Jellinghaus, Theodor - Kapitel I. Das biblische Heiligungsziel

Jellinghaus, Theodor - Kapitel I. Das biblische Heiligungsziel

Wenn wir unbefangen das Heiligungsziel betrachten, dass uns die Heilige Schrift durch Ermahnung und Beispiel als nötig und möglich vorhält, so können wir nicht anders als zugestehen, dass in der Christenheit nicht nur im Leben, sondern auch in der Lehre dasselbe viel niedriger gestellt wird.

Oft wird behauptet, dass in manchen Bibelversen die geforderte und verheissene Gerechtigkeit und Reinigkeit des Wandels und des Herzens wegen der tiefen Verderbtheit der Menschennatur eine Unmöglichkeit sei.

Jeder, welcher bekennt, dass er diesem Ziel als etwas auf Erden durch Christi Gnade Möglichem nachjagt, oder welcher gar mit Paulus und Johannes aussagt, dass er in Jesu Tod und Leben die Kraft habe, der Sünde abgestorben zu bleiben und der Gerechtigkeit zu leben, wird oft als ein Schwärmer, Irrlehrer oder verblendeter Selbstgerechter hingestellt.

Darum ist es nötig, dass wir uns ohne vorgefasste Meinung das, was die Bibel über die Reinigung von den Sünden und den heiligen Wandel in Christus lehrt, zuerst vor Augen stellen, damit dies allein und nicht menschliche Vorbilder, hergebrachte Redensarten, angesehene Lehrer und niedriger Heiligungsstandpunkt unsere Richtschnur und unser Prüfstein werde.

Da werden wir bald finden, dass die Bibel, so entschieden sie die sündliche Verderbtheit der menschlichen Natur behauptet, ebenso klar und noch häufiger eine gründliche Erlösung von der Sündenmacht und eine Reinigung des Herzens und des Wandels in Jesu lehrt. Wer behaupten wollte, dass man diese biblischen Ausdrücke über die Heiligung nicht so wörtlich nehmen und immer etwas abschwächen müsste, der könnte auch nichts dagegen einwenden, wenn ein Halbgläubiger den Grundsatz aufstellte, dass die biblischen Aussprüche über die Erbsünde und die Verderbtheit des menschlichen Herzens nicht so streng genommen und verstanden werden dürften.

Wir werden folgend nur einige Hauptstellen der Bibel anführen, da jeder aufrichtige Bibelleser gewiss schon oft den Eindruck bekommen hat: Wie hoch sind doch die Anforderungen des göttlichen Wortes und welch hoher Grad der Heiligung wird hier doch für den Gläubigen für nötig und möglich in Christus erklärt.

Der Herr Jesus sagt in Matth. 5,8 „Selig sind die, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen.“ Dieses Dringen auf das Halten des Gesetzes Gottes und auf innere wirkliche Erfüllung der Gebote Gottes in wahrer Liebe ist der Grundgedanke der ganzen Bergpredigt.

Wer dem Text nicht Gewalt antun will, der muss zugeben, dass solche Erfüllung als möglich im Reiche Gottes dargestellt wird. Joh. 15,5 „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun.“

Vers 10 „So ihr meine Gebote haltet, so bleibet mir in meiner Liebe, gleich wie ich meines Vaters Gebote halte und bleibe in seiner Liebe.“

Vers 14 „Ihr seid meine Freunde, so ihr tut, was ich euch gebiete.“

Joh. 14,21 „Wer meine Gebote hat und hält sie, der ist es, der mich liebt.“

Joh. 17,9 „Ich heilige mich selbst für sie, auf dass auch sie geheiligt seien in der Wahrheit.“

Paulus sagt in Röm. 12,1 „So ermahne ich euch nun, liebe Brüder, durch die Barmherzigkeit Gottes, dass ihr eure Leiber begebet zum lebendigen, heiligen, Gott wohlgefälligem Opfer, welches sei euer vernünftiger Gottesdienst.“

Phil. 2,14-15 „Tut alles ohne Murren und Zweifel, auf dass ihr seid ohne Tadel und lauter, Gottes Kinder, unsträflich, mitten unter einem verdrehten und verkehrten Geschlecht, unter welchem ihr scheinet als Lichter der Welt.“

Röm. 6, 1-2 „Was wollen wir nun sagen? Sollen wir sündigen, auf dass die Gnade viel mächtiger werde? Das sei ferne, wie wollten wir in der Sünde leben wollen, der wir doch abgestorben sind.“

Vers 6 „Wir wissen, dass unser alter Mensch samt ihm gekreuzigt ist, auf dass der sündliche Leib vernichtet würde und wir hinfort der Sünde nicht dienen.“

Vers 14 „Die Sünde wird nicht herrschen können über euch, weil ihr nicht unter dem Gesetz seid, sondern unter der Gnade.“

2. Kor. 7,1 „Weil wir nun solche Verheissungen haben Geliebte, so lasset uns von aller Befleckung des Fleisches und des Geistes reinigen und vollbringen die Heiligung in der Furcht Gottes.“

2. Tim. 2.19 „Der feste Grund Gottes besteht und hat dieses Siegel: Der Herr kennt die Seinen und es sei abgetreten von der Ungerechtigkeit, wer den Namen Christi nennet.“

Hier wird also neben dem Zeugnis des Heiligen Geistes im Herzen, dass der Herr uns Gläubige als die Seinen erkannt hat, das andere nötige Zeugnis und Siegel erfordert, dass wir vor Gott, vor Menschen und vor uns selber gewiss sind, dass wir von der Ungerechtigkeit abgetreten sind.

Paulus kennt auch selbst von sich, dass er heilig und mit einem Gewissen wandelte, das ihn nicht anklage und stellt sich selbst als Vorbild hin.

1. Thes. 2,10 „Ihr seid Zeugen und Gott, wie heilig, gerecht und unsträflich wir bei euch, die ihr glaubtet, gewesen sind.

2. Kor. 1,12 „Denn unser Ruhm ist der: Das Zeugnis unseres Gewissens, dass wir in Einfalt und göttlicher Lauterkeit, nicht in fleischlicher Weisheit, sondern in der Gnade Gottes auf der Welt gewandelt sind, allermeist aber bei euch.

1. Kor. 11,1 „Seid meine Nachahmer, gleichwie wie ich Christi.“

Am Schlusse seines Lebens preist er Gott 2.Tim. 4,6-8 „Ich habe einen guten Kampf gekämpft, ich habe den Lauf vollendet, ich habe Glaube gehalten.“

Noch klarer spricht er sein hohes Heiligungsziel in seinen Wünschen und erhörungsfreudigen Gebeten aus.

1. Thess. 5,23-24 „Er aber der Gott des Friedens, heilige euch durch und durch, dass euer Geist ganz, samt Seele und Leib müsse unsträflich behalten werden auf die Ankunft unseres Herrn Jesus Christus. Getreu ist er, welcher euch ruft, er wird es auch tun.

Phil. 1,9 „Darum bete ich, dass eure Liebe je mehr und mehr reich werde an Erkenntnis und allerlei Erfahrung, dass ihr prüfen mögt, was das beste sei; auf dass ihr seid lauter und unanstössig auf den Tag Jesu Christi, erfüllet mit Früchten der Gerechtigkeit, die durch Jesus Christus geschehen (in euch) zur Ehre und zum Lobe Gottes.

Der Brief des Apostels Johannes ist von Anfang bis zum Ende voll von der Wahrheit, dass nur ein heiliges Leben, ein christliches Leben ist. Die Wahrheit wird so entschieden und scharf ausgesprochen, dass man bei manchen Sprüchen immer wieder versucht ist, noch einmal zuzusehen, ob das wirklich in der Entschiedenheit geschrieben ist. Darum ist auch das Beherzigen dieses Briefes die beste Bewahrung davor, dass man nicht die köstliche Lehre von der Rechtfertigung, allein durch den Glauben an Christus zu einem Polsterkissen der Fleischesfreiheit mache und sich nicht einbilde, dass die gründliche Heiligung und Reinigung von den Sünden nun weniger notwendig sei, weil man ja immer ein Sünder bleiben müsse, der täglich viel sündige. Der Johannesbrief bezeugt klar und deutlich, dass wir durch Christi Blut Eingang ins Reich Christi haben, nicht nur um ohne Schuld zu sein, sondern durch diese Kraft des Blutes, des Todes und der Auferstehung Christi auch heilig, im steten Tun des Willens Gottes zu leben.

1. Joh. 1,6 „So wir sagen, dass wir Gemeinschaft mit Ihm haben und wandeln in der Finsternis, so lügen wir und tun nicht die Wahrheit.“

1. Joh. 2,3-5 „An dem merken wir, dass wir Ihn kennen, so wir seine Gebote halten. Wer da sagt: Ich kenne Ihn und hält seine Gebote nicht, der ist ein Lügner und in solchem ist keine Wahrheit. Wer aber sein Wort hält, in solchem ist wahrhaft die Liebe Gottes vollkommen. Daran erkennen wir, dass wir in Ihm sind.“

1. Joh. 3,6 „Wer in Ihm bleibt, der sündigt nicht, wer sündigt, der hat Ihn nicht gesehen noch erkannt.“

1. Joh. 3, 23-24 „Und das ist sein Gebot, dass wir glauben an den Namen seines Sohnes Jesu Christi und lieben uns untereinander, wie er uns ein Gebot gegeben hat. Und wer seine Gebote hält, der bleibt in Ihm und er in Ihm. Und daran erkennen wir, dass er in uns bleibt, an dem Geist, den er uns gegeben hat.“

1. Joh. 4,12 „Niemand hat Gott jemals gesehen. So wir uns unter einander lieben, so bleibt Gott in uns und seine Liebe ist völlig in uns.“

Aus all diesen Versen geht klar hervor, dass eine blosse Schuldvergebung und zugerechnete Gerechtigkeit ohne Wandel in der uns bleibenden Gerechtigkeit und Liebe Christi auf die Dauer nicht bestehen kann. Jede angebliche Glaubensgewissheit und jedes angebliche Zeugnis des Heiligen Geistes wird für Irrtum erklärt, wenn es nicht vor Gott und unserem Gewissen wahr ist, dass wir in seinen Geboten und in der Liebe wandeln.

Ebenso redet der Apostel Petrus 1.Petr. 1,15-16: „Nach dem, der euch berufen hat und heilig ist, seid auch ihr heilig in all eurem Wandel. Denn es steht geschrieben: Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig.“

Es steht hier ganz deutlich, wie auch in den folgenden Versen: Seid heilig in allem eurem Wandel. Der Wandel ist etwas Tatsächliches, Praktisches.

2. Petr. 3,14 „Darum meine Lieben, weil ihr darauf warten sollt, so tut Fleiss, dass ihr vor Ihm unbefleckt und unsträflich im Frieden erfunden werdet.“

Jakobus weist nach, dass ein Glaube ohne Werke tot sei und dass man der Vollkommenheit und dem Wandel in dem vollkommenen Gesetz der Freiheit nachjagen müsse. Jak. 1,22 „Seid Täter des Gesetzes und nicht Hörer allein, damit ihr euch selbst betrüget. V 25: „Wer aber durchschaut in das vollkommene Gesetz der Freiheit und darin beharret und ist nicht ein vergesslicher Hörer, sondern ein Täter, derselbige wird selig sein in seiner Tat.

Der Schluss des Hebräerbriefes lautet 13, 20-21 „Der Gott aber des Friedens, der von den Toten ausgeführt hat den grossen Hirten der Schafe durch das Blut des ewigen Testamentes, unseren Herrn Jesus Christus, der mache euch vollkommen in allem guten Werk, zu tun seinen Willen und schaffe in euch, was vor Ihm wohlgefällig ist, durch Jesus Christus, welchem sei Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Schon im alten Testament wird immer auf Heiligkeit und Reinheit des Wandels gedrungen; die Frommen werden Heilige genannt, ja die Frommen berufen sich Gott gegenüber auf ihre Unschuld. Ps. 73,1 „Israel hat dennoch Gott zum Trost, wer nur reines Herzens ist.

Die Frommen im alten Bunde rühmen ihre Lust an den Geboten Gottes und preisen es, dass sie durch Gottes Gesetz erfreut und gereinigt werden, dass die Freude an den Rechten des Herrn ihre Stärke ist.

Wollte man lehren, dass Christi Erlösung nur die Schuld vergebe und vor groben Sündenausbrüchen bewahre, aber sonst der Christ, je älter er werde, nicht weiter komme, als dass er immer mehr Unreinigkeit an sich sehe und erfahre, dass an einen fröhlichen, siegreichen Wandel in der Heiligung durch die Kraft des Blutes nicht zu denken sei, so sänke man weit hinter das alte Testament, ja hinter die Morallehrer und mosaischen Vorbilder, welche sich in der Heidenwelt und unter Nichtchristen finden zurück.

Man soll sich dann nicht wundern, wenn solch ein Christentum auf die Fernstehenden und auf die Jugend alles andere als anziehend wirkt, wenn man es für Einbildung und Geschwätz erklärt; denn es führt offenbar nicht den Beweis des Geistes und der Kraft.

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