Kanne, Johann Arnold - Zwei Beiträge zur Geschichte der Finsterniß in der Reformationszeit …

Kanne, Johann Arnold - Zwei Beiträge zur Geschichte der Finsterniß in der Reformationszeit …

oder Ph. Camerarius Schicksale in Italien, nach dessen eigener Handschrift und Adolph Clarenbachs Martyrthum nach einer sehr selten gewordenen Druckschrift

An den Früchten sollt ihr sie erkennen.

Frankfurt am Main Verlag der Hermannschen Buchhandlung. 1822.

Vorerinnerung.

Joachim Camerarius, Philipp Melanchthons vertrauter Freund und Correspondent, ein Gelehrter und Schriftsteller der Reformations-Zeit, dessen Namen das Ausland wie das Inland nannte, und den die Kaiser Karl V. und Ferdinand I. durch Ehren und Privilegien auszeichnete, - hatte drei Söhne, von denen zwei berühmte Aerzte wurden, und der dritte, ein Rechtsgelehrter, durch das was ihm in Rom widerfuhr, die Aufmerksamkeit seiner Zeitgenossen auf sich zog.

Dieser letztere ist unser Philipp Camerarius. Sein widriges Schicksal in Italien, ihm selbst und allen Anfangs ein Räthsel, das, ehe es sich löste, der Vater Joachim mit sich und seiner Theilnahme am Reformations-Werke zu lösen geneigt war, hat er selbst aufgezeichnet, und dieser biographische Aufsatz ist noch als Autographum auf uns gekommen. Ganz in dem frommen Geiste, in dem er lebte, litt und das Uebrige schrieb, hat er ihn überschrieben:

„Wahrhaffte und gründliche Relation von der gefänglichen Einziehung zu Rom Philipp Camerarii und Petri Rieteri, zu dem Endt zusammengeschrieben, damit sowohl jedermann zu jetziger Zeit, als auch die Nachkommen eine ewige Lehr und Beispiel haben, wie Gott die seinigen, wann Menschen Hülff aus ist, durch unverhoffte mittel, aus der Feind Händen frisch und gesundt zu reißen und bewahren, auch sie von Schmähworte und falschen Anklagen zu erledigen pflege.“

Dieß Autographum Philipps ist wenigstens gegen die Mitte des 17ten Jahrhunderts bei seiner Familie geblieben. Denn auf die innere Seite des hintern Einband-Dekkels (Das Manuscript ist in Pergamen-Dekkel gebunden und 244, meist fein und eng geschriebene Octav-Seiten stark.) hat seine Tochter (ziemlich unleserlich) geschrieben:

„Es ist dieser mein geliebter und hochgeehrter Herr Vatter Selliger geboren worden Anno 1536 den 16 meyen und hatt Christlich und ehrlich gelebt biß Anno 1624 biß zu Endts deß mohnat Juny also wie auß zu rechnen ist, wirdt er komen sein bis ihn das 87. Jahr seines gar schönen ruhigen Alters. Amen.“

„solches hab Ich magdalena Pregerin (So wenigstens lese ich diesen Namen.) hieher geschriben, als noch sein einig übergeblieben kindt ihm 1642 Jahr und meines alters ihm 66 Jahr den 23 September Ihm 1576 da bin Ich geboren.“

Von derselben Hand scheint zu seyn, was vorn im Manuscripte auf der nach dem Buchbinder Ausdrucke so genannten Vorsetze steht. Es ist eine Rand-Anmerkung zu einer großen Haus-Bibel über Joh. 11,9. hier von der Tochter auf den Lebenslauf des Vaters mit folgenden Worten angewandt:

„so weiß er (der Fromme) daß Gott auch ihn werenden leyden (ihn werenden, während dem.) ihm beystehen, krafft und stercke verleyhen und entlich alles leydens ein fröliches ende mache wie es dann der gnedige alweise Gott auch mit meinem lieben Herrn vattern Selligen zu einem gutten ende hatt außgehen lassen. Amen.“

Außerdem sind in das Manuscript noch zwei vom Biographen selbst gedichtete geistliche Lieder, das eine auf die innere Seite des vordern Band-Deckels, das andere auf die hintere Vorsetze, und zwar beide von einer Manns-Hand geschrieben, mithin, wie aus den Ueberschriften erhellet, von einem oder zweien seiner Söhne. Denn die Ueberschriften lauten:

„Anno 1565 in der Verhafftung zu Rom gestellt durch meinen lieben Herrn Vattern Dr. Philipp Cammermeister. Im Thon: kein Lieb ohn Laidt etc.“
„Ein Lied welches mein lieber Herr Vatter See. Philipp Cammermeister der Elter gemacht. Im Thon des 9 Psalms.“

Bekannt gemacht mit diesem Manuscripte hat mich unser lieber Pfarrer und Professor Krafft, Prediger an der hiesigen teutsch-reformirten Gemeinde und einer von den wenigen protestantischen Geistlichen, die das Evangelium von Christo noch lauter und rein verkünden und nichts hinweg- und hinzuthun. Es befindet sich nemlich in der Pfarr-Bibliothek der genannten Gemeinde, wohin es mit der ganzen Bücher-Sammlung des im Jahre 1732 hier verstorbenen Hofpredigers Lezius durch dessen Vermächtniß gekommen ist (Nach den von Krafft aus den Acten erhobenen Nachrichten, ist dieser Lezius im Jahre 1700 von Elisabetha Sophia, Herzogin von Lievland, Curland und Semgallen, von Memel aus nach Mietau zu ihrem Hofprediger berufen worden, dann als solcher mit ihr (im Jahre 1703) nach Bayreuth gekommen, und als privatisirender Gelehrter in Erlangen gestorben, wo er der reformirten Gemeinde seine ganze Verlassenschaft vermacht hat.). Ebendiesem Freunde und Collegen verdanke ich auch die Bekanntschaft mit der Quelle, aus der ich Adolph Clarenbachs Martyr-Geschichte wiedergegeben habe. Er lernte sie schon als Student in Duisburg durch seinen Lehrer, en seeligen Professor Grimm, als ein sehr seltenes Buch kennen, und hat sie von dort mit hierher gebracht.

Uebrigens bemerke ich nur noch für den, der Camerarius Handschrift mit meiner Bearbeitung derselben vergleichen will, daß ich manche einzelne, besonders die in den Nachträgen zu der eigentlichen Erzählung zerstreut liegenden Notizen, einmal auch ein ganzes Stück de Geschichte, anders, und wie ich glaube, besser und gehörig geordnet habe. (Wer auf der Kehrseite des 86sten Blatts (das Manuscript ist nach Blättern paginirt) liest und nun mit meinem öfter in der Aeußerung Pius des V. zu viel gesagt findet, vergleiche was auf der Kehrseite des 106ten Blattes steht.) Weglassungen, Abkürzungen, und andre Aenderungen, die ich im Aeußern getroffen habe, hoffe ich nicht entschuldigen zu dürfen.

Quelle: Kanne, Johann Arnold - Zwei Beiträge zur Geschichte der Finsterniß in der Reformationszeit

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