Helferich, Franz-Josef - Die Kindertaufe. Eine offenherzige Ansprache an die Mennoniten Deutschlands, etc.

Helferich, Franz-Josef - Die Kindertaufe. Eine offenherzige Ansprache an die Mennoniten Deutschlands, etc.

Eine offenherzige Ansprache an die Mennoniten Deutschlands

von einem Freunde des Hinankommens zu einerlei Glaube und Erkenntniß des Sohnes Gottes,

Pfarrer Helferich zu Beedenkirchen, Großherzogthum Hessen.

Zum Besten des Rettungshauses zu Jugenheim, Kreises Bingen.

Vorwort.

Es sind wohl schon dickleibige Schriften über meinen Gegenstand erschienen, aber nicht für das Volk geschrieben gewesen, auf welches ich es abgesehen habe. Weil jetzt auch unter den evangelischen Protestanten ein antikirchlicher und kindertaufgleichgültiger Modegeist Propaganda macht, möge der Herr auch unter diesen in Gnaden meine Ansprache gesegnet sein lassen, welche, wie es sich von selbst versteht, kurz sein und in der salzigen Offenherzigkeit ihre Kraft beweisen muß.

Beedenkirchen, den 23. Juli 1865.

Der Verfasser.

Geliebte Brüder! Die ihr euch von einem gottesfürchtigen Manne Menno Simonis, 1496 zu Witmarsum geboren und 1561 im Holstein'schen gestorben, Mennoniten nennt und unter uns Evangelischen Deutschlands in einzelnen zerstreuten Gemeindchen und Gehöfen, meistens an irdischen Gütern gesegnet, wohnet; ihr habt das Recht, von mir zu erwarten, daß ich euch nach eurem religiösen Denken und Leben kenne, wenn ich euch bezüglich euerer Verwerfung unserer evangelischen Kindertaufe für diese anreden will. Ich weiß euch wohl zu unterscheiden von jenen Wiedertäufern, welche in unserem Augsburger Religionsbekenntnisse nach dem damals herrschenden, von dem Herrn der Kirche gewollten, den großen Segen eines läuternden und brüderlichen Streites über den verschiedenen Ausdruck des Einen Glaubens bringenden Geiste der Kirchenzucht von der Lutherischen Kirchengemeinschaft ausgeschlossen wurden, weil sie:

a. die Kindertaufe verwarfen und behaupteten, daß Kinder, wenn man sie auch nicht taufe, dennoch selig verstürben;
b. meinten, der h. Geist werde den Menschen auch ohne das äußere Wort Gottes durch ihre eigenen Vorbereitungen und Werke mitgetheilt;
c. die Uebernahme weltlicher Aemter verboten;
d. das Ende der Strafen für verdammte Menschen und Engel, also die Wiederbringung aller Dinge, annahmen;
e. läugneten, daß einmal Gerechtfertigte den h. Geist verlieren könnten, und endlich
f. Eid und Kriegsdienste für eine Kirche, die ja völlig aus Heiligen bestünde, unstatthaft erklärten.

Von diesen Wiedertäufern weiß ich euch wohl zu unterscheiden, welche anfangs die Feinen oder die alten Flaminger, später von ihrem Häuptling Samuel Aposteol, Prediger zu Amsterdam, gestorben 1699, die Apostoolen, zum Unterschiede von den Galenisten, von Galenus Abrahams de Haen, Prediger zu Amsterdam (gestorben 1706) geheißen wurden. Auch weiß ich euch wohl zu unterscheiden von den Sonnisten, die das Zeichen einer Sonne am Hausgiebel, und von den Lammisten, die das Zeichen eines Lammes an ihren Kirchen hatten; läppische Spielerei, ein Zeichen innerer Leerheit. Von allem diesem Namen- und Sectengetriebe seid ihr weit entfernt und uns nahe im Glauben an Jesum Christum getreten, der uns, ein gemeinschaftlicher Fels des Heils, gemacht ist zur Weisheit, Gerechtigkeit, Heiligung und Erlösung. Nur was die Kindertaufe anbelangt, unterscheidet ihr euch unter Anderem recht sichtbar und auffallend von uns, und schon lange gehe ich mit dem Gedanken um, euch deswegen herzlich und liebreich anzureden, ob ihr nicht auch noch diese ärgerliche Scheidewand einreißen und euch des gerechten Anspruchs auf Katholicität theilhaftiger machen wolltet, welchen wir Evangelische unter Anderen auch der römischen Kirche absprechen müssen. Ihr antwortet mir: ja, wir wollen es, wenn du uns mit hellen Gründen von der Rechtmäßigkeit, Gültigkeit und von dem christlichen Wesen der Kindertaufe überzeugest. Wohlan, das soll geschehen, und ihr dürfet euer Herz nicht gegen die Wahrheit verschließen und namentlich ihr Erweckte und Bekehrte unter den Mennoniten werdet Nichts können gegen die Wahrheit, weil ihr das Zeugniß des h. Geistes in euch habt, daß ihr aus der Wahrheit seid und das Wort Gottes höret: I. Zu erst muß ich von den h. Sakramenten überhaupt,
II. Hernach von dem Sakramente der h. Taufe insbesondere,
III. Endlich von der Kindertaufe Einiges vorausschicken,
IV. Bevor ich eure und anderer Leute Widerreden beleuchten kann.

I. Von den h. Sakramenten überhaupt.

Sakramente sind heilige, geheimnißvolle, weil göttliche, von Jesu Christo selbst eingesetzte Handlungen, darin durch äußere unscheinbare Sachen als Wortzeichen: Wasser, Brod und Wein, große unsichtbare Gnadengüter dem ertheilt werden, welcher diese Sachen als Wortzeichen im Glauben empfängt, um in seinem Herzen versichert zu sein, daß die daran geknüpfte Verheißung an seiner Seele in Erfüllung gegangen sei. Schon vor Vollendung des Lebens Christi auf Erden waren die h. Sakramente in vorbildlichen Weisen dagewesen, die h. Taufe in der Beschneidung, und das h. Abendmahl im jüdischen Pascha, welche beide (und sonst keine weitere) Christus vorfand und als Vollender des Gesetzes und Verklärer des veralteten Testaments in Geist und Leben des neuen Bundes allein emporheben mußte, konnte und wollte. Im alten, wie im neuen Bunde erweiset sich das h. Sakrament als eine von Gott ausgebende Bundeshandlung, welche für die Gemeinschaft der Heiligen oder für die Kirche ein feierlicher Akt der Societät und brüderlichen Unität ist, darin sich Gott in Christo Jesu, dessen geheimnisvoller Leib die Gemeinde ist, in der feierlichsten Versicherung seiner Gnade mit den Menschen in dessen feierlichsten Versicherung seines Glaubens vereiniget. In solcher Bundesfeier wird die Gnade zum göttlichen Eid und der Glaube an die zugeschworne Verheißung ein heiligstes Gelübde. Durch die h. Sakramente soll der geheimnisvolle Leib Christi, ja der, in den Menschen selbst Gestalt gewonnene, in die Erscheinung des Lebens tretende Christus stets neu aufgebaut werden; Christus soll Mensch werden; der Geist des göttlichen Wortes will in Fleisch und Blut übergehen, eingeben und darin wohnen und wandeln; deswegen wer immer zur Societät, zur Brüderunität, zur Gemeinschaft der Heiligen gehört, muß, darf, soll und kann die h. Sakramente empfangen, darin Alle in Eins zusammengefaßt werden, Junge und Alte, Freie und Sklaven, Heiden und Juden, Männer und Weiber, Reiche und Arme; Hohe und Niedere, selbst Todte und Lebendige, die streitende und die triumphirende Christenheit. Wen der Herr nicht in diesem sakramentalen Verbande findet, darum weil er ihn nicht zugebracht, zugeboren worden und nicht geneigt ist, den zählt Er, das Haupt, nicht zu seines Leibes Gliedern; Er, der gute Hirte, nicht zu den Schafen seines Bundesstalles; Er, der Blutbräutigam, nicht zu seinen Blutbesprengten; Er, der König Israels, nicht zu seiner Bürgerschaft, sondern betrachtet ihn als einen, der außerhalb des Lagers steht und noch in einem fremden ungeheiligten Schafstalle ohne Hirte lebt. Das Wort ist der Lebensgeist der h. Sakramente und das Sakrament ist die Lebensgestalt des Wortes. Durch das Wort geht die Kirche ein in die Welt und durch die h. Taufe geht die Welt ein in die Kirche; durch das H. Abendmahl erscheint die geheiligte Welt in der Kirche und die verherrlichte Kirche in der Welt. Man kann also sagen: das Wort bricht der Kirche die Thüre durch die Bollwerke der Welt; die Taufe ist die einzig offene Thür zum Eingang der Welt in die Kirche und das h. Abendmahl ist die Freudenfeier der Menschen, daß sie nicht mehr in der Welt stehen, sondern am Leibe Christi als Glieder leben und als Reben am rechten Weinstocke Frucht bringen, die in's ewige Leben bleibt. Wer nicht getauft ist, steht in der Welt, hat Gemeinschaft mit allen todten Werken der Welt, darin nicht Christus ist, ja die keinen Gott hat, und wird solidarisch mit der Welt aufgegriffen.

Das Sakrament aller Sakramente ist und bleibt jenes große Geheimniß der Gottseligkeit: Gott geoffenbart im Fleische; denn überall, wo das Höhere sich mit dem Niederen verbindet, entsteht ein Sakrament. Folglich ist die ganze sichtbare Natur ein Sakrament; ebenso und noch höherer Art jede gläubige Predigt des Evangeliums sammt deren Wirkung auf die Zuhörer; ebenso die ganze Kirche als der mystische Leib Christi und als die Mutter aller Kräfte der Wiedergeburt und Heiligung. Die Ehe sammt Kinderzeugung ist ein Natur- oder Schöpfungssakrament, das schon im Paradiese war, deshalb der Kirche Christi nicht vorzugshalber und ausschließlich, sondern schon vor der Kirche der ganzen Welt angehört, und wird auch als ein Abbild der sakramentalischen Verbindung Christi mit seiner Braut, der Kirche, von dem Apostel angeführt.

Die Siebenzahl der Sakramente in der römischen Kirche stammt aus der römischen eigenliebigen Kirchmacherei und Gottesdienstdrechslerei, aus der Zeit der abfälligen Veräußerlichung; denn die katholische Kirche hatte von Anfang an die Zweizahl: Wasser und Blut (1. Joh. 5, 6); die spätere römische Kirche hatte unter Rabanus Maurus und Paschasius Radbertus die Vierzahl: Taufe, Chrisma, Leib und Blut, und nachdem Bernhard von Clairvaux das Fußwaschen hinzugefügt hatte, Andere Anderes, konnte Damiani schon zwölf Sakramente zählen, bis zuletzt Otto von Bamberg einlenkte und in Pommern die h. Siebenzahl festsetzte, worin ihm die Scholastik in Peter dem Lombarden, dann das Kirchenrecht in Gratian's Dekreten, zulegt das Papstthum in Eugen IV. auf der Synode zu Florenz 1439 nachfolgten.

Genug über den unnützen Zahlenstreit! Wir Kinder der Reformation freuen uns, in diesem Stücke mit der apostolischen, also einzig wahren katholischen Kirche einig zu sein. Wir Evangelische sind katholisch.

II. Die hl. Taufe insbesondere.

Die h. Taufe ist die erste jener zwei göttlichen, von Jesu Christi selbst eingesetzten, Bundeshandlungen, darin durch die äußere Sache oder das Wortzeichen, nämlich das Wasser, große unsichtbare Gnadengüter demjenigen ertheilt werden, welcher dieses Wasser im Glauben empfängt, um in seinem Herzen versichert zu werden, daß die daran geknüpfte Verheißung: als Abwaschung von Erb- und Werksünden durch Kraft des Blutes Christi und Einweihung in die christliche Kirche durch Mittheilung des h. Geistes, an seiner Seele in Erfüllung gegangen sei. Die h. Taufe ist das Sakrament des Todes Jesu in seiner angewandten Kraft zur Entlastung der Welt von ihrer Schuld und, wie schon oben gesagt, die Thüre zur Kirche; die Pforte des Heils, das Wasserbad im Worte; die Sündfluth im Kleinen ; ein Bad der Wiedergeburt und Erneuerung des h. Geistes; der Bund eines guten Gewissens mit Gott; ein freier offener Born wider die Sünde; die Beschneidung des Herzens nicht mit Händen geschaffen; der Durchgang durch's rothe Meer, welches zwischen Pharao oder Knechtschaft und Jerusalem oder der freien Mutter strömt; der Jordan für die Naemans; der Teich Bethesda für die verzweifelt bösen Kranken; ein Gnadenorden auf der Brust der Seele; ein Siegel der Verheißung in das Herz gedrückt; ein Bundeszeichen an der Stirne; ein Ring der Kindschaft an der Hand; ein weißes Kleid von Seide für den wiedergefundenen Sohn, der todt war, und der Schutz unter der Wolke der Herrlichkeit des Herrn. Wir sind sammt Christo durch die Taufe begraben in den Tod, daß gleich wie Christus ist von den Todten auferweckt durch die Herrlichkeit des Vaters, also sollen wir auch in einem neuen leben wandeln. Es soll also der alte Adam in uns durch tägliche Reue und Buße ersäuft werden, und sterben mit allen Sünden und bösen Lüsten und wiederum täglich herauskommen und auferstehen ein neuer Mensch, der in Gerechtigkeit und Reinigkeit vor Gott ewiglich lebe. Die h. Taufe wird ertheilt auf den Namen der hochheiligen Dreieinigkeit, welche zu einem Täufling kommen und Wohnung bei ihm machen will, um ihr Bildniß in demselben aufzubauen. Ohne das im Namen der H. Dreieinigkeit mitgetheilte Wasser und ohne den darin zugesicherten und mitgetheilten h. Geist kann Niemand in das Reich Gottes kommen; denn es sei denn, daß jemand geboren werde aus dem Wasser und Geist, sonst kann er nicht in das Reich Gottes kommen. Durch Geburt von der Mutter kann Jemand zum Reich Gottes gehören, wenn er im christlichen Kirchenverbande, von einem Gliede der Gemeinschaft als ein natürliches Eigenthum der Gemeinde, welche der Leib Christi ist, für die Gemeinde geboren wird; aber nur durch die h. Taufe gelangt er in das Reich Gottes zu seinem Anspruche und Rechte in Reihe und Glied des mystischen Leibs Christi auf Erden. Dahin gehört und zielt das Wort Christi: Lasset die Kindlein zu mir kommen, denn ihrer ist das Himmelreich; dahin gehört auch der Spruch: vom Mutterleibe bin ich auf dich geworfen, das heißt: ich falle bei meiner Geburt von der Mutter der Societät Christi in die Hände, und in dieser Bedeutung gehören beide Sprüche schon zu den Beweisen für die Kindertaufe.

III. Die Kindertaufe.

Ist die Kindertaufe evangelisch? Ja, denn sie ist

a) kirchlich anerkannt,
b) der Bibel genehm, und
c) durch kirchliches Leben bewährt.

ad a. Sie ist kirchlich anerkannt.

Auch die evangelische Kirche erkennt eine h. Ueberlieferung aus der apostolischen Zeit an, d. h. einen zusammenhängenden, weder Lücken lassenden, noch Sprünge machenden, historischen Verlauf der christlichen Jahrhunderte in der Kirche, also einen außerbiblischen Nachweis über apostolische Anordnungen und Auffassungen von biblischen Wahrheiten. Auch die evangelische Kirche nimmt an, daß die Apostel Anordnungen getroffen haben können, wovon gerade nicht ausdrücklich und förmlich die Sprache in der Bibel sein kann, in welcher nur das Wesentliche, zur Seligkeit Gehörige und Nothwendige des Geistes steht. Ehrwürdig ist der evang. Kirche das apostolische Glaubensbekenntniß, darauf alle Christen getauft worden sind. Ehrwürdig sind ihr die kirchlichen Sacramentalien, als: Lossprechung oder Absolution, Bekräftigung oder Confirmation, Predigerweihe oder Ordination, Eheeinsegnung oder Copulation und das Gebet des Glaubens über die Kranken oder Präcatiofidei unter Anwendung stärkender, erquicklicher Salben, Oele und anderer Pflegemittel. Ehrwürdig ist ihr die Reihenfolge der biblischen Bücher, wie sie in der apostolischen Kirche galten und gebraucht wurden. Ehrwürdig ist ihr die Stiftung des Sonntags an die Stelle des Sabbaths und ebenso die Stiftung des Kirchenjahres oder des Kreislaufs h. Feste und Festzeiten, sammt der betreffenden Wahl der evangelischen und apostolischen Abschnitte. Ungleich wichtiger aber ist der evang. Kirche die Rindertaufe. Angenommen, die Kirche hätte uns alles Dieses nicht als apostolische Anordnungen überliefert und wir sollten nur allein die h. Schrift vor uns nehmen, so würden wir wohl etwas Aehnliches, aber doch Dasselbe nicht haben, wenigstens würden wir es jetzt mit großem Widerspruche aufsetzen oder wahrscheinlich gar nicht aufzusetzen vermögen. Alle Ueberlieferung ist gut, wenn sie dem biblischen Geiste entspricht und der Anbetung Gottes im Geiste und in der Wahrheit nicht entgegen ist. Wie wäre es auch denkbar, daß die Kindertaufe hätte eingeführt werden können, wenn sie nicht auf apostolischem Boden gewachsen wäre? Was müßte man gotteslästerlich von dem Hüter Israel, der doch nicht schlummert, noch schläft, halten, weil Er die Kindertaufe als eine baare Sakramentsberaubung hätte vorherrschend werden lassen? Wohlverstanden, die Kindertaufe wäre nichts Anderes, als eine in der Kirche herrschende Sakramentsberaubung für die Jahrhunderte alle; nichts Anderes, als ein Gottesraub, der ein grundlegendes Sakrament aufgehoben und zernichtet hätte. Die theilweise Sakramentsberaubung durch die Kelchentziehung und die Sakramentsentstellung durch Umwandlung des Abendmahls in die geldkostende Messe der römischen Kirche können hier nicht entgegen angeführt werden; denn beide sind Ausgeburten des Papstthums, begannen erst Jahrhunderte nach den Aposteln und fanden bei den bibelgläubigen Christen ihre verdiente Verwerfung. Die christliche Kirche aller Zeiten und Orte von den Aposteln an taufte Kinder christlicher Eltern, und glaubte sie taufen zu müssen, weil ihnen der Glaube nicht abzusprechen ist. Freilich den Werk-Glauben haben die Kindlein noch nicht, das ist: die auf gesegnete Anhörung des Wortes Gottes gegründete Erkenntniß des Heils in Christo und das herzliche, auf ein kräftiges Fürwahrhalten der h. Schrift gegründete Vertrauen zu dem unendlichen Verdienste Jesu Christi, an welchem schon Viele Schiffbruch gelitten und auch den Segen des Erbglaubens verloren haben, der nur in den Auserwählten fest bleibt. Wohl aber haben die Kindlein diesen Erbglauben, der da ist die vorlaufende Gnade, von christlichen Eltern in die und in der Gemeinschaft Christi geboren werden und folglich nach des Apostels Wort (1. Cor. 7,14 und Röm. 11,16) heilig zu sein und gerechten Anspruch auf die Verheißung in Christo nach der Schrift: ihrer ist das Himmelreich zu haben, von welcher Verheißung die h. Taufe Versieglung und Unterpfand ist.

Dieser vorgeburtliche Rechtsanspruch, sonst auch Erbsegen geheißen, wird von der h. Schrift also gedeutet: Der ungläubige Mann wird geheiliget durch das Weib und das ungläubige Weib wird geheiliget durch den Mann, sonst wären eure Kinder unrein, nun aber sind sie heilig. Ist der Anbruch heilig, so ist auch der Teig heilig, und so die Wurzel heilig ist, so sind auch die Zweige heilig. Sind also die Kinder aus einer gemischten Ehe zur Zeit des Apostels rein und heilig, nicht an und für sich, als ob sie nicht in der Erbsünde geboren wären, sondern von wegen ihres natürlichen Verbandes mit der Gemeinde und weiterhin durch die Gemeinde mit dem Haupte Christo; sind sie Bundeskinder mit dem Anrecht auf die Bundesgüter: so soll man es ihnen nicht wehren, soll sie zu Christo kommen lassen auf dem von Christo selbst angeordneten Wege, soll sie in die Kirche aufnehmen und ihnen das Bundeszeichen nicht vorenthalten. Kindertaufe ist ja nur ein leidendes Empfangen einer heiligenden Einwirkung des Lebens aus Gott, nicht aber ein freibewußter Glaube an die Predigt von Christo, geschweige eine völlige Neugeburt, welche erst in verschiedenen Stufen der Taufe nachfolgt, wie sie zur Apostelzeit der Taufe der Erwachsenen vorausging. Mose nahm auch Anstand, sein Kind zu beschneiden, weil er es außer dem Verbande mit Israel mit einer Heidnischen Frau gezeugt hatte; wie erging es ihm? Der Herr begegnete ihm, ihn zu tödten, weil er das Anrecht verachte. Esau verachtete auch dieses sein Anrecht; wie erging es ihm? Er fand hernach keinen Raum zur Buße, obgleich er sie mit Thränen suchte. Die Jünger waren unwillig darüber, daß man unvernünftige Kindlein brachte, um sie von Christo einsegnen zu lassen; thaten sie recht?

Die Kindertaufe, ist sie denn ein neu Gebot? That sie die Kirche des alten Testamentes nicht an jedem, in die Societät und zum Eigenthum der israelitischen Brüderunitat gebornen Kinde am 8. Tage, und reihet sich das neue Testament nicht eng, streng und genau an das alte an? Sind etwa die Judenkinder mehr oder weniger gewesen, als unsere Kinder? Gab das Heil in Christo, ehe es noch erschienen, als es erst nur verheißen war, dennoch auch schon den Kindern ein Anrecht auf Gottes gesammte Gnade; wie sollte dasselbe Anrecht den Kindern derer, die an den erschienenen Heiland glauben, vorenthalten werden können? Soll denn die Gnade im neuen Bunde schwächer sein, als im alten? Handelt Gott mit freier Gnade an dem Menschen in der Taufe, so kann der Segen der Taufe auch auf dem Säugling ruhen und mit der Entwicklung dessen geistiger Fähigkeiten ins Leben treten, gleichwie wir von Johannes dem Täufer selbst nicht ohne Bedeutung lesen, daß er schon im Mutterleibe mit dem h. Geiste erfüllet worden sei. Unvernünftiges liegt auch nicht in der Kindertaufe, ebenso auch nichts Unbedachtsames. Die Eltern bringen das Kind und begehren die Taufe für dasselbe; die Pathen halten es im Glauben dar und verpflichten sich der Kirche, überdies legen sie dem Kinde einen Namen aus den himmlischen Reichsbürgerrollen bei - und sollte dieser bürgende, fürsprechende und thatsächliche Glaube keine Erhörung erlangen? Lesen wir doch von Christo: und als Er ihren Glauben sah, sprach Er zu dem Gichtbrüchigen: sei getrost mein Sohn, dir sind deine Sünden vergeben.

Oder thut die Kirche mit der Kindertaufe etwas wider den h. Geist? Nein, dies am wenigsten; denn nach diesem Geiste konnte St. Paulus sagen, daß es Gott wohlgefiel, ihm die Offenbarung seines Sohnes zu schenken, da Er ihn schon von Mutterleibe hatte ausgesondert und berufen durch seine Gnade. (Gal. 1,15.) Wenn denn unsere Aussonderung von Mutterleibe schon die Versiegelung durch die h. Taufe fordert, warum sollte sie die Kirche verweigern? Das getaufte Kind ist ein für allemal in den Mutterschooß der Kirche aufgenommen. Ob aber die Mutter es lebendig gebären wird zum Leben, oder todt zum Tode, das ist damit noch nicht entschieden. Offenbar ist die Kindertaufe unter normalen Verhältnissen am entschiedensten sofort als sociale Wiedergeburt zu erkennen. Eben weil das sind noch keinen eigenen Willen und Vernunftgebrauch hat und mit aller persönlichen Selbstbestimmung der Kirche anheimfällt, ist es in seiner unverkürzten Bildsamkeit dem unbegrenzten Einflusse der Kirche übergeben. Auf die Geltung der Kindertaufe in der apostolischen Gemeinde darf man schon aus der Idee des jüdischen Reinigungsgesetzes schließen, mit welchem die Taufe in ihrem Ursprung durchaus verwandt ist. In den judenchristlichen Gemeinden durften die Kinder nach den Begriffen von der Gemeinschaft der Reinheit und Unreinheit nicht ungetauft bleiben, wenn die Eltern getauft wurden; daher redet auch das neue Testament von der Taufe ganzer Hausgenossenschaften. (Apostg. 16,15; 1. Cor. 1,16.)

Die Kindertaufe setzt drei Faktoren voraus: der erste ist der Glaube der Eltern, welcher das Kind zur Taufe bringt mit dem Gelübde, dasselbe christlich zu erziehen, und sich ergänzt durch den Glauben der Gevatter, welche als Gewährsmänner der christlichen Erziehung dastehen; der zweite Faktor ist der Erbsegen oder Erbglaube, den Luther den unbewußten Glauben nannte; der dritte Faktor ist der Glaube der taufenden Kirche, welche das Kind mit dem Taufsegen beschenkt und bis zur Confirmation in ihre Pflege aufnimmt, welche Faktoren jede List- und Zwangstaufe, etwa wie des kleinen Mortara, d. h. jede jesuitische Propagandentaufe auf's entschiedenste verwerfen. Wer freilich nur den Artikel von der Erbsünde glaubt, dabei aber die Wahrheit des Erbsegens verkennet; wer freilich die Begriffe von Erbgerechtigkeit und Werkgerechtigkeit, von Erbglaube und Werkglaube, von Erbsünde und Werksünde sich nicht klar auseinander zu legen vermag, dabei den Zusammenhang des neuen mit dem alten Testamente und die segnende, anziehende, umspinnende Macht des Bundesgeistes, der Bundesgemeinschaft und h. Societät Christi außer Acht läßt, mag leicht verkennen, daß die Kindertaufe eben die schönste Bewährung der Christlichkeit des Christenthums, die Feier des unbedingten Sieges seines Geistes über das Fleisch bildet, und die Taufe erst als Kindertaufe in ihrer ganzen schönen Vollendung vorhanden ist. Es hat zu Abraham geheißen: in deinem Samen sollen alle Geschlechter der Erde gesegnet werden; nicht in deinen mündlichen Traditionen und in deinen Schriften. Nach dem Systeme von Manchen müßte das Neue Testament mit einem Register der Bücher des Alten Testamentes beginnen; dafür aber bringt es einen Stammbaum ( Matth. 1, Luc. 3); denn durch den Glauben Abrahams war der Segen in seinem Samen erblich geworden. Von diesem Geheimniß weiß der Baptismus nichts, sonst wüßte er die christliche Kindertaufe besser zu würdigen, und es ist auch von der kirchlichen Schule nicht genugsam gewürdigt, sonst würde sie den Baptismus siegreicher widerlegen. Die Kindertaufe ist von der Kirche Gottes des alten und neuen Testamentes nicht nur anerkannt, sondern sie ist der Kirche Basis und Geburtsschein und Wanderpaß, der ihr von Gott aus- und zugefertigt worden.

ad b. Sie ist der Bibel genehm.

Die Kindertaufe ist in der Bibel freilich nicht so bestimmt und ausdrücklich geboten: gehet hin und taufet auch die kleinen Kinder; sie braucht es auch nicht zu sein, eine solche Weisung stritte grob gegen die in der h. Schrift allenthalben anzutreffende Oekonomie Gottes; sie ist doch in der Bibel nicht unklar befohlen und überhaupt der Bibel gar nicht entgegen, ja vielmehr sehr genehm. - Cornelius glaubte, Crispus, Gajus, Stephana, der Kerkermeister und Lydia glaubten, und wer wurde alsbald getauft? Ihre Häuser wurden getauft, also auch mehr oder weniger erwachsene Kinder wurden dadurch in die Arche Christi aus den Fluthen des weltlichen Verderbens aufgenommen, wie Cham und seine Frau, wie auch die Kinder unter Mosen getauft wurden mit der Wolfe und mit dem Meer, und hat sie nicht in Egypten gelassen. Kam der Glaube aus der Predigt eines Apostels über das Haupt eines Hauses, so gehörten im Grunde mit den Eltern auch die Kinder, mit dem Hausherrn auch das ganze Haus, zumal gekaufte Knechte, in den Kirchenverband, und es wäre unnatürlich und lieblos gewesen, wenn Eltern und Herrschaften nicht auch ihre Kinder und Sklaven zugleich mit sich dem Herrn für seinen Gnadenbereich und dem Einflusse des h. Geistes dargestellt hätten. Von Kindheit auf soll man die h. Schrift wissen; sehr frühe soll mit den Kindern Gebet und Religionsunterricht angefangen werden, gleich mit den ersten Jahren soll das Kind gesegnete Eindrücke des christlichen Lebens in der Kirchengemeinschaft empfangen und von den nachhaltigen Eindrücken des Bösen bewahrt werden; - gehört dazu nicht auch die Taufgnade sammt allen ihren Segnungen und die Gemeinschaft des h. Geistes? Ist es nicht ein Erforderniß dieses Segens, daß die Erbsünde von Gott abgewaschen sei, nämlich zugedeckt vor Gott der traurige Zustand unserer gefallenen Natur und das göttliche Mißfallen, damit sich Gott zu der Creatur in einen h. Verband der Einigkeit gesetzt wisse? Geht denn die Kinder nicht das Wort Christi an: es sei denn, daß jemand wiedergeboren sei aus dem Wasser und h. Geiste, sonst kann er nicht eingeben in das Reich Gottes? Ist etwa für Kinder ein anderes Sakrament angeordnet, wodurch sie vor Gott wohlgefällig dargestellt werden? Bedürfen sie der Rechtfertigung im Blute Christi nicht ebenso gut, als die Erwachsenen? Und wenn Christus sagt: ihrer ist das Himmelreich, spricht er dies zunächst von allen Kindern der Welt, ober bloß von den Bundeskindern, welche das Bundeszeichen bereits trugen? Wahrlich, nicht von den unbeschnittenen heidnischen Rindern! Man lese doch Matth. 18,6, wie dort Christus die Bundeskindlein für sein Reich in Schutz nimmt und ihnen Glauben an sich zuschreibt, oder Marc. 10,14, wie er unwillig wird, weil seine Jünger Kinder gewiß aus dem Grunde, daß sie keine Vernunft hätten, zurückwiesen und des Segens Christi unempfänglich hielten. Wo gibt es eine Stelle in der h. Schrift, welche die Kindertaufe verbiete? Wäre die Kindertaufe so heillos, daß man sich um ihretwillen von der evang. Gemeinschaft absondert, so hätte der Herr gewiß in der Bibel einen Wink gegeben oder geben lassen, um diese schreckliche, himmelschreiende Entartung, diesen Gottesraub und Sakramentsverunehrung zu verhüten. Darum erscheint die Verwerfung der Kindertaufe als eine bittere Wurzel, welche aus dem Abhandenkommen des Begriffs der Kirche als des Leibes Christi, darin sie allzumal Einer sind, hervorkam, welches Abhandenkommen zum Boden der Sectirerei gehört.

Die h. Schrift stellt die Gemeinschaft der Heiligen als einen Leib mit Haupt und Gliedern, als einen Organismus, als eine Einheit damit ihrem bekannten Ausspruch: sie sind allzu mal Einer in Christo, Ein Leib und Ein Geist rc. Gehören die Kinder nicht zu diesem Einen Leib? Sind sie nicht leiblich zusammengeronnen (Hiob 10, 10).im Mutterleibe, der ein Glied Christi ist? Sollte von dem Einen Leib Etwas geboren werden, das nicht dazu gehöre? Von Einem Gliede des Leibes Christi sollten Familienglieder kommen, die nicht zum Leib Christi gehörten und keine Glieder wären? Sind die natürlichen Menschen doch allzumal Einer, da sie noch in Adams Lenden lagen und in ihm mitgesündiget haben, darum in der Erbsünde geboren werden! Ist nicht Levi in Abraham verzehntet? Und im zweiten Adam sollte dasselbe nicht geistlicher Weise stattfinden? Da sollte ein neugebornes Kind von christlichen Eltern ein Heide sein und kein Bundeszeichen tragen dürfen, wie wirklich eine mennonitische Pfarrfrau ihre 16jährige Tochter einem evang. Pfarrer auf einem Missionsfeste als eine Heidin vorgestellt hat spöttisch, aber prophetisch, weil diese Jungfrau dazumal noch nicht getauft war? Christliche Eltern haben eine ungetaufte Heidin als Tochter ihres Leibes!!! Die Kindertaufe hebt solche Anomalie auf.

Dr. Steinmayer stellte auf dem Kirchentage zu Frankfurt a. M. folgende Gedanken ins Licht:

1) daß auch die Kinder getauft werden müssen;
2) daß gerade die Kinder getauft werden dürfen;
3) daß eben die Kinder christlicher Eltern getauft werden sollen.

ad 1.

Wirkt die Taufe den Tod des alten Menschen, welcher das Reich Gottes nicht ererben kann, so kann man nur im Sinne der verdächtigen, pelagianisch lautenden Frage des Tertullian: warum eilt das schuldlose Alter zur Taufe? an der Nothwendigkeit der Kindertaufe Zweifel haben. Es steht nach der Schrift nicht so, als sollte die Taufe blos die Sünden abwaschen, sondern der Tod, in welchen sie versenkt, soll die Vorhaut des Fleisches wegnehmen und die Ablegung des sündlichen Leibes im Fleische ermitteln. (Col. 2, 11-13.) Gilt es von den Kindern: was vom Fleisch geboren ist, das ist Fleisch, so muß auch ihre verderbte Natur in der Taufe gebrochen werden; sie können zum Zweck der Aufnahme in die Gnade der Taufe nicht entbehren. Angesichts der Möglichkeit ihres Todes muß um so mehr, als sie dem Belehrtwerden unzugänglich sind, das andere Gnadenmittel: alle Völker zu Jüngern zu machen, nämlich die Taufe an ihnen angewendet werden.

ad 2.

In der Taufe wird Nichts gegeben, wonach man die Hände ausstrecken, wofür man ein sehnendes Herz öffnen müsse, sondern die Taufe wird erlitten. Bei den Erwachsenen kommt es darauf an, ob sie die Taufe erleiden wollen, und sie wollen es nur, wenn sie zuvor wieder Kinder geworden sind; so sind die Kinder in der That und Wahrheit die rechten Täuflinge.

ad 3.

Der Apostel Petrus spricht am ersten Tauftage: eurer und eurer Kinder ist diese Verheißung (Apstlg. 2, 39). Durch ihre natürliche Abstammung sind die Kinder schon Heilige (1. Cor. 7,14), sanctionirt und secernirt von der Welt, auf Christum hingeboren und so gewiß sie Fleisch vom Fleisch zu den Vielen gehören, zu welchen Adams Sünde und Tod durchgedrungen ist, ebenso gewiß sind sie als Christkinder unter die Zahl der Vielen berufen, an welchen sich die Durchdringung der Gnade verherrlichen soll. Die Kirche hat ein Recht an ihnen, und sie an der Kirche; und diesen offenbar gewordenen Gotteswillen nicht realisieren wollen, das hieße gegen die Berufung Gottes streiten und der vom Heilande mit Ernst gerügten Sünde der Jünger verfallen. (Marc. 10,14). Darauf kommt uns wenig an, ob im Hause der Lydia; des Kerkermeisters und Stephanas auch Kinder gewesen seien, oder nicht; aber das ist um so wichtiger, daß das ganze Haus getauft wurde, nachdem der Herr desselben sich hatte taufen lassen; gleichwie Abraham nicht den Befehl allein empfing und vollzog, sich selbst zu beschneiden, sondern auch die Weisung, die Beschneidung an allen männlichen Bewohnern seines Hauses, insonderheit an seinem Sohne zu vollziehen.

Wenn denn die Kindertaufe Nichts und die Taufe der Apostel, also nur an Erwachsenen geschehen, das Siegel, die Bestätigung der Wiedergeburt und Erneuerung und die Bekräftigung eines erschauten Glaubens sein soll - was für Stumpfsinnige und Kurzsichtige müssen die Apostel gewesen fein, daß sie einen Anania und Sapphira, einen Simon den Zauberer, einen Alexander den Schmied u. A. getauft haben! Auf die Frage: was wirkt die Taufe? müssen die Baptisten eine sehr ausweichende Antwort ertheilen, sofern eine bloße Deklaration oder Bestätigung doch nur in einem sicher eingeschränkten Sinne eine Wirkung genannt werden könnte. Es steht zunächst nicht also, daß die Schrift die Taufe an das Ende der christlichen Entwicklung oder auch nur an den Schluß eines gewissen Stadiums derselben setzte, sondern sie bezeichnet sie als den Anfang, wie der Apostel an den Titus auf schlechthin überzeugende Weise schreibt (Tit. 3, 5); nicht um der Werke willen der Gerechtigkeit, die wir gethan hätten, sondern nach seiner Barmherzigkeit machte er uns selig, durch das Bad der Wiedergeburt und Erneuerung des h. Geistes rc.

Folgende drei Sätze sind vom Kirchentage zum Beschluß erhoben worden:

1) Die Kindertaufe ist keine aus der Verweltlichung der Kirche zu erklärende Verkehrung der göttlichen Institution, sondern eine ohne vorhergegangene Uebereinkunft mit innerer Nothwendigkeit eingetretene Praxis der unter dem Walten des h. Geistes unfehlbaren Kirche - daraus hervorgegangen, daß die Taufe überall da, wo der Heiland in geschichtliche Wirksamkeit getreten, sich ihrem Begriffe nach als Kindertaufe setzen muß.
2) In der biblischen Lehre von der Taufe liegt schlechterdings Nichts, was einer Verleihung derselben an die Unmündigen widerstrebte, vielmehr sind es gerade die Kinder, an welchen sie ihre göttlich gewollte, volle Wirksamkeit bewähren kann.
3) Die Taufe beschließt keineswegs blos eine Verpflichtung für den Täufling, sondern viel vollständiger eine Verpflichtung der die Taufe anordnenden Kirche. Wie die Taufe nicht ihren Zweck in sich selbst hat, sondern hinweiset auf das, was vorne ist, so hat die Kirche die Pflicht, den Getauften die volle Einwirkung der vollen, positiven, göttlichen Heilkräfte zu vermitteln durch Zucht, Lehre und Ermahnung, damit die, welche mit Christo zu gleichem Tode gepflanzt sind, auch die Macht seiner Auferstehung erfahren und durch ihren Wandel verkündigen die Tugenden deß, der sie berufen hat zu einem wunderbaren Lichte. Je treuer die Kirche dieser Verpflichtung nachkommt, desto erfolgreicher und sicherer bekämpft sie den Baptismus und beweiset, daß auf ihrer Seite nicht nur die Wahrheit, sondern auch die Kraft ist, an der es den Sectirern gebricht.

ad c. Sie ist durch das kirchliche Leben bewährt.

Wie viele tausende gottselige Menschen getrösteten sich schon ihrer Kindertaufe! Wie deutlich haben sie erkannt, daß die Gnade Gottes sie von Kindheit auf gesucht, ermahnet, erleuchtet und gebessert hat! An ihnen Allen, den Seligen, ist die Kindertaufe wahr und kräftig geworden, indem der h. Geist sie von Kindheit auf geführt und unter ihnen Viele selbst zu großen Rüstzeugen Gottes ausgebildet hat. Also der Herr der Kirche hat sich zur Kindertaufe bekannt. Haben denn Jene allein den Geist der Gnade, welche erst bei vollem Verstande und nach abgelegtem Bekenntnisse die h. Taufe erhielten? Sind sie denn wahrhaft gläubig, welche als Erwachsene getauft werden? Wer kann wissen, ob jemand von Herzen sein Bekenntniß spricht? Wird von Erwachsenen die h. Taufe wohl nicht eher unwürdig empfangen, als von Kindern? Alle die Seligen, welche nach Verlust ihrer Taufgnade später erst durch Belehrung ihre Taufe neu machten, dünkte es, als wäre ihnen die Taufe erst am Tage ihrer Buße ertheilt worden, und so sind uns noch viele irdische und kirchliche Güter voraus anvertraut, welche wir erst später, am Tage unserer Mündigkeit oder Volljährigkeit, würdig antreten. Wie der Geist dem Wasser vorausgehen kann, z. B. bei Cornelius, so kann auch das Wasser dem Geiste vorausgehen, und der Geist macht das Wasser täglich frischer und kräftiger und läßt nicht ab, die Taufe zu vergegenwärtigen. Wer nicht lebendigen Glaubens an seine Taufe ist, der ist wohl getauft, hat jedoch nur eine Perle im Schweißtuch. Auch ich, der ich dieses schreibe, kann meine Bekehrung zum Glauben an das lautere Evangelium meiner Taufe zuschreiben, deren kräftige Segensspuren ich bis in mein drittes Lebensjahr zurück nachweisen kann.

IV. Beleuchtung der Widerreden.

a) Christus sprach ja: ihrer ist das Himmelreich. Dies Wort kann denn doch wahrlich nicht so stark verstanden werden, als wären die Kinder der Art schon im Himmelreich, daß sie der allgemein angeordneten Aufnahme durch die Taufe nicht bedürften; denn wozu wäre dann im 14. Jahre ihres Lebens ihre Taufe? Es liegt ja auf der Hand, daß diese Worte Christi soviel sagen wollen, als: den Kindern kann die geordnete Aufnahme ins Reich Gottes nicht vorenthalten werden. Jesus sagte zuerst: lasset die Kindlein zu mir kommen und wehret ihnen nicht; das heißet soviel als: machet, daß sie zu meinen Reichsschätzen und Segnungen gelangen; denn wenn den Kindern das Reich Gottes nicht gehörte, wem gehörte, es mehr?

b) Christus sprach ja: Lehret alle Völker und taufet sie, also ohne Lehrbegriff keine Taufe. Allerdings sollte durch die Predigt das Reich Gottes zu den Völkern gelangen, die aus Erwachsenen und Kindern bestehen. Es konnte keine Gemeinde aus bloßen kleinen Kindern gesammelt werden. Hat Christus die Judenkinder nicht von sich gestoßen; hat er es denen mit Ernst und Unwille verboten, welche sie zurückstießen; hat er die Judenkinder in seine Liebesarme aufgenommen, sie an sein Herz gedrückt und gesegnet: wer kann da sagen, daß er die Kinder christlicher Eltern, welche ihm in der h. Taufe zugetragen werden, nicht ebenso liebevoll segnen und in sein Reich aufnehmen werde? Dem Liebesherzen des Kinderfreundes ist die Kindertaufe ein Bedürfniß, eine Speise.

c) Der Kirchenvater Tertullian widerräth ja die Kindertaufe, dessen Worte du selbst schon oben angeführt hast. Eben deßwegen muß sie damals schon im stehenden Gebrauche gewesen sein. Daß sie herrschende Sitte war, gesteht er eben damit ein. Er mißbilligt sie nicht etwa, weil sie neu, erst vor Kurzem eingeführt wäre, nicht als ob sie der apostolischen Tradition widerstritte, sondern blos aus Privatmeinungen über die heilsame Verzögerung der Taufe und über die schwere Vergebung der Sünden nach der Taufe. Sein bester Freund, der berühmte Kirchenvater Cyprian, in seinem 54. Briefe stimmte ihm nicht bei; Irenäus, der Jünger des Apostels, schreibt darüber: Christus kam, Alle zu retten, Alle, die durch ihn wiedergeboren werden, Säuglinge, Kinder, Knaben, Jünglinge und Greise. Origenes, der zu gleicher Zeit lebte, schreibt: Die Kirche hat von den Aposteln die Ueberlieferung erhalten, auch den kleinen Kindern die Taufe zu geben. Auf der Versammlung von 66 Bischöfen zu Karthago anno 253, da die Frage zur Besprechung kam: ob man die Kinder schon am 2. - 3. Tage nach der Geburt taufen dürfe und nicht bis zum 8. Tage warten müsse? wurde die Kindertaufe als etwas Rechtmäßiges und Längstbestehendes vorausgesetzt, ohne daß auch nur Einer von der Neuheit der Kindertaufe etwas gewußt hätte.

d) Ein Kind hat ja keinen Glauben. - Diesen Widerspruch habe ich schon oben beleuchtet. Dr. Bugenhagen sagt ganz richtig: Wo Christus nicht gepredigt wird und Christi Name unbekannt ist, da soll man weder die Großen noch die Kleinen taufen, da soll man erst lehren und dann taufen. Wo aber Christi Name gepredigt und bekannt ist und die großen Leute getauft sind, da sollen die Christen auch ihre Kinder Christo zutragen, sie lehren und taufen; lehren, wann wir können, und taufen, wann wir können. Der Grundsatz, Niemanden zu taufen, als von dessen Glauben man alle Versicherung erlangt hat, ist ganz unausführbar. Wer kann denn Andern so ins Herz sehen, daß er sich mit Untrüglichkeit über die Lauterkeit und Richtigkeit des Glaubens des Andern gewißhalten kann? Wie und wann wollen sie das wissen? Sind sie etwa zu Götter geworden, daß sie den Leuten ins Herz sehen können, ob sie glauben oder nicht? Wissen sie nun nicht, ob sie glauben, warum taufen sie denn? Wer die Taufe auf Glauben gründet und taufet auf Abenteuer, der thut nichts Besseres, denn der ohne Glaube tauft; denn ungewisser Glaube und Unglaube ist gleichviel. Ja, sprichst du:

e) Er bekennet, daß er glaube. Lieber, laß bekennen hin und her, der Text sagt nicht: wer da bekennet, sondern: wer da glaubet. Alle Menschen sind Lügner, und allein Gott die Herzen kennt. Wer die Taufe will gründen auf Glauben, der darf nimmermehr einen Menschen taufen.

f) Warum gibt man den Kindern auch das h. Abendmahl nicht? Weil das h. Abendmahl eine bewußte Gemeinschaft und Theilnahme, auch als Verkündigung des Todes Christi eine Thätigkeit fordert, während man bei der h. Taufe sich leidend verhalten muß.

g) Wir halten uns streng an das Bibelwort und was nicht mit klaren Worten darin befohlen ist, das thun wir auch nicht. - Wohlan, so müßt ihr auch noch den jüdischen Sabbath feiern; denn wo in der Bibel steht mit klarem Worte, daß man das Gebot Gottes vom Berge Sinai ändern und statt des siebenten Tages den ersten Wochentag feiern soll? Oder wer erlaubt euch, Zinsen von Darleihen an Brüder zu nehmen? Die Bibel sagt mit klarem Buchstaben, daß man die Kranken mit Oel im Namen des Herrn salben soll, warum thut ihr dieses nicht? Warum habt ihr die Fußwaschung nicht als eine sakramentale Handlung wieder aufgenommen, da sie nicht allein mit klarem Worte in der Bibel gefordert wird, sondern auch von eurem Reformator Menno euch als eine für immer eingesetzte heilige Handlung hinterlassen wurde? Warum esset ihr Blut, ja sogar Saublut, da dieses bekanntlich in der Bibel verboten wurde rc.?

Geliebte Brüder! Seid doch voll der Liebe, welche sich sagen läßt und nicht das Ihre sucht, welche die Zerschneidung hasset und sich vor der Autorität der vom h. Geiste in der Reformation geläuterten Kirche beuget! Es gelte in nothwendigen Glaubensstücken die Einheit, in zweifelhaften Dingen die Freiheit und in allen Brüdern wie in allen Sachen die Liebe. Reißet die Scheidewand nieder und tretet aus eurer Sekte heraus; denn sie ist eine beklagenswerthe und trübe Erscheinung. Solltet ihr wirklich dafürhalten, daß ihr allein das h. Sakrament der Taufe hättet und die ganze Kirche hätte dieses seit den ersten Jahrhunderten des Christenthums verloren? Welch ein Urtheil wäre dies?! Das Leben unserer Kirche und unsere Begründung der Kindertaufe verbieten euch solches Urtheil. Zur Vereinigung sind wir immer verpflichtet, wo sie nur immer aufs Wort Gottes hin möglich ist; darum lastet auf der römischen Seite solch schwere Sünde, weil sie um ihrer Aufsätze willen die versöhnliche Hand zurückstößt, ja eine Vereinigung mit ihr unmöglich macht durch offenbar fremdartige Elemente, welche leider in neuester Zeit wieder mehr in Vordergrund gestellt werden. Daß ihr vor der weltlichen Obrigkeit nicht schwöret, sondern nur gelobet, das ist uns Nebensache und würde Vereinigung mit uns nicht hindern, aber die Kindertaufe ist ein Hauptstück des kirchlichen Lebens. Nehmet ihr diese an, dann könnet ihr mit uns auf der Augsburgischen Confession, als der breitesten Grundlage, stehen, welche wir festhalten müssen, um die Ungläubigen zu bezeugen. Sie gilt uns freilich nicht bis auf alle ihre Jotas, Titelchen und Buchstaben, sondern in ihrem Glaubensgehalt als ein Vereinspanier, und wir vergessen nicht, daß sie Etwas an sich trägt, was von dem damaligen allgemein gährenden Kirchenzersetzungsprozeß zeugt. Stoßet euch doch nicht an dem Unglauben, der noch mehr oder weniger auf unsern Kanzeln plaudern darf, weil die Kirchenmänner schriftwidrig meinen; der Rationalismus habe einige Geltung in der Kirche Christi und die Gemeinden müßten solche Päpstlein dulden. Stoßet euch doch auch nicht an der lieblosen Absonderungslust lutherischer Brüder zum Behufe einer, alles Leben in den Gemeinden. ertödtenden Hierarchen-, Pastoren- und Bischofskirche. Kommet nur und helfet mit eurem Glauben dagegen kämpfen!

Wahrlich, wüßte ich nicht, daß die rationalistische Allerweltskirche bei ihrem compacten Treiben nur eine unerkannte Heuchelei, eine Broddressur, die Liebe der Geschäftsverbündeten zu Einem Interesse und Gewinn ist, ich würde sagen, diese Kinder der Finsternis hätten mehr Liebe unter sich, als die Kinder des Lichts. Genug mit diesen Worten für mein und euer Herz! Worte genug, zur That jetzt! Ihr könnet Nichts gegen die Wahrheit! Sehr wehe thäte es mir, wenn ich mit dieser Schrift blos Gegenschriften oder nur Gegenreden und keine freundlichen Gegenschritte erzeugt haben würde. Meine Absicht wäre dann verfehlt, meine Zeit hätte ich nicht erkannt oder wäre derselben nicht gewachsen gewesen. Jedoch der Herr, der das Schwache erwählet, um die Starken zu Schanden zu machen, bekenne sich zu dieser meiner wohlgemeinten Ansprache und gebrauche sie als Mittel zur Sammlung der Heerde, welche sich so gerne zerstreut. Ihm, dem Erzhirten, sei Ehre, Lob. und Preis in Ewigkeit!

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