Luther, Martin - Der 147. Psalm, ausgelegt 1532.

Luther, Martin - Der 147. Psalm, ausgelegt 1532.

Als Luther bei Hans Löser, Erbmarschall von Sachsen, zum Besuch war und dieser ihn mit auf die Jagd nahm, legte er unterwegs diesen Psalm aus und schrieb hernach zu Hause die Auslegung auf, welche erst 1532 im Druck erschien.

Der 147. Psalm:

Dem gestrengen und ehrenfesten Hans Löser, Erbmarschall zu Sachsen, meinem günstigen Herrn und guten Freunde, Gnade und Friede in Christo.

Gestrenger, ehrenfester, lieber Herr und Freund! Als ich nächst bei Euch war, meines Kopfes Sausen und Schwachheit durch Bewegung des Leibes zu vertreiben, und Ihr mir große Ehre und Freundschaft erzeigtet, auch mich mit auf Eure Jagd führetet, hielt ich auch zugleich auf dem Wagen mein geistlich Gejägd, und fing den 147. Psalm, mit seiner Auslegung, welches mir denn die allerlustigste Gejägd und edelste Wild ist. So ich nun das heim gebracht und zerwirkt, habe ich Euch dasselbe wollen anzeigen, auf daß ich nicht mit bösem Gewissen solches Gut, auf Eurem Boden gewonnen, heimlich bei mir behielte, und nicht allein undankbar, sondern auch schädlich erfunden werde: schicke Euer Gnaden dasselbe, so viel sein ist, ganz und gar, und behalte mir's doch auch ganz und gar. Denn solch Wild läßt sich wunderlich unter Freunde theilen, daß es ein jeglicher ganz kriegt, und dem andern Nichts abgehet. Euer Gnaden wollte Solches zu Gefallen annehmen, denn Euch zu dienen, bin ich willig. Hiemit Gott befohlen sammt Eurer lieben Haus-Reben und Trauben. Amen.

Sonnabend nach Lucia. 1531.

D. Martinus Luther.

Der 147. Psalm.

Preise, Jerusalem, den Herrn; lobe, Zion, deinen Gott.
Denn er macht feste die Riegel deiner Thore, und segnet deine Kinder drinnen.
Er schaffet deinen Grenzen Frieden, und sättiget dich mit dem besten Weizen.
Er sendet seine Rede auf Erden, sein Wort läuft schnell.
Er gibt Schnee wie Wolle, er streuet Reif wie Asche.
Er wirft seine Schlossen wie Bissen, wer kann bleiben vor seinem Frost?
Er spricht, so zerschmelzet es; er läßt seinen Wind wehen, so thauets auf.
Er zeiget Jakob sein Wort, Israel seine Sitten und Rechte.
So thut er keinen Heiden, noch läßt sie wissen seine Rechte. Halleluja.

Weil die verdammte Welt, durch Wirkung ihres Herrn und Fürsten, des Teufels, so schändlich undankbar ist, und aller Gottes Gnaden und Güter, beide, geistlicher und leiblicher, verächtlich mißbraucht, auch zuwider und Verdrieß seinem göttlichen Wort und Gebot damit handelt, bis daß ihr Stündlein komme, das sie bezahle: habe ich jetzt vor mich genommen, diesen Psalm zu singen und lesen, Gott damit zu ehren und danken. Vielleicht findet sich etwa ein frommer Christ oder zween, die mit mir loben und singen, auf daß doch nicht gar eitel Undankbarkeit und Verachtung in diesem Leben gefunden werde.

Erstlich aber ist dieser Psalm ein Lob und Dank für die leibliche Wohlthat Gottes, die da heißt ein gutes Jahr oder gute Zeit, darinnen Gott Friede und Frucht auf Erden gibt, daß man sich nähren und regieren kann. Denn wir müssen ja bekennen, daß dieß 31. Jahr ein gutes Jahr sei, (wer weiß, wenns mehr so gut kommen wird?) und ist doch niemand in der Welt, der es Gott Dank wisse, sondern man brauchts zum Geiz aufs Allermuthwilligste, ja auch zur Verfolgung und Verstörung des Evangelii und aller Gottes Ehren. Aber die Welt ringet nach ihrem endlichen Verdammniß; das wird sie gewißlich treffen plötzlich, und ehe sie sichs versehen wird.

Preise, Jerusalem, den Herrn; lobe, Zion, deinen Gott.

Er fordert zwar für seine Wohlthat nicht große Opfer, noch köstliche Kleinode, die viel gestehen möchten: ja er fordert das allerleichteste Werk dafür, nämlich, Lob und Dank, welche ja keine Mühe noch Kost haben. Denn was ist leichter zu thun, denn sagen: Gelobt seist du, barmherziger Gott? Item: Ich danke dir für deine Güter und Gaben. Item: Du bist ja doch ein frommer treuer Gott und milder Vater rc. Darf doch Keiner gen Rom laufen, dazu auch seinen Leib nicht regen. Und Summa, was ists für Mühe und Arbeit, solchen Psalm lesen oder hören? Noch können wir solchen leichten Gottesdienst nicht thun. Was sollten wir denn thun in größern und schwereren Gottesdiensten, als da sind, die zehn Gebote halten, und um seinetwillen alles Uebel leiden, Leib und Leben, Gut und Ehre an ihn wagen? Wahrlich, wer nicht kann oder will Gott das Gratias sprechen, der wird nimmermehr um Gottes willen Alles thun und leiden.

Und ist eine große Schande (wo wir uns schämen könnten), daß man uns allererst zur Danksagung muß reizen, wie die Faulen, und aufwecken, wie die Schlafenden; auch die Wohlthaten daher zählen, nennen und vorbilden, so wir doch täglich damit überschüttet, und ohne Unterlaß ihrer gebrauchen, und davon leben: daß wir uns billig selbst sollten reizen und vermahnen, ohne Psalmen und fremde Erinnerung zur Danksagung, als durch die Wohlthaten selbst bewegt, gelocket und entbrannt. Aber da wird Nichts aus; man muß uns ansingen und anblasen, daß wir den Herrn sollen preisen, und dazu auch das Wort vorkauen und in den Mund streichen, wie dieser Psalm thut. Noch will unser fauler Schelm nicht dran, an solch leichtes, lustiges, fröhliches Werklein und schönes Gottesdienstlein. Pfui unserer Schande! daß wir nicht erschrecken noch roth werden, wo wir einen Vers hören oder lesen im Psalmen.

Aber das ist noch viel schändlicher, daß man uns muß den Wohlthäter auch nennen, und zu Jerusalem sagen: Lieber, lobe doch den Herrn; und zu Zion: Lieber, lobe doch deinen Gott. Ist ers doch so wohl werth, und ist ja ein billiger schöner Dienst rc. Denn Viele sind, die aller göttlicher Wohlthat täglich brauchen, und wohl sehen und fühlen, daß sie große Gaben und alles Gute haben; aber nicht einmal dächten sie, von wem sie es hätten, oder daß es Gott sei, der es ihnen gibt: sondern nehmen es an, als käme es ohngefähr daher, oder als hätten sie es erworben durch ihre Arbeit, Fleiß und Weisheit, und gleich dahin achten, als müßte es ihnen Gott geben, und sie keinen Dank dafür schuldig feien.

So schändlich lebt kein Thier nicht, auch keine Sau nicht, als die Welt lebt. Denn eine Sau kennet doch die Frau oder Magd, von welcher sie die Trester, Kleien und Gestroh zu fressen kriegt, läuft ihr nach und schreiet sie an. Aber die Welt kennet und achtet Gott gar nichts, der ihr so reichlich und überschwänglich wohlthut, schweige denn, daß sie ihm dafür danken und loben sollte. Daher man siehet, wie dieser leichte und lichte Psalm, so täglich von allen Geistlichen in den Kirchen zerheulet und zerplerret ist, dennoch so gar unbekannt und unverstanden bleibt bei den blinden und verkehrten Leuten, daß man auch Jerusalem und Zion selbst damit muß anregen. Was sollte denn Babylon und Sodoma Gutes thun? So gar wills nicht hinan, daß man Gott und seine Gaben erkenne, und ihm danke.

Denn er macht feste die Riegel deiner Thore, und segnet deine Kinder drinnen.

Da sähet er nun an zu zählen und zu nennen die Wohlthaten, und die erste ist der Schutz, daß er die Thore der Stadt wohl verwahret und behütet, damit man in der Stadt sicher und still wohnen könne. Wie viel sind aber wohl Bürger oder Menschen, die ihr Lebtage je einmal gedacht haben, daß ihr Schutz und Sicherheit in der Stadt eine Gabe Gottes sei? Welcher Bauer auf einem Dorfe denkt, daß Gottes Gabe sei, daß er hinter seinem Zaun so sicher sitzt mit seinem Gesindlein? Wenn er alle Stunde müßte gewarten, daß Diebe und Räuber ihm durchs Haus liefen, oder im Kriege alle Stunde gewarten, daß ihm Hans und Hof abgebrennet, und er dazu geschlagen und geplagt würde, so würde er denn diesen Psalm lernen singen, und sagen: Ach, wie selig sind die! Ach welch eine große Gabe Gottes ists, daß Einer seinen Bissen Brods essen und Trunk Wassers trinken mag mit Sicherheit und Frieden!

Aber nun solcher göttlicher Schutz und Sicherheit mit voller Macht da ist, achtet sein niemand. Ja, dafür, saß wir Gott sollten danken, fahren wir zu, und mißbrauchens alles aufs allermnthwilligste; verfolgen Gottes Wort, sind der Obrigkeit widerspenstig und ungehorsam, betrügen und täuschen unter einander, setzen auf und machen Theuerung, wuchern, und leben, als wären wir selbst Gott und Herren auf Erden. Darum muß Gott wiederum die Armen zuweilen mit Kolben lausen, Krieg, Diebe, Räuber, Aufruhr, Feuer, Wasser, Pestilenz, und ander Unglück mehr unter uns schicken, damit er uns lehre verstehen, was Schutz und Sicherheit sei, und wie es so eine edle Gabe Gottes sei; sonst lernen wirs nimmermehr.

Man muß aber durch das Wort „Riegel“ nicht allein die eisernen Riegel, so der Schmied machen kann, verstehen; sondern durch solches einiges Stück alles Andere auch, was da hilft den Schutz halten, als da sind, gut Regiment, gut Stadtrecht, gute Ordnung, ernste Strafe, fromme, treue, weise Herren; denn die eisernen Riegel werdens allein nicht thun, daß sicherer Schutz in der Stadt sei: darum auch hin und wieder in den Propheten die Fürsten und Herren Riegel der Stadt oder des Landes genennet werden.

Und Summa, es ist nicht Menschen-Witz noch Kraft, sondern Gottes Gabe, wo Schutz und Sicherheit ist: es muß mehr dazu kommen, denn die eisernen Riegel oder Schmied. Gott muß die Riegel (spricht er) selbst fest machen; und wie der 127. Psalm: Wo Gott die Stadt nicht behütet, da wachet der Hüter umsonst. Es sind viel feste Städte gewonnen und zerstöret, die man meinete, sie, sollten unüberwindlich sein. Aber wenn der die Hand abthat, der die Riegel feste macht, da gingen sie unter. Wie oft ist wohl die große und schier allmächtige Stadt Babel so schändlich gewonnen? Wie sind die Kaiserthümer zu Assyrien, Persien, Griechen, Rom so leichtlich und kürzlich verstöret? Es hält Nichts, ohne was Gott hält.

Doch wiederum, will Gott auch nicht haben, daß man ihn versuche, und wollte gar kein Thor, keinen Riegel, oder Nichts dazu thun zum Schutz der Stadt; gerade, als sollten die Thore offen bleiben, die Mauern abgebrochen, alle Rüstung und Wehre nachgelassen, alle Ordnung und Strafe aufgehoben sein, und also die Stadt sich selber schützen, oder Gott lassen allein walten und machen. Nicht also, sondern du sollst bauen und Riegel machen, die Stadt befestigen und dich rüsten, gute Ordnung und Recht stellen, auf das beste du vermagst. Aber da siehe zu, wenn du Solches gethan hast, daß du dich nicht darauf verlassest, und sagest: Nun sitze ich sicher und fest, und stehet Alles wohl, wie die Heiden thaten; als, der König zu Babel (Dan. 4.) seine Stadt Babel rühmete, und Arbaces seine Stadt Egbathanis, und mußtens anders lernen; sondern schreibe solchen Reim drauf: Nun hilf Gott! oder, uns ist hiemit ungeholfen. Er könnte dir wohl Korn und Früchte geben ohne dein Pflügen und Pflanzen; aber er wills nicht thun: so will er auch nicht, daß dir dein Pflügen und Pflanzen Korn und Früchte geben, sondern du sollst pflügen und pflanzen, und darauf einen Segen sprechen, und beten also: Nun berath Gott, nun gib Korn und Frucht, lieber Herr, unser Pflügen und Pflanzen werdens uns nicht geben, es ist deine Gabe; gleichwie man die Kindlein gewöhnet, daß sie fasten und beten, und ihre Kleiderlein des Nachts ausbreiten, daß ihnen das Christkindlein (oder Sanct Nicolas) bescheren soll; wo sie aber nicht beten, Nichts bescheret, oder eine Ruthe und Pferdeapfel bescheret.

Was ist aber alle unsere Arbeit auf dem Felde, im Garten, in der Stadt, im Hause, im Streit, im Regieren Anders gegen Gott, denn ein solches Kinderwerk, dadurch Gott seine Gaben zu Felde, zu Hause und allenthalben geben will? Es sind unsers Herrn Gottes Larven, darunter will er verborgen sein, und Alles thun. Hätte Gideon nicht dazu gethan, und wäre zu Felde gezogen wider Midian, so wären die Midianiter nicht geschlagen; und Gott hätte sie doch wohl ohne Gideon können schlagen. Er könnte wohl Kinder schaffen ohne Mann und Weib, aber er wills nicht thun, sondern gibt Mann und Weib zusammen, auf daß scheine, als thu es Mann und Weib, und er thuts doch unter solcher Larve verborgen. Man spricht: Gott bescheret alles Gut, aber du mußt zugreifen, und den Ochsen bei den Hörnern nehmen, das ist, du mußt arbeiten, und damit Gott Ursache und eine Larve geben.

Darum spricht hie auch der Psalm: Er macht feste. Was? Die Riegel deiner Thore. Feste will und kann er machen; aber es sollen deine Riegel da sein, und deine Thore, die er feste machen könne; ohne deine Riegel machet er nicht feste: und stehet doch dabei, daß die Riegel an sich selbst nicht feste sind. Darum solls beides da sein: du mußt Riegel und Thor machen, und haben, aber er will sie feste machen. Du sollst sie nicht feste machen; so will er nicht Riegel machen. So theile es nun recht. Schaffe du Riegel und Thor, und lasse ihn sie feste machen. Arbeite du, und laß ihn Früchte bescheren. Regiere du, und lasse ihn Glück dazu geben. Kriege du, und lasse ihn den Sieg geben. Predige du, und laß ihn die Herzen fromm machen. Nimm du Mann oder Weib, und laß ihn Kinder zeugen. Iß und trink du, und laß ihn dich nähren und stärken; und so fortan, in allen unserm Thun soll ers alles in und durch uns thun, und er allein die Ehre davon haben, wie St. Paulus sagt 1 Cor. 3.: Es ist weder der Pflanzer noch Begießer Etwas, sondern Gott, der das Gedeihen gibt.

Das ist nun alles gesagt wider die, so Gott versuchen, und Nichts thun wollen, und meinen, Gott solle ihnen geben und thun, was sie begehren, ohne Arbeit und Fleiß; zu welchen billig dies Sprüchwort gesagt wird: Verlasse dich drauf, und backe nicht. Item: Harre, bis dir ein gebratenes Huhn ins Maul fliege. Denn Gott will keine faule Müßiggänger haben; sondern man soll treulich und fleißig arbeiten, ein jeglicher nach seinem Beruf und Amt, so will er den Segen und das Gedeihen dazu geben.

Wiederum, ists auch den Vermessenen gesagt, welche meinen, es komme oder müsse kommen und erworben werden durch ihren Fleiß und Arbeit, durch ihre Kunst und Witze, fragen nichts nach Gott. Aber das rechte Mittel ist, nicht faul und müßig sein, auch nicht auf eigene Arbeit und Thun sich verlassen; sondern arbeiten und thun, und doch Alles von Gott allein gewarten. Das ist so viel gesagt: Es muß Alles im Glauben und Trauen zu Gott geschehen; und ob er siehet, daß zuweilen den Faulen oder Vermessenen Glück zuschlägt, sich nicht dran ärgern. Denn es hat doch die Währe nicht, und bleibt noch erbet nicht, und gehet endlich unter; wie wir der Exempel viel vor Augen sehen, wie geschwinde große Güter untergegangen sind, und täglich untergehen.

Die andere Wohlthat ist Glück, daß die Stadt voll Volks, reich, wohl bewohnet und erbauet wird; welches ist ein Segen Gottes, und eine Frucht des Friedens und Schutzes, und nicht unsere Macht noch Kunst. Denn im Kriege geschieht der keines; so ist auch ohne das eine Stadt, so arm, dünne von Volk, und übel erbauet ist, eine ungesegnete Stadt (nach zeitlichem Segen zu reden), und wohl halb verflucht. So spricht auch der 127. Psalm, daß Kinder und junges starkes Volk seien Gottes Gaben; und in den Propheten Gott immer drohet, wenn er mit einer Stadt zürnet, er wolle sie zur Wittwe, wüst, und ohne Volk oder Kinder machen. Denn Kinder heißen hie nicht allein Hauskinder, sondern Stadtkinder, das ist, Alle, die drinnen leben und geschützt werden, sie seien jung oder alt, Mann oder Weib, geistlich oder weltlich, mit Allem, das sie haben und erwerben.

Nun, dieser Segen, daß eine Stadt voll Volks ist, begreift in sich alle andere Gaben, die zur Erhaltung des Volks noth sind, als, Haus, Hof, Geld, Kleider, Vieh, Weib, Kind, Gesinde; item, allerlei Handwerk und Händel, daß kein Mangel drinnen sei, sondern sich täglich in Solchem allen bessere, zunehme und mehre. Denn wo solche Stücke abnehmen oder gebrechen, da verdirbt auch die Stadt und wird wüste, sintemal dieß zeitlich Leben Solches nicht entbehren kann.

Aber wie viel sind wohl Leute in solcher Stadt, die Gott für solchen Segen und Glück danken? Ja, wie viel sind ihrer, die da erkennen, daß es Gottes Segen und Gaben sind? Wie viele Menschen haben hie zu Wittenberg Gott jemals gedankt allein für die zwei Wasser, Faulbach und Frischbach, daraus sie so viel Jahr so manchen fröhlichen Trunk gebrauet und gesoffen, und zu aller Nothdurft im Hause so reichlich genützet haben, daß solche Nützung mit keinem Gelde immermehr zu bezahlen ist? Ich will schweigen der andern Gaben und Segen, an Haus, Hof, Kind, Vieh rc.

Da ist der Teufel wohl gut für, daß solche dankbare Leute sollten viel sein; sondern so muß man thun: Gott in dem allen verachten, und nicht kennen solche Wohlthat und Segen, vielmehr aber denken, es sei unser und unsers Thuns und Arbeit Schuld, wir habens erworben und gewonnen; darnach deß alles wider Gott und unfern Nächsten aufs schändlichste mißbrauchen, stolz sein, prangen, schinden, betrügen, übersetzen, täuschen, und allen Muthwillen üben, bis daß Gott über unsere Bosheit erweckt werde, und schicke Krieg oder Tyrannen über uns, die uns geben unsern verdienten Lohn, und solchen Segen und Gottes Gaben nehmen, und eine elende, arme Stadt draus machen. Da werden wir denn lernen, wie großer Segen und Gottes Gaben zu der Zeit es gewesen sei, eine Stadt voll Volks, und wohl erbauet und wohl versorgt haben.

Wiewohl man findet wohl so tolle Leute, denen es leid ist, wenn eine Stadt so gesegnet wird, daß sie voll Volks ist rc. Denn sie wollten lieber, daß die Stadt dünne und leer bliebe, auf daß sie allein drinnen möchten fett, dick und groß werden; besorgen, wo viel Leute drinnen sind, so gehe ihnen an ihrem Geiz und Hoffart ab, und Andere werden auch mit essen und sich neben ihnen nähren. Diese rechnen und messen die Sachen genau ab nach den Personen und Gütern, denken nicht, daß die Güter aller Städte auf Erden viel, viel zu geringe sind für ihre Personen, so drinnen sind, sondern Gottes Segen (spricht hie David), der thuts; wie auch das Sprüchwort lehret: Je mehr Leute, je mehr Glück.

Und sage du mir, wie gehets zu: Es hat ein Taglöhner etwa des Tages einen Groschen zu erwerben gehabt, das trägt des Jahrs, so man die Feiertage und andere müßige Tage abrechnet, noch nirgend fünfzehn Gulden; davon muß er sich nähren mit Weib und fünf oder sechs Kindern. Nun rechne du, wie viel kommt auf ein Haupt des Tages zu verprassen, zu kleiden, zu wärmen rc. Noch sind die Kindlein so fett als die Schnecken, und siehet kein Hunger aus ihren Augen, daß auch Fürsten- und Herren-Kinder kaum so fett sind. Muß man hie nicht greifen diesen Psalm: Er segnet deine Kinder drinnen? Wohl ists wahr, wenn Einer gefangen liegt, oder wo man Einen aushungern will und das Seine nimmt, wie jetzt die Bauern und der Adel, auch Tyrannen, den Pfarrherrn thun, da muß wohl magerer und dürrer Leib aus kommen. Also gehet gewißlich der Segen Gottes, und nicht unsere Arbeit, Fleiß und Witze, über einer Stadt, daß sie voll Volks und ernähret wird und zunimmt rc.

Er schaffet deinen Grenzen Friede, und sättiget dich mit dem besten Weizen.

Die dritte Wohlthat ist Friede, daß nicht allein in der Stadt Schutz und Glück sei, sondern auch auf dem Lande rings herum Friede und gute Zeit sei, daß man sicher wandeln, ackern, pflanzen, weiden und werben könne, welches in sich begreift fromme, treue Nachbarn, und gehorsamen Adel und Bauerschaft; wie man spricht: Es kann niemand länger Friede haben, denn sein Nachbar will. Item: Ein Nachbar ist dem andern einen Brand schuldig. Es ist fürwahr nicht der kleinsten Unglücke eines auf Erden, untreue, böse Nachbarn zu haben. Denn rechne von den Bauern an bis an den Kaiser, was ein Bauer dem andern, ein Bürger dem andern, ein Herr und Fürst dem andern, ein König dem andern Schaden, Tücke, Hinderniß, Hohn, und alles Herzeleid thun kann; daß auch beiden Juden ein Fluch ist: Gott gebe dir einen bösen Nachbar.

Wiederum ists auch nicht der geringsten Gnade eine auf Erden, fromme, treue Nachbarn haben; denn die können alles Gutes thun, und damit ist der Friede bestätigt, denn ob eine Stadt aller Welt Macht um sich hätte, und mit eitel eisernen Mauern verwahret wäre. Das sagen auch die Heiden, als Terentius: Wer da meinet, daß eine Herrschaft beständiger sei, die mit Gewalt erhalten werden muß, denn die durch Freundschaft bei einander bleibt, das halte ich für eitel Irrthum. Und Aristoteles: Was mit Gewalt erhalten wird, das hat die Währe nicht. Ursache, man spricht: Es ward nie Keiner so böse, es kam noch ein Böserer über ihn. Und abermal: Curt ist auch böse; und: Jenseit des Berges sind auch Leute. Das Kaiserthum zu Babel war böse; aber die Perser waren noch böser, und zerrissens. Das Kaiserthum der Perser war böse, aber Alexander war noch böser, und fraß die Perser. Die Römer waren auch böse, aber die Litten, Wenden und Türken waren noch böser, und habens redlich zerplündert. Der Türke ist jetzt böse, aber wo die Welt länger stehen wird, muß er auch einem Böseren herhalten.

Darum spricht der weise Römer Cato, da er lehret haushalten, man solle Fleiß haben, und sich also halten, daß uns unsere Nachbarn lieb haben und günstig seien, das helfe wohl zur Nahrung. Auch rühmet die heilige Schrift solche Gnade, Sir. 25.: Drei Dinge sehe ich gerne, welche gefallen beiden, Gott und den Menschen: wenn Brüder einträchtig sind, wenn Nachbarn sich einander lieben, wenn Mann und Weib sich wohl mit einander begehen. Und Salomo rühmet es auch Spr. 27.: Es ist ein Nachbar, der bei uns wohnet, besser, denn ein Bruder, der ferne wohnet. Was hülfs, daß einer hätte tausend Brüder, die alle ferne von ihm bleiben? Ich nehme für sie alle einen guten Nachbar, und wollte um ihrer aller willen ungerne einen Nachbar erzürnen oder verachten.

Wie man aber soll sich halten, daß uns die Nachbarn hold und günstig werden, ist hie nicht zu erzählen. Die Heiden und Vernunft sagen, wenn man geduldig ist, und nicht so genau rechnet und vergilt, wo sie uns etwa Leide thun; sondern dafür durch die Finger siehet, und mit Worten und Werken sich freundlich gegen sie erzeigt. Und ist wohl geredet, und ist auch der Schrift Lehre, daß man den Nächsten, auch den Feind, lieben soll. Man findet aber auch wohl so ungeschliffene, grobe Nachbarn, die so voll Haß und Neid stecken, daß sie durch Geduld und Wohlthat je ärger werden. Darum heißt es über aller Menschen Kunst und Kraft also: Gott schaffet deinen Grenzen Friede; und ist nichts Anderes, denn Gottes Gabe, wo solcher Friede ist im Lande. Er muß der Nachbarn Herzen und Faust halten, lenken und kehren zum Friede, und den Unschlachtigen steuern und wehren.

Wohl ists wahr, wie droben auch gesagt ist, daß wir sollen allen Fleiß daran legen, daß Friede im Lande sei und bleibe. Gleichwie wir sollen pflügen und säen, auf daß uns Korn wachse; also sollen wir auch geduldig und freundlich sein gegen unsern Nachbar, auf daß Friede bleibe. Ja, die Herren sollen auch die Grenzen und Straßen bestellen, und sich in Rüstung fassen wider die Feinde und bösen Nachbarn. Aber wenn das nun alles geschehen ist, sollte man sagen: Wohlan, ich habe Alles gethan, was zum Frieden dienet, was auch zur Gegenwehre gehöret; aber damit ist Nichts gethan: Herr Gott, gib du nun deinen Segen dazu, und schaff in unfern Grenzen Friede! Denn unser Thun wird Nichts schaffen, unser Ackern und Bauen wird solche Frucht nicht bringen, wiewohl wir gern thun, was uns daran zu thun ist. Siehe, einen solchen Glauben, in deinem Fleiß und Arbeit zum Frieden, wird Gott segnen, und seine Gabe des Friedens geben und erhalten.

Wo sind aber nun Leute (daß wir wieder zum Psalm kommen), die Gott für solche Gabe des Friedens danken? Ja, wo sind sie, die es für Gottes Gaben erkennen, und Gott nicht dazu noch verachten? Man braucht sein wohl zu unserer Lust und Muthwillen, und stellet sich, als sei solcher Friede unser eigen erblich, darin wir leben und thun mögen, was uns gelüstet, beide wider Gott und die Menschen. Denn es ist unsäglich, wie geil und kutzel die Bauern jetzt geworden sind durch diese friedreiche Zeit etliche Jahre daher: es jucket sie die Haut so fast, wie einer Sau, zur Schlachtung gemästet, als wollten und könnten sie der guten Tage nicht länger leiden noch tragen, lassen auch nicht ab, bis der Fleischhauer über sie komme, und mache Würste draus. Solchen Dank muß Gott empfahen, daß er solchen Buben so feinen Frieden gegeben hat; aber schau zu, wie lange ers leiden wird.

Und unsre Junkerlein vom Adel, sonderlich die verzagten Scharrhansen, sollten die Gott danken für solchen Frieden? Das wäre dem ganzen Adel eine Schande; sondern sie sinds selber, die den Frieden schaffen in allen Grenzen. Und David hat nicht recht gethan, daß er von Gott solch Liedlein gesungen hat; er sollts vom Adel gesungen haben, und dieselben mit solchem schönen Psalm gekleidet und geschmückt haben. Weil er das nickt gethan hat, so nehmen sie den Psalm billig, und schmücken sich selbst drein. Denn sie halten sich dafür, daß sie Herren sind, beide, über Frieden und Krieg: es könne ihrer kein Fürst noch Herr gerathen. Wenn gleich Gott mit allen Engeln da wäre, sie müssen schützen und retten, mir Frieden erhalten; sonst würde Gott wohl selber aus dem Himmel vertrieben. Sie bedürfen auch weder Glück noch Segen dazu, es ist genug, daß sie das Messer stürzen, und potz Marter! fluchen können. Alsdann stehet Frieden, Krieg und Alles, wie sie es haben wollen.

Ich fürchte mir aber aus der Maßen sehr, daß solche Freveler, Lästerer und Pucker werden Gott plötzlich dermaleins erwecken, daß er ihnen diesen Psalm wieder abziehen, und ihm selber allein zueignen wird, und sie darnach lassen sehen, was sie, ohne seine Gaben, mit ihrem Pochen und Scharren werden ausrichten; damit sie auch sowohl, als Andere, lernen, daß Gott sei, der Frieden schaffe in unsern Grenzen. Und wo es dahin kommet, daß sie uns vertheidigen, schützen und Frieden schaffen sollen, so sei uns Gott gnädig, und nehme uns nur immer weg. Denn da ist gewißlich das Schaf dem Wolfe befohlen, der ihm soll Frieden schaffen, und dem Teufel der arme Sünder, dem er soll vom Tode helfen.

Endlich, hie hörest du wohl, wer da lernen will, daß wir sollen zum Frieden arbeiten mit Geduld und Freundschaft gegen die Nachbarn, auch mit Bestellen Land und Straßen, mit Städten und Grenzen wider die Feinde; aber beileibe nicht darauf pochen noch trotzen, sondern auf Gott uns verlassen, daß der uns Frieden geben werde und erhalten, wo wirs werth sind; wo nicht, daß da keine Rüstung helfen wird. Ja, eben unsere Schutzherren, die uns Frieden sollen schaffen, sollen die Ersten und Aergsten sein, so uns alle Plage und Unglück anlegen; wie wir hören, daß sie zu Wien gethan haben, und an allen Orten, da man sie hinlegt. Das macht, sie kennen Gott und seine Gabe nicht, und pochen auf sich selbst. Darum können sie auch kein rechtschaffenes Werk recht thun zum Frieden, sondern müssen das Widerspiel thun, eben in dem, wenn sie rühmen, das sie Frieden schaffen.

Unter diesen Frieden soll man aber auch rechnen alles andere Gut, das zum Frieden gehöret, als: Gesundheit des Leibes, wider Pestilenz, Wasser, Feuer, Gift und allerlei Plagen und Krankheit. Denn wo solche Unglücke regieren, gehets auch nicht wohl zu im Lande, und bat der Teufel gleichwohl seine Lust mit Unglück und Schaden thun. Und ist eitel Gottes Gabe, und nicht unsere Vorsichtigkeit oder Arbeit, wo nicht täglich Pestilenz und Krankheiten, und andere Plagen des Teufels würben; und wo Gott nicht hie auch Frieden schaffet, sollten uns alle unsere Apotheken, Aerzte, Kunst, Hülfe und Rath gar viel zu geringe sein: wiewohl man dieselben Mittel und Kunst brauchen soll, und mit Fleiß halten, doch nicht darauf sich verlassen, wie gelegt ist; sondern den Segen immer sprechen: Herr Gott, gib du Gnade und Frieren hiezu, wir haben das Unsere gethan: wir haben gepflanzt, gib du das Gedeihen; wie droben gesagt ist.

Die vierte Wohlthat ist das liebe tägliche Brod, da er spricht: Er sättigt dich mit dem besten Waizen, das ist, er gibt dir reichlich das Korn und Früchte auf dem Felde, und allerlei Nothdurft Essens und Trinkens, den Leib zu ernähren; und spricht dazu, er gebe nicht allein Korn, sondern auserwähleten und niedlichen Weizen, und gibt nicht allein, sondern sättiget vollauf und reichlich. Damit will er ja anzeigen, daß er zu essen und zu trinken genug gibt; wie denn auch St. Paulus sagt 1 Tim.: Der uns Alles reichlich gibt zu genießen. Und das ist auch wahr. Denn alle Jahre wächst so viel (wo Gott gnädig ist, und nicht mit Hunger strafen will), daß die Welt nicht verzehren kann, sondern viel überbleibt; wiewohl dem Geiz nimmermehr genug wächset, und wenn das Erdreich eitel Korn, und das Wasser eitel Wein, und die Berge eitel Gold wären, könnten sie doch nicht einen geizigen Menschen ersättigen, wenn ers gleich alles allein hätte.

Wer glaubt aber nun, daß Gottes Gabe sei, was wir so reichlich haben an Korn und Wein, und an allerlei Früchten? Wo sind sie, die ihm dafür danken und loben? Ja wohl, man schlemmet und prasset; wiederum treibt man Wucher damit und macht theure Zeit, und schindet die Armen und jedermann; und wir gehen damit um, als hätten wirs selbst, und nicht Gott, geschafft, da ist kein Gedeihen von Gott: gleichwie fetzt die Bauern und Edelleute ihren Muthwillen treiben mit ihrem Aufsetzen. Sie haben den Boden und die Früchte inne, wollen nun auch das Geld haben, auf daß andere Leute Nichts, und sie Alles allein haben. Wohlan, ob sie recht hierin theilen, wird sich mit der Zeit wohl finden, daß sie selbst Nichts haben sollen; laß sie fahren und machen.

Wir sollen hie lernen, und Gott loben und danken, daß er Korn wachsen läßt, und erkennen, daß es nicht unserer Arbeit, sondern seines Segens und seiner Gaben ist, daß Korn und Wein und allerlei Früchte wachsen, davon wir essen und trinken, und alle Nothdurft haben; wie denn das Vater Unser auch beweiset, da wir sagen: Gib uns unser täglich Brod. Hie bekennen wir mit dem Wort, gib, daß es Gottes Gabe sei, und nicht unser Geschöpf; wird wo er nicht gäbe, so würde nicht ein Körnlein wachsen, und unser Ackerbau würde gar umsonst sein. Ja, es ist so eine starke Gabe, daß sie durch Gottes Kraft muß wunderbarlich erhalten werden, bis wir sie kriegen und genießen. Denn wie bald könnte alles Korn in der Erde verfaulen, erfrieren, vermodern, von Würmlein gefressen, vom Wasser ersäuft werden? Und wenn es schon daher wächst, wie bald könnte es mit Hitze, Wetter, Hagel verderbet werden, von Käfern und andern Thieren abgefressen werden? Und wer kann alle die Fahr erzählen, die das Kor n und Wein muß ausstehen, ehe denn es auf den Boden kommt? daselbst es auch noch von Würmern verzehret wird, und wegflieget. Der Teufel ließe nicht einen Halm noch Blatt aufgehen und wachsen, wo ihm Gott nicht wehrete.

Darum, wenn wir einen Acker oder Korn ansehen, sollten wir nicht allein Gottes Güte, sondern auch seine Macht erkennen, und also denken: O du liebes Korn, wie aus reicher milden Güte gibt dich uns Gott so vollauf; aber auch, wie mit großer Gewalt behütet er dich von der Stunde an, wenn du gesäet bist, bis du auf den Tisch kommest, wie gar durch unzählige Fahr alles Unglücks bist du gekommen! wie gar gewaltiglich reißet er dich durch aller Teufel Finger und Hände, die nach, dir greifen, schießen und schlagen, daß sie dich verderbeten, und uns mit Hunger tödten. Ja, ja, so sollten wir wohl denken? Wir haben Anders zu thun, denn solche Gnade und Kraft Gottes zu erkennen. Wir sinds, die am Korn das Meiste gethan haben. Hätten wir nicht gearbeitet, so hätte Gott Nichts können geben. So geben wir harte Stöcke und Klötze hin, und treiben dieweil Wucher und Geiz und Quoß1) mit solchen mächtigen, gnädigen Gaben Gottes, verfolgen dazu damit beide, Gott und Menschen.

Aber ein frommes gläubiges Herz siehet hie wohl, wie gar unsere Arbeit, mit Pflügen, Säen, und dergleichen, verloren wäre, wo nicht Gottes Gabe hie hülfe; wiewohl wir solche Arbeit sollen mit Fleiß thun, und unser Futter aus der Erde suchen, 1 Mos. 3., aber nicht darauf uns verlassen, als fänden wirs mit unserer Hand. Es gehöret mehr dazu, denn unsere Hand. Gott muß Segen und Gedeihen geben, darnach auch wider alle Teufel gewaltiglich erhalten, nicht allein diese vierte Wohlthat, sondern auch alle drei droben erzählten. Denn der Teufel gönnet uns der keine, Gott muß sie geben und erhalten wider seine Bosheit.

Er sendet seine Rede auf Erden, sein Wort läuft schnell.

Hie zeigt er an die güldene Kunst, durch welche Gott alle solche Wohlthat ausrichtet und gibt; spricht, es koste Gott nicht mehr, denn ein Wort, es werde l Mos. 1. Denn er bedarf keiner Esse, Hammer, Amboß noch Zange dazu, daß er die Riegel fest mache. Er bedarf keines Steines noch Kalkes dazu, daß er Frieden schaffe. Er bedarf auch keiner Frauen, weder Handels noch Münzers dazu, daß er die Kinder drinnen reich und glückselig mache. Also bedarf er auch keines Pfluges noch Egge dazu, daß er uns sättige mit Weizen; sondern er spricht zu den Riegeln: Seid fest, so sind sie fest; und zu den Bürgern: Seid reich und glückselig, so sind sie reich und glückselig; und zu den Grenzen: Der Friede sei bei euch, so ist Friede da; und zur Erde: Trage Weizen, so trägt sie Weizen; wie der 33. Psalm auch sagt: Wenn er spricht, so stehets da; und Ps. 78.: Er sprach, da kam Ungeziefer.

Also hie auch: Er sendet seine Rede zur Erden, das ist, er redet mit der Erde, und Alles, was auf Erden ist. Solcher Weise redet der 107. Psalm von denen, so todtkrank sind, und doch genesen: Er sendet sein Wort, und macht sie gesund; das ist, er spricht: Sei gesund, so wird man gesund; also, daß er keiner Arznei bedarf, sondern spricht sie mit seinem Wort gesund. Item, Ps. 148.: Feuer, Hagel, Schnee, Dampf und Sturmwind, die seine Worte ausrichten; das ist, sie thun, wie er mit ihnen redet. Sein Reden oder Sprechen ist so viel als schaffen; wie wir lesen 1 Mos. 1., daß er die Welt geschaffen hat durch sein Sprechen; und St. Paulus Röm. 4.: Er rufet dem, das nicht ist, daß es sein oder werden muß.

Und sein Wort, sagt er, läuft schnell; das ist, es geschieht flugs und so bald Alles, was er will; und so bald er spricht, so stehets da, wie 1 Mos. 1.: Gott sprach, und es geschah. Es ist nicht so ein faules, krankes, todtes Wort, wie der Menschen Wort und Gebot ist; wenn dieselbigen gleich viel heißen und gebieten, so geschieht doch Nichts, oder gar wenig; denn auch der Könige und Herren Wort oder Gebot geschieht wenig und langsam. Es läuft nicht also, es kriecht und schleicht mit guter Muße, wie man sagt: Es ist der Herren Gebot; das ist, es geschieht nicht. Ja, wo nicht Gottes Wort dazu kommt und spricht: Was du König und Fürst heißest, das geschehe, so wird gar Nichts draus. Er muß sein Wort dazu thun, und dem Gebot der Fürsten Kraft, und den Unterthanen Furcht und Gehorsam, zu thun, geben; sonst wirds wohl heißen und bleiben ein Herrengebot.

Aber wenn Gott zur Erde spricht: Grüne, so grünet sie flugs daher; laß wachsen, so wächst der Halm daher; trage Weizen, so trägt sie Weizen, und geschieht Alles flugs und bald; wie wir vor Augen sehen, daß sein Wort nicht kriecht, sondern läuft; ja, es springet, und thuts in einem Sprung, und mit einem Nu. Also, wenn er heißt Friede in den Grenzen sein, so ist der Friede alsobald allda, den sonst kein Fürstengebot schaffen noch erhalten kann. Wenn er die Leute in der Stadt segnet, und heißet sie Glück haben, so schlägt flugs eitel Glück zu, da sonst kein Handel noch Werbung zu helfen kann. Wenn er heißt die Riegel feste sein, so ist die Stadt wohl verwahret und beschützt, da sonst keine Mauer noch Wehre schützen noch verwahren kann.

Darum bestätiget dieser Vers, das wir droben bei den vier Wohlthaten gesagt haben, daß sie billig nicht unsere Kunst noch Kraft, sondern Gottes Wohlthaten sind und heißen sollen; und wo Gott nicht durch sein Wort Alles schaffet, so hülfe doch alle unsere Mühe und Arbeit Nichts. Denn mit aller Menschen Arbeit vermöchten wir nicht einen Halm aus der Erde zu bringen oder zu erhalten, schweige denn mit Weizen zu sättigen; auch nicht einen Hund zu vertheidigen, schweige denn, Frieden in den Grenzen zu schaffen; auch nicht einen Heller zu gewinnen, schweige denn, reich und glückselig zu werden; auch nicht einer Fliege zu wehren, schweige denn, die Riegel feste zu machen. Es heißt: Sein Wort, und nicht unsere Hand; seine Rede, und nicht unsere Kunst, schaffts und bringets zuwege. Also zeigt dieser Vers die Ursache an, warum David die vier Wohlthaten nicht uns Menschen, sondern Gott zuschreibet, dafür er uns heißet danken. Ursache ist die, spricht er: Denn ihr thuts nicht, könnt auch Nichts thun; sondern er sprichts, so habt ihrs, sein Wort und Heißen schaffet Alles, das ihr habt.

Es ist aber auch für uns tröstlich also geredet, unsern Glauben zu reizen und stärken. Denn, weil wir hören, daß wir solchen Gott haben, der alle Dinge schafft und thut so leichtlich, daß es ihm nicht mehr als ein Wort kostet, sollen wir ja mit Freuden und ganzem Erwägen ihm gerne trauen, und glauben, daß er Alles geben und helfen könne und wolle, wider alle Pforten der Hölle. O! wer das glauben könnte, daß es wahr wäre, daß Gott mit einem Worte und so leichtlich Alles thun kann, vor wem wollte sich derselbige fürchten? Wenn gleich der Türke Einen belagert hätte, oder auch die ganze Welt, was könnten sie ihm thun, wo er Gottes Wort, so mächtig und gewaltig, hielte? Müßte doch vor solchem Mann der Türke sein so matt als eine Fliege. Aber wir glaubens nicht, sondern sehen unsere Kraft an; was wir denn finden, das sie nicht vermag, das halten wir denn gleich, als vermöchte es Gott auch nicht, verzagen und verzweifeln also dahin. Wiederum, was wir vermögen oder baben, das glauben wir nicht, daß es Gott uns habe geschaffen und gegeben. Ach wir sind ungläubige und undankbare, schändliche, böse Kinder.

Er gibt Schnee wie Wolle, er streuet Reif wie Asche. Er wirft Schlossen wie Bissen, wer kann bleiben vor seinem Frost?

Hie führet er ein Exempel ein vom Winter, seine Lehre zu bestätigen. Der Winter ist gleich dem Sommer widerwärtig; denn da siebet das Land wüst und öde, und tragt kein Korn noch Früchte, daß es scheinet, als würde nimmermehr Nichts aus der Erde wachsen können. wer zuvor keinen Winter gesehen hätte, der möchte wohl verzweifeln, und denken, Himmel und Erve wären uns feind geworden, und wollten uns mit Hunger und Frost tödten; oder, es sollte wohl ein Manichäusglaube entstehen, als wäre ein anderer Gott des Sommers, der gnädig und gütig wäre, die Menschen zu mehren und nähren, und ein anderer Gott des Winters, der zornig und böse wäre, die Menschen zu verhungern uno vertilgen. Aber nun ists derselbige einige Gott beide im Sommer und Winter, ob er gleich sich viel anders stellet im Winter, denn im Sommer. Der Winter siehet dem Tode, Zorn und allem Uebel gleich, gegen dem Sommer, der dem Leben, Gnade und allem Guten gleich siehet.

Daß wir nun noch stärker im Glauben werden, und nicht zweifeln, Gott kann Alles leichtlich und mit einem Wort schaffen und thun, so heißt uns David hie den Winter ansehen gegen dem Sommer, darin sich Gott abmalet, was und wie er thun kann, und auch immer thut. Er läßt im Winter schneien, reifen und gefrieren, daß es kein Mensch leiden kann. Denn es würde freilich kein Mensch einen rechten Winter ausleben können, wo er sollte ohne Feuer und Wärme sein, und allein der Sonne (wie er im Sommer thut) leben; so vermöchten auch alle Creaturen nicht, daß im Winter ein Körnlein wüchse, oder eine Frucht reif würde. Kann nun Gott den Winter so verwandeln und wegthun, und den Sommer wiederbringen, daß man des Winters gar vergessen muß, und thut dasselbige so leicht, daß es nur ein Wort kostet: wie vielmehr solltest du glauben, daß er dir aus deinem Winter und aller Noth helfen könne gar leichtlich und mit einem Wort? Er kann wohl Weizen finden, wo du in Hungersnöthen bist. Er weiß wohl Frieden zu schaffen, wo du in Kriegesfahr bist. Er kann der Stadt wohl Glück geben, wo sie verdorben ist. Er kann die Riegel wohl feste machen, wo sie zerbrochen oder schwach sind: und das alles leichtlich, mit einem Wort. Ursache, kann er doch den Sommer aus dem Winter mit einem Wort machen, welches wohl größer und mehr ist, denn aus deiner Noth helfen.

Denn was kann eines einzelnen Menschen, Stadt oder Landes Unglück sein gegen dem Winter, welcher des ganzen menschlichen Geschlechts und aller Welt Unglück ist? Und was ist der Winter, denn eine jährliche Sindflut oder jährlicher Untergang der ganzen Welt, damit sie gar getödtet würde, wie die erste Welt ersäuft ward durch die Sindflut? Was sind aber die Stuben, Oefen, Heerde, Feuer, Stroh, Holz, Pelz, damit wir uns wärmen, Anders, denn die Arche Noah, darinnen wir uns im Winter erhalten, daß wir nicht erfrieren? gleichwie Noah mit den Seinen in der Arche erhalten ist, daß er nicht ersoff; sonst müßten wir gewißlich vom Winter verderben, wie der Psalm auch hie sagt: Wer kann vor seinem Frost bleiben? 'Da siehe nun, kann Gott der ganzen Welt jährlich aus dem Winter, und aus ihrer jährlichen Sindflut und Tode helfen, so solltest du doch an diesem mächtigen Exempel göttlicher Kraft, das dir jährlich vor die Augen gebildet ist, lernen trauen und glauben in allen Nöthen. Siehe, wie die Gottlosen hie thun, so doch Nichts glauben, die können im Winter sagen: Ei, es wird wieder Sommer werden; und sind gewiß, daß kein ewiger Winter sein wird. Also, lerne doch du, und ein jeglicher, auch sagen in seinem Winter: Wohlan, laß schneien, reifen und frieren, es gehe wie übel es wolle, so wird es doch wieder Sommer und gut werden, Gott wirds nicht ewig lassen schneien und gefrieren; wie der 55. Psalm spricht: Er wird die Gerechten nicht ewig lassen Unruhe haben.

Und, das noch tröstlicher ist, der Schnee, Reif, Frost ist sein (spricht er), er schaffet sie selber, und stehen nicht in des Teufels oder Feindes Hand; er ist ihrer gewaltig: darum müssen sie auch nicht weiter kalt sein, noch mehr uns kälten, denn er will, und wir wohl erleiden können; wie St. Paulus zu den Corinthern lehret, daß uns Gott nicht läßt versuchen über unser Vermögen, sondern führt die Anfechtung so aus, daß wirs können ertragen. Wenn der Teufel den Frost in der Hand hätte, so müßte nicht allein eitel Winter und ewiger Frost bleiben, und kein Sommer mehr werden, sondern es müßte so hart frieren, daß alle Menschen auf Einen Tag erfrören, und eitel Eisschollen würden; aber Gottes Winter und Frost ist nicht ewig, und ob er wohl hart und an ihm selbst unträglich ist, gibt er doch so viel Feuer, Wärme, Stroh rc., daß wir ihn können ertragen bis zum Sommer, da er gar aufhören muß.

Und das zeigt David fein an, da er den Schnee der Wolle, den Reif der Asche, die Schlossen den Bissen vergleicht. Wie gar scharf und genau hat der Mann Gottes Werk angesehen? Warum vergleicht er nicht die Schloffen den Kieselsteinlein, und den Reif dem Sande, und den Schnee dem Wasser? Hat er nicht mögen nähere Gleichnisse finden, die sich besser reimeten, denn diese? Und ob sich die ersten zwei etwas reimeten, wie reimen sich Schlossen und Bissen zusammen? Ach er redet tröstlich, und will uns den Winter lernen recht erkennen, daß wir Gott ja lieben und loben sollen auch um den Winter selbst.

Der Winter und Frost ist unträglich (spricht er), aber, auf daß du sehest und greifest, wie er dir solle träglich sein, und nicht verderben müssest, so hat Gott Wahrzeichen eben in den Schnee, Reif und Schlossen gemalet und gebildet, die dich trösten und Anders lehren, denn sie drohen. Denn, siehe da, ist doch der Schnee gestaltet wie die Wolle. Damit will Gott so viel sagen: Der Schnee soll dich nicht tödten, ja, er zeigt dir Wolle an, und sollst Wolle haben und Wärme, damit du den Winter ertragen könnest: ehe müßte der Schnee selbst Wolle werden, und nicht allein bedeuten. Der Reif soll dich auch nicht tödten, ja, er zeigt dir Asche an, welches eine Feuerstätte ist, da es pflegt warm zu sein, damit du wissest, du sollst im Winter nicht ohne Wärme sein, auf daß du den Frost mögest überwinden. Die Schlossen sollen dich auch nicht tödten, sondern zeigen dir Bissen an, daran du merken mögest, daß du im Winter, obschon Nichts wächset, dennoch nicht Hungers sterben sollst, sondern Etwas zu beißen haben.

Also zeigen die drei Stücke, Wolle, Asche, Bissen, als drei Propheten, nicht allein das an, daß der Winter solle aufhören, und der Sommer mit Wärme und Futter wieder kommen; sondern lehren und trösten auch, als drei Prediger, daß auch im Winter selbst, vor dem Sommer, solle dennoch so viel Wärme und Futter da sein, daß wir den Winter überwinden. Und ist also der künftige Sommer nicht allein vorgemalet und vorgebildet im Schnee, Reif, Schlossen, durch die Gleichnisse der Wolle, Asche und Bissen; sondern ist auch mitten in dem gegenwärtigen Winter gemenget, daß nicht eitel Winter sein muß, sondern soll auch Etwas vom Sommer drinnen sein. Denn so viel Wärme und Futter drinnen ist, so viel ist vom Sommer drinnen; gleichwie die Sonne im Winter (wiewohl weniger und schwächer, denn im Sommer) auch scheinet und wärmet. Solche Gemälde und Bilde ist auch in den Wolken durch den Regenbogen vorgestellet, daß wir vor der Sindflut sicher sein sollen rc.

Dieß ist nun die fünfte Wohlthat, daß Gott auch im Winter uns Sommer mit gibt, über das, daß der Sommer im Schnee, Reif und Schlossen künftig verheißen und vorgebildet wird. Wer achtet aber solcher Wohlthat? Wer dankt ihm dafür? Er braucht zwar des Winters zu seiner Ehre, damit, daß er seine Macht an ihm beweise, wenn er solche kalte, harte, unfruchtbare Zeit so leichtlich kann in einen reichen, fröhlichen, lustigen Sommer wandeln; lehret aber und vermahnet uns zugleich damit zur Erkenntniß seiner Wohlthaten und zur Dankbarkeit. Denn der Winter lehret uns wohl, was der Sommer für eine edle Zeit ist (wo wirs merken wollten, oder vor steinernen Herzen merken könnten), und was Lobes und Dankes er damit verdienet: aber wir sinds gewohnt, gleichwie der Sonne selbst; und solch täglicher Brauch göttlicher Güter macht sie uns zu gemein, verächtlich und geringe, daß wir sie eben achten, als hätten wir Nichts, oder je nichts Sonderliches. Aber wenn Einer hundert Gulden von einem Menschen geschenkt kriegte, das müßte eine große Wohlthat heißen und mehr Freude geben, denn Gott mit ganzem Sommer und Winter geben kann. Pfu mal an, du schändlicher Unglaube!

Er spricht, so zerschmelzt es; er läßt seinen Wind wehen, so thauets auf. Da stehets, daß Schnee, Reif und Frost weg muß, und der Sommer wieder kommen, wie jetzt gesagt ist; und daß nicht Menschen-Werk sei, den Winter vertreiben, gleichwie auch nicht Menschen-Werk ist, schneien, reifen und gefrieren, oder Winter sein. Denn es kommt nicht, wie und wenn wir wollen, sondern er spricht, das ist, wie droben, er sendet sein Wort, oder redet mit dem Winter, und heißt ihn weichen: so geschiehts alsbald, und verschmelzt beide, Schnee, Reif und Eis. Und daß man nicht allein glauben müsse, sondern auch greifen möge, daß allein Gottes Wort den Schnee, Reif und Eis zerschmelze, und den Winter vertreibe, so kann ja niemand sagen, daß Gott ein Feuer oder Hitze dazu gebrauche; wie wir thun müssen, wenn wir Etwas wollen aufthauen lassen. Auch braucht er der Sonne nicht dazu, sondern es pflegt nach der Sonne desto härter zu backen. Ja, eben wenns am härtesten frieret, der Schnee am tiefesten, das Eis am dickesten ist, eben alsdann hebts plötzlich an, und bricht das Wetter, und thauet auf mit Gewalt. Rathe, wie geht das doch zu? Wo kommt das her? Es ist ja vor dem Thauen kein Feuer noch Hitze, sondern die allerschärfeste Kälte da gewesen; so hats die Sonne auch nicht gethan, denn es thauet wohl ohne Sonne, daß man sie nicht flehet am Himmel.

Darauf kann die Vernunft Nichts antworten, denn also: Das Wetter bricht; wer es aber bricht, das kann sie nicht sagen. Aber David sagt, Gott breche es; und zeigt dazu an, womit ers breche, nicht mit Feuer noch Hitze, sondern mit seinem Wort. Wenn er das zum Winter, Frost und Schnee sagt, so hälts nicht mehr, und kommt sein Wind, und schmelzt es in zweien oder dreien Tagen weg, was ein ganzen Winter gefroren ist. Wo wollte die Welt so viel Holz und Feuer nehmen, daß sie damit eines Tages Frost und Eis zerschmelzet?, ich schweige eines ganzen Winters Frost? Es sind eitel große Wunderthaten Gottes, aber durch tägliches Ansehen verachtet worden, und wird nichts dafür gedankt.

Auch sagt hie David, es sei sein Wind; gleichwie er droben sagt: seinen Frost. Denn es gehört ein sonderlicher Wind dazu, daß es thaue. Es thut es nicht ein jeglicher Wind; Gott muß ihn hervor bringen, und durch sein Wort heißen kommen, sonst würden alle Blasbälge und alles unser Hauchen keinen Schnee zerschmelzen, noch den Winter vertreiben. Aber wenn Gottes Wind kommt, der dazu gehöret, so thauet es flugs dahin, unangesehen, daß keine Hitze vorhergegangen ist, die das Eis und Schnee hätte weich gemacht. Ja, es ist zuweilen der Thauwind fast kalt, daß es scheinet, als lasse Gott Kälte mit Kälte, und Winter mit Winter vertreiben, auf daß man sehe, es thu es nicht die Creatur, sondern sein Wort oder Sprechen; der auch den dreien Männern zu Babel den Feuerofen kühl machte ohne Kälte, und löschte ihnen das Feuer ohne Wasser, und mußte das Feuer Feuer sein, und doch nicht brennen. Es gilt ihm gleich viel, Feuer mit Feuer löschen, und Kälte mit Kälte wärmen.

Das ists, deß sich David hie verwundert, und Gott preisen heißt, der den Winter vertreibt so wunderlich, daß er nicht Feuer und Hitze dazu nimmt, sondern einen kühlen Wind oder Luft. Wie könnte es doch wunderlicher zugehen: daß die Luft, so doch viel dünner und weicher ist, denn das Wasser, und dennoch das harte Eis so leichtlich bricht und zu Wasser macht? Das Wasser aber kann Solches nicht thun. Darum heißt es Gottes Wind, und ein sonderlicher Wind, der nicht von Natur, sondern aus Gottes Heißen und Sprechen Schnee und Eis zu Wasser macht, so bald und so leichtlich.

Und ist fein, daß Gott einen Wind zum Thauen nimmt und nicht etwas Anderes, auf daß die Figur und geistliche Bedeutung sich fein drauf reime. Denn der geistliche Winter muß auch also vertrieben werden durch den Wind, und sonst nicht. Der geistliche Winter ist aber zweierlei: einer, wenn der inwendige Mensch in Sünden erfroren ist, und in derselben Kälte erstorben; da ist Schnee, Reif und Eis aufs allerhärteste. Diesen Winter macht das Gesetz, und der Teufel mit seinen Anfechtungen. Denn weil es nicht Sünden sind in den heiligen Geist, sondern sind arme betrübte Gewissen, da ist der Schnee wie Wolle, der Reif wie Asche, das Eis wie Bissen. Denn da ist Hoffnung und Verheißung, daß sicher Winter (wie wirs droben gemalet haben) weg müsse, und der Sommer, nämlich Vergebung der Sünden, kommen, und wenn es Zeit ist, so kommet der Wind, der heilige Geist, und wehet das Evangelium unter solche erkaltete Sünder, und vergibt ihnen die Sünde, und tröstet sie: da thauets, da fließt es denn, und ist der Winter weg.

Der andere Winter ist, wenn der äußerliche Mensch unter dem Kreuz liegt, und in allerlei Trübsal ist. Diesen Winter macht die böse, schändliche Welt, die uns kein Feuer der Liebe, sondern allein Frost des Hasses beweiset, und will uns schlecht todt haben. Aber es ist doch auch hie der Schnee wie Wolle, der Reif wie Asche, das Eis wie Bissen. Denn es sind doch etliche fromme Herzen, die uns lieben, nähren und fördern, bis daß der Wind Gottes einmal komme, und erlöse uns von solchem Frost; oder bekehre die Herzen der Feinde, daß sie Freunde werden, und mache aus Winter Sommer, aus Saul St. Paul; wie denn solcher Verheißung und Trost in der Schrift viel ist, daß die Heiden, so die Christen verfolgen, sollen darnach sie höchlich ehren, und die Könige, so zuvor wider sie gewüthet haben, sollen ihre Ammen und Diener werden, durch den Geist Gottes erweicht und aufgethauet.

Das sind allererst die rechten, hohen Wunderthaten, so durch leiblichen Winter und Sommer bedeutet werden; aber es ist der leidige Teufel, daß Gott nirgend keinen Dank erlangen mag. Denn wo sind sie, die Gott loben und danken für den lieben Wind des Evangelii, dadurch wir sind aufgethauet von dem grausamen Frost der päbstlichen Tyrannei, da es bis zu Grund alles gefroren war, durch Verhängniß Gottes, der uns solche kräftige Kälte und Irrthum zugeschickt hatte, um unserer Bosheit willen? Wohlan, Gott ists gewohnt, und ist sein Glück in der Welt nicht Anders, denn immer wohlthun, und immer Undank, Vergessen, Verachten, ja Lästern, Schänden, und alle Bosheit dafür leiden; wie die Kinder Israel thaten, und auch andern Göttern dieneten, und ihm seine Diener tödteten.

Er zeiget Jakob sein Wort, Israel seine Sitten und Rechte.

Bisher hat er Gott gedankt für die Wohlthat zeitlicher Güter und weltlichen Stand: hie dankt er für die geistliche Wohlthat, welches ohne alle Maßen größer und höher ist, denn das zeitliche Gut; wiewohl es nicht so herrlichen Schein hat, als das zeitliche, sondern geringes Ansehens ist, nämlich Gottes Wort oder Predigt. Das ist der theure Schatz, der alle Seligkeit mit sich bringet, beide, in diesem und jenem Leben, auch so reichlich, daß, wer es hat, auch in höchster Armuth und Elende fröhlich davon ist, und es um aller Welt Gut nicht gäbe, sondern viel lieber alles Dings, auch des Lebens, entbehrte, und lieber im Tod damit sein wollte, denn ohne das im Sause leben; aber Wenige sind, die es recht haben.

Darum hat David diese Wohlthat zuletzt, am Ende gesetzt, da ein Lied soll am allerbesten klingen. Wer will aber diese Wohlthat ausreden, wie groß sie sei? Denn wer kann alle Tugend und Kraft des göttlichen Worts erzählen, so alle heilige Schrift und Predigt, und alle christliche Bücher nicht Anders thun, denn Gottes Wort preisen; wie wir denn auch täglich thun mit Schreiben, Lesen, Predigen, Singen, Dichten und Malen? Denn diese Wohlthat bleibt und behält uns selber auch, wenn jene Wohlthaten vergehen, und wenn wir durch den Tod dieselbigen lassen, und uns von einander scheiden. Diese aber läßt uns nicht, scheidet sich auch nicht von uns, sondern dringet mit uns durch den Tod, und reißt uns heraus, und bringt uns in ein ewiges Leben, da kein Sterben noch Sorge des Todes sein wird. Davon anderswo mehr.

Er setzt aber drei Namen des göttlichen Worts. Erstlich spricht er: Sein Wort; darnach: seine Sitten; zuletzt: seine Rechte. Die wollen wir jetzt also unterscheiden: Wort soll sein die göttliche Verheißung, dran wir glauben sollen; denn Verheißung und Glauben gehören zusammen vor allen andern Geboten, vor Werken. Sitten sollen sein die Ordnung und Weise in Gottes Dienst; als da gewesen ist der Priesterstand, Tempel, Altar, mit ihrem Geberde, Werken, Kleidern, Opfern und Lehren rc. Rechte sollen sein die Gebote, darinnen Gott das Volk Israel ordnet, wie sie gegen Andern sollten leben, und in guten Werken der Liebe sich üben; wie die Gebote der andern Tafel lehren, sammt allen Rechten, die Moses draus gezogen hat; wie das fünfte Buch sonderlich beweiset. Solche drei Stücke müssen sein in allem Volk, das Gottes Volk sein soll; gleichwie wir Christen auch haben Verheißung des Evangelii, die Sacramente, Predigtamt, und zuletzt die Lehre von guten Werken.

So thut er keinen Heiden, noch läßt sie wissen seine Rechte.

Die Heiden waren den Juden in aller Welt feind, sonderlich ihre Nachbarn, allermeist darum, daß die Juden sich rühmeten allein Gottes Volk zu sein, und damit alle Heiden als Gottes Feinde verdammten. Denn der Teufel kanns auch nicht lassen; wo er Gottes Volk siehet, dawider erweckt er alle Welt, und was Gottes Volk sein will, das muß sich deß erwägen, daß ihm alle Welt feind werde. Darum rühmeten sich die Heiden wiederum, und verachteten die Juden sehr, sonderlich weil sie sahen, daß die Juden ein geringes Häuflein, und ein kleines Königreich hatten gegen alle Heiden, welche große Königreiche und Kaiserthümer unter sich hatten.

Darauf gehet dieser Vers, und rühmet David diese Erzwohlthat über alle Wohlthat; als sollte er sagen: Wohlan, rühme sich, wer sich rühme, ich laß geschehen, daß die Heiden in den vorigen Wohlthaten und zeitlichen Gütern uns gleich, oder auch weit, weit überlegen sind; sie haben festere Riegel, mehr Volks und Guts, größern weitern Frieden, mehr und bessern Weizen, denn wir; Gott läßt ihnen Winter und Sommer, Sonne und Regen, Himmel und Erde so reichlich als uns, und wohl reichlicher dienen. Aber das weiß ich wohl, daß sie nicht rühmen können dies einige Stück, daß sie Gottes Wort haben, daß der Herr ihr Gott, und sie sein Volk seien. Diesen Ruhm werden sie uns lassen, und nicht nachthun. Wir wissen aber, und mögen uns gewiß rühmen, daß er unser Gott, und wir sein Volk sind. Denn wir haben sein Wort, das hat er uns, und keinen Heiden gegeben.

Weiter, weil sie denn sich Gottes nicht rühmen können, noch seines Wortes, so können sie auch sich der zeitlichen Güter und leiblichen Wohlthaten Gottes nicht recht rühmen. Denn sie wissen nicht, daß es Gottes Gaben sind; und darum können sie auch nicht dafür danken: sondern rühmen sich der Güter und Gewalt an ihnen selbst, nicht als Gottes Gaben; und sind also die Güter und Gewalt ihr Gott, darauf sie pochen, trotzen, rühmen. O elende Rühmer, Trotzer und Pocher, die Gott nicht haben noch kennen; dazu seine Gaben und Wohlthaten nicht verstehen, sondern aus der Creatur Götter machen, darauf sie trauen und rühmen.

Was hülfe es, daß ein jeglicher Heide eine ganze Welt hätte, so er doch nicht erkennet?, daß es Gottes Gabe wäre, und Gott, noch sein Wort nicht hätte, sondern die Welt müßte sein Gott, Trost und Trotz sein? Wollte ich doch lieber eine Stadt, ein Haus, eine Kammer, ja, einen Saustall haben, allein daß ich wüßte, daß der Herr mein Gott, und der Stall seine Gabe wäre. Denn was kann dem mangeln, der Gott oder Gottes Wort hat, wenn er sonst Nichts hätte, und gleich der arme Lazarus wäre, ja, auch im Tode läge?

Wiederum, die Heiden, wenn sie gleich rühmen ihr Gut und Gewalt, so rühmen sie ihren großen Remb und Diebstahl, als die Diebe und Räuber, dazu als Gottes Feinde und Lästerer, und ist ihr Ruhm eitel Schande. Denn weil sie Gottes Güter inne haben, und erkennen nicht, daß es Gottes Güter sind, und sie dieselbigen von ihm haben, noch dafür danken (als sie nicht können, weil sie sein Wort nicht halten), so ists eben so viel, als gestohlenes und geraubtes Gut; und sonderlich, weil sie Gott noch dazu verleugnen und lästern, und machen andere Götter aus ihrem Gut, darauf sie trauen. Gleich als wenn ein Fürst Einem ein Gut leihet, und der Lehenmann wollte nicht erkennen, daß er solches Gut vom Fürsten hätte, sondern verleugnete, lästerte und verfolgete ihn, und erwählete einen andern Fürsten zum Lehenherrn: das wäre ja ein Dieb und Räuber, und Feind des Fürsten in seinem eigenen Gut. Darum nennet der 86. Psalm solche heidnische Königreiche Raubberge, daß sie ihr Gut und Gewalt, beide vor Gott und der Welt, rauben und stehlen.

Dagegen kann sich ein frommer David und Gottes Völklein rühmen, daß er Nichts geraubt noch gestohlen habe. Denn er bekennet, daß es alles Gottes eigen sei; der gibt und leihet es ihm, daß es auch sein sei, und ist sein Ruhm eitel Ehre, als eines treuen Dieners Gottes, den er kennet, dem er dafür dankt und dienet. Das macht alles, daß er Gottes Wort hat, dadurch er wird erleuchtet und gelehret, zu erkennen Gott und seine Wohlthat. Ob er nun nicht so viel hat als die Heiden, da liegt nicht dran: er hats doch mit Ehre und Gnade vor Gott, und singet aus dem 37. Psalm: Das Wenige, so ein Gerechter hat, ist besser denn das große Gut vieler Gottlosen. Denn sie habens mit allen Schanden und Unehren vor Gott, als die Räuber. Nun wollte ich ja lieber einen Pfennig haben als ein frommer Mann, weder viel tausend Gulden als ein Schalk. Aber da fragt der Gottlose nicht nach. Geld ist sein Gott, da bleibt er bei.

O daß wir jetzt auch so rühmen, und diesen Vers wohl singen könnten! weil wir doch so gewiß Gottes Wort haben, und der andere Haufe so überaus trotzig und ruhmredig ist, verlassen sich auf Kaiser, Könige, Fürsten, das ist, auf ihr Gut und Gewalt und haben weder Gott noch sein Wort, denken und danken auch nicht für ihr Gut und Gewalt als für Gottes Gabe, sondern machen ihr Gut und Gewalt zu ihrem Gott, rauben und stehlen, als die Gottesdiebe und Schälke, Alles, was sie haben, und besitzen Alles mit Schanden und Unehren, und ist ihr Rühmen auch Laster; und, pfu dich an! verleugnen, lästern und verfolgen dazu Gott, ihren Lehenherrn, mit allen seinen Dienern und ganzem Reich. (Da ihnen Gott wenig Glück und Heil zu gebe, Amen, als er doch ohne das thun wird.)

Aber wir können rühmen, daß Gott uns sein Wort gegeben hat. Laß sie nun reich, und uns Bettler sein; laß sie gewaltig, uns aber schwach; sie fröhlich, uns aber traurig; sie herrlich, uns aber verachtet; sie lebend, uns aber todt; sie Alles, uns aber Nichts sein: was denn? Noch haben sie keinen Gott, sondern müssen einen bettelschen, lausigten Gott selbst machen aus ihrem Pfennige. O der elenden Matern zum Gott! O barmherzige Gottschmieder! Wir aber haben Gott, und rühmen uns des rechten Gottes. Diesen Rubin müssen sie uns lassen, gegen welchen alle ihre Königreiche ein fauler Mist und Koth sind.

Ob wir nun viel leiden müssen, was schadets? Es heißt: Willst du ein Christ sein, so laß dir an meiner Gnade genügen.

danke du, daß du mein Wort hast, und durchs Wort mich selbst. Was schadet dir Roth, Hunger, Pestilenz? Was schadet dir der Scharrhansen Pochen? der Bauern Muthwille? der Papisten Wüthen? der ganzen Welt Ungnade? aller Teufel Zorn? Du hast Gottes Wort, und sie nicht. Du bist in Gnaden bei mir, und sie nicht. Du bist mein Kind, sie sind meine Feinde. Lieber, laß dir mein Wort, als mich selber, auch ein Schatz, auch ein Königreich, auch ein Himmelreich sein in deinem Armuth, Elend und Jammer. Mein Wort bleibt ewig, und du auch im Wort; denn dein Elend, und jener Hochmuth vergehet, ehe man es meinet.

Merk aber zur Letze, daß David nicht hie sich rühmet der großen Wunderthat, so Gott dem Volk Israel erzeiget hat; welcher Ruhm doch auch recht und herrlich ist: sondern vom Wort Gottes. Denn unter allen Wundern, Zeichen und Thaten ist wahrlich das Wort das allerhöchste, beste, gewisseste. Darum siehe zu und merke, daß Gottes Volk dabei am allergewissesten zu erkennen, und der höchste Trost ist, Gottes Wort zu haben; wie er hie sagt. Denn damit setzt er sich wider alle Welt, und spricht: Wohlan! habe wer da hat, und was er hat; so thut Gott doch seinem Volk auf Erden, wie er mir thut. Die haben dennoch Gottes Wort nicht, und wollens auch nicht haben, sind sein auch nicht werth; denn sie Verfolgens und haltens für einen Greuel. Aber es ist mein höchster Schatz und Trost. Darum lobe, Jerusalem, solchen Herrn, preise solchen Gott, Zion; preise und lobe Alles, was Odem hat! Amen.

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Schweigen
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