Bodenstein von Karlstadt, Andreas - Ain lobliche ordnung der Fürstlichen stat Wittemberg.

Bodenstein von Karlstadt, Andreas - Ain lobliche ordnung der Fürstlichen stat Wittemberg.

Im tausend fünfhundert und zway und zwaintzigsten jar auffgericht.

Die von Carlstadt während Luthers Aufenthalt auf der Wartburg verfaßte, auf 1 B. 4. im Drucke erschienene K.-O. Die Leisniger Kasten-O. ob. Nr. IV. hat aus ihr einzelne Anklänge.

Ordnung der Stat Wittemberg Anno domini MDXXII. auffgericht.

Ernstlich ist einhelligklich beschlossen, das all zins der gotzheuser, all Priesterschafften, und alle zins der gewercken, söllen zuhauffen geschlagen und in ain gemainen kasten gepracht werden, dartzu seind verordnet zwen des radts zwen von der gemain, und ain schreyber, die sollich zins einnemen, inhaben und damit arm leut versehen sollen.

Item es sollen hinfüro die zins der lehen der priester, wenn die durch absterben ains priesters loß fallen, auch in den selben gemainen kasten geschlagen, und kainer fürohin verlihen werden.

Es sol auch kain betler in unser stat gelitten werden, wellich alters oder kranckhait halben zu arbaiten nit geschickt seind, sondern man sol die zu arbait treiben, oder auß der stat verweysen, die aber auß zufellen als kranckhait oder ander zufell halben von armut wegen, die sollen auß dem gemainen kasten durch die verordneten zymlicher weiß versehen werden ec.

Item es sol was ordens die seind kain terminey bey uns halten.

Item es sol kainem münch in unser stat zu betlen gestattet werden, sonder sy mügen sich ihrer zins die sy yetzund haben, und darzu mit iren henden aufhalten und neren.

Item es ist auch inuentiert alles das so die klöster yetzund bey uns habent, als kelch, patificalia, monstrantzen, und der gleichen auch all ir einkommen verzaychnet das sy besitzen und järlich auffzuheben habent.

Item kain frembder schuler sol in unser stat geliten werden, wil aber ainer oder mer bey uns studiren der mag sich selb mit essen und trincken versehen, dann wir kainem wollen gestatten zu betlen noch zu mendicieren.

Item es sollen auch die Stationirer noch kainerlay kirchenbitter nit geduldet werden, in ansehung das alle kirchen berayt und mer dann zuuil gebaut seind ec.

Auß dem gemainen kasten soll man auch armen handwerckßleuten die on das ir handtwerck nit vermügen täglich zu treyben, leyhen, damit sy sich neren mügent, doch dasselb auff ain gesetzte zeyt widerumb zugelten, on ainiche verzinsung, welche aber unuermüglich seinnd das wider zugeben, den sol man des umb gots willen erlassen.

Item auß dem gemainen kasten sol man armen waysen besonder junckfrawen zymlicher weiß beraten und außgeben auch sunst armer leut kinder.

Item wa aber sollich zinß zu sollichen guten wercken nit gnugsam seind, oder sich nitt als weyt erstrecken wurden, so sol ain yeder, er sey priester oder burger, nach dem er hat, järlich ain summa gelts, dem armen hauffen zu auffhaltung raychen.

Item die Priester die wir yetzund haben, dieweyl ir zinß auch in den gemainen kasten gezogen seint, daruon sich yeder järlichen von den Vigilien die sy halten, bey acht guldin järlich versehen werden, dieweyl dann die Meß und Vigiliien vergeen, mügent sy für das selbig gelt arm kranck leut ersuchen, unnd in iren nöten trösten, doch sollen sy nyemant zu Testamentarien bestellen noch halten.

Item die bild und altarien in der kirchen sollen auch abgethon werden, damit abgötterey zu vermeyden, dann drey altaria on bild genug seind.

Item die messen sollen nit anderst gehalten werden, dann wie sy Christus am abentessen hat eingesetzt, doch umb ettlicher sachen umbs glauben willen, lasset man sinden, de tempore, und nit des sanctis, und singet Introitum, kyrieleison, gloria in excelsis, et in terra, collecta, oder preces, epistel, gradualia, on sequens, euangelium, credo, offertorium, prefatio, Sanctus, on Canonen maior und minor, dieweyl die geschrifft nit gemeß seind, darnach vangt an das Ewangelisch mal, sein communicanten, so consecriert der priester, seind sy nit da, so consecriert er und summiert es, hat er anders andacht dartzu, darnach concludiert er mit der Collecten, on Ite missa est. Es mag auch der communicant die consecrierten Hostien in die hand nemen, und selbs in den mund schieben, dergleychen auch den kelch, und darauß trincken.

Wöllen auch hinfüro nit gestatten, das unerlich personen sich füro an bey uns sollen enthalten, sonder söllent zu der ee greyfen, wöllen sy das nit thun, so sy seßhafft seind, sol man sy vertreyben, sein sy aber unseßhafft, sol in sonderhait der wert der sy duldet, hochlich gestrafft werden, und uber das söllen die, so sy aines unerlichen wesens oder lebens befleyssend, auß der stat vertriben werden.

So auch unser mitburger und inwoner mit den zinsen zu hoch beschwert, also, das sy fünff oder sechs guldin vom hundert bißher gegeben, oder mügen Die ablegen, seynd sy des vermügens nit, wöllen wir inen diie haubt summa auß dem gemainen kasten thun, also das sy vier guldin vom hundert demgemeinen kasten järlich biß sy die haubt summa ablegen, zinsen. Wir tragen aber zu der Gaystlichait bey uns dise zuuersicht, sy werden sich hierinnen auch christenliciher liebe befleyssen, und sich in dem sonderliichen gutwillig finden lassen.

Auuch sol man sonderlich aufsehen haben, so armer leut kinder als knaen, die zu der schul und studia geschickt seind, und doch armut halben darbey nit künden bleyben, das man den verleg, damit man altzeit gelert leut hab, die das hailig Euangelium und geschrifft predigen, und das auch in weltlichen regimenten, an geschickten leut nit mangel sey, die aber nitt geschickt seind, sol man jn zu handtwercken oder zu arbayt halten, dann in sollichem sonderlichen aufsehens von nöten ist.

Finis.

Quelle: Richter, Aemilius Ludwig - Die evangelischen Kirchenordnungen des sechszehnten Jahrhunderts

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