Jellinghaus, Theodor - Kapitel IX. Glaube und Hingabe an die erlösende und heiligende Führung des Herrn.

Jellinghaus, Theodor - Kapitel IX. Glaube und Hingabe an die erlösende und heiligende Führung des Herrn.

Wir haben oben schon gesehen, dass Christus uns erlöst hat zu seinem Eigentum, zu einer folgsamen Herde, zu Leuten, die Ihm allein in allen Dingen nachfolgen. Christus hat es durch sein Leben, Versuchtwerden, Leiden, Sterben und Auferstehen errungen, dass er nun für alle, die sich Ihm ergeben, ein mächtiger, gegenwärtiger Erlöser und guter Hirte ist, der die Kraft hat, sie nicht nur von Schuld und Macht der Sünde zu befreien, sondern auch sicher zu führen auf Gottes Wegen. (Hebr. 7,25). Dies Recht und diese Macht hat Jesus, seid Er auferstanden und erhöht ist, dass er durch den Heiligen Geist in den seinen wohnen und sie regieren kann. Joh. 16,6 / 16,18: „Ich will euch nicht als Waisen zurücklassen, ich komme zu euch.“ 2. Kor. 6,16: „Ich will in ihnen wohnen und wandeln.“ (Hes. 37,27 / Hebr. 8,10)

In den Gläubigen wird die Macht des bösen Eigenwillens durch Christi Tod gebrochen, so dass sie bereit und fähig sind zu folgen. Dazu hat auch Jesus, der Erhöhte die Gläubigen zum Eigentum vom Vater geschenkt erhalten (Joh. 10,29), dass ihm keine Welt- und Naturmacht in der seligen Führung behindern kann. Vielmehr muss alles den Liebhabern und Nachfolgern Jesu zum Heil dienen und den Weg bahnen. Jeder Gläubige hat ein Anrecht auf besondere Leitung und Führung seines Herrn. Das ist das Glück und die Seligkeit des Christen, dass er an der führenden und bewahrenden Hand Jesu wandelt und sich nicht mehr selbst zu führen braucht. Darin, dass sich Gott und Jesus um uns persönlich kümmert und für uns sorgt, offenbart er seine Liebe zu uns. Denn nur wenn ich jemanden liebe, bekümmere ich mich um sein Ergehen bis ins Kleinste.

Wer dies von Jesus glaubt und erfährt, der steht fest gegründet im Glauben an Jesu Liebe zu ihm und in der rechten Glaubensabhängigkeit. Er weiss und erfährt täglich, dass er in Jesus einen für ihn persönlich in allen grossen und kleinen Dingen sorgenden Hirten haben muss, wenn er vor Gewissensunruhe und Straucheln bewahrt bleiben und zu Gottes Ehre heilig leben soll.

Ohne Jesus sind die Menschen bei den meisten Vorsätzen und aller Klugheit doch in Bezug auf das wahre Leben in Gottes Wegen in der Irre wie Schafe, die keinen Hirten haben. (Jes. 53). Die Anforderungen des Gesetzes bestärken sie noch in dem Irrtum, dass sie meinen sich selber gut machen und führen zu können. Aber die eigene Führung nach dem Gesetz bringt unter den Fluch des Gesetzes und nur in der Führung des heiligen Geistes ist Freiheit vom Gesetz (Röm. 6,14 / Gal. 5,18),

Denn wandle ich nach eigenen Plänen, auf eigene Verantwortlichkeit, so stehe ich nicht in Christi Gnadenmacht und Leitung, sondern im Selbst und muss mich nach dem Gesetze prüfen und komme unter Gewissensanklagen und bin voller Sorgen und Ängstlichkeit. Darum vermahnt Jesus seine Jünger nicht bloss, dass sie Vergebung und Reinigung suchen, sondern noch öfter: „Folget mir, Ich bin der gute Hirte,“ Joh. 10: „Wer mir nachfolgt, wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.“ Matth. 11.29-30: „Nehmet auf euch meine Joch (d.h. wandelt mit mir zusammen im Joch, so dass ich leite) und lernet von mir.“ ich allein bin euer Meister, Lehrer und Führer (Matth. 23,8-10). Von den heiligen in der Offenbarung heisst es: „Sie sind Jungfrauen (in Jesu Blut unbefleckt erhaltene Seelen) und folgen dem Lamme nach, wo immer es hingeht.“ Nur auf diese Weise, dass Christus seine Erlösten täglich führt und ihnen aufträgt, was sie tun und lassen sollen und dass die Gläubigen Christus dann auch beständig in allen Dingen folgen und allein auf seine Stimme hören, wie er jeden Einzelnen besonders führt, bleiben sie bewahrt vor Sünde und bösem Gewissen und können voll Friede, Mut und Freude sein.

Denn es hängen zusammen und stehen sich gegenüber je fünf Worte und Dinge:

1. Im Selbst 1. In Christo
2. Im Fleisch 2. Im Geist
3. Auf eigene Verantwortung und Führung 3. In Christi Führung
4. Unter dem Gesetz 4. Unter der Gnade
5. In Sündennot 5. Im Glaubensgehorsam

Um die selige Führung Jesu in allen Dingen zu erfahren, ist es für den Gläubigen nun durchaus nötig, dass er fester gegründet werde in der Wahrheit des ersten Glaubensartikels, dass Gott wirklich alles, nicht nur das Grosse, sondern auch das Kleine, in der Welt regiert. Die Sünde hat die Menschen so von Gott entfremdet, dass auch die Gläubigen hier oft noch praktisch in einigen Punkten in einer gottlosen und gottvergessenen Welt- und Lebensanschauung stecken.

Durch Jesus den guten Hirten und Meister, sollen die Seelen in dies kindliche Gottesvertrauen, das Gottes walten in allem Grossen und Kleinen Dingen sieht und ehrt, zurückgeführt werden. Nur bei dieser Glaubensüberzeugung ist ein inniger, friedevoller Gebetsumgang mit Gott möglich; denn schliesse ich die kleinen und kleineren Dinge von Gottes Fürsorge aus, so habe ich in denselben keine Hilfe und keinen Heiland. Es ist dann nicht zu verwundern, dass viele gläubige Christen durch kleinere Dinge viel mehr in Unruhe und Verwirrung gesetzt werden, als die Weltleute. Aber ein solches Schauspiel gereicht dem Christentum wenig zur Ehre; denn die Weltleute bekommen den Eindruck, dass das Christentum sentimental und unbrauchbar fürs Leben mache und dass Christen Leute seien, die über eine Kleinigkeit viel Geklage und Gejammer anstellen.

Jedenfalls sollte ein Christ jede Sache, die ihn in Unruhe bringen und dadurch zur Sünde versuchen will, seinem Heiland und Hirten sagen und von Ihm Leitung und Hilfe erwarten. Wenn Jesus nur die grossen Dinge leitete und die grossen Lasten tragen hilft, so wäre er für die grosse Mehrzahl der Menschen, deren Leben in kleinen Aufgaben und Sorgen sich bewegt, kein friedebringender Erlöser. Man denke nur an das Leben der meisten Frauen besonders in den ärmsten Ständen! Aber auch Christen, denen wirklich grosse Sachen anvertraut sind und die schon Grosses getan haben, komme oft durch so genannte kleine Dinge in wirklich innere Unruhe und Versuchung zu einem Betragen, das Christus Unehre macht und ihrem inneren Leben den tiefsten Schaden zufügt.

Wer dagegen glaubt und erfährt, dass er Jesus im Gebete über alle für sein Gewissen und seinen Frieden wichtige Dinge um Rat fragen darf und auf sein Gebet dann im Frieden geleitet und durchgerettet wird, der lernt die Nähe und Leibe seines Erlösers immer mehr rühmen und weiss, was es heisst einen persönlichen, gegenwärtigen, liebevollen Hirten und Erlöser in allen Dingen zu haben. Schon unter Menschen ist völlige Liebe und völliges Vertrauen nur da, wo man dem anderen das ganze Leben offenlegt und ihm alles sagt, was drückt und ihn an allen, auch den kleinen Dingen, die uns erfreuen, teilnehmen lässt.

Soll Jesus wirklich der Seele Ein und Alles und er über alles geliebt werden, wie so oft gesungen und gepredigt wird, dann ist auch durchaus nötig, dass das ganze Leben vor Ihm täglich offengelegt werde und man Ihn täglich als Leiter, Freund und Berater in allen Dingen, in Freuden und Leiden, in Verlegenheit und Schwierigkeiten, braucht, gehorcht und Ihm alles sagt, was unseren Geist freudig oder schmerzlich beschäftigt. Der Gelderwerb z.B. muss einen Christen ab, und in Geiz und Verschwendung bringen, wenn er sich nicht in allen Dingen als Hausvaters seines himmlischen Herrn ansieht und Ihn um Rat fragt, wie er ausgeben und sparen soll. Der Herr soll den Schlüssel zur Kasse haben.

Das Geld treibt sonst in leichtsinnige, die Bedürfnisse seiner Familie und der Armen ignorierende Verschwendung, oder in Gedanken, die das Geld zum Götzen machen oder die bei Mangel an Geld in sündliche Sorgen bringen. Dazu kommt dann noch das Gesetz als Richter und klagt die Seele an, dass sie das Geld nicht richtig verwaltet habe und bringt sie in Schuldgefühl und Verwirrung.

Ebenso ist es mit den Erholungen, Freuden und Genüssen, die wir haben. Geniessen wir sie nicht vor Jesu Angesicht, indem wir sie, als von Ihm geschenkt annehmen und Ihn bitten, uns in denselben nahe zu sein, so kommen wir durch dieselben notwendig in gottvergessenes, sündiges Wesen.

Kol. 3,17: „Alles was ihr tut in Worten und Werken, das tut alles im Namen des Herrn Jesus und danket Gott und dem Vater durch Ihn.“

Das solches wandeln in beständiger Abhängigkeit von dem Vater, dem Sohne und den Heiligen Geiste für uns der allein richtige Weg ist, das zeigt sich klar an Jesu Vorbild. Er ist der wahre Mensch, ohne Sünde und voll göttlicher Weisheit. Aber er wandelte nicht nach eigener Wahl und suchte nicht vom Vater unabhängig zu werden wie Adam und Eva, als sie aus diesem Zustande kindlicher Abhängigkeit von Gott abfielen.

Sein ganzes Leben lang wandelte Jesus in allen Dingen in völliger Abhängigkeit vom Vater, wie er das oft bezeugt: „Der Sohn kann nichts von sich selber tun, als was er sieht den Vater tun.“ (Joh. 5,19-21).

Ein Mensch, der in eigener Führung steht, läuft immer und fällt immer in Versuchungen hinein, die ihm zu schwer sind. Nur in Jesu Führung und Nachfolge ist eine Möglichkeit, von dem Bösen stets erlöst zu werden. Denn steht der Christ in Jesu Führung, so richtet Jesus den Gang der entweder so, dass er der Versuchung entrückt wird, oder ergibt vorher besondere Warnungen und Kräfte zum Siege. Die Verheissung, dass wir nicht versucht werden sollen über unser Vermögen (1. Kor. 10,13), können wir uns also nur dann getrost und stets aneignen, wenn wir in der Führung und gehorsamen Nachfolge stehen. Darum finden wir, dass die Christen, je tiefer sie in Christus stehen, um so mehr sich fürchten vor ihren Eigenwillen und vor eigenen Wegen.

Beim Wachstum im inneren Leben nehmen die Gebete um innere und äussere Führung zu, und viele unserer besten, geistlichen Lieder sind Gebete um Führung und Leitung durch Jesu Hand: „Jesu geh voran auf der Lebensbahn.“

„Ich will mich nicht selber führen,
Du Vater sollst das Kind regieren,
so geh nun mit mir aus und ein
und leite mich auf allen Schritten;
ich geh oh Herr, erhör mein Bitten,
für mich nicht einen Schritt allein.“

„Wie Gott mich führt, so will ich gehn ohn' alles eigen Wählen.“

„Mit dir alles tun und alles lassen,
in Dir leben und in Dir erblassen,
das sei zur letzten Stund'
unser Wandel, unser Bund.“

Das Wort „Gebote“ bedeutet in der Bibel nicht bloss die zehn Gebote, sondern die einzelnen Anweisungen und Aufträge, die der Gottesfürchtige im Leben von Gott erhält. Joh. 14,21: „Wer meine Gebote hat und hält sie… 1. Joh.2,3 + 5,3: seine Gebote sind nicht schwer“. Wenn wir das Wort Gebot so in seiner Fülle und Bedeutung verstehen, so werden wir vor dem Irrtum bewahrt, als müsse doch der Christ nach dem Gesetz sich selbst heiligen1).

Sobald der Christ sich eine Menge Gesetze vor Augen stellt, die er in eigener Führung und Verantwortlichkeit zu rechten Zeit erfüllen muss, so kommt er durch das Gesetz in innere Sündennot und Elend. Nur wer an Jesu, des Hirten Hand wandelt und Gottes Willen und Gebote erfüllt, wie er täglich Anweisung dazu erhält, der kann rühmen: „Sein Joch ist sanft und seine Gebote sind nicht schwer (Röm. 8,3-4 / Gal. 5.16-20).

Die Gebote Jesu werden dem Gläubigen nicht wie eine lange Liste im voraus zu Teil, so dass er es auszuplanen hätte, wie er dies alle bewältigen soll.

Menschliche Herren geben so ihre Gebote und Aufträge und sie sind oft so zahlreich und schwer, dass sie nicht durchzuführen sind und der Diener in grosse Angst und Überarbeitung kommt und nachher noch Tadel dazu empfängt.

Der Herr aber führt die Seinen durch ihre Aufgaben an der Hand und gibt ihnen, wie eine Mutter, welche die junge Tochter anleitet, einen Auftrag nach dem anderen. Er leitet seine Jünger nicht durch eine geschriebene Liste von Geboten, sondern mit den Augen von einer Arbeit in die andere.

Wenn der Christ so der Leitung des Herrn Schritt für Schritt treu folgt, so bleibt er auch von den Gewissensanklagen wegen der Unterlassungssünden befreit.2)

Solche Seelen - welche dem ersten Lehrling entsprechen - setzen sich dann eine ganze Anzahl von guten Werken als Gewissenspflicht vor und versuchen nun, sie zu vollbringen.

Auf diese Weise ist es nie möglich, ein fröhliches Gewissen zu haben und zu erfahren, dass Jesu Nachfolger selig und sein Joch sanft, friedevoll und leicht ist.

Ja dass das Tun seines Willens der Seele Speise ist. Solche Seelen sind in einer fortwährenden Hetze und kommen innerlich nicht zur Ruhe, sodass sie rechte, selige Gebetsgemeinschaft und Gelassenheit im seligen Gott nicht kennen und dadurch auch in ihrem Einfluss auf andere ohnmächtig und kraftlos werden.

Ihr Umgang ist auch oft für andere Christen gar nicht angenehm und erbaulich, weil man ihnen immer die innere Unruhe abspürt und kein echter Friedensodem und Glaubensmut von ihnen auf die Umgebung ausgeht.

Aber wie kann man den Willen Gottes stets erkennen und ihm nachfolgen? Der Wille des Herrn tut sich uns kund 1. Durch die Schrift. 2. Durch die von Gott verordneten Umstände und Ereignisse unseres Lebens. 3. Durch das geheiligte Urteil und die innere Stimme oder den Eindruck des Geistes Gottes auf unseren Geist (Gal. 5,18).

Der Christ soll auch die Vernunft, die Welterfahrung, die Kenntnisse der Weltgeschichte und Zeitzustände, den Rat erfahrener Leute etc. gebrauchen, um auch daraus zu erkennen, wie er handeln soll.

Damit wir nicht unnatürlich, ängstlich und gesetzlich in der Nachfolge werden, müssen wir dem Herrn so ergeben sein und so in der Verbindung mit ihm stehen, dass wir auch unbewusst von Ihm geführt werden können und an diese unbewusste Führung auch glauben.

Eine besondere Schwierigkeit tritt für viele Seelen, welche mit Ernst Gottes Willen suchen und nach Gottes Anleitung wandeln, dadurch ein, dass sie zu Schritten kommen, die sie in Leiden und schwere Verhältnisse führen. Da meinen sie dann, dass sie seinen Willen nicht recht erkannt hätten.

Eine Seele hat um Leitung des Herrn in einer bestimmten Sache gebeten und nun hat das, was sie tut wenig Erfolg und wird auch von vielen Christen getadelt. Oder die Seele erwartete, in der Leitung des Herrn besonders kräftig zu reden und zu handeln und es fügte sich so, dass sie nichts von Bedeutung zu Gottes Ehre sagen oder tun konnte.

Dies alles darf eine gottergebene Seele an der Führung Christi nicht irre machen. Der Herr führt die ihm vertrauenden Seelen oft Wege der Demütigung und steile, ermüdende Pfade. Tersteegen sagt über sein öffentliches Auftreten als Evangelist und Seelenführer: „Hätte ich es gewusst in welche schwierige Lagen ich dadurch oft kommen würde, ich hätte lieber den Tod gewählt; aber oh ein gnädiger Gott, der die Blinden führt. So kommt mancher durch Gottes Führung auf einen so schweren Posten, dass er sagen muss: Hätte ich gewusst wie schwer diese Lage ist und wie versuchungsreich für mich, ich hätte den Schritt damals nicht getan und auch mit frohem Gewissen nicht tun können.“

Es geschieht auch sehr oft, dass ein Christ, der in der Leitung des Herrn steht und um seine Führung bittet, in bester Absicht in Unkenntnis der Verhältnisse etc. einen Fehler (nicht Sünde) macht, der ihm scharfe Urteile zuzieht und seinen ganzen Lebensweg ändert. Aber Gott will oft gerade durch eine solchen Urteilsfehler ihn aus einer grossen Seelengefahr oder aus einem Posten, für den er nicht mehr passt, herausreissen. Hier ist der scheinbare Irrweg der sicherste Weg. Weil der Herr dies weiss, so lässt er uns in guter Absicht Fehler (nicht Sünden) machen. Wer sich vom Herrn führen lassen will, der muss demütig bereit sein, als ein Blinder geführt zu werden, wo er nicht hin wollte (Joh. 21,18).

Aus dem Gesagten geht auch hervor, dass der Herr die Ihm folgenden Christen oft ganz verschiedene und entgegen gesetzte Pfade führt und wir dürfen nicht meinen, dass alle Jesu folgenden Jünger immer zu denselben Ansichten und zu derselben Lebensweise und Art der christlichen Wirksamkeit geführt würden (Röm. 14,1-14). Darum soll keiner den Gang, welchen er selbst geführt ist, anderen zu nach machenden Nachfolge vorschreiben, sondern sie viel mehr auch ermuntern, dem Herrn so zu folgen, wie er ihnen Licht gibt.

Um aber in der seligen und heiligenden Leitung Jesu leben zu können, ohne in Irrwege und Schwärmerei zu geraten, wie schon so viele, ist es nötig, dass der Mensch ein bekehrtes Kind Gottes ist und sich mit Leib und Seele Jesu zum Eigentum ergeben hat, um als mit Christus, dem eigenen Willen abgestorben, nun dem Willen Gottes zu leben. Nur wer Gottes Willen ernstlich wissen und um jeden Preis auch gehorsam tun will, erhält von dem Himmlischen Freunde fortwährend Anweisung; wie Christus zu den Jüngern sagt: „Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch gebiete.“ Wer noch im Eigenwillen steht oder noch irgendwie eigene Ehre, Schätze, Wollüste, Lieblingspläne selbstsüchtig sucht, der wird bald in Irrtümer, Schwärmerei und lächerliche Torheiten geraten.

Um aber Jesu immer mutig und selbstverleugnend zu folgen, dazu gehört vor allen Dingen Glaube und hingegebenes Vertrauen an Ihn, um Ihm ins Blinde zu folgen.

Wenn dies herzliche Vertrauen auf Jesu Führung nicht da ist, so wird es oft dahin kommen, dass man betet um Licht über den Willen des Herrn und wenn man Licht bekommen hat, so ist kein kindliches Vertrauen da, den Glaubensweg zu gehen. Das ist eine Sünde, Heuchelei und eine Beleidigung wider den Herrn, die grosse, innere Seelenkrankheit und Dunkelheit des geistlichen Blicks zur Folge hat.

Die wahre Nachfolge Jesu geschieht durch den Glaubensblick auf den gestorbenen und auferstandenen Herrn. Zur Nachfolge gehört, dass man sein Kreuz auf sich nimmt d.h. sich selbst mit Christus in den Tod gibt und verleugnet und nun in Jesu lebt (Matth. 16,24). Ohne stetes Mitgestorbensein mit Jesus ist kein Wandel in der Nachfolge möglich.

Deshalb soll der, welcher das Vorrecht in Anspruch nimmt ein Nachfolger Jesu zu sein, auch in allen Dingen sich selbst gestorben sein und sterben, um in Jesu Wegen auch für Jesus zu leben.3)

Der Sterbensweg des Fleisches und des eigenen Ichs ist der Weg, auf dem wir Jesu vor Sünden bewahrende Leitung und die Kräfte seines Auferstehungslebens erfahren können (Gal. 2,19-20 / 2.Kor. 5.14-17). Für den Aufrichtigen ist dies aber ein leichter und seliger Wandel, in welchem die Seele rühmen kann: „Der Herr ist mein Licht, meine Stärke und mein Leben.“ Die Seele folgt ihrem Führer und Bräutigam mit frohem, seligen Herzen und hat keine Furcht mehr und keine andere Verantwortlichkeit, als in der treuen Nachfolge gläubig und mutig zu beharren bis ans Ende.

1)
Die biblische Lehre von der Führung des Herrn ist in der Theologie und in der Kirche so wenig behandelt worden und praktisch erfahren, dass nun die „Ritschl'sche Theologie kommt und solch spezielle Führung Christi und solch Gebet, das persönlich mit dem Heilande verkehrt und seine warnende und ermunternde Stimme erkennt und fühlt, als sinnliche Erfahrung und mystische- pietistische Verwirrung verwirft. Das Beten soll nur ein kräftiges Erinnern an die Offenbarung der Liebe Gottes in Christus sein, nicht ein persönlicher Umgang mit Gott und dem Heiland. Es ist aber klar und offenbar, dass die Männer Gottes schon im alten Bunde, die Apostel und die apostolischen Christen in persönlicher Führung Gottes uns Christi gestanden haben. Wer an eine solche Führung des sich offenbarenden Gottes nicht glauben kann, der muss die Glaubwürdigkeit der Offenbarungen des alten und neuen Testament bezweifeln und verneinen.
2)
Die grosse Verirrung in welche viele geraten, wenn sie sich Jesu Vorbild im Neuen Testament und der Apostel Aussprüche über den heiligen Wandel zu einer langen Liste von Gesetzen machen, die sie in eigener Verantwortung und Führung ausführen müssen, kann man sich an folgendem Gleichnis klarmachen:
Ein Möbelschreiner, der als geschickt und kunstfertig berühmt ist, bekommt einen Lehrling. Der Meister gibt nun dem Lehrling ein Buch in die Hände, in welchem er beschrieben hat, nach welchem Grundsätzen und mit welchen Handgriffen er alle seine feinen Möbelstücke angefertigt hat. In dem Buch steht auch beschrieben, wie jedes Möbelstück gemacht werden soll und in wie viel Stunden es fertig sein muss und eine Anzahl von Mustertischen usw. stehen in der Werkstatt. Der Meister sagt nun zum Lehrling. ich habe keine Zeit am Tage in der Werkstatt zu sein, aber in diesem Buche steht alle genau aufgeschrieben, wie ich gearbeitet habe und wie ich die Arbeit von dir verlange. Nun arbeite genau danach. Wenn ich am Abend finde, dass du Fehler gemacht hast, dann gibst Tag für Tag eine immer härtere Strafe.
Solch ein armer Lehrling steht immer in Angst vor diesem Buche, lernt nichts rechtes, macht das Meiste verkehrt und bekommt jeden Abend Strafe.
Dagegen ein anderer tüchtiger Möbelschreiner nimmt einen nicht besser begabten Lehrling in die Werkstatt. Er sagt zu ihm: Du bist noch ein unbeholfener Lehrling, ich kann von dir noch keine selbstständige Arbeit verlangen. Ich bleibe immer bei dir in der Werkstatt und verlange nur Vertrauen, Aufmerksamkeit, Gehorsam und Fleiss. Ich arbeite an einem einfachen Stück vor und du siehst mir zu, wie ich es mache und machst es dann genauso. Wenn du nicht weiterkommst frage mich.
So arbeiten sie miteinander. Der Lehrling ist, solange er vertraut und gehorsam ist, nie in Verwirrung oder Angst.
Der erste Lehrling ist ein Beispiel eines Christen, welche sich Christi Vorbild und Joch und Aufträge zu einem Gesetz machen, dass sie in eigener Führung und Verantwortung auszuführen haben.
Der zweite Lehrling ist ein Bild von den Christen, welche sich ganz ihrem barmherzigen, gegenwärtigen und voran gegangenem Führer und Hirten Jesus anvertrauen und Stunde um Stunde in seiner Führung gehen.
In dieser Glaubensstellung werden sie auch ihrem Meister immer ähnlicher und in sein Bild verklärt.
3)
Kein gläubiger Christ hat ein so gereinigtes Herz und so klare Erkenntnis, dass er selbst Satans Versuchung in Lichtgestalt jederzeit klar erkennen, unterscheiden und abweisen kann. Nur durch den steten Glaubensblick auf den Gekreuzigten und in das Wort Gottes erhält der Christ im Gebet (wenn auch in demütiger Beratung mit anderen, erfahrenen Brüdern) Klarheit zu bekommen, was aus Gott ist und was nicht. Darum können wir leicht Fleisches- und Satansstimmen für die Stimme des Heiligen Geistes halten, wenn wir nicht in der Gemeinschaft und in der Nachfolge des Gekreuzigten stehen, wenn wir nicht zu seinen Sterbens- und Entsagungswegen stets bereit sind und unser Gewissen nicht an Gottes Wort gebunden und erleuchtet ist. Die Gläubigen überwinden den Satan nicht durch den Geist ohne das Wort und das Blut, sondern nur durch das im Worte offenbare und nahe Blut Jesu, welches der Heilige Geist in der Gemeinschaft der Gläubigen, d.h. des einen Leibes Christi, verklärt und so in alle Wahrheit leitet und vor Irrtum bewahrt.
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