Kapff, Sixtus Carl von - Am Feiertag des Apostels St. Johannes.

Kapff, Sixtus Carl von - Am Feiertag des Apostels St. Johannes.

Text: Hebr. 1.

Nachdem vor Zeiten GOtt manchmal und mancherlei Weise geredet hat zu den Vätern durch die Propheten, hat Er am letzten in diesen Tagen zu uns geredet durch den Sohn, welchen Er gesetzt hat zum Erben über Alles, durch welchen Er auch die Welt gemacht hat. Welcher, sintemal Er ist der Glanz seiner Herrlichkeit und das Ebenbild seines Wesens, und trägt alle Dinge mit seinem kräftigen Wort, und hat gemacht die Reinigung unserer Sünden durch sich selbst, hat Er sich gesetzt zu der Rechten der Majestät in der Höhe. So viel besser geworden, denn die Engel, so gar viel einen höheren Namen Er vor ihnen ererbet hat. Denn zu welchem Engel hat Er jemals gesagt: Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt? Und abermals: Ich werde dein Vater sein, und Er wird mein Sohn sein. Und abermals, da Er einführet den Erstgeborenen in die Welt, spricht Er: und es sollen Ihn alle Engel GOttes anbeten. Von den Engeln spricht Er zwar: Er macht seine Engel Geister, und seine Diener Feuerflammen. Aber von dem Sohne: GOtt, dein Stuhl währet von Ewigkeit zu Ewigkeit; das Zepter deines Reichs ist ein richtiges Zepter: Du hast geliebt die Gerechtigkeit, und gehasst die Ungerechtigkeit; darum hat dich, o GOtt, gesalbt dein GOtt, mit dem Oel der Freuden, über deine Genossen. Und: Du, HErr, hast von Anfang die Erde gegründet, und die Himmel sind deiner Hände Werke. Dieselbigen werden vergehen, Du aber wirst bleiben; und sie werden alle veralten wie ein Kleid, und wie ein Gewand wirst du sie wandeln und sie werden sich verwandeln; Du aber bist derselbige, und deine Jahre werden nicht aufhören. Zu welchem Engel aber hat Er jemals gesagt: Setze dich zu meiner Rechten, bis ich lege deine Feinde zum Schemel deiner Füße? Sind sie nicht allzumal dienstbare Geister, ausgesandt zum Dienst um derer willen, die ererben sollen die Seligkeit?

„Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingebornen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.“ Mit diesem frohen Weihnachtsruf kündigt der Lieblingsjünger, dessen Andenken wir heute feiern, den großen Tag des neuen Bundes an. Der, an dessen Krippe wir in diesen Tagen stehen, ist zwar ein Kind, wie unsere Kinder sind, aber es wohnet in Ihm leibhaftig die ganze Fülle der Gottheit. Davon zeugte Keiner so viel, wie Johannes. Die übrigen Evangelisten halten sich mehr in Bethlehem und Nazareth, und auf den Gefilden Galiläas auf, sie schildern mehr die Menschheit Christi, die freilich für sein Erlösungswerk eben so wichtig ist; Johannes aber schwingt sich mit hohem Adlerflug gleich zum Himmel empor und kreist um die ewige Lebenssonne selbst. Was er da schaut, davon zeugt der erste Ruf, den er aus der göttlichen Höhe herab uns zusendet: „Im Anfang war das Wort und das Wort war bei GOtt und GOtt war das Wort, und alle Dinge sind durch dasselbige gemacht.“

So wunderbar zeugt Johannes von der Gottheit dessen, der Mensch geworden ist, wie wir es sind, und diese seine Gottheit ist der Hauptgegenstand, über den Johannes sein Evangelium und seine Briefe geschrieben hat. Denn, sagt er, wer bekennet, dass JEsus GOttes Sohn ist, in dem bleibet GOtt und er in GOtt. Daher können wir das Andenken des Johannes nicht würdiger feiern, als wenn wir seine Lieblingswahrheit, die Gottheit Christi, besprechen, die zugleich die kräftigste Nahrung für unsere Weihnachtsandacht ist. Dazu veranlasst uns unsere Epistel; sie handelt ganz von diesem hohen Gegenstand, da sie von Anfang bis zu Ende ein Zeugnis nach dem andern für die Gottheit des Sohnes aus dem Alten Bunde anführt. So wollen auch wir es heute machen und daher betrachten:

Die Zeugnisse des Alten und Neuen Testaments für die Gottheit Christi.

Nach der Schrift werden Christo beigelegt:

  1. göttliche Namen,
  2. göttliche Eigenschaften,
  3. göttliche Werke,
  4. göttliche Ehre.

JEsus Christus, ewiger Sohn des ewigen Vaters, A und O der ganzen Welt, Ursprung und Ziel auch unseres Lebens, verkläre dich in uns durch deinen heiligen Geist, dass wir auch jetzt tiefer eindringen in das gottselige Geheimnis: GOtt ist geoffenbart im Fleisch. Amen.

I.

Zuerst erwägen wir die Zeugnisse der heiligen Schrift, nach welchen Christo göttliche Namen beigelegt werden. Hören wir da zunächst unsern Text, so nennt er Christum Sohn GOttes in einem Sinn, wie es kein Engel und kein Mensch ist, ferner Erbe über Alles, Abglanz der Herrlichkeit GOttes, Ebenbild seines Wesens, ja sogar GOtt und HErr oder Jehovah. Das Alles sind göttliche Namen, d. h. solche, die Christo nur darum zukommen, weil Er GOtt ist. Wäre er nicht göttlichen Wesens, wie der Vater, so könnte GOtt nicht nach unserem Texte und nach Psalm 2 zu Ihm sagen, was Er zu keinem Engel und zu keinem Menschen sagt: „Du bist mein Sohn, heute, d.h. von Ewigkeit, weil vor GOtt kein Gestern und kein Heute und kein Morgen, d. h. keine Zeit ist, heute habe Ich dich gezeugt, von Ewigkeit mein Wesen dir mitgeteilt. Deswegen nennt Ihn unser Text Abglanz der göttlichen Herrlichkeit und Ebenbild seines Wesens. Wie der Vater ist, so ist auch der Sohn, GOtt von GOtt, Licht vom Licht, gleich allmächtig, gleich ewig und herrlich, wie der Vater.

Der Vater konnte nicht allein sein, sein Wesen ist Liebe, und das Wesen der Liebe ist Mittheilung und Gemeinschaft. So hat der Vater sich mitgeteilt dem Sohne, und der Sohn als das Ebenbild des Vaters ist der Gegenstand, in welchem der Vater sich selbst erkennt und liebt. GOtt hätte kein Bewusstsein von sich, wenn Er nicht alle Vollkommenheit seines Wesens anschaute im Sohne. Wie wir unser Bewusstsein ausdrücken im Wort, das zugleich die Offenbarung unseres inneren Wesens ist, so ist Christus das Wort des Vaters, die Offenbarung oder der Abglanz seines Wesens und der Ausdruck seines Bewusstseins, mit dem Vater Eins, wie unser Geist und das von ihm ausgesprochene Wort Eins ist und doch von einander unterschieden. Deswegen sagt Johannes: Im Anfang, , d. h. von Ewigkeit war das Wort, Christus das ausgesprochene und sprechende Wort des Vaters, der offenbare GOtt, in welchem das unergründliche, unnahbare Wesen GOttes gleichsam aus sich selbst heraustritt und in einer Art sich offenbart, die für geschaffene Geister zu tragen und zu fassen ist.

Der Ausdruck „Wort“ ist fast noch mehr als „Sohn“ ein göttlicher Name. Die Sprache ringt, die innigste Einheit neben dem Unterschied in GOtt zu bezeichnen. „Sohn“ unterscheidet fast noch zu viel zwei wie von einander getrennte Personen; „Wort“ aber zeigt, dass Christus nur die aus dem innersten Wesen GOttes heraustretende Offenbarung ist, GOtt selbst, aber doch „bei GOtt“, also von Ihm zu unterscheiden.

Dieser Unterschied in GOtt bei aller Einheit des göttlichen Wesens tritt schon im Alten Bunde deutlich hervor. Zu bemerken ist schon das, dass das hebräische Wort „ GOtt, Elohim“ eigentlich „Götter“ bedeutet, was doch auf eine Mehrheit im göttlichen Wesen hinzuweisen scheint, wie auch der Ausdruck: „lasst uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei, „ während doch sonst GOtt nicht „wir“ sagt, sondern „ich“. So heißt es auch bei Sodoms Zerstörung: „Jehova ließ Schwefel und Feuer regnen von Jehova vom Himmel herab“ (1 Mos. 19, 24.). Der erstgenannte Jehova ist der, der mit Abraham in sichtbarer Gestalt gesprochen hatte, der andere Jehova ist der im Himmel thronende, unsichtbare, der zu Mose sagt: „kein Mensch wird leben, der mich sieht,“ von dem Paulus sagt: „Er wohnt in einem Lichte, da Niemand zukommen kann.“ Und doch sah Ihn Abraham und redete mit Ihm (1 Mos. 19). Wer anders konnte das sein, als der, der auch der Hagar und dem Jakob erschien als Engel Jehova, als ein Engel, der doch ganz wie Jehova selbst spricht und sogar so genannt wird (1 Mos. 21, 18. 22, 12-17. 32, 28. vergl. mit Hos. 12, 4.5.). Zu Mose sagt der Engel Jehova: „Ich bin der GOtt Abrahams, Isaaks und Jakobs,“ und nennt sich selbst Jehova (2 Mos. 3, 2.6.14.15.). Das heilige Wesen, das zugleich Engel, zugleich Jehova genannt werden kann, ist Christus nach seiner ewigen Gottheit.

Von Ihm sagt GOtt auch nach 2 Mos. 23. 20.21.: „Ich sende einen Engel vor dir her, der dich bringe nach Canaan, hüte dich vor seinem Angesicht und gehorche seiner Stimme, denn mein Name, d.h. mein Wesen ist in Ihm.“ Das kann von keinem geschaffenen Engel gesagt werden, so wenig als das, was GOtt 2 Mos. 33, 14. von Ihm sagt: „Mein Angesicht soll mit dir gehen, damit will Ich dich leiten.“ Hier unterscheidet GOtt sein Angesicht von sich selbst; Er selbst wolle nicht mit Mose und dem Volk gehen, es könne auch Niemand Ihn sehen: aber sein Angesicht soll mit ihm gehen. Das Angesicht GOttes ist das Wort, die Offenbarung des Vaters, das der Welt zugekehrte Antlitz GOttes, durch welches GOtt mit Mose, wie es 2 Mos. 33 heißt, von Angesicht zu Angesicht redete, obgleich GOtt in demselben Kapitel sagt: „Kein Mensch wird leben, der mein Angesicht stehet.“ Demnach gibt es ein zweifaches Angesicht oder Wesen GOttes, das unnahbare, unendlich majestätische des verborgenen Jehovah und das uns zugekehrte, uns sich mittheilende Wesen des Sohnes, das Sprichw. 8. von sich sagt: „meine Lust ist bei den Menschenkindern, und ich spielte auf dem Erdboden, „ eben so aber auch als die ewige Weisheit: „ich spielte vor ihm allezeit, „ d.h. von Ewigkeit war ich in Liebe Eins mit GOtt und in Liebe den Menschen zugewandt.

Dieses heilige Wesen nennt David Ps. 2. den Gesalbten und den Sohn, dem GOtt die Heiden zum Erbe und der Welt Ende zum Eigentum gebe, Ps. 110. aber nennt er Ihn HErr, wie GOtt selbst; Jesajas aber preist Ihn (9, 6.) als den wunderbaren Sohn, als Gottheld, als Vater der Ewigkeit, wieder Namen, die nur einem Göttlichen, die Ewigkeit in sich tragenden Wesen zukommen. Jeremias nennt Ihn (23, 6.): Jehovah unsere Gerechtigkeit, und Zacharja (2, 8.): Jehovah Zebaoth. Nach Sach. 12, 10. stellt sich Gott vollkommen als Eine Person mit Christo dar in den Worten: „Über die Bürger zu Jerusalem will ich ausgießen den Geist der Gnade und des Gebetes; denn sie werden mich ansehen, welchen jene (ihre Väter) zerstochen haben.“

Mit diesen Zeugnissen des alten Bundes stimmt das Neue Testament vollkommen überein. „GOtt war das Wort, „ ruft Johannes und preist Ihn als den ewig Eingeborenen, der in des Vaters Schoße mit dem Vater vollkommen Eins ist und ist das Licht, das Leben, die Wahrheit, also die Fülle und Urquelle aller göttlichen Vollkommenheit, der wahrhaftige GOtt und das ewige Leben (1 Joh. 5, 20.). Daher sagt Paulus: in Ihm wohne leibhaftig, d. h. wesenhaft die ganze Fülle der Gottheit (Kol. 2, 9.). Daher nennt er Ihn auch geradezu GOtt; Röm. 9, 5.: „Christus ist GOtt, über Alles gelobet in Ewigkeit.“ 1 Tim. 3, 16: „GOtt ist geoffenbart im Fleisch.“ Tit. 2, 10. und 13.: „Wir sollen die Lehre GOttes unseres Heilandes zieren, und warten auf die Erscheinung der Herrlichkeit des großen GOttes und Heilandes JEsu Christi.“ Hören wir so Christo die erhabensten göttlichen. Namen erteilen, und bedenken wir, dass bei GOtt Name und Wesen Eins ist, so erkennen wir daraus, dass Er wahrhaftig göttlichen Wesens ist. Daher sehen wir auch, dass ihm in der Schrift

II

göttliche Eigenschaften beigelegt werden. Unser Text nennt Allmacht, Ewigkeit, Heiligkeit: „Er trägt alle Dinge mit seinem kräftigen Wort, nach dem Griechischen mit dem Wort seiner Allmacht; sein Stuhl, d. h. seine Herrschaft währt von Ewigkeit zu Ewigkeit; das Zepter seines Reichs ist ein richtiges Zepter, Er hat geliebt die Gerechtigkeit und gehasst die Ungerechtigkeit; Alles veraltet und vergeht, aber Er bleibt ewig, wie Er ist.“

Diesen Zeugnissen unseres Textes stimmen andere Stellen vollkommen bei. Die Allmacht Christi erhellt aus den Worten Matth. 28, 18: „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden.“ Matth. 11, 27.: „Alle Dinge sind mir übergeben von meinem Vater.“ Joh. 5, 17. 19.: „Mein Vater wirket bisher und ich wirke auch.“ Was der Vater tut, das tut gleich auch der Sohn. Joh. 3, 35.: „Der Vater hat den Sohn lieb und hat Ihm Alles in seine Hand gegeben.“ Joh. 17, 2.: „Der Vater hat dem Sohne Macht gegeben über alles Fleisch.“ 1 Kor. 15, 27.: „GOtt hat Ihm Alles unter seine Füße getan und Er muss herrschen, bis dass Er alle seine Feinde unter seine Füße lege.“

Ewigkeit legt JEsus selbst sich bei in den Worten: „Ehe denn Abraham war, bin ich“ - eine ewige Gegenwart - (Joh. 8, 58.) „Verkläre mich, Vater, bei Dir selbst mit der Klarheit, die ich bei Dir hatte, ehe die Welt war“ (Joh. 17, 5.). „Gleichwie der Vater das Leben hat in Ihm selber, also hat Er auch dem Sohne gegeben das Leben zu haben in Ihm selbst“ (Joh. 5, 26.). Der das Leben in und aus sich selbst hat, ist ewig. Deswegen sagt Micha 5, 1. von ihm: „seine Ausgänge sind von Anfang und von Ewigkeit her gewesen.“ Jesajas nennt Ihn Ewigvater, d.h. Vater, Quelle, Grund der Ewigkeit, und Sprichw. 8. sagt Er selbst als die ewige Weisheit von sich: „der HErr hat mich gehabt im Anfang seiner Wege, wörtlich als den Anfang seines Weges, d. h. seiner Offenbarung, ehe er was machte, war ich da, ich bin eingesetzt, wörtlich gesalbt, von Ewigkeit, von Anfang, vor der Erde.“ - Als Ewigvater teilt JEsus Ewigkeit mit, daher Er selbst so oft sagt: „Er sei das Brod des Lebens, gebe das ewige Leben, sei die Auferstehung und das Leben, „ der nach 2 Tim. 1, 10. Leben und unvergängliches Wesen an das Licht gebracht hat durch sein Evangelium.

Wie durch keine Zeit, so ist JEsus auch durch keinen Raum beschränkt, Er ist allgegenwärtig. Daher sagt Er: „siehe Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende“ (Matth. 28, 20.). „Und wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen“ (Matth. 18, 20.). Deswegen beteten die Apostel an allen Orten und zu allen Zeiten zu Ihm in der sichern Zuversicht, dass Er sie höre als der allgegenwärtige und daher auch allwissende Heiland. Er weiß, wo wir wohnen, Er weiß unsere Werke, alle unsere Umstände, auch das Kleinste, was Er wider uns haben muss (Offenb. 2, 3.). Das Buch mit sieben Siegeln hat Er aufgetan (Offenb. 5.), als der alle Zeiten und Ewigkeiten mit Allem, was darin geschieht, durchschauet, so wie Er auch den Rath der Herzen offenbart und einst an's Licht bringen wird, was im Finstern verborgen ist (1 Kor. 4, 5.), als aller Herzen Kündiger (Apostelg. 5, 24.), und als der Augen hat, wie Feuerflammen, als der Heilige und Gerechte, der nie eine Sünde getan hat, ja von keiner Sünde wusste, des Speise allezeit ist, den Willen des Vaters zu tun, der also vollkommen heilig ist, und eben so gerecht, daher Er einst Jeglichem vergelten wird nach seinen Werken; aber auch barmherzig, die Liebe selbst und voll Gnade und Treue.

Diese göttlichen Eigenschaften beweist JEsus

III

durch göttliche Werke. Unser Text nennt Schöpfung, Erhaltung, Erlösung und Gericht als Werke des Sohnes. Zuerst heißt es: durch den Sohn hat GOtt die Welt, wörtlich die Äonen, Welten und Zeiten, gemacht; dies wird im Brief an die Kol. 1, 16. näher so erklärt: „durch Christum ist Alles geschaffen, das im Himmel und auf Erden ist, das Sichtbare und Unsichtbare, beides, die Thronen und Herrschaften, und Fürstentümer und Obrigkeiten, es ist Alles durch Ihn und zu Ihm geschaffen, durch Ihn und zu Ihm - Er ist also der Grund und das Ziel des ganzen Alls. Die ganze Körperwelt, alle Elemente, alle Weltreiche und selbst die Geister der Mensch en und der Engel - Alles ist ein Geschöpf Christi als des wesentlichen Wortes, durch das der Vater Alles geschaffen hat, daher Johannes sagt (1, 3.): „Alle Dinge sind durch dasselbige gemacht, und ohne dasselbige ist nichts gemacht, was gemacht ist, „ und Paulus 1 Kor. 8, 6.: „Wir haben Einen HErrn JEsum Christum, durch welchen alle Dinge sind und wir durch Ihn.“

Wie nach diesen Stellen Alles durch Ihn geschaffen ist, so ist Er auch der Träger und Erhalter aller Dinge, wie unser Text sagt: „Er trägt oder erhält alle Dinge mit seinem kräftigen Wort, „ und Kol. l, 17.: „es bestehet Alles in Ihm.“ Daher heißt Er auch der König aller Könige (Offenb. 19.), das Haupt aller Fürstentümer und Obrigkeit (Kol. 2, 10.), das Haupt der Gemeine, das die Seinen schützt, aus Nöthen rettet, zum Himmel zubereitet, seine Feinde zum Schemel seiner Füße legt und Alles zu Gottes Ehre regiert, wovon besonders die Offenbarung viele Beweise enthält.'

So groß uns Christus durch diese göttlichen Werke der Schöpfung und Erhaltung wird, so ist doch das Werk der Erlösung und Wiederherstellung des durch den Sündenfall verderbten Geschlechtes fast noch größer zu nennen. Wer das Verderben der Sünde in sich und in so vielen tausend abgefallenen Geistern bedenkt, wem die tiefe Zerrüttung des Menschengeschlechts durch den Betrug des Teufels und die schreckliche Größe des Falls offenbar worden, ist, dem ist das Wort unseres Textes: „Er hat gemacht die Reinigung unserer Sünden durch sich selbst,“ etwas göttlich Großes, und mit tiefstem Dank betet er an vor dem, was die Schrift überall uns versichert, dass durch Christum eine ewige Erlösung gestiftet ist für alles Volk und wir durch sein für uns vergossenes Blut empfangen die Vergebung aller unserer Sünden, ja, Gerechtigkeit vor GOtt, als hätten wir nicht gesündigt, und Wiederherstellung in das Bild GOttes nach Geist, Seele und Leib. Und hören wir (Kol. 1, 19.), dass Alles - das ganze All - durch Ihn versöhnt werde, Alles, es sei auf Erden oder im Himmel, - wie groß und göttlich erscheint uns ein so in die ewigen Ewigkeiten hinausreichendes Erneuerungs- und Wiederherstellungswerk!

Erfüllt uns das mit tiefstem Zutrauen zu JEsu, so wird dagegen wieder eine heilige Scheue von seiner göttlichen Majestät uns durchdringen, wenn wir hören, dass Christus auch der Weltrichter ist, dem nach Joh. 5, 22. der Vater alles Gericht gegeben hat. Als solcher wird Er nach unserem Texte die Himmel verwandeln, wie ein Gewand, und sich offenbaren als der die Gerechtigkeit liebet, hasset aber die Ungerechtigkeit. Da wird Er sitzen auf dem Stuhl seiner Herrlichkeit und werden vor ihm alle Völker versammelt werden und Er wird geben einem Jeglichen nach seinen Werken. Über Himmel oder Hölle, über Seligkeit oder Verdammnis hat Er die Entscheidung, die Toten stehen auf nach Seinem Ruf, und Himmel und Erde werden fliehen vor Seinem Angesicht. - Das Alles stellt uns JEsum dar als den großen GOtt und HErrn, dem um dieser göttlichen Werke willen

IV

auch göttliche Ehre und Anbetung zukommt. Unser Text sagt: „Er hat sich gesetzt zur Rechten der Majestät in-der Höhe, und ist so viel besser worden, denn die Engel, so gar viel einen höheren Namen Er vor ihnen ererbet hat. Ja es sollen ihn alle Engel GOttes anbeten.“ Diese Anbetung sähe Johannes nach der Offenbarung wirklich im Himmel. Nicht bloß die vier heiligen Wesen, die die ganze Schöpfung repräsentieren, nicht bloß die vierundzwanzig Ältesten, die Repräsentanten der Menschheit, sah er niederfallen vor dem Lamm Gottes, auch Millionen Engel hörte er das Lamm anbeten und alle Kreatur im Himmel, auf Erden und unter der Erden hörte er zu GOtt und dem Lamm sagen: „Lob und Ehre und Preis und Gewalt von Ewigkeit zu Ewigkeit“ (Offenb. 5, 8. 11. 13.).

So sah auch Jesajas die Anbetung der Engel vor dem, der auf dem hohen und erhabenen Throne saß im Himmel, und der nach Joh. 12, 41. Christus war in seiner ewigen Herrlichkeit. Vor dieser Herrlichkeit Christi deckten die Seraphim mit Flügeln ihr Antlitz und gaben Christo die Ehre mit dem Rufe: „Heilig, heilig, heilig ist der HErr Zebaoth, alle Lande sind seiner Ehre voll.“ Da wundern wir uns nicht mehr, dass David im zweiten Psalm alle Könige und Richter der Erde anruft: „Küsset, d. h. huldiget dem Sohn, dass er nicht zürne.“ So sagt auch JEsus selbst Joh. 5, 23.: „Alle sollen den Sohn ehren, wie sie den Vater ehren; wer den Sohn nicht so ehre, der ehre auch den Vater nicht. Denn der Vater hat Ihn nach Eph. 1, 20. gesetzt zu seiner Rechten im Himmel über alle Fürstentümer, Gewalt, Macht, Herrschaft und Alles, was genannt mag werden, nicht allein in dieser Welt, sondern auch in der zukünftigen, und hat alle Dinge unter seine Füße getan und hat Ihn gesetzt zum Haupt der Gemeine über Alles. Daher heißt er Offenb. 19, 16. „der König aller Könige und HErr aller Herren“ und Phil. 2, 10. sagt Paulus: „GOtt hat Christo einen Namen gegeben, der über alle Namen ist, dass in dem Namen JEsu sich beugen sollen aller derer Kniee, die im Himmel und auf Erden und unter der Erden sind, und alle Zungen bekennen, dass Christus der HErr sei zur Ehre GOttes des Vaters.“

Diese Ehre wollen auch wir Christo geben, auch wir wollen unsere Kniee beugen vor ihm in tiefster Ehrerbietung und Anbetung vor seiner ewigen Gottheit, mit deren Offenbarung erst es helle wurde in der Menschheit und heute noch helle wird in jedem Menschenheizen. Denn wer den Sohn hat im Glauben an seine ewige Gottheit, der hat das Leben; wer den Sohn nicht hat, der hat das Leben nicht. Deswegen ist das Hauptgebot des Neuen Bundes das, dass wir glauben an den Namen des eingeborenen Sohnes GOttes, und dass wir in Ihm allein alles Heil, alles Licht, alle Gerechtigkeit, alles Leben suchen, weil ja in keinem andern Heil ist und ist auch kein anderer Name den Menschen gegeben, darin sie sollen selig werden, als allein der Name JEsu Christi des Hochgelobten.

Das erfuhr jener Gelehrte, der lange Zeit nicht an die Gottheit Christi glaubte, sondern, wie die Pharisäer und Sadduzäer, Ihn für einen bloßen Menschen hielt. Als er aber in einer gefährlichen Krankheit dem Tode nahe war und von den Schrecken der Ewigkeit getroffen wurde, da erkannte er seine ganze Anmut; Alles, worauf er bisher sich verlassen, stürzte wie ein morsches Gebäude zusammen; er fühlte, dass er ohne Vergebung der Sünde nicht selig werden könne, und so suchte er Heil bei JEsu. Und da jedes Gebet zum Sünderheiland ihm neuen Frieden gab, da wurde auch der Glaube in ihm immer fester, dass der JEsus, der so trösten könne, der wahrhaftige Sohn GOttes sei. - Je tiefer wir unser Sündenelend erkennen, desto tiefer erkennen wir die Gottheit Christi. So lange wir aber glauben, wir können uns selber helfen und brauchen keinen Heiland, so lange ist seine Gottheit uns entweder gleichgültig oder unglaublich. Deswegen ist die Sündenerkenntnis der Anfang aller wahren GOttes- und Christus-Erkenntnis, und Noth lehrt, wie. beten, so auch glauben. So war's bei einem Hottentotten, der von einem großen Löwen niedergeworfen wurde und schon unter seinen Zähnen blutete. Da schrie er: „JEsus, wenn du wirklich der Sohn GOttes bist, wie die Missionare sagen, so hilf mir, dann will ich an dich glauben.“ Kaum hatte er das gesagt, so ließ der Löwe ihn fahren und ging davon. Da glaubte der Mann und wurde ein bekehrter Christ. Wie Viele sind schon durch ähnliche Wunder, innere oder äußere, zum Glauben an JEsu Gottheit gekommen! Und erfahren nicht wir Alle in dieser Weihnachtszeit aufs Neue eine Wunderkraft von der Wahrheit, dass GOtt geoffenbart ist im Fleisch? Wer fühlt nicht das Herz vor Freude wallen bei dem Gedanken: GOtt ward Mensch, dir Mensch zu gute, GOttes Kind, Das verbindet Sich mit unserem Blute.

Der ewige Sohn des ewigen GOttes, GOtt von GOtt, Licht vom Licht, durch den alle Dinge gemacht sind, den alle Himmel anbeten, Er ward Mensch, das reine Licht der Heiligkeit kleidet sich in die Gestalt des sündlichen Fleisches, und als Kind in einer Krippe und als tot am Kreuze sehen wir Den, dem der Vater hat Alles in seine Hand gegeben. Und das ist geschehen für mich und dich; uns zu gut hat Er seiner ewigen Gottheit sich entäußert, uns zu gut aber auch seine Menschheit verklären lassen in die vollkommene Herrlichkeit der Gottheit. O! wen dieses Wunder aller Wunder nicht zur tiefsten Liebe gegen JEsum treibt, für den weiß ich Nichts mehr, das sein Herz erweichen und erheben könnte. Und wer noch in Verzagtheit trauert, der erkenne aus der Menschwerdung GOttes, wie Paulus sagt: „Hat GOtt seines eigenen Sohnes nicht verschonet, wie sollte Er uns mit Ihm nicht Alles schenken?“ Schenkt Er Alles uns, so wollen auch wir all das Unsere Ihm schenken, und in den Sinn unseres Liedes stehen:

Gib, dass ich Dir zum Dienst
Mein ganzes Herz ergebe,
Auch Dir allein zum Preis
Auf dieser Erde lebe.
Ja, JEsu, lass mein Herz
Ganz neu geschaffen sein
Und Dir bis in den Tod
Gewidmet sein allein. Amen.

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