Harms, Theodor - Das dritte Buch Mose - Das 1. Capitel.

Harms, Theodor - Das dritte Buch Mose - Das 1. Capitel.

Und der HErr rief Mose, und redete mit ihm von der Hütte des Stifts, und sprach: Rede mit den Kindern Israel, und sprich zu ihnen: Welcher unter euch dem HErrn ein Opfer thun will, der thue es von dem Vieh, von Rindern und Schafen. Will er ein Brandopfer thun von Rindern; so opfere er ein Männlein, das ohne Wandel sei, vor der Thür der Hütte des Stifts, daß es dem HErrn angenehm sei von ihm; und lege seine Hand auf des Brandopfers Haupt; so wird es angenehm sein, und ihn versöhnen. Und soll das junge Rind schlachten vor dem HErrn; und die Priester, Aarons Söhne, sollen das Blut herzu bringen, und auf den Altar umher sprengen, der vor der Thür der Hütte des Stifts ist. Und man soll dem Brandopfer die Haut abziehen, und es soll in Stücke zerhauen werden. Und die Söhne Aarons, des Priesters, sollen ein Feuer auf dem Altar machen, und Holz oben darauf legen; und sollen die Stücke, nämlich den Kopf und das Fett, auf das Holz legen, das auf dem Feuer auf dem Altar liegt. Das Eingeweide aber, und die Schenkel soll man mit Wasser waschen, und der Priester soll das alles anzünden auf dem Altar zum Brandopfer. Das ist ein Feuer zum süßen Geruch dem HErrn. Will er aber von Schafen oder Ziegen ein Brandopfer thun; so opfere er ein Männlein, das ohne Wandel sei. Und soll es schlachten zur Seite des Altars, gegen Mitternacht, vor dem HErrn. Und die Priester, Aarons Söhne, sollen sein Blut auf den Altar umher sprengen. Und man soll es in Stücke zerhauen. Und der Priester soll den Kopf und das Fett auf das Holz und Feuer, das auf dem Altar ist, legen. Aber das Eingeweide und die Schenkel soll man mit Wasser waschen. Und der Priester soll es alles opfern und anzünden auf dem Altar zum Brandopfer. Das ist ein Feuer zum süßen Geruch dem HErrn. Will er aber von Vögeln dem HErrn ein Brandopfer thun; so thue er es von Turteltauben, oder von jungen Tauben. Und der Priester soll es zum Altar bringen, und ihm den Kopf abkneipen, daß es auf dem Altar angezündet werde, und sein Blut ausbluten lassen an der Wand des Altars. Und seinen Kropf mit seinen Federn soll man neben dem Altar gegen den Morgen auf den Aschenhaufen werfen. Und soll seine Flügel spalten, aber nicht abbrechen. und also soll es der Priester auf dem Altar anzünden, auf dem Holz auf dem Feuer, zum Brandopfer. Das ist ein Feuer zum süßen Geruch dem HErrn.

Wir beginnen heute mit der Auslegung des 3. Buch Mose; das ist lauter Evangelium in Bildern; Alles geht auf die Versöhnung durch den Messias, der da kommen sollte, und es ist nicht richtig, zu meinen, daß im alten Testamente die Hauptsache das Gesetz sei, sondern die Hauptsache ist das Evangelium, d. h. die frohe Botschaft von dem verheißenen Christus, indem nur die Menschen durch den Glauben können selig werden. Wie im Gesetz Mose Alles, was menschlich Wesen und Thun ist, als unrein und unheilig bis in die kleinsten Einzelheiten beschrieben wird, so wird durch das Evangelium in Bildern, wie wir es im alttestamentlichen Opfer- und Reinigungswesen haben, Alles bis in die kleinsten Einzelheiten geheiliget und versöhnt. Wie der Mensch in seinem ganzen Wesen und Thun unheilig ist, seine Geburt, sein Leben und Sterben, sein Essen und Trinken, Arbeiten und Ruhen, Hand und Fuß, Auge und Ohr, Haare und Nägel, Zeiten und Stunden, das Geschirr, welches er braucht, sein Denken und Empfinden unrein und unheilig ist, so hat der Herr im Opferwesen dafür gesorgt, daß All und Jegliches gereinigt und geheiligt wird, der Mensch selbst mit Gott versöhnt wird durch den Glauben, natürlich alles im Vorbilde auf die wahre Versöhnung, die im Blute Jesu geschehen ist. So legt uns der HErr im 3. Buch Mose Seine göttlichen Gnaden- und Versöhnungsgedanken klar und anschaulich dar. Alles dreht sich um Sünde und Gnade, aber die letztere überfluthet und beherrscht Alles.

Im 1. Capitel wird von den Brandopfern gehandelt. Der HErr giebt Seine Opfergesetze von der Hütte des Stifts, also nicht von dem Ort des Gesetzes, sondern der Gnade, und schon dadurch wird angedeutet, daß Er im Opfer Seine freie Gnade und Erbarmung wolle walten lassen. Zu Opferthieren bestimmt Er Rinder, Schafe, Ziegen und Tauben; also nur Hausthiere, die der HErr dem Menschen gegeben hatte, das sie sollten seinen Hausstand bilden. Sie stehen zu dem Menschen in einem besonders engen Verhältniß, und wir finden sie auch niemals oder in eigentlich wildem Zustande, wohl aber verwildert, wenn sie der Pflege und Fürsorge des Menschen, als ihres Hausherrn, entzogen worden sind. Sie eignen sich, als zum Hausstande des Menschen gehörig, ganz besonders zum Opfer, ja eigentlich können nur sie den Menschen als Opfer vertreten, und damit das wahrhaftige Versöhnungsopfer Christum vorbilden. Zu den Brandopfern sollten nur männliche Thiere genommen werden, weil nur der Mann den Menschen vertreten kann nach seiner ihm vom HErrn zugewiesenen Stellung, und natürlich mußten die Opferthiere ohne Fehler sein. Die beiden Hauptstücke der Opferung war das Schlachten und Verbrennen; Beides mußte geschehen vor der Thür der Hütte des Stifts, als vor Gottes Angesicht, denn das Opfer mußte dem HErrn so nahe gebracht werden, wie möglich. Auf das Opferthier wurden vor der Schlachtung die Hände gelegt, zum Zeichen, daß auf dasselbe die Sünden des Opfernden gelegt werden, ja daß derselbe gleichsam sich in das Opferthier selbst hinein lege, denn es sollte ihn ja vertreten vor Gott. Dann folgte die Schlachtung. Dem Opferthiere wurde der Kopf zurückgebogen und ihm mit einem scharfen Messer der Hals durchgeschnitten, so daß das Blut in breitem Strom herausfloß, bis es ganz dem Körper entströmt war. Das gehörte dem HErrn, denn im Blute ist die Seele; und so gab der Opfernde im Opfer seine Seele in den Tod, den er um seiner Sünde willen verdient hatte, und damit zugleich dem HErrn, daß er aus dem Tode das Leben schaffe. Mit dem Blute wurde der Brandopferaltar besprengt, der mit den darauf kreuzweis gelegten Holzstücken ein Vorbild von dem Kreuzesaltar des HErrn war. Dann wurde dem Thiere die Haut abgezogen, welches ein Bild der Gerechtigkeit Christi ist, des Kleides, das unsere Blöße deckt, nachdem Christus das rechte Brandopfer für die Sünden der Welt geworden ist. Das in Stücke gehauene Fleisch und die mit Wasser gereinigten inneren Theile des Thieres wurden von den Priestern auf das Holz auf dem Altare hinauf getragen, um dort verbrannt zu werden. Die inneren Theile des Thieres bezeichnen die Empfindungen und Begierden des Menschen, so daß also der Opfernde sich mit seinem ganzen Wesen und mit Leib und Seele, Empfindungen und Begierden im Opfer in den verdienten Tod dahin gab. Dann erfolgte das zweite Hauptstück der Opferung, das Verbrennen. Das Holz wurde angezündet, und das darauf liegende Opferthier wurde vollständig zu Asche verbrannt, und stieg im Rauche hinauf in den Himmel, dem HErrn zum süßen Geruch, wenn der Opfernde sein Opfer im Glauben dem HErrn dargebracht hatte. Damit war die Versöhnung geschehen im Vorbilde auf das einzig vollgültige Versöhnungsopfer Christum. Nur Er, wahrer Gott und wahrer Mensch, heilig und ohne Sünde, der Mann, der Vertreter des ganzen Menschengeschlechts, auf den alle Sünden der Menschen gelegt waren, wurde hinauf getragen auf den Kreuzesaltar, vergoß Sein Blut zur Versöhnung der Welt, erlitt den Tod und wurde so in dem Feuer der Liebe, des Leides und des heiligen Geistes verzehrt und stieg hinauf zu Gott in den Himmel. Die Schlachtung mußte mitternachtswärts vom Altar geschehen; in der heiligen Schrift bezeichnet von den vier Weltgegenden der Norden dasjenige, woher die Gerichte Gottes kommen, denn es sollte ja der Mensch in der Opferung das Gericht des Todes über sich ergehen lassen. Brachte der Mensch Tauben zum Opfer, so mußte denselben nicht eigentlich der Kopf abgerissen, sondern eingedrückt werden, und die Flügel mußten nicht zerbrochen, sondern gespalten werden, nach dem Wort des HErrn: Du sollst Ihm kein Bein zerbrechen. Im Uebrigen verlief die Opferung wie bei den andern Thieren. - Die Brandopfer unterscheiden sich dem Wesen nach dadurch von den Sünd- und Schuldopfern, daß es nicht einzelne Sünden sind, für die der Mensch Versöhnung begehrte, sondern der ganze sündliche Zustand des Menschen, dadurch er Gott entfremdet, ein Kind des Zorns und der Verdammniß war, für welchen die Versöhnung im Opfer erfolgte. So wurde Israel mit Gott versöhnt, die Feindschaft gegen Gott in ihm aufgehoben und Gottes Zorn in Gnade und Erbarmung umgewandelt. Daß aber kein Thier den Menschen genugsam vertreten konnte, daß also das Thieropfer an und für sich die Versöhnung nicht vollbringen konnte, liegt ja klar auf der Hand. Daß Gott aber kein Menschenopfer wollte, besagt das Wort: Gott will nicht den Tod des Sünders, sondern daß er sich bekehre und lebe; und so ist das ganze Opferwesen Israels ein Vorbild und Hinweis auf das Versöhnungsopfer des HErrn, das lauterste und anschaulichste Evangelium in Bildern. Amen.

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