Kapff, Sixtus Carl von - Am Sonntag Rogate

Kapff, Sixtus Carl von - Am Sonntag Rogate

Text: Jak. 1,21-27.
Darum so legt ab alle Unsauberkeit und alle Bosheit; und nehmt das Wort an mit Sanftmut, das in euch gepflanzt ist. welches kann eure Seelen selig machen. Seid aber Täter des Worts, und nicht Hörer allein, damit ihr euch selbst betrügt. Denn so Jemand ist ein Hörer des Worts und nicht ein Täter, der ist gleich einem Mann, der sein leibliches Angesicht im Spiegel beschaut. Denn nachdem er sich beschaut hat, geht er von Stund an davon, und vergisst, wie er gestaltet war. Wer aber durchschaut in das vollkommene Gesetz der Freiheit, und darinnen beharrt, und ist nicht ein vergesslicher Hörer, sondern ein Täter: derselbige wird selig sein in seiner Tat. So aber sich Jemand unter euch lässt dünken, er diene GOtt, und hält seine Zunge nicht im Zaum, sondern verführt sein Herz, des Gottesdienst ist eitel. Ein reiner und unbefleckter Gottesdienst vor GOtt dem Vater ist der: Die Waisen und Witwen in ihrer Trübsal besuchen, und sich von der Welt unbefleckt erhalten.

Der heutige Sonntag heißt Rogate, d. h. bittet oder betet. Ein schöner Ruf der alten Kirche, den zu befolgen besonders das uns antreiben muss, was der HErr im heutigen Evangelio sagt, dass der Vater uns Alles geben wolle, was wir bitten in seinem Namen. Beten im Namen JEsu und leben in der Kraft dieses Gebetes, das ist die größte Kunst und das höchste Glück eines Jüngers JEsu. Aber ohne den heiligen Geist ist das nicht möglich. Das gibt der HErr deutlich zu verstehen im heutigen Evangelium. Nur da ist ein wahres Gebet, wo ein durch JEsum geheiligtes und durch seinen Geist frei gemachtes Herz ist, und nur da ist wahres Christentum. Vieles heißt Beten und Gottesdienst und Christentum, aber nur die Wiedergeburt durch den heiligen Geist macht rechte Christen. Deswegen spricht Jakobus in unserer Epistel so ernstlich vom wahren und falschen Gottesdienst. Wir Alle haben es nötig, seine Worte tief zu beherzigen. Denn wir Alle haben gar viele Versuchung, Hörer und auch Liebhaber, aber nicht Täter des göttlichen Wortes zu sein. Und was kamt es Traurigeres geben, als einen solchen Baum ohne Frucht? Die Bäume, deren Blüte uns jetzt erfreut, bringen Früchte, sollten wir hinter ihnen zurückbleiben? Wollen wir leere Schwätzer sein ohne Frucht des Geistes? Dann gebührt uns, was man dem Baume tut, der blüht, aber keine Frucht bringt, er wird abgehauen und ins Feuer geworfen.

Darum muss unser Leben regiert werden durch das Wort GOttes, durch das Gesetz der Freiheit, von dem unsere Epistel handelt. Wer in dieses Gesetz hineinschaut, es tief in sich aufnimmt und mit demselben Eins wird, von dem sagt Jakobus, er werde selig sein in seiner Tat. Was heißt das: „selig sein in seiner Tat?“ Ist nicht GOtt allein unsere Seligkeit? Ist nicht der Glaube das, was selig macht? Das hält auch Jakobus fest; aber ein toter Glaube, bei dem der Mensch unverändert in seinem alten Wesen bleibt, war ihm kein Glaube, und ein Gottesdienst ohne wahre Herzens- und Lebens-Frömmigkeit war ihm nach unserer Epistel ein eitler, heuchlerischer Gottesdienst. Deswegen ruft er so ernstlich: „seid Täter des Worts und nicht Hörer allein.“ Vor acht Tagen hörten wir seine Ermahnung, wir sollen schnell zu hören sein und das Wort des vollkommenen Vaters der Lichter mit Sanftmut annehmen als das Wort, das unsere Seelen selig macht, aber nur dann selig macht, wenn wir es, wie JEsus sagt, nicht nur hören, sondern auch bewahren und üben. Diese Wahrheiten wollen wir weiter erwägen durch Beantwortung der Frage:

Wer ist selig in seiner Tat?

  1. wen das Hören des Worts zum Sehen und Erkennen seiner selbst und so zur Buße treibt;
  2. wer in lebendigem Glauben durchschaut in das vollkommene Gesetz der Freiheit;
  3. der, dessen Wandel ein reiner und unbefleckter Gottesdienst ist.

Ach, HErr JEsu, lass uns wissen,
Wie man Dir gefallen soll;
Mach' uns Gut's zu tun beflissen
Und des heil'gen Geistes voll.
Dein Heilwerter Ruf und Zug
Uns entdecke den Betrug;
Da viel Tausend sich betören,
Meinend, dass sie Dein gehören.

Geuß den Geist in unsre Seelen
Durch das Wort, so feurig ist,
Uns vom Irrtum loszuzählen
Der vom Fleisch verborg'nen List.
Prüf und siehe, wie es steh',
Dass kein Schäflein untergeh'.
Lass das Urteil einst erschallen,
Dass wir Dir recht Wohlgefallen.

Amen.

I.

Das auffallendste Wort unserer Epistel ist das: „Er wird selig sein in seiner Tat.“ Gewiss meint Jakobus damit nicht, dass ein Mensch durch seine Werke selig werde und so die Seligkeit selbst verdienen könne; so gut als Paulus wusste auch Jakobus, was er aus dem Mund des HErrn gehört hatte, dass, wenn wir auch Alles getan haben, wir doch nur unnütze Knechte sind, die nichts getan haben, als was sie zu tun schuldig sind: aber Jakobus wusste auch, dass kein Mensch im Stande ist, Alles zu tun; er kannte die tiefe Verdorbenheit unserer Natur so gut, als Paulus, der sagt: „da ist nicht, der Gutes tue, auch nicht Einer;“ aller Mund wird verstopft und alle Welt ist GOtt schuldig, und kein Fleisch wird gerecht vor GOtt durch des Gesetzes Werke, sondern dem, der nicht mit Werken umgeht, d. h. der nicht in Werken seine Gerechtigkeit sucht, sondern glaubt an Den, der die Gottlosen gerecht macht, dem wird sein Glaube gerechnet „zur Gerechtigkeit.“

Wenn also Jakobus in unserem Text sagt, ein rechter Täter des Wortes sei selig in seiner Tat, so versteht er das nur von dem Frieden, den Jeder hat, der auf dem Weg des Lebens wandelt, wie JEsus sagt: „in Ihm haben wir völlige Freude, ewigen Frieden, Leben und volles Genüge.“ Wer Ihm nachfolgt, der ist selig in seiner Tat; sein ganzer Wandel als ein Leben in GOtt ist ein seliges Leben, voll inneren Friedens und heiterer Seelenruhe. Wer gelangt nun zu solcher inneren Seligkeit eines gottgeheiligten Wandels? Nach dem Anfang unserer Epistel nur der, der durch das Hören des Wortes zum Sehen und Erkennen seiner selbst und so zur Buße sich treiben lässt. Daher setzt unser Text gleich nach der Ermahnung: „Seid Täter des Worts und nicht Hörer allein,“ hinzu: „denn so Jemand ist ein Hörer des Worts und nicht ein Täter, der ist gleich einem Mann, der sein leiblich Angesicht im Spiegel beschaut. Denn nachdem er sich beschaut hat, geht er von Stund an davon und vergisst, wie er gestaltet war.“ Das leibliche Angesicht heißt nach dem Griechischen das Angesicht der Geburt, und ist somit ein Bild des inneren Menschen, wie er von Natur gestaltet ist. Wer das Wort GOttes bloß oberflächlich hört und nicht auf sein eigen Herz und Gewissen anwendet, der bekommt bloß einige vorübergehende Rührungen und Eindrücke: aber bald wieder vergisst er, wie er gestaltet ist, er kennt sich selber nicht, meint daher, es fehle ihm nichts mehr, hält Rührungen für Taten und kann in eitler Selbstgerechtigkeit einiges Gute, das die Welt an ihm sieht, als hinreichende Pflichterfüllung ansehen, außer der weiter nichts zu tun sei.

Solche verblendete Seelen, die von der Gerechtigkeit GOttes keinen Begriff haben, an JEsum nicht, sondern nur an sich selber glauben, weil sie ihre Sünde nicht erkennen, solche können nie selig sein in ihrer Tat. Denn im tiefsten Herzensgrund liegt doch insgeheim das düstere Bewusstsein der Schuld, und wenn sie mit allen ihren Taten, mit aller sogenannten Gutmütigkeit und Pflicht- und Berufs-Erfüllung in die Ewigkeit treten sollen, so zerstäubt alles eigene Werk, und die schauerliche Blöße eines Lebens ohne den Heiland treibt zu dem Ruf: „Ihr Berge fallt über uns, ihr Hügel deckt uns!“ Selig sein in seiner Tat, d. h. den Frieden GOttes finden durch GOtt-geheiligten Wandel, das kann nur der, dem seine eigene Tat vorerst zur Sünde geworden ist, so dass er in sich selbst nichts wahrhaft Gutes und vor GOtt Gültiges findet, sondern erkennt, wie Alles an ihm verunreinigt ist durch die angeborene Verderbnis der Selbstsucht und des Eigenwillens, durch die reizende Lust zum Bösen und durch den Hochmut, der GOtt gleich sein möchte ohne GOtt und außer GOtt. Taten. die aus diesem unlauteren Grund hervorgehen, aus der Selbstliebe, statt aus der GOttesliebe, aus eigenem Interesse, statt aus Eifer für GOtt, solche Taten haben keinen Wert vor GOtt und geben daher auch keine Ruhe und keinen Frieden, in GOtt.

Um in GOtt selig zu werden und durch einen Wandel in GOtt sich selig zu fühlen, dazu ist das erste Erfordernis, dass das, was wir aus dem Wort GOttes hören, uns ein Spiegel sei, in dem wir uns selbst genau sehen und so die vielen Flecken, Wunden und Beulen bemerken, durch die wir verunstaltet sind. Gewöhnlich dreht man diesen Spiegel nur von sich ab auf Andere und sieht nur die Fehler Anderer, gegen welche die unseren noch klein seien. Da sind dann solche richtende Seelen selig im Schimpfen über Andere, obgleich Jakobus in unserem Text sagt, dass der ganze Gottesdienst eines Menschen, der seine Zunge nicht im Zaum halte, eitel sei.

Ach, Geliebte! das ist die schlimmste Art, „in seiner Tat selig zu sein, „ sich für besser als Andere zu halten und sein Vergnügen in Vergrößerung des Ichs durch Verkleinerung Anderer zu finden. Wie schrecklich muss oft GOtt von solchen Höhen herabwerfen! Wie verkehrt sich solche falsche, pharisäische Seligkeit in eigener Tat zu den schwersten Anfechtungen, Gewissensnöten und auch äußerlicher Verachtung! Selig kann nur der sein, der das, was er aus sich selbst tut, als unrein erkannt hat, und daher in sich selbst keine Gerechtigkeit mehr sucht und auch nie vergisst, wie er gestaltet ist von Geburt, sondern in gründlicher Buße sich als befleckt und aller Gnade GOttes unwert erkennt, so dass er in sich selbst nichts mehr, sondern Alles in GOtt sucht. Bei solcher Buße allein ist das Hassen des eigenen Lebens, das JEsus verlangt, und nur wer so frei geworden ist von sich selbst, nur der kann selig werden in GOtt. Denn nur ein solcher Geist kann

II.

in lebendigem Glauben durchschauen in das vollkommene Gesetz der Freiheit, und von einem solchen sagt unser Text, dass er selig sei in seiner Tat. Das Gesetz der Freiheit heißt Röm. 8 das Gesetz des Geistes, der lebendig macht in Christo JEsu und macht frei vom Gesetz der Sünde und des Todes. Dieses Gesetz des Geistes ist die ganze neutestamentliche Wahrheit, das Wort vom Kreuze, das selige Evangelium von der Vergebung der Sünde und Kindschaft GOttes in Christo JEsu, wonach verlorene und verdammte Sünder durch JEsu Opfertod eine vor GOtt gültige Gerechtigkeit erlangen und mit dem heiligen Geist erfüllt werden, in dessen Kraft sie dann wandeln können in der Liebe zu Dem, der uns bis in den Tod geliebt hat, und so in einem neuen Leben.

In dieses Gesetz der Freiheit durchzuschauen, vermag nur ein lebendiger Glaube, der die Nichtigkeit alles Menschlichen und daher in Christo allein das Heil erkannt hat und sich Alles zueignet, was JEsus für uns getan und gelitten hat. Eine solche Hingabe an JEsum ist die höchste Tat unseres Lebens, und in dieser Tat werden wir selig. Denn es ist eine Wiedergeburt aus dem Irdischen in das Himmlische, aus allem dem, was uns unselig macht, in ein Leben des Geistes, das seine Seligkeit in sich selbst trägt.

Nicht umsonst nennt unser Text die neutestamentliche Wahrheit ein vollkommenes Gesetz der Freiheit. Da ist nicht mehr die Knechtschaft des alttestamentlichen Gesetzes, da wir sollen und nicht können, wollen und nicht dürfen, weil das Fleisch zu viel Macht hat über den Geist, und Menschen und Welt uns noch mehr sind, als GOtt. Paulus sagt: „Wo der Geist des HErrn ist, da ist Freiheit.“ Wer in JEsu Vergebung der Sünde und so Errettung aus der tiefsten Not, die es gibt, erlangt hat, den treibt und erfüllt die Liebe Christi, und die Liebe ist frei und macht frei. Ja, die tiefste Gebundenheit, da eine Seele nichts anders mehr tun, reden und sogar denken möchte, als was dem geliebten JEsus gefällt, das ist die höchste Freiheit, oder, wie unser Text sagt, eine vollkommene Freiheit; denn je mehr wir in GOtt sind, desto mehr sind wir frei von uns selbst und aller Welt, und werden durch GOtt, wozu Er uns gleich anfangs berufen, Herrscher der Welt.

Solche freie Geister, denen die Welt überwunden zu ihren Füßen liegt, und die in dieser Freiheit auch beharren als in einem göttlichen Element, sie sind selig in ihrer Tat, in der höchsten Tat ihres Lebens, in der Hingabe des Glaubens an GOtt und in der Gemeinschaft mit GOtt in Christo JEsu. JEsus sagt: „So euch der Sohn frei macht, so seid ihr recht frei,“ und so auch: wer den Sohn sieht - so sieht, dass er durchschaut, eindringt im Geist in die volle Wahrheit des Sohnes, der hat das ewige Leben, und zwar hat er es jetzt schon. Denn durch den wahren Glauben an JEsum erlangen wir den Frieden GOttes, der höher ist, als alle Vernunft, und den wir als Vorgeschmack der ewigen Freude und Seligkeit erfahren. Wer so in JEsu selig geworden ist durch den Glauben, durch die hohe Freude über die Vergebung aller Sünden, durch die Gemeinschaft der Liebe mit Ihm und durch die Freiheit, die Er gibt, der wird dann aus JEsu so viel Kraft eines neuen göttlichen Lebens erlangen, dass er

III.

seinen Wandel führt als einen reinen und unbefleckten Gottesdienst vor GOtt dem Vater, und so selig ist in seiner Tat. Diesen dritten Punkt, auf den unser Text uns hinweist, dürfen wir nicht vergessen. Er bildet die dritte Stufe des geistlichen Lebens. Viele bleiben bloß auf der ersten oder zweiten stehen. Viele wollen bloß dadurch selig sein in ihrer Tat, dass sie immer nur ihr Elend beklagen und das Bild von sich, das sie im Spiegel des Wortes sehen, Jedermann zeigen; Andere bloß dadurch, dass sie glauben und beten und die Wahrheit des Glaubens mit Andern besprechen und sich derselben freuen. Dabei lassen gar Viele es im Wandel sehr fehlen, und so verliert sich bald wieder die anfängliche Seligkeit des Glaubens in der Wiedergeburt. Wie selig ist die Zeit der ersten Liebe, wie sieht der neuerstandene Glaube den Himmel offen und meint, er müsse nun ununterbrochen lauter Lust und Seligkeit genießen! Aber wenn dann das Fleisch sich wieder regt und Untreuen vorkommen und sogar sündliche Befleckungen wie düstere Wolken sich über die neu aufgegangene Sonne legen, o wie stört, ja zerstört das die Freude, und wie gar nichts mehr ist da von dem zu sehen, was Jakobus rühmt: „Selig in seiner Tat!“

O Geliebte! es ist etwas überaus Zartes um den Frieden mit GOtt; die kleinste Übertretung stört ihn, und jedes Wölkchen weltlichen Wesens und fleischlicher Regungen verdunkelt die Sonne der reinen Liebe, in der wir allezeit zu GOtt stehen sollten. Da ist es bei uns, wie bei einem Kranken, der in seiner Wiedergenesung sich des Gefühls der Gesundheit freut, aber sich noch außerordentlich in Acht zu nehmen hat, dass er nicht durch scharfe Luft oder unverträgliche Speisen sich verderbt. Wie die leibliche, so will auch die geistliche Gesundheit treu bewahrt sein, und es gilt, sich vor allen Befleckungen des Fleisches und Geistes zu hüten, um den Frieden GOttes nicht zu verlieren. Selig in seiner Tat kann nur der sein, der in GOtt bleibt, und so wie er sich aus GOtt verloren hat, Ihn mit Buße und Glauben wieder sucht und in Christo Gerechtigkeit und Friede erlangt.

Nur so viel wir in GOtt sind, nur so viel können wir selig sein in unserer Tat. Jede Entfernung von GOtt ist eine Unseligkeit. Aber Entfernung von GOtt ist Alles, was unseren Wandel befleckt. Jakobus führt davon in unserem Text ein Beispiel an: „So Jemand sich lasst dünken, er diene GOtt, und hält seine Zunge nicht im Zaum, sondern verführt sein Herz, des Gottesdienst ist eitel.“ Da ist eine Sünde genannt, die mit unserem ganzen Wesen aufs Tiefste verflochten ist. Zungensünden - ach, wie viele dunkle Flecken zeigt dieses Eine Wort in unserem Leben! Aber so viel solcher Flecken da sind, so viel Störungen erleidet unser innerer Friede. Oder ist es dir wohl, wenn du deiner Zunge den Lauf lässt, über Andere zu richten, nur immer zu tadeln und zu meistern, unnötige, eitle, törichte Dinge herauszuschwatzen? Äußerlich ist es der Natur wohl dabei, sie hat eine sündliche Lust daran: aber wenn nachher der Geist GOttes dich darüber züchtigt, wenn du über törichte oder sündliche Reden eine schmerzliche Buße tun musst mit tiefer Scham und Reue, oder wenn äußerlich unangenehme Folgen deiner Reden sich herausstellen, kannst du dann selig sein in deiner Tat? O wie viel schaden wir da uns selbst!

So ist es mit Allem, was irgend unseren Wandel befleckt. Lassen wir etwas gegen die Liebe in uns aufkommen, so ist es uns nicht wohl dabei; geben wir sündlichen Gedanken, Lüsten und Begierden des Fleisches Raum, so wird dadurch die Ruhe des Herzens getrübt, wie wenn ein kalter Frost die Blüten der Bäume zerstört. Jakobus sagt von solchen Unlauterkeiten, dass dabei kein Gottesdienst stattfinden könne, sondern aller Gottesdienst dabei eitel sei. Dieser innere Selbstwiderspruch macht ganz besonders unglücklich. Das Gute erkennen und doch nicht tun - beten und doch nicht danach leben, ein Ziel von Vollkommenheit im Auge haben und doch nicht erreichen, vor den Leuten fromm scheinen und doch nicht sein, die Form des Christentums haben und doch nicht das Wesen - ach, das muss ein Gemüt, das noch aufrichtig und nicht gar in Heuchelei versunken ist, innerlich höchst unglücklich machen. Jakobus nennt einen solchen Zustand ein Verführen des eigenen Herzens, einen Selbstbetrug, dessen Ende schrecklicher ist, als das eines Kaufmanns, der meint, er habe ein großes Vermögen und hat doch nur Schulden. Wo keine Wahrheit und wo keine Liebe ist, da ist auch kein Friede und keine Seligkeit.

Dagegen wenn wir in der Wahrheit und im Licht und in der Liebe wandeln und auch tätige Liebe beweisen gegen Jedermann, so führt das ein besonderes Wohlsein mit sich. Jakobus führt als Beispiel an: „die Waisen und Witwen in ihrer Trübsal besuchen“ und sich ihrer mit Hilfe, Trost, Rat und Tat annehmen. Das ist ein reiner, unbefleckter, uneigennütziger Gottesdienst vor GOtt; da ist keine Vergeltung zu hoffen; da ist Aufopferung und hingebende Liebe. Und solche Liebe fühlt auch ein besonderes Wohlsein und ist insofern selig in ihrer Tat. Wie wohl kann's einem oft sein an einem Krankenbette, oder in dem armen Stüblein einer verlassenen Witwe oder weinender Waisen! Ohne einen Gedanken, durch solche Liebe etwas verdienen zu wollen, fühlen wir einen inneren Frieden, weil Alles, was uns GOtt ähnlich macht, der sich Vater der Waisen und Richter der Witwen nennt, uns auch selig macht in GOtt.

Ebenso ist's mit dem Anderen, was Jakobus nennt: „sich von der Welt unbefleckt erhalten;“ auch das gehört zu dem reinen und unbefleckten Gottesdienst. Der Welt Freundschaft ist GOttes Feindschaft. Wir können nicht zwei Herren dienen, nicht GOtt und dem Mammon. So viel wir noch mit der Welt verflochten sind, so viel fehlt uns noch zu dem „selig in seiner Tat.“ Ungetrübten Frieden und vollkommene Freude haben wir nur, wenn GOtt in alle unsere Sachen hereinsehen darf und wir uns nicht vor Ihm fürchten dürfen, nicht vor dem Tod, nicht vor dem Richterstuhl, nicht vor der Zukunft des HErrn. Das können wir freilich nie ohne JEsum, da wir täglich seiner Vergebungsgnade bedürfen und da nur seine Gerechtigkeit unsere Mängel erstatten kann. Aber doch kommt viel auf unsere Treue an, und wir müssen es uns zur Aufgabe machen, was unser Text verlangt, einen reinen und unbefleckten Gottesdienst vor GOtt zu üben.

Wer so im Licht wandelt, der ist selig in seiner Tat, innerlich schon heute und selbst bei äußerer Unseligkeit. Aber er wird selig in seiner Tat doch auch in dem Sinn, dass der HErr ihm aus Gnaden manche Belohnungen seiner Treue schenkt, die schon in dieser Welt als besonderer Segen GOttes, besonders aber in der Ewigkeit als Erhöhung seiner Herrlichkeit ihm zu Teil werden. Selbst einen Becher kalten Wassers, der im Namen JEsu gereicht wird, will Er nicht unbelohnt lassen. Was Er aber den Überwindern verheißt, die um JEsu willen Alles für Schaden geachtet haben, das übersteigt unsere höchsten Wünsche. Holz des Lebens, verborgenes Manna, neuer Name, weiße Kleider der priesterlichen Würde und königliche Kronen des ewigen Lebens, Regieren mit Christo und gar Sitzen auf seinem Thron - das sind die Verheißungen, in denen sich vollkommen darstellen wird, was es heiße: „Selig in seiner Tat.“ Deswegen gebietet unser Lied:.

Liebe und übe, was JEsus dich lehrt,
Und was Er dir saget, dasselbige tu'.
Hasse und lasse, was sein Wort verwehret.
So findest du Frieden und ewige Ruh';
Denn selig, die also sich JEsu ergeben
Und gläubig und heilig nach seinem Wort leben. Amen.

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autoren/k/kapff/kapff_rogate.txt · Zuletzt geändert: von aj
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