Humburg, Paul - Die ganz große Liebe - Fern über Land

Humburg, Paul - Die ganz große Liebe - Fern über Land

„ Der jüngste Sohn zog fern über Land, und daselbst brachte er sein Gut um mit Prassen.“ (V. 13)

Der Weg des verlorenen Sohnes ist ganz klar von dem Augenblick an, wo er sein Vaterhaus verlässt. Wenn er dem Vater den Rücken wendet, dann kann er nicht in der Nähe bleiben. Dann muss er fern über Land ziehen. Das Vaterhaus hat eine so mächtige Anziehungskraft. Wollte er es verlassen, so durfte er auch nichts mehr davon sehen und hören und durch nichts mehr daran erinnert werden. Niemand sollte ihm mehr etwas zu sagen haben. Er wollte ganz frei sein von der väterlichen Aufsicht. Und darum zog er, sein gutes Stück Geld in der Tasche, in die weite Welt hinaus. Sind nicht manche unter uns auch wie der verlorene Sohn fern über Land gezogen? Sie wollten nichts mehr hören von Gott, nichts mehr sehen vom Vaterhaus. Kein Bild, keinen Spruch, kein Lied mochten sie mehr in der Erinnerung behalten. Von dorther sollte ihnen kein Befehl mehr kommen. Sie wollten los sein von der Zucht des göttlichen Vaterhauses. Dorthin sandten sie auch keine Wünsche, keine Gebete mehr. Von dorther kam auch kein Segen mehr zu ihnen. Sie hatten sich genug geärgert an dem Glaubensleben ihres Elternhauses oder ihrer Umgebung in ihrer Jugendzeit, und die Gemeinschaft der Gläubigen war ihnen ärgerlich geworden, ihre Lieder waren ihnen zuwider. Das will man nicht mehr ertragen. Darum zieht man fern über Land. Die Lieder deiner Jugend sind wohl verstummt? Jetzt hörst du ganz andere Lieder. Der Weg ist ganz klar. Am Ende der Reise, in der Hölle, wirst du nie mehr gestört durch fromme Lieder und die Gebete der Gläubigen. Fern über Land. Ein Schritt zieht den andern nach sich. Die Richtung vom Vaterhaus hinweg führt in die Verdammnis. Fern über Land; und doch kommt zu dir immer wieder, von Gottes Vaterhaus fern, Gottes Liebe dir nach, die das Verlorene sucht. Und indem du dies liest, schickt er dir Botschaft fern über Land. „Von dem Vaterhaus fern glänzt dir nirgends ein Stern. O verlorenes Kind, komm heim!“ „Daselbst brachte er sein Gut um mit Prassen“, indem er heillos und ausschweifend lebte. Das kennt man ja: als ob das Geld kein Ende nähme. Man führt, wie man so sagt, „ein lustiges Leben“. Es finden sich „Freunde“ und „Freundinnen“ ein, solange der Beutel voll ist, Aussauger und loses Gesindel, die die Gutmütigkeit missbrauchen, und bald ist das Geld durchgebracht. Von dem allem merken die Leute nichts, bis es zu spät ist. Die Sünde macht nicht nur schlecht, sie macht auch dumm. Dann rechnet der Mensch nicht mehr. Er jubelt nur und prasst. Die Sünde bringt uns nichts ein. Sie ist der Leute Verderben. Sie bringt uns um unsere Existenz, so wie es bei Adam und Eva war, so dass wir nun anstatt im Paradies zwischen Dornen und Disteln leben.

Ich sah einmal auf der Rückseite einer Karnevalszeitschrift, die mein Gegenüber im Zuge las, eine Reihe lüsterner Bilder. Immer intimer wurde das Verhalten des Pärchens, das da miteinander zechte und prasste. Schließlich zogen sie miteinander ab. Und als Schlussbildchen stand darunter ein weinender Engel mit einer geknickten Lilie. Verlorene Unschuld, verlorene Jugend, verlorene Ehre, verlorene Gesundheit. Es war, als ob die Sünde sich selbst verspottete in diesen Bildern oder als ob der Teufel am hellen, lichten Tage lachte über die Narren, die sich in sein Höllennetz verlaufen. Fern über Land!

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