Kapff, Sixtus Carl von - Am Feiertag des Apostels Matthias.

Kapff, Sixtus Carl von - Am Feiertag des Apostels Matthias.

Text: Apostelgeschichte 1,15-26.
In den Tagen trat auf Petrus unter die Jünger und sprach (es war aber die Schar der Namen zu Haufen bei hundert und zwanzig): Ihr Männer und Brüder, es musste die Schrift erfüllt werden, welche zuvor gesagt hat der heilige Geist durch den Mund Davids von Juda, der ein Vorgänger war derer, die JEsum fingen. Denn er war mit uns gezählt und hatte dies Amt mit uns übernommen. Dieser hat erworben den Acker um den ungerechten Lohn, und sich erhängt, und ist mitten entzwei geborsten, und alle seine Eingeweide ausgeschüttet. Und es ist kund geworden Allen, die zu Jerusalem wohnen, also, dass derselbe Acker genannt wird auf ihre Sprache: Hakeldama, das ist ein Blutacker. Denn es steht geschrieben im Psalmbuch: Ihre Behausung müsse wüste werden, und sei Niemand, der darinnen wohne, und sein Bistum empfahe ein Anderer. So muss nun einer unter diesen Männern, die bei uns gewesen sind die ganze Zeit über, welche der HErr JEsus unter uns ist aus- und eingegangen, von der Taufe Johannis an bis auf den Tag, da Er von uns genommen ist, ein Zeuge seiner Auferstehung mit uns, werden. Und sie stellten Zween, Joseph, genannt Barsabas, mit dem Zunamen Just, und Matthiam, beteten und sprachen: HErr, aller Herzen Kundiger, zeige an, welchen Du erwählt hast unter diesen Zween, dass Einer empfahe diesen Dienst und Apostelamt, davon Judas abgewichen ist, dass er hinginge an seinen Ort. Und sie warfen das Los über sie; und das Los fiel auf Matthiam, und er ward zugeordnet zu den elf Aposteln.

Im heutigen Evangelio dankt der HErr JEsus seinem himmlischen Vater, dass Er seine ewige Wahrheit den Weisen und Klugen der Welt verborgen und den Unmündigen geoffenbart habe. Er setzt hinzu: „Ja, Vater, denn es ist also wohlgefällig gewesen vor Dir.“ Nach seinem freien Wohlgefallen hat GOtt die Unmündigen erwählt, die selbst gar keine Würdigkeit in sich sahen. Er hat sie erwählt, weil ihr demütiger Glaube ein Gefäß war, in das Seine Gnade sich ergießen konnte. Dagegen die Weisen und Klugen hat Er verworfen, weil ihr Hochmut und Fleischessinn dem Geiste GOttes widerstrebte. Von dieser Erwählung, wie von dieser Verwerfung, gibt unsere Abendlektion uns ein Beispiel. Der Apostel Matthias, dessen Andenken wir heute feiern, wurde von dem HErrn erwählt zu dem hohen und herrlichen Apostelamt, obgleich wir keine besonderen Vorzüge von ihm wissen. Judas dagegen wurde aus seinem hohen Beruf verstoßen und verworfen, weil er ohne Buße und ohne wahre Liebe zu dem HErrn war. Wie er, so werden alle die verworfen, die ihren Beruf und ihre Erwählung nicht fest machen durch Treue in der Nachfolge JEsu. Erwählt dagegen werden heute noch die Unmündigen, die durch nichts vor der Welt ausgezeichnet, aber in ihrer kindlichen Einfalt für die Wirkungen GOttes offen sind. Alles, was der HErr an ihnen tut, ist nach dem Evangelio „also wohlgefällig vor dem HErrn“; es ist Werk seiner freien Gnade. Aber sie können wie Judas der Gnade verlustig werden, wenn sie nicht derselben würdig wandeln. Daher wollen wir unter göttlichem Beistand betrachten, dass

Die göttliche Erwählung

  1. ein Werk der freien Gnade GOttes ist,
  2. dass sie aber einen GOtt gefälligen Sinn und Wandel von uns fordert.

HErr JEsu! gib auch uns ein Zeugnis ins Herz, dass wir erwählt sind durch Deine Gnade. Erwecke uns aber auch zu neuer Treue, unseren Beruf und unsere Erwählung fest zu machen, damit wir beharren bis an's Ende. Amen.

I. Die göttliche Erwählung ist ein Werk der freien Gnade GOttes.

Das zeigt unser Text an den Beispielen von Petrus, Judas und Matthias. Sie wurden erwählt zu ihrem Apostelamt und so zur Herrlichkeit im Reich Christi allein durch das freie Wohlgefallen JEsu, ohne eigene Würdigkeit oder Verdienst, ohne durch besondere Kenntnisse oder Geschicklichkeit vor Andern eine Tüchtigkeit für ihren großen Beruf zu haben, nur der Wille JEsu war der Grund ihrer Wahl. Daher beteten die Apostel vor der Wahl des Matthias zu JEsu: „HErr, aller Herzen Kündiger, zeige an, welchen Du erwählt hast unter diesen Zweien.“ Und von Judas sagt Petrus in unserem Text: „Er hatte das Amt, wörtlich: das Los dieses Amtes mit uns überkommen,“ als ein Los von dem HErrn, das in seinem Wohlgefallen, nicht in eigener Würdigkeit seinen Grund hatte. So war es bei dem, dessen Rede unsere Abendlektion enthält, der einer der ersten und vorzüglichsten Apostel war, bei Petrus. Wenn Jemand den armen Fischer in Bethsaida sah, wie er in seiner geringen Hütte Netze mühsam stickte, dann wieder ganze Tage und Nächte auf dem See oft unmutig umherfuhr, um Fische zu fangen und sie dann in der Stadt auf dem Markt zu verkaufen, - wer hätte da gedacht, dass dieser arme, ungebildete Mann, an dem Priester und Leviten mit vornehmer Geringschätzung vorübergingen, einer der ersten Apostel des Weltheilandes werden würde! Und wer, der von einem Menschen vorauswüsste, dass er ihn so verleugnen werde, wie Petrus JEsum verleugnete, wer würde diesen Menschen zu seinem Hauptdiener und Vertrauten wählen? Würden wir nicht denken, ein so unwissender und noch dazu so untreuer und feiger Mensch sei zu nichts zu brauchen? JEsus aber wählte Petrum. Er sah seine Verleugnung voraus, Er wusste, dass er nichts sei, als ein armer Fischer, und doch wählte Er ihn, nicht um seiner Würdigkeit willen, sondern aus freier Gnade. Diese Gnade gab ihm auch, was er brauchte, um ein tüchtiger und reich gesegneter Apostel zu werden. So die Haupterkenntnis, die ihm nötig war, von der Gottheit JEsu Christi, bekam er nicht aus sich selbst, sondern sie wurde ihm, so wie seine Erwählung zum Apostel, gegeben, wie JEsus sagt: „dass Er GOttes Sohn sei, das habe Fleisch und Blut ihm nicht geoffenbart, sondern sein Vater im Himmel.“ Und alle Weisheit und alle Kraft zum Apostelamt wurde am Pfingstfest als heiliger Geistesstrom über ihn ausgegossen.

So waren alle Apostel in sich selbst so wenig als Petrus würdig, gewählt zu werden, und nicht sich, sondern JEsu freier Gnade hatten sie ihre Auswahl und alle Tüchtigkeit zu danken. Daher sagt der HErr zu ihnen: „Ihr habt mich nicht erwählt, sondern Ich habe euch erwählt.“ Besonders auffallend ist, dass auch Judas erwählt wurde. Der Heiland sah doch gewiss voraus, dass er Ihn verraten werde; Er sah schon damals, dass er eine böse Wurzel in sich habe, und doch berief Er ihn aus so vielen Tausenden in das kleine Häuflein der Zwölfe. Hätte Er nicht viel Würdigere finden können, und sah Er nicht voraus, dass diese Wahl umsonst sein werde? Wohl sah Er das voraus: aber Er wollte nach seiner freien Gnade auch an dieser Seele Alles versuchen, sie zu retten, und auch dem Unwürdigsten die Möglichkeit eröffnen, zur herrlichsten Würde zu gelangen. Nachdem er aber durch seinen schrecklichen Fall die Gnadenabsicht GOttes vereitelt hatte, so wurde an seine Stelle Matthias gewählt, auch ohne Verdienst und Würdigkeit, durch das freie Wohlgefallen des HErrn. Gewiss hätte es unter den siebenzig Jüngern Manche gegeben, die geschickter waren und mehr gewirkt hätten und berühmter geworden wären, als Matthias. Warum wählte der HErr gerade ihn? Auch bei ihm wie bei allen Aposteln müssen wir antworten: „Was töricht ist vor der Welt, das hat GOtt erwählt, dass Er die Weisen zu Schanden mache, und was schwach ist vor der Welt, das hat GOtt erwählt, dass Er zu Schanden mache, was stark ist, und das Unedle vor der Welt und das Verachtete hat GOtt erwählt und das da Nichts ist, auf dass Er zunichte mache, was Etwas ist, auf dass sich vor Ihm kein Fleisch rühme“ (1 Kor. 1,27.).

Das ist bis auf den heutigen Tag GOttes Weise. Unter Allen, an die Er die selige Botschaft des Evangeliums hat kommen lassen, hat kein Einziger irgend ein Verdienst oder eigene Würdigkeit, sondern es gilt durchaus, was der Apostel (Röm. 9,16.) sagt: „Es liegt nicht an Jemandes Wollen oder Laufen, sondern an GOttes Erbarmen. Denn GOtt sagt: Welchem Ich gnädig bin, dem bin Ich gnädig, und welches Ich mich erbarme, des erbarme Ich mich,“ nicht aus Verdienst der Werke, sondern aus Gnaden des Berufers. Dass unserem Deutschland das reine Evangelium JEsu zu Teil geworden ist, während es dem Morgenland entzogen wurde, das ist nicht Deutschlands Verdienst, sondern GOttes Gnade. Dass unser Württemberg durch so viele treue Wahrheitszeugen, besonders im vorigen Jahrhundert, besondere Erleuchtung erhielt, das ist nicht unser Verdienst, sondern GOttes Gnade. Und so auch, dass unser Korntal bis auf diesen Tag das seligmachende Evangelium erhalten und in brüderlicher Gemeinschaft sich auf den allerheiligsten Glaubensgrund bauen durfte, haben wir nicht uns, sondern GOttes Gnade zu verdanken. Und ein Jeder von uns, der ein Werk des Geistes in sich findet und sich zu den Kindern GOttes rechnen darf, der weiß wohl, dass er das nicht aus sich hat, sondern allein durch das freie Erbarmen GOttes. Der HErr hat uns erwählt, durch sein Wort gerufen, durch seinen Geist gezogen, durch vielfache Mittel uns an sich gebunden und neues Leben in uns gepflanzt. Erwählt hat Er uns in seinem eingeborenen Sohn vor Grundlegung der Welt, in seinem ewigen Liebesvorsatz uns ausersehen und verordnet zur Kindschaft gegen Ihn selbst, und diesen Ratschluss hat Er in der Fülle der Zeit an uns geoffenbart durch Erwählung von Europa, Deutschland, Württemberg, Korntal, von dir und mir.

Die Ursache solcher Erwählung ist allein sein grundloses Erbarmen und das Verdienst JEsu Christi. Deswegen heißt es immer: „In Christo und durch Christum seien wir erwählt, „ oder nach Eph. 1: „In dem Geliebten seien wir angenehm gemacht vor GOtt.“ So wenig David es sich selbst zu verdanken hatte, dass er von der Herde weg zum König gesalbt wurde, und so wenig Mose seine Ehre darin suchen durfte, dass der HErr ihn aus dem Nil errettet hatte, und dass er nachher mit Widerstreben zum Führer des Volks gewählt wurde, so wenig dürfen wir es selbst uns zuschreiben, dass der HErr uns erwählt hat. Alles ist Gnade; unser allgemeiner Christenberuf und der Beruf, den uns der HErr für diese Welt angewiesen hat, Alles, was Er für unseren Beruf uns täglich gibt, alle Gaben im Geistlichen und Leiblichen, Gesundheit, Vermögen, Weisheit, Geschicklichkeit, Kraft und Unterstützung zur Arbeit, das Alles ist Gnade, wir haben es nicht uns selbst zu verdanken, sondern dem freien, durch uns nicht verdienten und bestimmten Wohlgefallen GOttes, der es uns gibt. Dabei aber dürfen wir nun nicht vergessen, dass diese unverdiente Erwählung GOttes

II. einen GOtt gefälligen Sinn und Wandel von uns fordert, ja schon voraussetzt.

Der HErr hätte den Matthias gewiss nicht gewählt, wenn Er nicht ein besonderes Maß von Glaubenskraft und von Liebe zu JEsu bei ihm gesehen hätte. Matthias durfte das nicht als eigenes Werk oder Verdienst ansehen: aber ohne solche Eigenschaften kindlicher Demut und wahrhaft geistlichen Sinnes wäre er doch nicht erwählt worden. Petrus stellte auch vorher als notwendige Eigenschaft des zu Wählenden dahin: es müsse Einer sein, der von der Taufe JEsu an bis zu seiner Himmelfahrt mit den Aposteln gehalten, und als Jünger JEsu seine ganze Geschichte mit erlebt und im Glauben alle seine Worte und Werke sich angeeignet habe. Die Apostel hätten ihn gar nicht in die Wahl genommen, und der HErr hätte ihn nicht gewählt, wenn er nicht ein echter Jünger JEsu und ein lieber Bruder der Apostel gewesen wäre. Bei Paulus war solcher Umgang mit JEsu und den Aposteln nicht gewesen, aber er sollte auch nicht zu den Zwölfen gehören; er hatte seinen besonderen Beruf, zu dem er wiederum andere Eigenschaften schon vor seiner Erwählung hatte, obwohl dann auch er Alles von dem HErrn empfing, daher er sagte: „Durch GOttes Gnade bin ich, das ich bin.“ So wählte der HErr auch den Petrus, weil Er ihn als Felsenmann erkannte, Eigenschaften in ihm sah, die durch die Gnade zubereitet und ausgebildet werden konnten, dass er ein sehr tüchtiges Werkzeug GOttes wurde. Auch diese Eigenschaften des Gemütes und der geistigen Kraft hatte er nicht von sich, aber doch sehen wir, dass der HErr bei seiner Auswahl nicht mit bloßer Willkür handelt, sondern Er wählt, wo Er Eigenschaften findet, die seiner Erwählung entsprechen. So waren alle Apostel geeigneter für seine Erwählung als die Schriftgelehrten, weil sie einfältige, der Wahrheit offene, kindliche und heilsbegierige Seelen waren. So muss auch Judas anfangs gewesen sein, sonst hätte ihn der HErr gewiss nicht gewählt. Erst sein Rückfall machte ihn der Erwählung verlustig.

So sehen wir überall, auch im alten Bund, dass der HErr bei seiner Erwählung zu besonderen Berufsarten solche nimmt, bei denen Er die nötigen Eigenschaften findet für den Beruf, den Er ihnen gibt. Aus einem Kieselstein kann man kein Gold machen und selbst aus Kristall keinen Diamant: aber wenn das Gold auch in eitel Stein und Erde verschlossen ist, so kann es doch herausgeschmolzen werden. So wäre David nicht von der Herde weg zum König gesalbt worden, wenn der HErr nicht schon im Hirtenknaben Eigenschaften gesehen hätte, die für die Krone Israels ihn befähigten. Ebenso bei Mose und allen Propheten. So gewiss also Alles, was wir sind und haben, Gnade ist, so gewiss ist doch, dass auch auf uns viel ankommt, und dass wir das, was schon von Anfang unseres Wesens an die Gnade in uns gelegt hat, treulich benutzen und ausbilden müssen, damit die Erwählung GOttes uns zu immer Größerem gebrauchen kann. JEsus sagt: „Viele sind berufen, aber Wenige sind auserwählt, „ d.h. Viele sind im Allgemeinen in das Reich GOttes gerufen und zur Seligkeit bestimmt, aber sie werden nicht auserwählt, d. h. ihre Erwählung hat keinen Bestand, führt nicht zum Zweck, sie betrügen sich selbst um das, was die Gnadenabsicht GOttes ihnen zugedacht hatte. Die Berufung ist freie Gnade, aber die Erwählung hängt von der Art ab, wie wir dem Ruf entsprechen und treu sind.

Wie es statt der Erwählung zur Verwerfung kommen kann, wie viel also wir selbst verderben können, davon gibt Judas das abschreckendste Beispiel. In unserem Text muss Petrus ihn einen Vorgänger derer nennen, die JEsum fingen, also einen Anführer der gottlosen Feinde JEsu. Der Geiz hatte ihn verderbt, so dass Geld ihm über die Liebe JEsu ging; um den schnöden Lohn seiner Ungerechtigkeit war der Blutacker erkauft, der bei Allen, die zu Jerusalem wohnten, viele Jahre hindurch den abgefallenen Verräter anklagte. Ja, so traurig war seine Sünde, dass der heilige Geist nötig fand, schon Jahrhunderte vor ihrer Begehung sie anzukündigen, damit nicht allzu großes Ärgernis dadurch angerichtet würde. Daher Petrus in unserem Text zwei Stellen aus den Psalmen anführt, nach denen Verwüstung über den Feind des HErrn kommen und sein Bistum oder sein Amt ein Anderer empfangen musste. O, wer den zerborstenen Leichnam ansah, dessen Eingeweide alle ausgeschüttet waren, der musste mit tiefster Erschütterung erkennen, wohin es mit einem Menschen kommen kann, wie schrecklich von der Höhe eines herrlichen Berufes eine untreue Seele herabstürzen, und wie ihre Gaben und Vorzüge alle ihr genommen, ja wie ausgeschüttet werden können. Ach, wie Viele, wie Viele haben schon so ihre Auswahl verloren, und die Krone, die ihnen bereitet war, hat ein Anderer empfangen, wie Matthias die des Judas! Welch' entsetzlicher Schmerz und nagender Wurm muss das in alle ewige Ewigkeiten sein! Denn wer eine Krone verloren hat, der hat sie auf ewig und unwiederbringlich verloren; - das Kronenrecht bleibt auf ewig verscherzt.

Soll es so bei uns gehen, liebe Seelen! O, wer erschrickt nicht vor dem Los des Judas, den der HErr verwerfen musste, und wer beeifert sich nicht um den GOtt gefälligen Sinn eines Petrus und Matthias, die ihrer Auswahl treu blieben und deren Namen auf den Edelsteingründen des himmlischen Jerusalems ewiglich leuchten! Damit aber Keines glaube, jene Männer seien so hoch über uns, dass wir ihnen gar nicht gleich werden können, so wollen wir nicht vergessen, dass Petrus einen Fall tat, der äußerlich beinahe so tief war, wie der des Judas, da er seinen HErrn, dem er ewige Treue zugeschworen, dreimal unter Verwünschungen und Beteuerungen verleugnete. Warum wurde er nicht auch verworfen, wie Judas? Weil ein Blick JEsu sein Herz zerschmelzen konnte, dass er hinausging und weinte bitterlich. Eine gründliche Buße hilft ihm so zum Aufstehen, dass er nach unserem Text wieder als das Haupt der Apostel auftreten und die Wahl eines Apostels anordnen und leiten darf. Wie Vieles gibt es auch in unserem Leben, durch das wir den HErrn verleugnen oder doch untreu sind gegen seinen heiligen Ruf und Willen! Da kann nichts uns vor Verwerfung bewahren, als eine Buße, wie wir sie an Petro sehen. Die Apostel alle mussten in der Zeit von der Kreuzigung JEsu bis zu seiner Auferstehung durch solch' schmerzliche Buße hindurch, weil sie Alle ihren treuen HErrn verlassen hatten. In dieser dunkeln Schmerz- und Bußzeit mussten sie erkennen, dass in ihnen selbst auch nicht die mindeste Würdigkeit sei, dass sie durch ihre Feigheit und Untreue GOttes Zorn und Ungnade verdient haben, und der HErr vollkommenes Recht hätte, sie wegzuwerfen. Diese Vernichtigung durch ernstliche Buße und gründlichen Hass ihres eigenen Lebens machte sie tüchtig zu höheren Offenbarungen, ja tüchtig, dass JEsus durch seinen heiligen Geist Wohnung in ihnen machte samt dem Vater. Solch' herrliches Ziel ihrer Erwählung hatte nicht an ihnen erreicht werden können, wenn ihr eigenes Leben nicht gestorben wäre mit Christo. Nur als mit Ihm der Welt und sich selbst Gekreuzigte waren sie leere und offene Gefäße, in die der heilige Geist und so die Fülle des göttlichen Lebens ergossen werden konnte. Und ihr ganzer Wandel war eine so treue Nachfolge JEsu, dass sie Alle mit Paulo sagen konnten: „Ich habe einen guten Kampf gekämpft, ich habe den Lauf vollendet, ich habe Glauben gehalten, hinfort ist mir beigelegt die Krone der Gerechtigkeit, welche mir der HErr an jenem Tage, der gerechte Richter, geben wird, so wie Allen, die seine Erscheinung lieb haben.“

Gehören wir auch unter diese? Stehen wir auch in solcher Buße und in solchem Glauben, dass uns JEsus mehr ist, als die Welt und unser eigen Ich, und dass uns nichts lieber wäre, als seine Erscheinung in der Herrlichkeit und die Offenbarung seines Reiches, und sein Sieg über alle Feinde und über alles jetzige Weltwesen? O, es liegt Alles daran, dass wir wissen, wie wir vor Ihm stehen, Alles daran, dass wir uns aus allen Kräften bemühen, unseren Beruf und unsere Erwählung fest zu machen durch tägliche Buße und Erneuerung, durch weltüberwindenden Glauben an den HErrn JEsum und durch einen Wandel in der Heiligung, der unser Leben immer mehr GOtt ähnlich machen soll. Schläfrigkeit und Trägheit im Christentum, Fleischeslust und Augenlust und hoffärtiges Wesen; Geiz und irdischer Sinn, Eigenliebe und Feindseligkeit, das sind Feinde, die uns um unsere Erwählung bringen. Was stürzte den Judas? Der Geiz. Wenn ihm Jemand ein Jahr vor seinem Fall gesagt hätte: „Nimm dich in Acht, du wirst aus Geiz deinen Heiland verraten und dann dich selbst entleiben,“ er hätte es für rein unmöglich gehalten. Aber die Sündenketten werden immer schwerer und schnüren das Herz immer fester zusammen, ja es ist gar nicht abzusehen, wie weit das Nachgeben gegen das Fleisch führen kann. So gut Judas den HErrn verraten, so gut Petrus Ihn verleugnen konnte, so gut wäre das auch bei uns möglich. „Darum tut immer mehr Fleiß, euren Beruf und Erwählung fest zu machen; wo ihr solches tut, werdet ihr nicht straucheln, und also wird euch reichlich dargereicht werden der Eingang zu dem ewigen Reich unseres HErrn und Heilandes JEsu Christi.“ Daher ermahnt unser Lied:

Halt' ja deine Krone feste,
Halte männlich, was du hast;
Recht beharren ist das Beste,
Rückfall wird zur schweren Last.
Das bedenket wohl, ihr Streiter,
Streitet recht und fürchtet euch;
Geht doch alle Tage weiter,
Bis ihr kommt ins Himmelreich.

Amen.

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/k/kapff/kapff_matthiastag.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain