Unbekannt - Uebersicht der merkwürdigsten Lebensumstände des Doktor Martin Luthers

Unbekannt - Uebersicht der merkwürdigsten Lebensumstände des Doktor Martin Luthers

1817

Doktor Martin Luther wurde den 10ten November 1483 Nachts nach 11 Uhr zu Eisleben gebohren und daselbst zu St. Peter getauft. Sein Vater, Hanns Luther ein Bergmann, hatte sich den Ruhm eines ehrbaren und verständigen Mannes erworben, und wurde daher auch in den Rath-Stuhl zu Mannsfeld gezogen, in welcher Stadt er sich mit seiner Familie niedergelassen. Seine Mutter Margarethe geborne Lindemann, war als eine tugendsame und gottesfürchtige Frau bekannt und nahm nicht geringen Antheil an der frommen Erziehung ihres Sohnes.

Im 14ten Jahr seines Lebens schickten ihn seine Eltern in die damals sehr berühmte Schule nach Magdeburg. Hier mußte er sich sein Brod mit Beten und Singen vor den Thüren erwerben, und sich gar kümmerlich behelfen. Doch da seine Mutter Verwandte in Eisenach hatte, so schickte man ihn in diese Stadt, um dort seine Studien fortzusetzen. Hier fand er an einer Frau Namens Cotta, die er durch seine Andacht im Beten und Singen gewonnen hatte, eine Gönnerin, sie nahm ihn in ihr Haus auf, und gab ihm den Tisch.

In der Franziskaner Schule daselbst, in welcher Johann Trebonius die Poesie und Beredsamkeit nicht ohne Ruhm lehrete, brachte es Luther bey Fleiß und glücklichen Gaben, womit ihn Gott reichlich ausgestattet, so weit, daß er bald seine Mitschüler alle übertraf. Dabey ergötzte er sein Gemüth sonderlich mit der Musik, die er auch bis in sein spätes Alter geliebt hat. Er sang einen angenehmen Alt, spielte die Laute, blies die Flöte, und komponirte selbst.

Im achtzehenten Jahre seines Alters, bezog er die hohe Schule zu Erfurt. Daselbst legte er sich nicht nur auf die ziemlich dornigte und spitzfindige Dialektik, sondern sein lehrbegieriger Geist beschäftigte sich mit den edlern Denkmälern des Alterthums. Auch faßte sein gutes Gedächtniß nicht blos die Worte des Cicero, Virgilius, Livius, und anderer Schriftsteller, sondern er drang schon in deren Geist ein, strebte und dachte und lebte in ihnen.

In seinem zwanzigsten Jahre nahm er bereits die Würde eines Magisters der Philosophie an, und befließ sich von der Zeit an der Rechtswissenschaft. Er selbst rühmte, daß ihn sein Vater auf dieser hohen Schule mit Geld fast über Vermögen unterstützte, welches auf den niedern Schulen niemals geschehen ist. Immer blieb er auch bey diesen akademischen Studien ein frommer Beter, sein Sprichwort war fleißig gebetet ist mehr als halb studiert. Sein unermüdeter Fleiß zog ihm im Jahr 1503 eine schwere Krankheit zu, in welcher ihn ein alter Priester besuchte, und mit den Worten tröstete: mein lieber Baccalaurer, seyd getrost, ihr werdet dieses Lagers nicht sterben, unser Gott wird noch einen großen Mann aus euch machen, der viele Leute wieder trösten wird: denn wer Gott lieb hat, dem legt er zeitlich das heilige Kreuz auf, in welchem geduldige Leute viel lernen.

Als er auf der Universitätsbibliothek zu Erfurt zuerst eine lateinische Bibel zu lesen bekam, hat er sich daran herzlich ergötzet, und sich von Grund der Seelen eine Bibel, die damals sehr kostbar war gewunschen.

Im Jahr 1505 bekam sein ganzes Leben eine neue Richtung. an einem schwühlen Sommertage, wandelte er an der Seite seines Herzensfreundes Alexius über das Feld. Schnell stürmte ein Hochgewitter heran, und plötzlich tödtete ein Blitzstrahl den Freund an seiner Seite, und ihn selbst warf der Donnerschlag betäubt zu Boden.

Darüber bestürzt und in sich gekehrt, entschloß er sich die Welt zu verlassen, (das heißt in ein Kloster zu gehen.)

Er gieng darauf in den Orden der Augustiner zu Erfurt, welchen er für angemessener hielt zur Erlernung der wahren Gottesfurcht, obwohlen wider Willen seines Vaters, den er durch Zusendung seines Magister-Ringes, und seiner weltlichen Kleider sehr betrübte.

Anfangs wurde er zwar in diesem Kloster hart gehalten, da er die niedrigsten Arbeiten versehen mußte. Doch bald wurde Johannes von Staupitz, Generalvikarius seines Ordens auf Luthern aufmerksam, gewann ihn lieb und verschaffte ihm Muse und Ruhe zum Studieren. Sein niedergeschlagener Geist richtete sich nun wieder auf, besonders da er mit allem Eifer den Quellen der göttlichen Lehre, die Schriften der Propheten und Apostel las, durch sie seinen Glauben stärkte, und eine höhere Gottesgröße ihn ganz durchdrang.

Nach überstandenem Noviziate den zweyten May 1507: in seinem vier und zwanzigsten Jahre weihte ihn der Bischof Hyeronymus von Brandenburg zum Priester, und ertheilte ihm die Würde eines Augustiner Paters.

Anno 1508 im 25ten Jahr seines Alters, sorgte Johannes von Staupitz dafür, das er aus dem Kloster, nach Wittemberg, an die nicht lange zuvor gestiftete Universität, um daselbst die Philosophie zu lehren versetzt wurde.

Wie groß das Ansehen war, daß er schon dazumal besaß erhellte nicht nur daraus, daß man ihn bald darauf als Lehrer der Theologie anstellte, sondern noch mehr aus dem Auftrag, den er 1510 erhielte in Angelegenheiten seines Ordens nach Rom zu reisen. Nach seiner Zurückkunft ertheilte man ihm die Würde eines Doktors der Theologie, die er um so mehr mit Ruhm bekleidete, weil er ernste und aufrichtige Frömmigkeit mit Gelehrsamkeit verband.

Seine Vorlesungen, in welchen er den Brief an die Römer und die Psalmen auslegte fanden großen Beyfall unter den Studenten, und seine Klosterobern schenkten ihm so großes Zutrauen, daß sie ihm 1516 sogar die Visitation der Augustiner Klöster in Sachsen auftrugen, bey welcher Gelegenheit er überall fleißiges Bibellesen empfahl.

Wie bekannt er selbst mit den heiligen Schriften war, davon legte er vorzüglich im Jahr 1517 einen deutlichen Beweis ab. In diesem Jahr näherte sich ein Dominikanermönch Namens Tezel der Gegend Wittenberg, der unter der Authorität des Churfürsten von Maynz Ablaß verkaufte.

Im Beichtstuhl mit dem schädlichen Einfluß desselben bekannt gemacht, predigte er daher freymüthig gegen denselben, und als Tezel selbst in Wittenberg einzog, schlug Luther am Allerheiligenabend des erwähnten Jahres 95 Lehrsätze an der Thür der Schloßkirche an, in welcher er das schriftwidrige alles Ablaßverkaufes darthat. Auch wandte er sich an den Churfürsten zu Mainz, und bat demüthig diesem Unwesen zu steuren.

Allein man hörte nicht auf seine Vorstellungen, betrachtete sie als schädliche Neuerung und verlangte, daß man Luther nach Rom zur Verantwortung schicken sollte. Dieß schlug aber sein Churfürst, Friedrich der Weise, standhaft aus, und man kam endlich darin überein, das sich Luther, vor dem Kardinal Cajetan, in Augsburg stellen sollte. Hier kam er auch den 7ten Oktober 1518 an, da er aber zu keinem Widerruf sich entschließen wollte, ehe man ihn nicht aus der heil. Schrift von seinem Irrthum überwiesen habe, und sich auf ein allgemeines Concilium berief, so zerschlug sich die ganze Handlung. Wo er auf den wohlgemeinten Rath mehrere Freunde, seiner Sicherheit gemäß sich entschlossen, am (20. Okt. 1518) Augsburg heimlich zu verlassen, und in aller Stille über Nürnberg nach Wittenberg abzureisen.

Mit mehr Gelindigkeit, Umsicht und Weisheit verfuhr der päpstliche Gesandte Carl von Miltitz: der nun zum Unterhändler in Sachsen 1519 ausersehen war. Er wußte alles so gut einzuleiten, daß Luther versprach, sich nicht mehr öffentlich über seine Meynungen zu erklären, wenn auch allen seinen Gegnern Stillschweigen auferlegt würde. Allein da das letztere nicht geschah, da mehrere Streitschriften gegen Luther erschienen, auf welche dieser wieder zu antworten sich befugt glaubte, auch vorzüglich ein gewisser D. Eck mit äusserster Bitterkeit gegen erstern schrieb, und in Rom eine Bannbulle gegen Luther zu bewirken wußte, die selbst Miltitz so lang er konnte zurück hielt, so wurden alle Versuche zur gütlichen Ausgleichung der Sache vereitelt. Vorzüglich veranlaßte die in Sachsen bekannt gemachte Bannbulle, daß Luther in seiner Lehre dem Pabste den Gehorsam aufkündete, und dieses Aktenstück öffentlich vor dem Thore in Wittenberg verbrannte. Dieß geschah 1520 und ist als ein entscheidendes Ereigniß anzusehen 1).

Der neugewählte Kaiser Karl der fünfte wurde nun von allen Seiten angegangen, diese Religionsangelegenheit auf dem Reichstag zu Worms 1521 in genauere Berathung zu nehmen. Er ermangelte daher nicht Luthern durch ein kaiserliches Citationsschreiben nebst einem Geleitsbrief dahin zu rufen, mit der Aufschrift, dem ehrsamen unsern lieben andächtigen Doktor Martin Luther, Augustiner Ordens. Ungeachtet ihn nun mehrere seiner Freunde abriethen, in Worms sich zu stellen, so machte er sich sogleich mit dem ihn begleitenden kaiserlichen Herold Doktor Sturm und einigen vertrauten Freunden auf den Weg. Sein Muth von dieser Reise drückt er sehr energisch in einem Brief an Spalatin dem churfürstlichen Hofprediger und seinem wahren Freund mit folgenden Worten aus: ich will nach Worms, sollte ich wissen, daß so viel Teufel da wären als Ziegel auf den Dächern. Den 16ten April kam er in Worms an. Bey seinem Einzug in die Stadt ritt vor seinem Wagen der kaiserliche Herold in seinem Habit mit des Adlers Wappen, und seinem Knecht. Dem Wagen folgte Justus Jonas mit seinem Famulus. Viele von Adel waren ihm entgegen gefahren, und mehr denn zweitausend Menschen begleiteten ihn bis in sein Quartier.

Gleich am folgenden Morgen wurde er von dem Reichsmarschall von Pappenheim citiert, Nachmittags in dem Reichsrath zu erscheinen. Dieser Herr hohlte ihn selbst um vier Uhr ab, und gieng nebst dem Herold vor ihm her.

Als Luther in den Versammlngssaal tretten wolltle, in welchem sich Kaiser Karl der fünfte, 7 Churfürsten, 24 Herzoge, 8 Markgrafen, 30 Bischöfe und 5 königliche Gesandte (nebst mehreren Rittern befanden) klopfte ihm der berühmte Feldherr, Georg Fundsberg, auf die Schulter und sprach, Münchlein, Münchlein, du gehst jetzt einen Gang, einen solchen Stand zu thun, dergleichen ich und mancher Obrister auch in der allerernsten Schlachtordnung nicht gethan haben. Bist du auf rechter Meynung und deiner Sache gewiß, so fahre in Gottesnamen fort und sey getrost, Gott wird dich nicht verlassen.

Von allen Seiten munterte man Luthern auf getrost und beherzt zu seyn, und vor denen sich nicht zu fürchten, die nur den Leib tödten können.

Herr von Pappenheim, (den Grafen sind die von Pappenheim erst später geworden) erinnerte ihn, da er nun vor Kaiser und Ständen stehe, nichts zu reden, er werde dann erst gefragt.

Sodann trat Johann von Eck, churtrierischer Offizial hervor und fragte im Namen des Kaisers, ob er diese Bücher, die ihm als daliegend gezeigt wurden, für die seinigen erkenne, und ob er was darinnen enthalten sey, widerrufen wolle. Hierauf rief Doktor Schurf der gleichsam als sein Advokat ihm beygegeben war, man zeige die Bücher mit Namen an, und da dieses geschehen war, bejahete Luther zwar die erste Frage, bat sich aber zur Beantwortung der zweyten Bedenkzeit aus, welche der Kaiser íhm auch gewährte.

Da er nun am andern Tage gleich wieder in den Reichsrath gefordert wurde, war jedermann um so mehr gespannt und begierig auf die entscheidende Antwort. Um vier Uhr wurde er zu dieser Audienz durch den Ehrenhold abgeholt, mußte aber unter einer großen Menge Volks zwey Stunden stehen und warten bis man ihn vorließ.

Nachdem dieß endlich geschah und man ihn dann reden hieß, sprach Luther aufs allerunterthänigste und demüthigste, mit großer Freudigkeit also:

Allergnädigster Kaiser, gnädigste Churfürsten, Fürsten und Herren, zu denen Büchern deren Titel man gestern abgelesen hatte bekenne ich mich, weilen ich in diesen Büchern Gottes Wort gelehrt, welches ich niemals verläugnen könne, damit mich Christus vor seinem himmlischen Vater auch nicht verläugne. Wo ich aber mit heiliger göttlicher Schrift kann überwiesen werden, daß ich geirrt habe so wolle ich widerrufen.

(O welch ein großer Schanddeckel allerley Schalkheit und Tiranney, lieber Gott würde ich alsdann werden rief er aus). Bitte also durch die Barmherzigkeit Gottes, Ew. Kaiserliche Majestät, Chur- und fürstliche Gnaden, oder wer es thun kann, mich mit prophetischen und apostolisichen Schriften zu überweisen, daß ich geirrt habe, so ich des überzeugt werde, will ich ganz willig und bereit seyn allen Irrthum zu widerrufen, und der erste seyn der meine Büchlein ins Feuer werfen will, hie steh ich. Ich kann nicht anders Gott helfe mir Amen.

Nach dieser Erklärung hieß man ihn abtreten. In der Folge kam er nicht wieder in den Reichsrath, und endlich wurde ihm nach seinem Wunsche der Abschied von Worms bewilligt.

Das freudige Bekenntniß der Wahrheit das Luther hier im Angesicht des ganzen teutschen Reichs ablegte, hatte ihm viel edle, und fürstliche Herzen gewonnen.

Am 26ten April verließ Luther Worms unter des Kaisers sicherem Geleite, welches viele zu verhindern suchten, worauf aber der Kaiser sagte: Was man verspricht muß man auch halten. Um die Rückreise nach seinem geliebten Wittenberg anzutreten. Da er nun auf seiner Heimreise, um einige gute Freunde zu besuchen, des Wegs zur Seite lenkte, wurde er auf Veranstaltung des Churfürsten, (den 4. May 1521) mitten auf der Landstrasse, bey Waltershausen, durch einige verkleidete Reitersleute aus dem Wagen gehoben, und Nachts um 11 Uhr auf das Schloß Wartburg gebracht.

Während seines Aufenthaltes zu Wartburg übersetzte er einen großen Theil des Alten und Neuen Testaments in die deutsche Sprache, ein Werk, wodurch er sich ausserordentliche Verdienste erwarb. 2) Konnte er auch dem Unwesen dieses Mannes nicht genug steuren, so trug er doch durch seine persönliche Gegenwart dazu bey die gestörte Ordnung in Wittenberg selbst wieder herzustellen. Nicht weniger kränkend für ihn war es auch das die in Schwaben 1524 eingedrungene Bauren seine Lehren zum Vorwand ihrer Gewaltthätigkeiten mißbrauchten. Durch Schriften und mündliche Ermahnungen suchte er diese irregeleiteten Leute zu belehren, wie denn auch seine damals herausgegebene Bücher über weltliche Gewalt es hinlänglich beweisen, wie sehr er sich an dem Ausspruch der heil. Schrift hielt, jedermann sey unterthan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat.

Da er um diese Zeit sein Kloster verlassen mußte, weil nur er und der Prior dasselbe mehr bewohnten, so zog er den Predigerrock an, wie er sich dann auch 1525 den 13ten Jul. in den Ehestand begab, und die Katharina von Bora heyrathete. - Seine vorzügliche Thätigkeit gieng nur darauf, den überall gestifteten evangelischen Gemeinden innern Gehalt und zweckmäßige Einrichtung zu geben. Verzüglich suchte er durch die Herausgabe seines Katechismus, mehrmalige Kirchenvisitationen, und die ausgebreiteste Korrespondenz mit evangelischen Fürsten und Lehrern dahin zu arbeiten. Zu gleicher Zeit verbreitete sich in der Schweiz und im Reiche die Lehre Zwinglis seines Geistesbruders. Zu bedaueren ist es das einzelne Ansichten beyde Männer trennten und die in dem Colloquium zu Marburg 1528 beabsichtigte Vereinigung leider so wenig gelang, daß vielmehr beyde Theile feindselig sich behandelten.

Für das politische Verhältniß der Anhänger der evangelischen Lehr war vorzüglich das Jahr 1530 merkwürdig. Kaiser Karl der fünfte hatte in diesem Jahre einen Reichstag nach Augsburg ausgeschrieben, um, wie das Ausschreiben desselben erklärte, die Zwietracht, welche in den heiligen Glauben entstanden beyzulegen, eines jeglichen Gutdünken, Opinion und Meynung anzuhören, alles so zu beyden Theilen nicht recht sey ausgelegt oder gehandelt abzuthun, damit, wie wir alle unter einem Christo sind und streiten, also alle in einer Gemeinschaft, Kirche und Einigkeit leben könnten.

Da sichs dem kaiserlichen Ausschreiben zufolge anließ, daß der Reichstag uraltem Herkommen gemäß, zugleich ein Nationalkonsilium seyn, wo auch über die Lehre gehandelt und entschieden werden sollte, so hielt man vor nöthig, diejenigen Artikel, welche die Grundlehren des evangelischen Glaubens ausmachen, und welche bisher streitig gewesen waren, kurz und gründlich zusammen zu fassen, und dem Kaiser vorzulegen.

Der Churfürst von Sachsen Johannes trug daher Luthern, Justus Jonas, Pommern und Melanchton auf, eine Schrift für diesen Zweck zu verfassen. Man legte dabey die von Luther verfaßten 17 Schwabacher auch Torgauerartikel zum Grunde, und Melanchton vorzüglich setzte dann die bekannte Augsburgische Confession auf. Der Churfürst reiste sodann mit einigen Räthen und Gelehrten, unter denen sich Justus Jonas, Spalatin und Melanchthon befanden, nach Augsburg ab. - Luther begleitete sie jedoch bis nach Koburg, damit er näher dem Churfürsten wäre, und dieser sich seines Rathes desto schleuniger bedienen könnte. - In Augsburg überarbeitete Melanchthon noch einmal die Confession, damals Apologie genannt nach Art der alten Kirchenväter, die ihre Schutzschriften mit gleichem Namen belegten. - So gelehrt dieser Mann war, so unterwarf er doch jeden einzeln Artikel der Beurtheilung der ihn begleiteten Räthe und Gottesgelehrten. Am 11ten May schickte der Churfürst die Artikel an Luther, und befahl ihm, wiederholt seine Meynung darüber zu äußern. - Luther änderte nichts daran, und sandte sie mit der schriftlichen Erklärung wieder zurück, „ich habe Philipps Apologie überlesen, die gefällt mir sehr wohl, ich weiß nichts daran zu bessern noch zu ändern. Christus unser Herr helfe, daß sie viel und große Frucht schaffe, wie wir hoffen und wünschen.

Am 20. Junius wurde die Handlung des Reichstages mit einer feyerlichen Messe eröffnet, hernach begaben sich der Kaiser, die Churfürsten, Fürsten und sämmtliche Stände auf das Rathhaus. Der kaiserliche Minister Pfalzgraf Friederich, eröffnete den Reichstag mit einer Rede, worinnen er die zwey Hauptpräpositionen desselben bekannt machte, nemliih die Hülfe gegen die Türken, und die Beylegung der Religionsstreitigkeiten.

Ueber die letzte sprach er in einem solchen Tone, der den Protestanten nicht günstig war, und keine gute Vorbedeutung gab. Doch wurde ihnen befohlen, sich auf den 24ten Junius mit ihrem Glaubensbekenntniß bereit zu halten.

Da dieser Termin sehr enge, und auch ein Aufschub den man begehrte nicht zu erhalten war, so wurde nun fast Tag und Nacht an der Confession gearbeitet und dieselbe ins Reine zu bringen. Am 23ten Jun. ließ Churfürst Johannes erst dieselbe sich, und seiner Glaubensverwandten vorlesen, man beschloß zugleich um öffentliche Vorlesung derselben den Kaiser zu bitten.

Als man dann am folgenden Tage den 24ten Junius sich zum öffentlichen Reichsrath versammlet hatte, erhuben sich die evangelischen Fürsten von ihren Sitzen, und ließen durch den Canzler Brück vortragen, wie sie zu Folge kaiserlichen Befehls ihre Artikel in Schrift bringen lassen, und bäten die Ablesung zu erlauben, worauf sie dann dieselbe Schrift überantworten würden. Der Kaiser ertheilte hierauf durch Friederich von der Pfalz den Bescheid: Da es bereits zu spät wäre, sie sollten dieselbe Artikel nur schriftlich überreichen. Nicht ohne Grund besorgten sie es möchte, sollten sie darein willigen, leicht geschehen, daß der Kaiser dann ihre Confession, als eine geringe Privatschrift bey Seite legte. Sie wünschten vielmehr, daß ihre Schutzschrift in öffentlicher Reichsversammlung von allen Anwesenden gehört werde, baten daher wiederholt und inständig um Bewilligung ihres Begehrens. Endlich versprach zwar der Kaiser die Confession am folgenden Tage anzuhören, verlangte aber zugleich das inmittelst dieselbe ihm schriftlich übergeben wurde. Auch dieses schien den evangelischen Fürsten sehr verfänglich und bedenklich, baten daher zu erlauben, daß bis zur Verlesung die Schrift in ihren Händen bleibe, indem man nicht wissen könne, ob nicht bey dem eilfertigen Abschreiben Unleserlichkeiten und dergleichen vorgefallen seyen.

So war denn endlich der 25te Junius der Sonnabend nach Johannis herangekommen, es war einer der schönsten Tage. Sämmtliche Churfürsten und Fürsten verfügten sich Nachmittags um drey Uhr auf des Bischof von Augsburg Hof, wo der Kaiser wohnte, und die Verlesung der Confession geschehen sollte.

Das Zimmer war auch so groß, daß 200 Personen darinn bequemen Platz fanden. Doch ließ der Kaiser alle abtreten die nicht Fürsten oder Abgeordnete waren. Die beyden chursächsischen Kanzler, Doktor Brück und Doktor Bayer, traten hierauf in die Mitte des Zimmers, jener das lateinische, dieser das teutsche Exemplar in der Hand haltend.

Der Kaiser wurde durch den Churfürsten von Sachsen gebeten, weilen man auf teutschen Grund und Boden seye, die Verlesung in teutscher Sprache zu erlauben, welches der Kaiser auch bewilligte. Der Kanzler Brück hielt vorher noch eine kurze Rede im Namen der protestirenden Stände, und nun folgte die Verlesung des Bekenntnisses durch den Kanzler Doktor Bayer, in Gegenwart des Kaisers, seines Herrn Bruder König Ferdinands, 5 Churfürsten, 22 Aebten, 33 Grafen und Freyherrn, 30 geistlichen Fürsten, und über 39 reichsstädtische Abgesandten.

Die Verlesung dauerte fast zwey Stunden, doch wurde sie mit Ernst und Stille angehört. Der chursächsische Kanzler las so laut und vernehmlich, daß man auch im Schloßhof, wo eine große Menge Menschen versammlet waren, alle Worte vernehmen konnte. Alle die falsche Vorstellungen, welche die Feinde des evangelischen Glaubens bisher über denselben zu verbreiten sich so betriebsam bemüht hatten, wurden jetzt auf einmal widerlegt. Man erstaunte, da man einen so bündigen, wohlgeordneten und ruhigen Vortrag der reinen evangelischen Lehre, einen so trefflichen Innbegriff des ächten christlichen Glaubens vernahm.

Durch die zu Augsburg anwesende Gesandten, und derselben Berichte, wie auch durch die bald nachher erfolgte Uebersetzungen der Confession in mehreren Sprachen, konnten nun auch auf die andere Nationen richtigere Begriffe über das Wesen des evangelischen Glaubens verbreitet werden. Jedermann mußte erkennen, daß die in diesem Bekenntnisse enthaltene Lehre die wahrhaft katholische seye.

Nach geschehener Verlesung des Bekenntnisses wollte Doktor Brück beyde Exemplare, dem kaiserlichen Sekretär übergeben, allein der Kaiser streckte selbst die Hand darnach aus, gab die teutsche Confession dem Churfürsten Albrecht von Mainz, und behielte die lateinische vor sich. Die protestantischen Stände statteten hierauf dem Kaiser, dem König und den andern Fürsten für gnädiges und gütiges Gehör ihre Danksagung ab. Ein neues Gefühl belebte und durchdrang sie von diesem großen Augenblick an. Durch das feste Band eines gemeinsamen Glaubens fühlen sie sich jetzt mehr dann zuvor innig verbunden.

Welchem Unterschied zwischen diesem Tage, und dem zu Worms vor neun Jahren! Vor Kaiser und Reich, ja vor der ganzen christlichen Kirche standen sie, ihre Rechtfertigung darstellend in ihrem Bekenntniß, in vollkommenster Einigkeit, mit allen wahrhaft glaubigen und christlichen Gemüthern in der ganzen Welt, und auf einer Höhe, von wo sie mit göttlicher Zuversicht auf viele Jahre hinsehen konnten.

An Luther schrieb Melanchton er hätte gerne gesehen wann man sich in einigen Punkten der Lehre Zwinglis mehr näherte, um dadurch die äusserliche Einigkeit aufrecht erhielte.

Zwingel hatte auch in diesem Jahr sein Glaubensbekenntniß nach Augsburg geschickt, welches jedoch als eine Privatschrift anzusehen ist, weil er unter anderem sich sehr harten Worte bediente.

So thätig auch Luther durch Schriften und persönliche Bemühungen in seinem Amte als evangelischer Prediger für die Anwendung und Verbreitung des Reiches Gottes in den folgenden Jahren seines Lebens sich zeigte, so hatte doch seine Wirksamkeit mehr Einfluß auf seine nähere Umgebungen, als auf die öffentliche Schicksale seiner Lehre. - Doch verdient es bemerkt zu werden, daß er 1537 an den Berathschlagungen der protestantischen Stände zu Schmalkalden Antheil nahm, und selbst die Artikel entworfen, welche dem zu hoffenden Concilium sollte vorgelegt werden.

Im Jahr 1540 kam endlich die ganze Bibel übersetzt heraus, er genoß also die Freude dieses Werk vollendet zu sehen, daß seinen Namen unsterblich macht. - Als Hausvater beobachtete er eben so sehr ein thätiges Christenthum, als er es in seinem öffentlichen Leben an den Tag gelegt hatte.

Seine Familie war auf Fünfe angewachsen, und seine größte Sorge für sie, gieng dahin, sie zu frommen Menschen zu erziehen.

Im Jahr 1546 hatten ihn die Grafen von Mannsfeld nach Eisleben berufen, um die unter ihnen entstandene Mishelligkeiten zu schlichten, wo er auch noch drey Tage vor seinem Ende gepredigt hatte.

Schwach und sein Ende fühlend legte er sich den 17ten Februar, Abends zu Bette. Betet sagte er zu seinen Freunden D. Jonas und Michael Cölius für das Evangelium, daß ihm wohlgehe. - Nun schlief er bis ein Uhr. Dann erwachte er und sprach, ach Herr Gott mir ist so wehe ich achte ich werde hier zu Eisleben, da ich gebohren und getauft bin, bleiben.

Nun gieng er alleine in die Stube und sagte, in deine Hände befehle ich meinen Geist, du hast mich Herr erlöset, Gott der Weisheit.

Man hohlte zwey Aerzte, Graf Mannsfeld erschien selbst. Diese sprachen ihm Muth zu. Luther aber versetzte, es ist ein kalter trockener Schweiß der mich überfällt, ich werde meinen Geist aufgeben, die Krankheit mehret sich. Jetzt faltete er die Hände und betete, o mein Vater ein Gott und Vater unsers Herrn Jesu Christi, du Gott alles Trostes, ich danke dir, daß du mir deinen lieben Sohn Jesu Christi geoffenbaret hast, und bekannt habe, den ich gepredigt und bekannt habe, den ich geliebet und gelobt habe, ich bitte dich laß dir meine Seele empfohlen seyn. Ob ich schon diesen Leib verlassen und aus diesem Leben hinweg gerissen werden muß, so weiß ich doch, daß ich bey dir ewig bleiben, und aus deiner Hand mich niemand reissen kann. - Also hat Gott die Welt geliebet, daß er seinen eingebohrnen Sohn gab, daß alle die an ihn glauben nicht verloren werden, sondern das ewige Leben erlangen. - Einige Zeit schwieg er, nahm Arzney, und rief dreymal aus, Vater ich befehle meinen Geist in deine Hände. - Nun schloß er die Augen. Man rieb ihn mit Stärkewasser. - Jonas rief ihm nun zu, „wollt ihr Ehrwürdiger auf Christum und auf die Lehre die ihr gepredigt, beständig sterben.“ Hierauf antwortete er deutlich Ja, legte sich auf die Seite, erbleichte zusehends, Füß und Nase wurden kalt, er hohlte tief doch sanft Athem, und so gab er ohne Unruhe und Schmerzen den 18ten Februar Morgens um drey Uhr den Geist auf. Er erreichte ein Alter von 62 Jahren drey Monat und 8 Tage. Bey seinem Tode waren zugegen D. Jonas, Herr Michael Cölius, A. Rudtfeld, Luthers Famulus, Graf Albrecht von Mansfeld, Fürst und Herr von Anhalt, Hans Heinrich von Schwarzburg, und deren Gemahlin, M. Aurifaber Stadtschreiber und dessen Frau, und zwey Aerzte Wild und Ludwig, nebst seinen eigenen drey Söhnen. Wie der Doktor bereits verschieden geweßt, und viele andere Personen.

Wenige Tage darauf führte man seinen Leichnam nach Wittenberg, wo er feyerlich zur Erde bestattet wurde.

1)
Wie er dann auch im nemlichen Jahr, in Wittenberg, dem gemeinen Mann, das heilige Abendmahl, in beyderley Gestalten, gereicht hatte
2)
Unterdessen ereigneten sich zu Wittenberg unruhige Auftritte, welche Carlstadt verursachte, der dort von schwärmerischen Ansichten geleitet die Bilderstürmerey begann. Die erhaltene Nachricht von diesem Unwesen kränkte Luther so sehr, daß er ohne Erlaubniß den 13ten Merz 1522 nach Wittenberg abreist, wo er nach einiger Zeit auf die Wartburg wieder zurück kehrte.
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