Luther, Martin - Vorrede zur Apostelgeschichte des Lukas

Luther, Martin - Vorrede zur Apostelgeschichte des Lukas

Dieses Buch soll man lesen und ansehen, nicht wie wir einstmals getan haben, als hätte Lukas darin allein die eignen persönlichen Werke oder Geschichten der Apostel geschrieben zum Exempel guter Werke oder guten Lebens. Nicht wie St. Augustinus und viele andere dieses für das beste Exempel darin angesehen haben, daß die Apostel mit den Christen alle Güter gemeinsam gehabt haben usw., was doch nicht lange währte und mit der Zeit aufhören mußte. Sondern darauf soll man merken, daß Lukas mit diesem Buch die ganze Christenheit bis an der Welt Ende das rechte Hauptstück christlicher Lehre lehret, nämlich: wie wir alle müssen gerecht werden allein durch den Glauben an Jesus Christus - ohne alles Zutun des Gesetzes oder Hilfe unsrer Werke.

Solches Stück ist seine vornehmlichste Meinung und Ursache, dieses Buch zu schreiben. Darum treibt er auch so gewaltiglich nicht allein die Predigt der Apostel vom Glauben an Christus, wie beide, Heiden und Juden, durch ihn haben gerecht werden müssen ohne alles Verdienst und Werk. Sondern (er treibt) auch die Exempel und Geschichte solcher Lehre, wie die Heiden sowohl als die Juden alllein durchs Evangelium ohne Gesetz gerecht geworden sind. So bezeugt auch Petrus in Kapitel 10 und 15, daß Gott in solchem Stücke keinen Unterschied gemacht habe zwischen Juden und Heiden, sondern gleich wie er den Heiden, die ohne Gesetz lebten, den heiligen Geist gab durchs Evangelium, also habe er denselben auch den Juden durchs Evangelium, und nicht durchs Gesetz oder um ihrer Werke und Verdienst willen gegeben. Er setzt also in diesem Buche nebeneinander beides, die Lehre vom Glauben und auch die Exempel des Glaubens.

Darum könnte man dieses Buch wohl eine Auslegung zu den Briefen des Paulus heißen. Denn was Paulus lehrt und treibt mit Worten und Sprüchen aus der Heiligen Schrift, das malt hier Lukas aus und beweist es mit Exempeln und Geschichten, daß es also ergangen sei und also ergehen müüsse, wie Paulus lehrt, nämlich daß kein Gesetz, kein Werk die Menschen gerecht mache, sondern allein der Glaube an Christus. Du findest hier in diesem Buch einen schönen Spiegel, darinnen du sehen kannst, daß es wahr sei: Allein der Glaube macht gerecht. Denn für dieses Glaubensstück sind alle Exempel und Geschichten darinnen gewisse und fröhliche Zeugen, die dir nicht lügen noch fehlen.

Denn da siehe an, wie Paulus selbst bekehrt ist. Desgleichen, wie der Heide Cornelius durch des Petrus Wort bekehrt wird, wie der Engel ihm zuvor gesagt hatte, Petrus würde ihm das predigen, durch das er selig werden sollte. Desgleichen der Landvogt Sergius und alle Städte, wo Paulus und Barnabas predigten. Siehe an das erste Konzilium der apostel zu Jerusalem im 15. Kapitel. Siehe an alle Predigten von Petrus, Paulus, Stephanus und Philippus, so wirst du finden, daß es alles da hinausgeht, daß wir allein durch den Glauben an Christus ohne Gesetz und Werk müssen zur Gnade kommen und gerecht werden. Und man kann mit diesem Buch nach dieser Weise den Widersachern das Maul gar meisterlich und gewaltiglich stopfen, welche uns aufs Gesetz und unsere Werke verweisen, und ihren törichten Unverstand offenbaren vor aller Welt.

Darum spricht auch Lukas, daß solche Exempel des Glaubens auch die frommen Juden, die gläubig geworden waren, sehr verwirrt machten und daß die anderen ungläubigen Juden toll und töricht darüber wurden. Welches doch kein Wunder war, weil sie im Gesetz aufgezogen und an dasselbe von Abraham her gewöhnt waren, und es ihnen verdrießlich sein mußte, daß die Heiden, die ohne Gesetz und Gott waren, ihnen sollten gleich sein in der Gnalde Gottes.

Aber daß unsere Leute, die wir alle Heiden sind, solchen Artikel heute so lästern und verfolgen, das ist zehnmal ärger, da wir doch hier leben und nicht leugnen können, daß Gottes Gnade und Christi Erkenntnis auf unsere Vorfahren gekommen sei ohne Gesetz und Verdienst, ja, obwohl sie in greulichen Abgöttereien und Lastern lebten. Aber sie werden auch ebenso viel mit ihren Lästern und Verfolgen daran gewinnen, wie einst die Juden mit ihrem Wüten und Toben daran gewonnen haben. Denn der zuvor den Juden solches gedroht und durch Moses hatte singen lassen (5. Mose 32,21): „Ich will euch erzürnen über dem, das nicht mein Volk ist“, d.i. das ohne Gesetz und Werke lebt. Und Gott hat's ihnen gehalten. Eben derselbe drohet solches auch unsern Lästerern, und wie er schon wohl begonnen hat, wird er es ihnen gewißlich halten. Das glauben sie aber nicht, bis sie es wie die Juden erfahren. Amen.

Quelle: Das Neue Testament unsers Herrn und Heilandes Jesu Chisti nach der deutschen Übersetzung D. Martin Luthers

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