ihm, nicht von dir. Wo er nicht kommt, da bleibest du wohl außen; und wo nicht Evangelium ist, da ist kein Gott, sondern eitel Sünde und Verderben. Darum frage nur nicht, wo anfangen sei, fromm zu werden; es ist kein Anfangen, als wo dieser König kommt und gepredigt wird.

Das Reich Christi

Das Reich Christi besteht aus solchen, die da tragen, und aus solchen, die da getragen werden.

Erziehung

Soll ein gut Regiment werden, so muß die Jugend wohl unterrichtet und aufgezogen werden, die in der Kirche, weltlichem Regiment und Haushaltung der Welt dienen können. Darum liegt alles daran, daß die Jugend wohl auferzogen werde.

Es will dem Rat und der Obrigkeit gebühren, die allergrößte Sorge und Fleiß aufs junge Volk zu haben. Denn weil der ganzen Stadt Gut, Ehre, Leib und Leben ihnen zu treuer Hand befohlen ist, so täten sie nicht redlich vor Gott und der Welt, wo sie der Stadt Gedeihen und Besserung nicht suchten mit allem Vermögen Tag und Nacht. Nun liegt einer Stadt GEdeihen nicht allein darin, daß man große Schätze sammle, feste Mauern, schöne Häuser, viel Büchsen und Harnisch erzeuge; ja, wo das viel ist und tolle Narren darüber kommen, ist so viel desto ärger und desto größerer Schade derselben Stadt; sondern das ist einer Stadt bestes und allerreichstes Gedeihen, Heil und Kraft, daß sie viel feiner, gelehrter, vernünftiger, ehrbarer, wohlerzogener Bürger hat, die könnten darnach wohl Schätze und allles Gut sammeln, halten und recht brauchen.

Die Pferde, wiewohl sie stärker sind, üssen dem Fuhrmann gehorchen, und wenn das geschieht, so geht der Wagen recht fort. Denn es liegt vielmehr am Fuhrmann, wiewohl er schwächer ist denn die Pferde, denn an den Pferden; er ist der klügste, weist Steg und Weg. Wo aber die Pferde nicht hören, laufen über Stauden und Stöcke, so zerscheitern sie sich selber, den Wagen mitsamt dem Fuhrmann. Also auch in der Welt geht's recht fort, wenn die Jugend dem Alter gehorsam ist. Denn die Jugend läuft leichtlich an mit ihrer Stärke, wo sie nicht in einem Zaum geführt wird, geht also alles zu Trümmern.

Ein anderes Evangelium

Es ist fürwahr St. Paulus über die Maßen hoch bewegt und sehr heftig entbrannt gewesen, daß er auch wohl hätte die Engel verfluchen dürfen. Denn er sagt frei heraus: Wenn gleich wir, ich und meine Brüder, Timotheus, Titus und wer sie sonst sind, so mit mir lauter predigen (von denen nichts zu sagen, so die Gewissen verwirren), ja auch ein Engel vom Himmel euch würde etc. - dennoch wollte ich eher und lieber, daß ich selbst, meine Brüder und alle Engel verflucht, vermaledeit, verdammt und verstoßen sollen sein von aller Gemeinschaft Gottes, ehe das Evangelium soll in Gefahr stehen, und wiederholt dasselbe mit kräftigen und scharfen Worten. Es ist fürwahr ein großer Ernst, daß er also kühnlich verfluchen darf nicht allein sich selbst und seine Brüder, sondern auch einen Engel vom Himmel. Darum wollen wir auch mit St. Paulo mutig sein und sprechen: Es soll verderben und vermaledeit sein, alle Lehre, sie komme vom Himmel oder von der Erde oder wo sie herkommt, die da lehrt die Menschen ihre Hoffnung und Vertrauen setzen in eigene Werke, eigene Gerechtigkeit, Verdienst und gute Werke, und nicht allein lauter in die Gnade, Tod und Verdienst Jesu Christi. Wollte Gott, daß die Verkehrer des Evangelii, das St. Paulus gepredigt hat, sich dieses ernstliche greuliche Urteil doch schrecken ließen, deren zu dieser Zeit leider die ganze Welt voll ist!

Ein Zeugniß für Gregorius Morgenstern. 1523

3. October 1523

Ich Martinus Luther, Ecclesiastes zu Wittenberg, gebe Zeugniß mit dieser meiner Handschrift diesem unserm lieben Bruder Gregorius Morgenstern, daß er im Augustinerorden sich redlich und ehrbarlich gehalten, daß ihn auch Niemand anders bezüchtigen kann; auch daß es Brauch und Recht ist in diesem Orden alzeit gewesen in steter Ubunge, Niemand aufzunehmen, er sey denn von redlichen untadeligen Eltern geboren und herkomen.

Derhalben ich bitt alle frome Biederhandwerksleute, wollten diese meine Handschrift an statt seiner Geburtsbriefe ihm lassen hülflich seyn, angesehen daß er dieselben für Gewalt des Landesobersten nicht kann aufbringen. Sintemal er nach christlicher Lehre und Wahrheit Rath hinförter sich aus dem fährlichen Stand in einen seligen Stand zu geben gedenkt, da er sich, wie alle Adamskinder, seines Angesichts Schweiß ernähren will, mit Gott und Ehren durch Hilf fromer Leute. Das wird Christus ohne Zweifel wiederumb sie mit rechter Gnaden durch die Seinen verdienen lassen. Hiemit Gott befohlen. Zu Wittenberg, am Sonnabend nach Michaelis, 1523.

5)

Eine kurze Form des Glaubens

1520

Ich glaub an Gott, den Vater, allmächtigen Schöpfer Himmels und der Erden, d.i. ich setz mein Trauen auf keinen Menschen auf Erden, auch nicht auf mich selbst, noch auf meine Gewalt, Kunst, Gut, Frömmigkeit oder was ich haben mag. Ich erwäge und setze mein Trauen allein auf den reinen, unsichtbaren, unbegreiflichen, einigen Gott, der Himmel und Erde erschaffen hat und allein über alle Kreatur ist. Wiederum entsetze ich mich nicht vor aller Bosheit des Teufels und seiner Gesellschaft; denn mein Gott ist über sie alle. Ich glaube nichtsdestoweniger an Gott, ob ich von allen Menschen verlassen oder verfolgt wäre. Ich glaube nichtsdestoweniger, ob ich arm, unverständig, ungelehrt, verachtet bin oder aller Ding Mangel leide. Ich glaube nichtsdestoweniger, ob ich ein Sünder bin. Denn dieser mein Glaube soll und muß schweben über alles, was da ist und nicht ist, über Sünde und Tugend und alles, auf daß er in Gott lauter und rein sich halte, wie mich das erste Gebot dringt. Ich begehre auch kein Zeichen von ihm, ihn zu versuchen. Ich traue beständig auf ihn, wie lange er verzieht, und setze ihm kein Ziel, Zeit, Maß oder Weise, sondern stelle es alles frei seinem göttlichen Willen in einem freien, richtigen Glauben. So er denn allmächtig ist, was mag mir gebrechen, das er mir nicht geben und tun möge? So er Schöpfer Himmels und der Erden ist und aller Dinge ein Herr, wer will mir etwas nehmen oder schaden? Ja, wie wollen mir nicht alle Dinge zu gute kommen und dienen, wenn der mir Gutes gönnt, dem sie alle gehorsam und untertan sind? Dieweil er denn Gott ist, so vermag er und weiß, wie ers mit mir aufs Beste machen soll. Dieweil er Vater ist, so will ers auch tun und tut es herzlich gerne. Dieweil ich daran nicht zweifle und setze mein Trauen also auf ihn, so bin ich gewiß sein Kind, Diener und Erbe ewiglich, und wird mir geschehen, wie ich glaube.

6)

Gott arbeitet an uns

Eine Stelle aus Luthers Schriften. Th. V. Jen. S. 214. folg.

Gott zimmert und arbeitet an uns, höfelt und schnitzet uns, daß er den alten Menschen in und tödte sammt seiner falschen Weisheit, Klugheit, Heiligkeit, ja allen seinen Lastern, und uns also vollkommen bereite, daß wir seine neue Creatur seyn. Hiezu muß er nehmen große Aexte, Beil, Sägen, KEil (denn es ist ein alter Balk und Schalk der alte Adam), das ist, Tyrannen, Teufel, Rottengeister, falsche Brüder, Hunger, Pestilenz, Krankheit, Kerker, Strick, Schwerdt. - Das ist ein Werk, das wir von Gott leiden, und nicht thun. - Nun thut dies Werk dem alten Adam fast wehe, und alle Vernunft in aller Welt hält nicht dafür, daß es Gottes Werk sey, es muß des Teufels Werk heißen. Und die solches leiden, müssen nicht Gottes Werk heißen, sondern von ihm verlassen seyn; so steht sichs an. - Wer nun so gezimmert wird, das wird ein rechtschaffener, ganzer Christ; es geschieht ihm auch nicht unrecht, sondern ganz recht, denn er hat wohl an sich, das solches Zimmerns bedarf, nämlich den alten Adam, und wo er nicht so gezimmert würde, geschähe ihm unrecht, und würde nimmermehr ein rechter Christ. Es bliebe der alte Schalk zu stark in ihm, und er wäre ein Schein und Schemen von einem Christen. - Aber die Welt und Vernunft schreyet gleich über Gewalt und Unrecht, und spricht, sie hätte solches nicht verdienet.

7)

Glauben

Es ist mancher ein großer Heil'ger, aber es kann geschehen, daß er schwächer im Glauben wird, als ich. Also kann mir Gott auf diese Stunde einen hohen starken Glauben schenken, aber wieder, ehe man sich umsieht, sinken lassen, den Glauben irgend einem großen Sünder geben. Warum tut er denn solches, daß er seine Heiligen nicht immer im starken Glauben gehen läßt? Darum, daß sie nicht stolz werden oder meinen, sie hätten's von ihm selbst, und sich selbst zum Gott machen. Darum daß er Gott sei, sich selbst erkennen, und in der Demut bleiben, die will er haben, nicht allein von uns, sondern von den allerhöchsten Heiligen„ auch seiner eigenen Mutter, es müssen sich alle aufs Tiefste herunterlassen und sagen, ich bin nichts und vermag nichts.

Glaube und Liebe

Die ganze Summe des christlichen Verstandes soll man in zwei Stücke fassen, als in zwei Säcklein im Herzen, welche sind Glaube und Liebe. Des Glaubens Säcklein hat zwei Beutlein; in dem einen steckt das Stück, das wir glauben, wie wir durch Adams Sünde allzumal verderbt, Sünder und verdammt sind. Im andern steckt das Stücklein, daß wir alle durch Jesum Christum von solchem verderbten, sündlichen, verdammten Wesen erlöst sind. Der Liebe Säcklein hat auch zwei Beutelein; in dem einen steckt das Stück, daß wir jedermann sollen dienen und wohltun, wie uns Christus getan hat; im andern das Stücklein, daß wir allerlei Böses gern leiden und dulden sollen.

Gebetsordnung

Darum ist's gut, daß man lasse früh morgens das Gebet das erste und des Abends das letzte Werk sein und hüte sich mit Fleiß vordiesem falschen betrügerischen Gedanken: Harre ein wenig, ich muß dies oder das zuvor fertigen. denn mit solchen Gedanken kommt man vom Gebet in die Geschäfte; die halten um empfangen dann einen, daß aus dem Gebet des Tages nichts wird.

Harre des Herrn

Es sind einige, die wollen Gott das Ziel weisen, Zeit und Maß legen und gleich ihm selbst vorschlagen, wie sie ihm geholfen haben wollen. Und wenn es ihnen so nicht widerfährt, verzagen sie, oder sie mögen anderswo Hilfe suchen. Diese harren nicht, sie warten des Herrn nicht, Gott soll ihrer warten und alsbald bereit sein, und nicht anders helfen, als wie sie es abgemalt haben; die aber des Herrn harren, die bitten um Gnade, oder sie stellen es frei zu Gottes gutem Willen, wenn, wie, wo und durch was er ihnen helfe; an der Hilfe zweifeln sie nicht, sie geben ihr auch keinen Namen, sie lassen sie Gott nennen, und sollte sie auch lange ohne Maß verzogen werden. Wer aber der Hilfe einen Namen gibt, dem wird sie nicht, der er leidet Gottes Rat, Willen und Verziehen nicht.

8)

Herr oder Knecht?

Wer Gut hat, der sei ein Herr desselbigen Gutes. Wer da dient, der ist ein Knecht und hat nicht das Gut, sondern das Gut hat ihn; denn er darfs nicht gebrauchen, wenn er will, kann auch nicht andern damit dienen, ja, er ist nicht so kühn, daß er's dürfte anrühren. Ist er abe3r ein Herr über das Gut, so dient das Gut ihm, und er dient nicht dem Gutee. Darnach hilft er den Armen von dem Gute und gibt denen, die nichts haben. Wenn er einen sieht, der keinen Rock hat, so spricht er zum Gelde: Heraus, Junker Gulden, dort ist ein armer, nackender Mann, der hat keinen Rock, dem mußt du dienen! Dort liegt einer krank, der hat keine Labung. Hervor, Junker Anneberger und Joachimstaler, ihr müßt fort, hin und helft ihm! Die so mit ihrem Geld umgehen, die sind Herren ihres Gutes. Und das tun gewiß alle rechtschaffenen Christen; die aber viel Geld sparen und immer gedenken, wie der Haufe größer werde und nicht kleiner, das sind lauter Knechte.

9)

Johannes 3,16

Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab

Hier ist alles aufs höchste, der Geber, die Liebe und das Geschenk, welches uns aus lauter Liebe gegeben wird, nicht aus Verdienst, und also gegeben, daß es eine Gabe bleiben soll und weder geborgt, geliehen noch bezahlt heißen, da man nichts dafür gibt und nichts mehr tut, als daß man die Hand herhalte und solchen Schatz willig und gern annehme. Aber Gott sei es geklagt, daß nicht Herzen und Hände da sind, welche solches Geschenk annehmen.

Denn wenn wirs recht bedächten und nicht so kalt wären, sollten unsere Herzen so sehr in Freuden brennen, daß wir Gott nicht allein gern dienen, sondern auch alles um seinetwillen gern leiden und dennoch dazu lachen sollten, weil wir einen solchen Schatz von ihm haben.

Liebe und Glaube

Widderumb ist auch hie das exempel der liebe fur gebildet ynn Christo gegen dem aussetzigen. Denn da sihestu, wie yhn die liebe zum knecht macht, das er dem armen hilfft frey umb sonst, sucht widder genies, gonst, noch ehre dadurch, sondern allein den nutz des armen und Gott des vaters ehre. Darumb er yhm auch verpeut, er solle es niemand sagen, auff das es ia eyn lautter reyn werck sei der freyen guettigen liebe. Das ists, das ich nue offt gesagt habe, Wie der glaube mach uns zu herren, die liebe zu knechten, ia durch den glauben werden wyr Goetter und teylhafftig Goettlicher natur und namen, wie psal. 81. spricht: 'ich hab gesagt, yhr seyt Goetter und allesampt kinder des aller hoehisten'. Aber durch die liebe werden wyr den aller ermisten gleich. Nach dem glauben durffen wyr nichts und haben volle genuege. Nach der liebe dienen wyr yderman. Durch den glauben empfahen wyr gueter von oben von Gott. Durch die liebe lassen wyr sie aus von unten zum nehisten. Gleich wie Christus nach der Gottheyt nichts beduerffte, aber nach der menscheyt yderman diente, der seyn beduerffte.

Davon haben wyr offt gnug gesagt, das wyr auch also durch den glauben muessen Gottis kinder und goetter, herrn und koenige geporn werden, gleich wie Christus ynn ewigkeyt vom Vater eyn warer Gott geporn wird. Und widerumb durch liebe eraus brechen, dem nehisten mit wolthat helffen, gleich wie Christus mensch worden ist, uns allen zu helffen. Und gleich wie Christus nicht durch werck zuvor verdient odder durch seyn mensch werden erworben hatt, das er Gott ist, Sondern hatt dasselbig von der gepurt on alle werck und zuvor, ehe er mensch ward. Also haben wyr auch die kindschafft gottis, das uns sund vergeben werden, tod und hell nicht schaden, nicht durch werck odder liebe verdient, sondern on werck und fur der liebe durch den glauben ym Euangelio aus gnaden empfangen. Und wie Christus allererst nach dem er ewig Got ist, mensch worden ist, uns zu dienen, So thuen wyr auch gutt und lieben den nechsten hernach, wenn wyr schon zuvor durch glauben frum, on sunde, lebendig, selig und Gottis kinder sind. Das sey vom ersten exempel des aussetzigen.

10)

Leiden

Laßt euch das Leiden nicht kümmern, sondern danket Gott dafür, daß ihr nicht unter denen seid, die Gott nicht allein nicht kennen, sondern ihm feind sind. Ihr aber kennt ihn, und er kennt euch auch, ihr liebet ihn, und er liebet euch auch. Darum laßt es euch nicht anfechten, ob euch die Welt feind ist. Solche Feindschaft wird euch nicht schaden können. Gottes Freundschaft wird euch tausendmal mehr helfen und nützen.

Mitfreude

Freuet euch mit den Fröhlichen.
Röm. 12,15

Ist jemand fröhlich, sollen wir nicht sauer sehen, wie die Heuchler, die etwas Besonderes sein wollen und mit ihrem unzeitigen Ernst sich allein weise und heilig dargeben und alle, die fröhlich sind und nicht mit ihnen sauer sehen, zu Narren und Sündern machen; sondern es soll uns ihre Freude gefallen, wo sie nicht wider Gott ist. Als, daß doch ein Vater fröhlich ist, so ihm sein Weib gesund, fromm, hold ist, ein Kind gebiert; item so sein Kind fromm und vernünftig ist, so fortan, wo es ihm wohl geht an Seele, Leib, Gut, Ehre und den Seinen, als uns selbst: denn das sind Gottes Gaben, die er gibt, spricht S. Paulus, Apostelgesch. 14,17: „daß er der Menschenkinder Herz mit Freuden erfüllt“. Wiewohl viele solche Gaben und Freuden übel brauchen, dennoch sind's darum nicht desto weniger Gottes Gaben, die nicht mit Sauersehen zu verdammen sind, als möchte oder sollte man sie nicht haben.

(Aus einer Predigt am 3. Sonntag nach Epiphanias)

Nicht der Magd Kinder

Wo das Gesetz des Volkes regieret, da sind eitel Ismael, empfangen auch von Gott rechten Samen, wie Ismael von Abraham empfangen wird, hören das Wort und Predigt, waschen (reden) mehr davon, denn die rechten Christen, aber werden nicht rechtschaffen, fallen auf Werke, greifen's mit dem freien Willen an, verlassen sich darauf, haben Gottes Gebot zuvor, da gehen sie in einem scheinbaren Leben vor der Welt, das niemand tadeln kann, das sind alles der Magd Kinder, denn es ist noch kein Gottes Wort der Verheißung da, sondern allein Fleisch und Blut, natürlich Ding. - Gottes Gnade wirkt nicht da, ist kein Glaube noch Geist da, dadurch sie vom Gesetz frei werden, darum werden nichts den Ismaels daraus.

11)

Opfern

Opfern ist eigentlich nichts in der Wahrheit, als: Gott danken und loben, daß er unser Gott ist, der uns nach seiner Verheißung erhören wolle, und bei uns sein in der Trübsal, und uns aus dem Tode erretten. Denn das heißt, daß er unser Gott ist, und daß man ihm danke, daß er uns bisher versorgt und bewahrt hat, und hinfort auch versorgen will, wie wohl er uns läßt versucht werden schier über unser Vermögen. - Eben zu solchem Ende werden die Kirchen gebaut. Wenn aber diese rechten Opfer nicht da sind, so mögen's billiger Kuh- oder Schweine-Ställe genannt werden, als Altä#re oder Kirchen. Denn dazu ist es verordnet, daß man in der Kirche zusammenkommt, daß er unser Gott sei, der uns läßt versucht werden, uns zu gute. Das ist die Predigt vom Glauben, von unserer Geduld, von Gottes Gnade, und wie er die Seinen führt und regiert. Wo diese Lehre nicht gehört wird, da sollst du es dafür nicht halten, daß eine Kirche oder Altar sei.

Ohne des Gesetzes Werke, allein durch den Glauben!

So hoch der Himmel von der Erde ist, so weit soll auch das Gesetz von der Rechtfertigung geschieden werden. Und im Handel der Rechtfertigung soll nichts gelehrt, geredet noch gedacht werden, als allein das Wort der Gnade in Christo beweist. Das Gesetz dient und hilft gar nichts zur Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, auch gleich im kleinsten Stücke. Wenn es recht verstanden wird, so machts verzagt und richtet Verzweiflung an, wird's aber nicht recht verstanden, so macht es Heuchelei. Gleichwie das Evangelium, wenn es nicht recht verstanden wird, so macht es sicher rohe Leute, wieder, wenn es recht verstanden und geglaubt wird, so macht es fromme gottselige Leute.

12)

Pflicht der Nächstenliebe

Du sollst nicht meinen, daß das allein gestohlen heiße, wenn du deinem Nächsten das Seine ausführst, sondern, wenn du siehst deinen Nächsten Not, Hunger, Durst leiden, keine Herberge, Schuh und Kleider haben und hilfst ihm nicht, so stiehlst du gleichwohl, als wenn einer dem andern Geld aus dem Beutel oder Kasten stähle; denn du bist ihm schuldig zu helfen in seiner Not. Denn deine Güter sind nicht dein. Du bist allein ein Schaffner darüber gesetzt, und daß du sie ausleihest denen, so es bedürfen.

13)

Rechtfertigung allein durch den Glauben

Eine Stelle auszugsweise aus Luthern mitgetheilt, die für unsre Zeiten schicklich ist.

Ja, sprechen sie 14) es lautet doch ärgerlich, und die Leute lernen daraus, daß sie keine gute Werke thun dürfen. Lieber“ was soll man sagen, ists also nicht ärgerlicher, daß Sanct Paulus selbst nicht sagt, allein der Glaube, sondern schüttets gröber heraus, und stösset dem Faß den Boden aus, und spricht, ohne des Gesetzes Werk? Lieber! Sanct Paulus uns wir 15) wollen gern solch Aergerniß haben, und lehren um keiner andern Ursache willen so stark wider die Werke, und treiben allein auf den Glauben, denn, daß solche Leute sich sollen ärgern, stossen und fallen, damit sie mögen lernen und wissen, daß sie durch ihre gute Werke nicht fromm werden, sondern allein durch Christi Tod und Auferstehung. Können sie nun durch gute Werke nicht selig werden, wie viel weniger durch böse Werke! - es ist nicht Ketzerey, daß der Glaube allein Christum fasset, und soll doch Ketzerey seyn, wenn man es prediget, daß man allein durch den Glauben selig wird.

O! wie sollte es sogar eine feine, besserliche, unärgerliche Lehre seyn, wenn die Leute lernten, daß sie neben dem Glauben, auch durch Werke selig möchten werden; das wäre so viel gesagt, daß nicht allein Christi Tod unsre Sünde wegnähme, sondern unsre Werke thäten auch etwas dazu; das hieße Christus Tod fein geehret, daß unsre Werk' ihm hülfen, und könnten auch das thun, was er thut, auf daß wir ihm gleich und stark wären: - es ist der Teufel, der das Blut Christi nicht kann ungeschändet lassen. Es ist hoch von nöthen, daß man aufs völligste heraussage: allein der Glaube ohne Werke macht selig und fromm, und reuet mich, daß ich nicht auch dazu gesezt habe, alle und aller, also ohne alle Werke aller Gesetze, daß es rund herausgesprochen wäre, darum solls in meinem neuen Testamente bleiben, und sollte alles toll und thöricht werden, so sollen sie mirs nicht herausbringen.

16)

Sprüche Salomos 30

Alle wort Gottes sind durchleutert/ und sind ein Schild denen / die auff In trawen.

Gottes wort / leret auff Gott trawen / und ist ein rein gewis wort / das nicht treuget noch feilet / wie Menschen wort thun.

Darumb wers lernet und behelt / der lernet auff Gott trawen. Wer auff Gott lernet Trawen/ der hat gewissen schutz und schirm / wider alles ubel / es heisse Teuffel / Tod / Sünde / oder was es sein mag / und dasselbige bis in ewigkeit / Denn Gott ist allmechtig und ewig / der wil selbs Schutzherr sein / durch sein wort.

17)

Sorget nichts!

Kommt aber etwas, das euch Sorge machen will, wie es denn sein muß, da ihr viel Anstöße haben müßt auf Erden, so stellt euch also: Laßt die Sorge und kehrt euch mit Gebet und Flehen zu Gott und bittet ihm um alles, das ihr mit Sorgen wolltet ausrichten, daß er es ausrichte. Und tut das mit Dank, daß ihr einen solchen Gott habt, der für euch sorge und dem ihr all euer Anliegen mögt kühn anheimstellen. Wer sich aber so nicht stellt, wenn ihm etwas kommt, sondern will es zuvor mit Vernunft messen und mit eigenem Rat regieren und nimmt sich der Sorgen an, der mengt sich selbst in viel Jammer, verliert Freude und Friede in Gott und schafft doch nichts, sondern gräbt nur den Sand und senkt sich weiter hinein und kommt nicht heraus, wie wir denn täglich in unserer eigenen und anderer Erfahrung haben.

Sichtende Frühlingsstürme

Viele sind berufen, aber wenige sind auserwählt.
Matth. 20,16

Des hat uns Gott ein schön Gleichnis gebildet an einem Baum, welcher im Lanzen anfähet zu blühen; da tut sich der Baum so sehr auf, daß er von der Blüte ganz weiß wird. Wenn dann ein Regen darauf kommt, so nimmt er viele der Blüten hinweg, und der Reif frisset sie noch mehr hin. Wenn dann die Frucht beginnet anzusetzen und kommt irgend ein Wind, so fallen der jungen Früchte so viele davon, als ob es hernieiderschneite; wenn nun die Frucht groß wird, so kommen die Raupen und Würmer daran, die zernagen dann und zerstechen und verderben die Frucht so sehr, daß kaum der hundertste Teil gut bleibt.

Also gehet es auch zu mit dem Evangelio; wenn es angeht, so will jedermann ein Christ werden, läßt sich fein an und gefällt allen Menschen wohl; so dann ein Wind oder Regen der Anfechtung kommt, so fällt man mit Haufen davon, danach kommen die Sekten und Rotten wie die Würmer und Käfer, zernagen und beschmeißen die Früchte des Evangelii, und kommt soviel falscher Lehre auf, daß ihrer wenige bei dem Evangelio bleiben. Darum sollen wir nicht sicher sein, ob wir gleich im Glauben angefangen haben, sondern allewege in Furcht bleiben.

Gottes Wort nimmt allezeit dann am meisten zu, wenn man's aufs Höchste verfolgen und dämpfen will.

18)

Von Todesfurcht erlöst

Sie dräuen uns mit dem Tode. Wenn sie so klug wären, wie sie töricht sind, sollten sie uns mit dem Leben dräuen. Es ist ein spöttisches, schimpfliches Dräuen, daß man Christum und seine Christen mit dem Tode schreckt, so sie doch Herren und Siegmänner des Todes sind. Gleich als wenn ich wollt' einen Mann damit schrecken, daß ich ihm sein Roß aufzäumte und ihn darauf reiten ließe. Aber sie glauben nicht, daß Christus auferstanden von den Toten und ein Herr des Lebens und des Todes sei; er ist bei ihnen noch im Grabe, ja auch in der Höllen.

Wir aber wissen, trotzen und sind freudig, daß er ist auferstanden, und der Tod nichts mehr sei, denn ein Ende der Sünde und sein selbst.

19)

Volkskirche und Bekenntniskirche

Aus der „Vorrede zur deutschen Messe“ 1526. W.A. 19, 73ff.

Wir stellen eine solche Ordnung (des Gottesdienstes) nicht um derer willen auf, die bereits Christen sind, denn die bedürfen der Dinge keines. Um ihretwillen leben wir überhaupt nicht, sondern sie leben um unseretwillen, die wir noch nicht Christen sind, damit sie uns zu Christen machen. Sie haben ihren Gottesdienst im Geist. Aber man muß solche Ordnungen um derer willen haben, die noch Christen werden oder im Christenstand gestärkt werden sollen. …

Es gibt dreierlei Formen des Gottesdienstes: 1. eine lateinische für die Jugend, damit sie die lateinische Sprache lerne, 2. eine deutsche für die einfältigen Laien.

Diese zwei Arten Gottesdienst müssen öffentlich in der Kirche vor allem Volk gehalten werden. Darunter sind viele, die noch nicht glauben und noch keine Christen sind. Sondern der größere Teil steht da und gafft, um etwas Neues zu sehen, gerade als ob wir mitten unter den Türken oder Heiden auf einem freien Platz oder auf offenem Felde Gottesdienst hielten. Denn hier ist noch keine geordnete und richtige gegründete Gemeinde, in der man nach dem Evangelium die Christen regieren könnte, sondern es findet eine öffentliche Anreizung zum Glauben und zum Christentum statt.

Die dritte Form aber, die rechter evangelischer Gottesdienst haben müßte, dürfte nicht so öffentlich auf dem Platz unter allerlei Volk gefeiert werden. Sondern diejenigen, die mit Ernst Christen sein wollen und das Evangelium mit Wort und Tat bekennen, müßten ihre Namen in eine Liste eintragen und sich allein irgendwo in einem Hause versammeln, um gemeinsam zu beten, zu lesen, zu taufen, das Abendmahl zu empfangen und andere christliche Werke zu üben. In dieser Gemeinde könnte man die, die keinen christlichen Wandel führten, kennen, strafen, bessern, ausschließen oder in den Bann tun, wie Christus es Mt. 18 vorschreibt. Hier könnte man auch den Christen ein allgemeines Almosen auferlegen. Es würde nach dem Beispiel Pauli 2. Kor. 9 willig gegeben und könnte unter die Armen verteilt werden. Hier bedürfte es nicht vieler liturgischer Formen. Hier könnte man sich für Taufe und Sakrament an eine kurze, schöne Regel halten und alles auf dem Wort, dem Gebet und der Liebe aufbauen. Hier müßte man über das Glaubensbekenntnis, die zehn Gebote und das Vaterunser einen guten, kurzen Religionsunterricht abhalten. Kurz, wenn man die Menschen hätte, die mit Ernst Christen zu sein begehrten - die Formen wären bald gefunden und die Gottesdienstordnungen leicht entworfen. Aber ich kann und mag jetzt eine solche Gemeinde noch nicht ordnen; denn ich habe die Leute dazu noch nicht und sehe auch nicht viele, die danach verlangen. Kommt es aber dahin, daß ichs tun muß und dazu gedrängt werde, so daß ich es mit gutem Gewissen nicht lassen kann, so will ich das Meine gern dazu tun und dazu helfen, so gut ich es vermag. Inzwischen will ich es bei den genannten zwei Formen bewenden lassen und den öffentlichen Gottesdienst unter dem Volk, der die Jugend üben und die anderen zum Glauben rufen und reizen soll, neben der Predigt fördern helfen, bis die Christen, die mit Ernst das Wort lieben, sich von selbst finden und sich gegenseitig dazu anhalten. Sonst, wenn ichs nach meinem eigenen Kopf erzwingen wollte, möchte Parteiung und Tumult daraus werden. Denn wir Deutschen sind ein wildes, rohes, tobendes Volk, mit dem nicht leicht etwas anzufangen ist, es treibe denn die höchste Not.

Wissen über Gott

Hüte dich, daß du nicht vorwitzig oder zu genau nach dem heimlichen Rat Gottes forschest. Wenn du an den geoffenbarten Gott glaubst und sein Wort annimmst, so wird dir auch allmählich der verborgene Gott geoffenbart. Denn wer mich sieht, spricht Christus, der sieht auch den Vater. Wer aber den Sohn verwirft, der verliert mit dem geoffenbarten Gott auch den verborgenen Gott, der sich nicht geoffenbart hat. Wirst du aber mit starkem Glauben dem geoffenbarten Gott anhangen, so, daß du in deinem Herzen also gesinnt seist, du wollest Christum nicht verlieren, so bist du gewiß versehen und wirst den verborgenen Gott verstehen lernen.

Wie wir die Bibel lesen wollen

Es ist völlig gewiß, daß wir die Heilige Schrift nicht durch unser Studieren und unsern Verstand erfassen können. Darum kommt es zuerst darauf an, mit Gebet zu beginnen, und zwar mit einem solchen Gebet, Gott möge dir aus grundlosem Erbarmen den rechten Verstand seiner Worte schenken, falls es ihm gefalle, daß durch dich etwas zu seiner, nicht aber zu deiner oder irgend eines Menschen Ehre ausgerichtet werden solle. Denn es. gibt keinen anderen Lehrer der göttlichen Worte, als den Urheber seines Wortes selbst, wie er sagt: „Sie werden alle von Gott gelehrt sein.“ Darum mußt du an deinem Studieren und Verstande verzweifeln und einzig auf den Einfluß des Geistes vertrauen. Glaube es mir, der ich es erfahren habe!

20)

Was ist recht?

Willst du wissen, was vor Gott recht oder unrecht sei? so ist des heiligen Geistes Schluß und Urteil dieses: Alles, was die Vernunft vor Gott urteilt, das ist Fleisch und taugt nichts. Alles, was den Menschen angeboren und nicht neu geboren ist, das muß vertilgt und getötet werden, daß sich niemand des rühme noch verlasse, was die Welt für Weisheit hält; von was jedermann sagt, es sei weislich oder vernünftig gehandelt und getan, das ist vor Gott Narrheit. Kurzum, was sie macht, das ist unnütz und verdammt, es sei denn, daß es quelle von dem Herrn Christo, und sei sein Wort und Geist, also, daß er's uns lehre. Kommt's nicht daher, so ist es gewiß eitel Blindheit und nichts Gutes.

Zwei Söhne

Wo das Gesetz des Volkes regieret, da sind eitel Ismael, empfangen auch von Gott rechten Samen, wie Ismael von Abraham empfangen wird, hören das Wort und Predigt, waschen 21) mehr davon, denn die rechten Christen, aber werden nicht rechtschaffen, fallen auf Werke, greifen's mit dem freien Willen an, verlassen sich darauf, haben Gottes Gebot zuvor, da gehen sie in einem scheinbaren Leben vor der Welt, das niemand tadeln kann, das sind alles der Magd Kinder, denn es ist noch kein Gottes Wort der Verheißung da, sondern allein Fleisch und Blut, natürlich Ding, - Gottes Gnade wirkt nicht da, ist kein Glaube noch Geist da, dadurch sie vom Gesetz frei werden, darum werden nichts denn Ismaels daraus.

Wie man den „verborgenen“ Gott verstehen lernt

Hüte dich, daß du nicht vorwitzig, oder zu genau nach dem heimlichen Rat Gottes forschest. Wenn du an den geoffenbarten Gott glaubst und sein Wort annimmst, so wird dir auch allmählich der verborgene Gott geoffenbart. Denn wer mich sieht, spricht Christus, der sieht auch den Vater. Wer aber den Sohn verwirft, der verliert mit dem geoffenbarten Gott auch den verborgenen Gott, der sich nicht geoffenbart hat. Wirst du aber mit starkem Glauben dem geoffenbarten Gott anhangen, so, daß du in deinem Herzen also gesinnt seist, du wollest Christum nicht verlieren, so bist du gewiß versehen und wirst den verborgenen Gott verstehen lernen. 22)

Was ist vor Gott recht oder unrecht?

Willst du wissen, was vor Gott recht oder unrecht sei? So ist des Heiligen Geistes Schluß und Urteil dieses: Alles, was die Vernunft vor Gott urteilt, das ist Fleisch und taugt nichts. Alles, was den Menschen angeboren, und nicht neu geboren ist, das muß vertilgt und getötet werden, daß sich niemand deß rühme noch verlasse, was die Welt für Weisheit hält; von was jedermann sagt, es sei weislich oder vernünftig gehandelt und getan, das ist vor Gott Narrheit. Kurzum, was sie macht, das ist unnütz und verdammt, es sei denn, daß es quelle von dem Herrn Christo, und sei sein Wort und Geist, also, daß er’s uns lehre. Kommt’s nicht daher, so ist es gewiß eitel Blindheit und nichts Gutes. 23)

Vernünftiger Gottesdienst

Opfern ist eigentlich nichts in der Wahrheit, als: Gott danken und loben, daß er unser Gott ist, der uns nach seiner Verheißung erhören wolle, und bei uns sein in der Trübsal, und uns aus dem Tode erretten. Denn das heißt, daß er unser Gott ist, und daß man ihm danke, daß er uns bisher versorgt und bewahrt hat, und hinfort auch versorgen will, wie wohl er uns läßt versucht werden schier über unser Vermögen. – Eben zu solchem Ende werden die Kirchen gebaut. Wenn aber diese rechten Opfer nicht da sind, so mögen’s billiger Kuh- oder Schweineställe genannt werden, als Altäre oder Kirchen. Denn dazu ist es verordnet, daß man in der Kirche zusammenkommt, daß er unser Gott sei, der uns läßt versucht werden, uns zu gute. Das ist die Predigt vom Glauben, von unserer Geduld, von Gottes Gnade, und wie er die Seinen führt und regiert. Wo diese Lehre nicht gehört wird, da sollst du es dafür nicht halten, daß eine Kirche oder Altar sei.

24)

Wider die falsche Lehre

Es ist fürwahr St. Paulus über die Maßen hoch bewegt und sehr heftig entbrannt gewesen, daß er auch wohl hätte die Engel verfluchen dürfen. Denn er sagt frei heraus: Wenn gleich wir, ich und meine Brüder, Timotheus, Titus und wer sie sonst sind, so mit mir lauter predigen (von denen nichts zu sagen, so die Gewissen verwirren), ja auch ein Engel vom Himmel euch würde etc. – dennoch wollte ich eher und lieber, daß ich selbst, meine Brüder und alle Engel verflucht, vermaledeit, verdammt und verstoßen sollen sein von aller Gemeinschaft Gottes, ehe das Evangelium soll in Gefahr stehen, und wiederholt dasselbe mit kräftigen und scharfen Worten. Es ist fürwahr ein großer Ernst, daß er also kühnlich verfluchen darf nicht allein sich selbst und seine Brüder, sondern auch einen Engel vom Himmel. Darum wollen wir auch mit St. Paulo mutig sein und sprechen: Es soll verderben und vermaledeit sein, alle Lehre, sie komme vom Himmel oder von der Erde oder wo sie herkommt, die da lehrt die Menschen ihre Hoffnung und Vertrauen setzen in eigene Werke, eigene Gerechtigkeit, Verdienst und gute Werke, und nicht allein lauter in die Gnade, Tod und Verdienst Jesu Christi. Wollte Gott, daß die Verkehrer des Evangelii, das St. Paulus gepredigt hat, sich dieses ernstliche greuliche Urteil doch schrecken ließen, deren zu dieser Zeit leider die ganze Welt voll ist!

25)

Vom Glauben

Es ist mancher ein großer Heil’ger, aber es kann geschehen, daß er schwächer im Glauben wird, als ich. Also kann mir Gott auf diese Stunde einen hohen starken Glauben schenken, aber wieder, ehe man sich umsieht, sinken lassen, den Glauben irgend einem großen Sünder geben. Warum tut er denn solches, daß er seine Heiligen nicht immer im starken Glauben gehen läßt? Darum, daß sie nicht stolz werden, oder meinen, sie hätten’s von ihm selbst, und sich selbst zum Gott machen. Darum muß er’s ja mischen und mengen, daß sie wissen, daß er Gott sei, sich selbst erkennen, und in der Demut bleiben, die will er haben, nicht allein von uns, sondern von den allerhöchsten Heiligen, auch seiner eigenen Mutter, es müssen sich alle aufs Tiefste herunterlassen und sagen, ich bin nichts und vermag nichts. 26)

Ein Prophezey des Ehrwirdigen Vaters D. Martini Lutheri seliger gedechtnis, von den dingen, die die lautere reine Lehr des Euangelii verterben werden.

Drey ding werden die ware Religion verterben. Zum ersten, die Undanckbarkeit, Das wir vergessen der grossenwolthaten, die wir von dem lieben Euangelio empfangen haben. Zum andern, die sicherheit, die nun fast sehruberhand nimpt, und allenthalben regiert. Zum dritten die menschliche klugheit, welche alle ding inn eine gewisse ordnung bringen, und reformiren will, unnd dem gemeinen friede mit Gottlosem radt helffen.

Vermaledeiet

Vermaledeiet sei das Leben, das sich einer allein lebt und nicht seinem Nächsten; und wiederum gebenedeiet sei das Leben, darin einer nicht ihm, sondern seinem Nächsten lebt und dient mit Lehre, mit Strafe, mit Hilfe und womit es sei und wie es mag geschehen.

Das Kreuz

Nach dem Kreuze Christi ist das heilige Kreuz im Hause Gottes der höchste Schatz auf Erden. Denn es erklärt uns die Schrift, stärket den Glauben, lehrt recht und ernstlich beten, dämpfet unser sündlich Fleisch und macht uns Gottes Wort süße. 27)


Christus, da er Menschen ziehen wollte, mußte er Mensch werden. Sollen wir Kinder ziehen, so müssen wir auch Kinder mit ihnen werden. 28)


Gott ist wunderbar in seinen Rathschlüssen über die Menschenkinder; viele heilt er von Sünden durch Sünden, wie das Gift durch Gift vertrieben wird. 29)


Der Teufel siehet, daß er wider die helle Sonne der Wahrheit nichts kann; darum webt er in den Staub, und wollt gerne einen Nebel vor unsern Augen machen, daß wir das Licht nicht sehen sollten: und im Nebel hält er uns eitel Irrwische vor, daß er uns verführe. 30)


Nun verdammt Christus hie nicht die Stände und Aemter, daß einer höher ist, denn der andere; denn auf Erden muß solcher Unterschied sein und bleiben, daß einer größer und höher ist, denn der andere; Vater und Mutter über die Kinder, der Fürst über die Unterthanen, die Pfarrherrn über die Zuhörer und Pfarrkinder, was das Amt und Wort betrifft. 31)


Das man wohl siehet, wo Gott etwas heißt die Gemeine thun, und das Volk nennet, daß er's will nicht vom Pöbel ohne Obrigkeit, sondern durch die Obrigkeit mit dem Volk gethan haben, auf daß der Hund nicht lerne an den Riemen das Leder fressen, das ist, an den Bildern sich gewöhnen, zu rotten auch wider die Obrigkeit. Man darf den Teufel nicht über die Thür malen. 32)


Dies ist die höchste Strafe Gottes, daß er nicht strafet, sondern still hält, und lässet einen nach seinem Muthwillen in Tag hinein leben. 33)


Unter allen Gaben ist die Gabe göttliches Wortes die allerherrlichste, welche so jemand wegnimmt, der nimmt die Sonne aus der Welt. Denn was ist die Welt ohne das Wort, denn die Hölle selbst. 34)


Es gehört Erfahrung dazu, will man Gottes Wort verstehen. Denn sie wollen nicht geredt oder gewußt sein, sondern wollen gepreiset, gelobet und gefühlet werden. 35)


Lieber, laß dir's nicht geringe Dinge sein, verbieten, da Gott nicht verbeut, christliche Freiheit brechen, die Christus Blut gekostet hat, die Gewissen mit Sünden beladen, da keine sind. Wer das thut und thun darf, der darf auch alles Uebel thun, ja er verleugnet schon damit alles, was Gott ist, lehret und thut, sammt seinem Christo. 36)


Luther - Die drei Stufen der Heilsordnung

Zuerst vor allen Wirken und Dingen hört man das Wort Gottes, darinnen der Geist die Welt um die Sünde strafet, Joh. 16, 9.
Wenn die Sünde erkennet ist, hört man von der Gnade Christi. Im selben Wort kommt der Geist und gibt den Glauben, wo und welchen er will.
Darnach geht an die Tödtung und das Kreuz, und die Werke der Liebe.
Wer dir eine andere Ordnung vorschlägt, da zweifle nicht, es sei der Teufel. 37)


Kein Ketzer läßt sich bereden, daß er weiche von seinem gefaßten Wahn und Sinn, und gebe der Wahrheit göttlichen Worts die Ehre: Nein, sie sehen und hören nichts, wie Michel Stiefel, als er Anno 33 predigte, daß in demselbigen Jahre der jüngste Tag kommen sollte; der sah und hörte mich nicht. Es hat mir mein Leben lang kein Widersacher so böse Wort gegeben, als er. 38)


Ach, es ist bald geschehen um einen Menschen, daß ihn der Teufel so gar einnimmt, daß er weder Sinn noch Vernunft hat. Wir glauben's nicht, daß wir so schwache Leute sind, und der Teufel so mächtig ist. 39)


Wer in der heiligen Schrift seine Ehre sucht, der ist ein Narr, ja toll und thöricht. 40)


Wenn der Teufel so klug wäre, und schwiege stille, und ließe das Evangelium ungehindert und unverfolgt predigen, so würde er weniger Schadens an seinem Reiche haben, denn wenn das Evangelium nicht angefochten oder verfolget wird, so verrostet es gar. 41)


Du sollst also mit der Schrift handeln, daß du denkest, wie es Gott selbst rede. Weil es aber Gott selbst redet, so gebührt dir nicht, sein Wort aus Frevel zu lenken, wohin du willst. 42)


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