Harms, Theodor - Das dritte Buch Mose - Das 18. Capitel.

Harms, Theodor - Das dritte Buch Mose - Das 18. Capitel.

Und der HErr redete mit Mose, und sprach: Rede mit den Kindern Israel, und sprich zu ihnen: Ja bin der HErr euer Gott. Ihr sollt nicht thun nach den Werken des Landes Egypten, darinnen ihr gewohnet habt, auch nicht nach den Werken des Landes Canaan, darin Ich euch führen will, ihr sollt auch euch nach ihrer Weise nicht halten. Sondern nach Meinen Rechten sollt ihr thun, und Meine Satzungen sollt ihr halten, daß ihr darinnen wandelt; denn Ich bin der HErr, euer Gott. Darum sollt ihr Meine Satzungen halten, und Meine Rechte. Denn welcher Mensch dieselben thut, der wird dadurch leben; denn Ich bin der HErr. Niemand soll sich zu seiner Nächsten Blutfreundin thun, ihre Scham zu blößen; denn Ich bin der HErr. Du sollst deines Vaters und deiner Mutter Scham nicht blößen; es ist deine Mutter, darum sollst du ihre Scham nicht blößen. Du sollst deines Vaters Weibes Scham nicht bloßen; denn es ist deines Vaters Scham. Du sollst deiner Schwester Scham, die deines Vaters oder deiner Mutter Tochter ist, daheim oder draußen geboren, nicht blößen. Du sollst deines Sohnes ober deiner Tochter Tochter Scham nicht blößen; denn es ist deine Scham. Du sollst der Tochter deines Vaters Weibes, die deinem Vater geboren ist, und deine Schwester ist, Scham nicht blößen. Du sollst deines Vaters Schwester Scham nicht blößen; denn es ist deines Vaters nächste Blutsfreundin. Du sollst deiner Mutter Schwester Scham nicht blößen; denn es ist deiner Mutter nächste Blutsfreundin. Du sollst deines Vaters Bruders Scham nicht blößen, daß du sein Weib nehmest; denn sie ist deine Base. Du sollst deiner Schnur Scham nicht blößen; denn sie ist deines Sohnes Weib, darum sollst du ihre Scham nicht blößen. Du sollst deines Bruders Weibes Scham nicht blößen; denn sie ist deines Bruders Scham. Du sollst Deines Weibes samt ihrer Tochter Scham nicht blößen, noch ihres Sohnes Tochter, oder Tochter Tochter nehmen, ihre Scham zu blößen; denn es ist ihre nächste Blutsfreundin, und ist ein Laster. Du sollst auch deines Weibes Schwester nicht nehmen, neben ihr, ihre Scham zu blößen, ihr zuwider, weil sie noch lebet. Du sollst nicht zum Weibe geben, weil sie ihre Krankheit hat, in ihrer Unreinigkeit ihre Scham zu blößen. Du sollst auch nicht bei deines Nächsten Weibe liegen, sie zu besamen, damit du dich an ihr verunreinigest. Du sollst auch deines Samens nicht geben, daß es dem Moloch verbrannt werde, daß du nicht entheiligest den Namen deines Gottes; denn Ich bin der HErr. Du sollst nicht bei Knaben liegen, wie beim Weibe; denn es ist ein Gräuel. Du sollst auch bei keinem Thiere liegen, daß du mit ihm verunreiniget werdest, und kein Weib soll mit einem Thiere zu schaffen haben; denn es ist ein Gräuel. Ihr sollt euch in dieser keinem verunreinigen; denn in diesem allen haben sich verunreiniget die Heiden, die Ich vor euch her will ausstoßen, und das Land dadurch verunreiniget ist. Und Ich will ihre Missethat an ihnen heimsuchen, daß das Land seine Einwohner ausspeie. Darum haltet Meine Satzungen und Rechte, und thut dieser Gräuel keine, weder der Einheimische, noch der Fremdling unter euch. Denn alle solche Gräuel haben die Leute dieses Landes gethan, die vor euch waren, und haben das Land verunreiniget. Auf daß euch nicht auch das Land ausspeie, wenn ihr es verunreiniget; gleichwie es die Heiden hat ausgespieen, die vor euch waren. Denn welche diese Gräuel thun, derer Seelen sollen ausgerottet werden von ihrem Volk. Darum haltet Meine Satzung, daß ihr nicht thut nach den gräulichen Sitten, die vor euch waren, daß ihr nicht damit verunreiniget werdet; denn Ich bin der HErr, euer Gott.

Im vorigen Capitel haben wir gesehen, wie theuer wir erkauft sind durch Christi Blut; daß wir durch Christi Opfer mit Gott versöhnt sind, und nun Keinem angehören, als Ihm. Die zwei nächsten Capitel zeigen uns nun, wie wir als Sein Eigenthum in Heiligkeit wandeln sollen. Der HErr schickt drei Gründe voraus, warum wir heilig wandeln sollen. Zuerst sagt Er, (Vers 2): Ich bin der HErr, euer Gott. Was daraus für uns folgt, das können wir nicht besser ausdrücken, als es Luther gethan hat in der Erklärung des ersten Gebotes und der Glaubensartikel. Wir sind verpflichtet, in Glaubensgehorsam dem Herrn nachzufolgen, der uns voraufgegangen ist. Dann sagt uns der HErr (Vers 3), daß wir nicht wandeln sollen wie die Heiden, denn wie die Juden in scharfem Gegensatz zu den Egyptern und Canaanitern standen, so die Gläubigen zur Welt. Der Christ soll sich in scharfem Gegensatz zur Welt stellen, und zeigen in seinem ganzen Wandel, daß er nicht zu ihr gehört. Darum haben wir mit großer Vorsicht auf unser ganzes Leben zu achten. Der Glaube muß sich ausweisen im Wandel; es ist nicht genug, daß er im Herzen lebt. Wenn ein Licht angezündet wird, dann soll es auch leuchten. Ferner sagt uns der HErr (Vers 5), daß wir dadurch leben werden, daß wir Seine Gebote halten. Oberflächlich betrachtet scheinen diese Worte gegen die Gerechtigkeit aus dem Glauben zu sprechen. Das Gesetz sollte uns ursprünglich zum Leben gereichen, aber wenn wir es übertreten, dann gereicht es uns zum Tode.

Können wir es denn halten? Jawohl; aber nicht durch unser eignes Thun. Unser Thun bleibt immer nur ein Anfang des Guten; es ist nichts, als ein fortwährendes Fallen und Aufstehen. Wenn wir uns aber die vollkommene Gesetzeserfüllung Christi aneignen, dann wirkt der heilige Geist in uns des Gesetzes Werke, trotz unseres sündlichen Thuns. Auf diese Weise können wir durch den Glauben das Gesetz erfüllen, und nur der wird leben, der sich in einfältigem kindlichem Gehorsam unter das Gesetz stellt. - Dies schickt der HErr voraus, und nun redet Er von der Keuschheit. Er beginnt damit, daß er den heiligen Ehestand will. So lange der heilig gehalten wird, werden sich alle Verhältnisse gesund entwickeln können. Wie mit einem Zaun umgibt Er ihn mit Seinen Verboten, damit er unangetastet bleibe. Streng verbietet Er die Blutschande, und befiehlt, daß der Blutschänder ausgerottet werde aus seinem Volk. - Ehe das Gesetz gegeben war, duldete der HErr das gerade Gegentheil von dem, was er hier verbietet, z. B. Abraham und Kain hatten ihre Schwestern zur Frau. Damals konnte das kein Unrecht sein, weil das Gesetz noch nicht da war, und der HErr hat an dem kindlichen Volke geduldet, was man an Kindern duldet, deren Erkenntnis noch unreif ist. Als aber das Gesetz kam, da ward die Sünde durch das Gesetz überaus sündig. Da der HErr nun die Sünde des Volkes aufdeckt offen und klar, da muß Er vieles verbieten, was so lange ohne Verbot, kein Unrecht war. Die Sünde hatte Alles in Verwirrung gebracht, und der HErr zog mit dem Gesetz einen Zaun um Sein heiliges Volk, damit Er regele, was die Sünde in Unordnung gebracht hatte, und diese Regeln gelten bis auf den heutigen Tag.

In dem heutigen Capitel spricht der HErr nur von der Blutschande, nicht von den verbotenen Graden; aber um auch einige Worte davon zu sagen, führe ich an, daß eine Ehe zwischen Vettern und Basen nicht Sünde ist, aber man kann doch aus andern Gründen nicht ernstlich genug davon abrathen. Die Erfahrung zeigt es, daß Kinder, aus solcher Ehe geboren, meist körperlich und geistig schwächlich sind, und die fortgesetzte Heirath unter Verwandten hat oft das Aussterben ganzer Geschlechter zur Folge. Diese nahen Verwandtschaftsgrade sind hier nicht verboten, aber ausdrücklich die Blutschande. Auch wird Vers 21 verboten, daß die Israeliten ihre Kinder nicht dem Moloch opfern sollten. Das war ein eisernes Götzenbild, das glühend gemacht wurde, und in dessen Arm man Kinder legte, um den Zorn der Götter abzuwenden, Man sollte denken, daß solches den Kindern Israel nicht verboten zu werden brauchte; aber das Verbot war keineswegs unnütz, denn die Uebertretung kam vor. Sehen mir doch sogar im Christenthum unnatürliche Mütter ihre Kinder aussetzen, so daß eigends Häuser haben erbaut werden müssen, diese gefundenen Kinder aufzunehmen. Kindesmord unehelicher Kinder wird immer häufiger, und das geschieht nicht einmal wie bei den damaligen Heiden, um den Zorn der Götter zu versöhnen. So müssen wir auch nicht denken, als ob blutschänderische Verhältnisse in der Christenheit nicht vorkämen; öfter, als wir meinen. Der HErr verbietet den Ehebruch mit des Nächsten Weibe. Nicht nur wird dadurch der Ehestand für den Augenblick zerrüttet; solche Sünde wirkt auch in den weiteren Geschlechtern fort. Der Ehestand ist so heilig, daß eben nur in der Ehe die fleischliche Verbindung gestattet ist.

So straft der HErr die Sünden gegen den heiligen Ehestand. Weiter verbietet Er die unnatürlichen Sünden. Man sollte nicht denken, daß ein Mensch so tief sinken könnte, sich so weit zu erniedrigen, und doch kommen sie auch in der Christenheit häufiger vor, als man denkt, selbst bei Kindern, und ganze Schulen sind angesteckt von diesen Sünden wider die Natur. Den Lehrern ist nicht genug zu empfehlen, ein wachsames Auge darauf zu haben. Wir Alle haben diese Erinnerung des heiligen Geistes mit großem Ernst aufzunehmen, und unser ganzes vergangenes Leben zu überdenken. Die Folgen dieser uns natürlichen Sünden sind entsetzlich, sie entnerven den Körper und lähmen den Geist, ja wenn anhaltend fortgesetzt, machen sie wohl untüchtig zum Glauben. Zwei Stricke gibt es, womit der Teufel den Menschen so fest bindet, daß er sich schwerlich losmachen kann: Saufen und viehische Unzucht. Man sollte in den Kindern nichts mehr pflegen, als Wahrheitssinn und Keuschheit. Es ist Albernheit, zu meinen, daß man über ein Capitel, wie das heutige, nicht predigen, und daß man solche Sachen nicht berühren müsse. Luther sagt mit Recht, daß der Mund des Menschen zarter sein wolle, als der heilige Geist. Gerade diese Sünden der Heiden müssen aufgedeckt werden, damit man wachen kann. Die Folgen dieser Sünden sind wie bei den Heiden (V. 28-29). Gerade diese Sünden sind es, wodurch ein Volk ausgerottet wird, und wenn man weiß, welche Gräuel im Christenthum im Schwange gehen, so kann man sich nicht wundern, daß die Menschheit immer mehr zum Aase wird, und das Gericht nahe sein muß. Laßt uns täglich bitten: Herr, schenke uns ein schamhaftes Herz, damit wir uns täglich mehr fühlen lernen als Jesu Eigenthum. Amen.

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