Bodenstein von Karlstadt, Andreas - Ordnung des gemeinen Beutels zu Wittenberg.

Bodenstein von Karlstadt, Andreas - Ordnung des gemeinen Beutels zu Wittenberg.

(Anfang 1522)

Ordenung des Gemeynn Bewtels zcu erhaltung Hauß vnnd ander armen bedurfftigen leutthen, beyn vnns zw Wittenberg auffgericht. Wie es damit gehaltthenn soll werdenn etc.

Erstlich soll ein kast mit dreyen Schlosseln wol bewarth in die pfarnkirchen an dem orth, da es ansehelich, gesatzt, dorein das gelt, ßo Ingenhomen testirt oder sunst erbettelt, sal eingewurffen werdenn.

Zum Andern sol die ander Taffell, welche zuuor allein den hospital zugut in der pfarrkirchenn vmbgetragen, hinfuder fur Alle gebrechlich notturftige perßon in der gemein gebraucht werden, doch alßo das der armen im spitall nachh Irkenthnuß der vorsteher des gemeynen beutels nicht vorgessen.

Zum Dritten Mag dieselbig Taffel wochlich ßo in der pfarnkirchen, ßo vfft das Volck in irer andacht versamlet, vumbgetragen werden, vungeachtet das zuvern der selben das bitten vnnd fordern, allein an hochzceitlichen festen neben andern taffeln gestattetth.

Zum Vierdten ist vonnotten, das dem gemeinem beuthel diese vorsteher, welche in der Stad kundigk vnnd der armen leutthen vormoge, wesen, stand, hehrkomen vnd redlickeyt wisßen, vnnd vntter den selbigen, ob sie zur Arbeyth geschickt oder lessigk, neben allen vmbstenden ein vnttherscheyd irkennen megen, vorordenth werden; die auch nicht auß lieb noch haß richtenn, sunder allein die notturfft ermesßen, da mit die mussigen nicht vor den arbthsamen, die vnerlichen vnnd vnczuchtigen vor denjenigen, die mit kindern vbirfhallenn vnnd sich noch eren willig ernheren woltthenn. Wie sie es ires vermegens zubeweg bringen mechten, vorgesatzt werden. Hirvmb ist vor gutt angesehenn, das alczeyth der Regirende Burgermeister vier redlichen wolhabend vnnd getrawhenn burgern vonn der gemein, die man auß den vier virtelnn der Stad erweheln soll, die sich von Iren Rathsfreundenn vnd andern iren nachbarn der armen gebrechlichenn durfftigen leutthen anligenn vnd notturfft erkunden sollen, domit sie den zu hulff, rettung vnd trost vonn dem gemeinen Bewthel nach iren besten vorstendthnuß kummen.

Zum Funfften sollen die aus den vier virteln, so dorzu vonn den dreien Retthen geordenth werden, zwyne Schlosßel vnd der regirend Burgermeister einen haben. Vnnd von irem Innhemen vnnd Ausgeben dem Newhen [Bürgermeister], neben den dreyhenn Retthen vnd dem pfarrer volstendig rechenschafft thuen, domit aller argkwahen vormitten, vnnd zu der selben zceyt soll von diesen angehoben guttem wergk vnterredung vnd handelung geschehen, wie das stadlich erhalttenn vnnd fruchtbarlich ausgeteylt wurd. Wuhe es auch in der Dreyher Reth vnnd des pfarrers erdencken seyn wurd, andere vorsteher zw setzten, das sollen sie auch macht habenn.

Zum Sechsten sol der Rath darob sein, daß die Jacobs Bruder, Ternisten vnd andere streicher nicht eingelassen, sunder allein die vnsern, die sich bey vns mit arbeytt vnnd andern redelichen tetthen enthaltten. Des gleichen mag man die terminirer, die vnsere einfeltigen zw testament erweichen, vnnd sunst das volck mit betteln beschweren, mit gutten gewissen wenigern vnnd messigen; dann got lob, wir habenn Prister genung bey vnnß.

Zum Sibenden sollenn die aus den Vier virteln vorbunden sein, am Sontag den Burgermeister in diesen sachen noch den predigen zu besuchen, bei iem an geleigen ortten zu rathschlagenn, weme von dem gemeinen gelt dieselb wuchen vbir sol ethwas gelegen vorgestrack oder gantz vmb gotts willen, gereicht werden, die armen haußleuth selbst zu beschickenn, sie vmb ire armuth vnnd enthberung vleissigk zw vorsehenn, nicht zuharren, biß sie am zcwey ligen vnd mit der eussertthen noth begrieffen seind. Dan vil seind zutzeitten, die sich des bittenß schemen vnnd doch deß almoßen dorfftigk.

Zum achten, wuhe geth ßo vihel vonn der Darleyung fromer kristlichen leuth, durch sein gnod bescheret, als wir den glawben haben sollen, ßo geschicht es, daß man einen Vorrath an korn konth schaffen, ßo sollen die vorsteher zw wolfeylen Jhar dasselb einkauffen vnnd auff das Spital schutten, do mit man den armen in tewerung notthen, zusatten mag komen, denn habenden vmb das gelt, den krancken vnnd schwachen, die es nicht zu beeczaln haben, vmb gots willenn. Hiryn soll alweg erkenthnuß der vorsteher vorgehenn, vnnd eins Jeden vermeg ermessenn werdenn.

Des gleichen solt man mit dem holcz im Sumer auch thuen, domit die armen im winther vor frost erreth wurden.

In sterblichen zceitten solt man auch den armen wartung vnnd vorsorgung an eim sunderlichen orth, von andern leutten gelegen, bestellen, wie dan ditz vnnd anderes alles in behertzigung vnnd sorgfellickeit der vorstehen stehenn soll etc.

Alßo soll eß auch mit den vnwirthigen leutthen gehalten werden, Alles gott vnnd allen heyligen zw eren, vnnd zw christlicher lieb, die ein Jder gegen dem andern tragen soll.

Vnnd das der prediger zcur zcaytt das volck offt datzu vormane vnnd ynn bedacht hallte Es wurt fast alles liegen an dem prediger vnnd vorstehernn.

Andreas Bodenstein von Karlstadt II. Teil: Karlstadt als Vorkämpfe des laienchristlichen Puritanismus Hermann Barge Leipzig Friedrich Brandstetter 1905

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