Harms, Ludwig - Der Psalter - Der 65. Psalm.

Harms, Ludwig - Der Psalter - Der 65. Psalm.

1)

Die Hagelfeier ist von der Kirche verordnet, daß wir sollen zu unserm Gott gehen, um bei ihm unsere Häuser, Gärten, Felder und Wiesen zu versichern. Denn wer weiß, wie viel Unglücksfälle im Laufe des Sommers durch Blitzstrahl, Hagelschlag, Wassersnoth, Dürre, Ungeziefer rc. über uns kommen können. Die Hagelkassenleute machen es anders, sie versichern bei den Hagelkassen, beim Goldklumpen, dann brauchen sie nicht beim lieben Gott zu betteln. Sie fröhnen zween Götzen, der eine Götze ist das Gold. Sie klopfen auf ihre Taschen und sind wohlgemuth; denn wenn sie ein Unfall trifft, was schadet das, sie kriegen mehr wieder, als sie verloren haben. Der zweite Götze ist der Hochmuth, sie haben dann nicht nöthig die Kniee vor Gott zu beugen. Sodann ist die Versicherung ja eine gemeinnützige Anstalt, ein Unternehmen für das allgemeine Wohl, bei dem wohl vielleicht 20 Direktoren, eben so viel Vicedirektoren, eine ganze Menge Aufseher angestellt sind, denselben füllt es die Taschen mit Geld. Der Bauer braucht nun nicht mehr die Kniee zu beugen, wie früher; wenn da sein Feld abgehagelt war, siel er mit Thränen nieder, that Buße für seine Sünden und bat Gott um Gnade und Erbarmen. Jetzt kann er lachen über die Ohnmacht Gottes, daß Er ihm durch solche Strafe mehr in die Tasche gespielt, als er verloren hat. Aber auch die Bruderliebe hört auf, kein Mensch gibt dem Beschädigten einen rothen Pfennig mehr. Hat er bei der Hagelkasse versichert, so heißt es: Was sollen wir dem noch geben, der kriegt mehr wieder, als er gehabt hat. Hat er aber nicht versichert, so heißt es: Der dumme Teufel! warum hat er nicht versichert, der verdient allein um seiner Dummheit willen nichts; und so wird durch das scheußliche Kassenwesen das Wort des HErrn erfüllt: Weil die Ungerechtigkeit wird überhand nehmen, wird die, Liebe in Vielen erkalten. Nein, lieber abgebrannt sein, keinen Pfennig erwarten und vor Gott Buße thun, als sich nichts zu Herzen nehmen und sagen: Was scheert mich Gott, was scheeren mich die Menschenkinder.

Vor etwa 100 Jahren lebte in Mile bei Hermannsburg ein Bauer im Wohlstande, dem wurden in einem Jahre von einem Hagelwetter all' seine jungen Saaten zerschlagen. Da schlug er in sich und fragte sich selbst, was doch wohl der Grund sei, um deß willen der HErr diese Straft über ihn hereinbrechen lasse. Da fand er denn, wie er in seinem Bekenntniß sagte, daß er in seinem Christenthum lau geworden sei, deßhalb habe der HErr diese Züchtigung über ihn kommen lassen müssen. Er hatte nämlich bei seinen Morgen- und Abendgottesdiensten das Singen weggelassen, das wurde ihm viel zu weitläufig, und er dachte, es wäre besser, wenn er seine Leute dafür so viel eher aufs Feld schickte. Bald darauf ließ er auch das knieende Gebet nach, dadurch gewann er ja noch etwas mehr Zeit für die Leute zum Arbeiten, obgleich er nicht die ganze Andacht aufhob, sondern mit seinen Leuten den Morgen- und Abendsegen noch las, dabei hatte es aber auch sein Bewenden. Diesen Unfall sah er nun als Züchtigung an, die er wohl verdient hatte, und kam so durch den erlittenen Schaden zur Erkenntniß seiner Sünde, bat aber auch den HErrn um Vergebung. Nun brachte die Gemeinde einige hundert Thaler zusammen, um ihm den Schaden zu ersetzen, und dieses wurde ihm überbracht durch den Pastor und die Kirchenjuraten. Da sprach der Mann: Da sei Gott vor, daß ich dieses annehme! Ich bin wohlhabend, kann den Schaden leicht tragen, und will die Züchtigung auch tragen, die der HErr mir auferlegt hat, denn ich habe sie mit meinen Sünden wohl verdient. Sie erwiderten darauf, daß die Liebe der Gemeinde ihm dieses schenke und baten, dasselbe anzunehmen und nicht zurückzustoßen, was die Liebe für ihn thun wolle. Da sagte er: Nein, die Liebe will ich nicht zurückstoßen, ich nehme es an und gebe es der Liebe der Gemeinde zurück: Ich gebe dieses Geld zum Vermächtniß für die Armen auf ewige Zeiten, daß die Zinsen davon unter sie vertheilt werden. Dieses Geld wird noch heute das „milsche Geld“ genannt. –

Es ist jetzt schon so weit gekommen, daß man alles versichern kann: Häuser, Mobilien, die Ernte auf dem Boden, die Früchte auf dem Felde, ja sogar sein Leben, bloß die Seligkeit noch nicht. Es kommt vielleicht bald noch eine Seligkeitskasse, worin man nur einzusetzen braucht, und hernach die Seligkeit ausbezahlt erhält. Dann wird der liebe Gott ganz abgesetzt; jetzt braucht man ihn doch noch in etwas; von wegen der Seligkeit, ist jedoch die Seligkeitskasse erst da, dann kann man gut ohne Ihn fertig werden. Ich rathe euch, nicht zu versichern, bei der Hagelkasse; wenns auch eurem Geldbeutel schadet, so wirds doch eurer Seele wohl thun. Der vorgelesene Psalm ist nun ein Gebet für die drei Hauptstände der Christenheit, für den geistlichen, weltlichen und Hausstand, und dieses Gebet wollen wir mit einander betrachten. Also 1. Die Fürbitte für den geistlichen Stand, für die Kirche. Gott man lobt Dich in der Stille zu Zion, das ist die Kirche; die ist das geistliche Zion, welches Vorbild das irdische Zion war. Da lobt man den HErrn und es ist daselbst des Lobens und Dankens kein Ende, und daher ist es von jeher Gebrauch gewesen in der Kirche, einen jeden Gottesdienst mit Ausnahme der Bußtage mit einem Lobgesange anzufangen. Man lobt dich in der Stille. Das Leben der Kirche ist ganz entgegen gesetzt dem Leben in der Welt, etwa so, als wenn man von einem Bahnhofe, wo ein Getöse von Wagen ist, ein Pfeifen und Spektakeln, wo die Menschen selbst nichts anders können als Schreien und Toben, in die Kirche tritt, worin tiefe Stille herrscht und woselbst das Singen kein Schreien und Bölken ist, sondern ein sanftes, liebliches Singen, denn die Christen singen wohl, aber sie bölken nicht. Außer der Kirche da plappert und klatscht es, der Mund geht wie ein Mühlrad, nur die Kirche ist der einzige Ort, worin Stille herrscht. Wenn die Leute zur Kirche gehen, geht das Rädern los und dauert so lange, bis sie die Thüre hinter sich zu haben. Kaum können sie warten, bis sie wieder heraus sind, so geht das Schnattern und Plappern wieder los, als ob sie bange sind, daß der Mund ihnen in der Kirche könne zugewachsen sein. Sogar auf dem Kirchhofe, wenn eine Leiche beerdigt wird, machen sie es nicht anders, sie können nicht die Zeit abwarten und den Mund halten, bis sie erst vom Kirchhof herunter sind. Gottlob, daß wir doch einen Ort haben, wo es noch stille ist. Dir bezahlt man Gelübde, heißt es ferner: Dieses stimmt überein mit den andern Stellen, wo es heißt: Opfere Gott Dank und bezahle dem Höchsten deine Gelübde; und: Was du gelobest, das halte. Es ist dir besser, du gelobest nichts, denn daß du nicht hältst, was du gelobest. Es wird oft gefragt, ob man dem HErrn denn noch Gelübde thun solle, ob das nicht katholisch sei? Wenn es kein Handel vor Gott ist, womit ich etwas verdienen oder erzwingen will z. B. wenn man sagt: Sieh, lieber Gott, nun gebe ich Dir dies, dafür gib mir das, sondern wenn es aus innigstem, dankbarstem Herzen kommt, dann ist es nicht katholisch, und ich wünsche nur, daß viele solche Gelübde möchten gethan werden. Wenn z. B. Einer von einer schweren Krankheit genesen ist, wenn Einer sein Kind hat taufen lassen, wenn Einer zum Abendmahl gewesen ist, wenn der HErr uns im Gewitter bewahrt hat, sollte es nicht billig sein, ein Dankopfer zu bringen? Oder meint ihr, man könne bei dem lieben Gott mit ein paar armseligen Worten auskommen, es bedürfe der That nicht? Die meisten Christen machen sich ihr Christenthum recht wohlfeil. Die Juden schlachteten doch noch Ochsen, Schafe, Kälber, Turteltauben, sie ließen es sich doch noch ein bisschen kosten. Wie viel Ochsen jetzt wohl geopfert würden, wenn das Opfern von Thieren noch Gültigkeit hätte? Ich glaube, die Leute würden sagen: Das Fleisch wollen wir lieber selbst essen. Der Gottesdienst und das Christenthum muß so wohlfeil als möglich sein. Aber bei den wahren Christen heißt es nicht bloß: Man lobt Dich in der Stille, sondern auch: Dir bezahlt man Gelübde. Das ist so natürlich, daß es gar nicht anders sein kann. Wo das Bewußtsein der von Gott empfangenen Wohlthaten kommt, da ist das Beweisen der Dankbarkeit gegen Gott nichts anderes, als Ausfluß eines dankbaren Herzens. Du erhörst Gebete, darum kommt alles Fleisch zu Dir. Unsere Missethat drücket uns hart. Du wollest unsere Sünden vergeben. Dieses Wort ist mit keinem Gelde zu bezahlen. Wir haben einen lebendigen Gott: Wir schreien - Er antwortet, wir klopfen an - Er thut auf, wir rufen - Er erhört, Er gibt fröhlichen Much, zu Ihm zu kommen. Ich weiß, Gott hat nicht bloß mein Ohr, mein Auge, meine Hand, meinen Mund gemacht, sondern Er hat selbst ein Ohr zum Hören, ein Auge zum Sehen, einen allmächtigen Arm zum Helfen und einen Mund zum Antworten und dieses Alles, Hören, Sehen, Helfen, Antworten von Seiten Gottes ist möglich, wenn uns unsere Sünde vergeben ist. Das ist das kostbarste in der Kirche: Sie hat Vergebung der Sünden. Wenn uns unsere Missethat noch so hart drückt: wenn unsere Sünde blutroth ist und ihrer so viele wie Haare auf dem Haupte, wie Sand am Meer: Du wollest uns unsere Sünde vergeben, so beten wir und werden erhört. Wir haben in der Kirche die Predigt von der wunderbaren Erlösung; Gottes liebster Sohn hat sein Blut für uns vergossen, welches wir in Taufe und Abendmahl durch den Glauben uns aneignen, und wodurch die Vergebung der Sünden, die Christus uns erworben hat, Uns mitgetheilt wird, daß ich nun sagen kann: Ich habe Vergebung der Sünden, denn das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, macht mich rein von aller Sünde. Dieser Freudigkeit, zu Gott zu gehen mit der Bitte: Vergib mir meine Sünde, folgt immer die Antwort: Mein Sohn, Meine Tochter, deine Sünden sind dir vergeben. Ja es gibt kein kostbareres Wort: Unsere Missethat drücket uns hart, Du wollest uns unsere Sünde vergeben. Wenn wir das recht erkennen, so können wir auch weitersagen: Wohl dem, den Du erwählest und zu Dir lassest, daß er wohne in Deinen Höfen, der hat reichen Trost von Deinem Hause, Deinem heiligen Tempel. Jeder, der Vergebung der Sünden, Kraft in Schwachheit, Trost in Noth, Ermahnung und Strafe in Trägheit, Ermunterung in Lauheit hat, der ruft aus: Wohl mir, daß Du mich erwählet hast und zu Dir lässest! Wer dieses aber aus innerstem, aufrichtigem Herzen sagen kann, der kann auch die theure Kirche gar nicht entbehren, der muß des HErrn Kirche und und des HErrn Gnadenmittel haben, und wo er die nicht hat, da kann er's nicht aushalten, denn da fehlt ihm die Lebenslust, er muß sterben. Ihr findet dieses Wesen, das sich anklammert an Kirche, Wort und Sakramente nur bei den Wenigsten, bei den Meisten heißt es: Wo kriege ich das tägliche Brot? wo werde ich reich? wo werde ich ein angesehener Mann? Will sich ein wahrer Christ irgendwo ankaufen, so fragt er nicht: Ist das Land gut? find die Wiesen gut? werde ich da auch reich? sondern: habe ich da die Taufe, Gottes Wort und Sakrament? Man findet dieses jedoch nur bei Wenigen. Es sind noch nicht zehn Jahre her, da wurden in Kroatien große Strecken Landes zum Verkauf ausgeboten, wo man etwa 2000 Morgen für 1000 Thaler kaufen konnte. Das war billiges und dazu sehr fruchtbares Land und es sind allein 200 deutsche Lutheraner dahin gezogen. Sie sind natürlich wie sich das leicht denken läßt, in ein paar Jahren steinreich geworden und sind große Rittergutsbesitzer, aber sie haben keine Kirche, keine Predigt, kein Sakrament. Wollen sie einmal eine Predigt hören, so müssen sie 2 - 300 Meilen weit reisen. Sie müssen also entweder rein verkommen oder katholisch werden, und was haben sie dann gewonnen? Sie sind große Rittergutsbesitzer geworden, ihre Seligkeit aber haben sie verscherzt, und sind bei all ihrem großen Reichthum doch nur arme Bettler, denn was hülfe es dem Menschen, so er die ganze Welt gewönne und nähme doch Schaden an seiner Seele? Nicht der ist ein Bettler, der keinen Thaler in der Tasche hat; sondern der ist ein rechter Bettler, der keinen Heiland, keine Kirche, keine Predigt hat, und wie gottlos die Deutschen sind, kann man recht daran sehen, daß schon hunderttausende nach dem scheußlichen Amerika ausgewandert sind, um dort reich zu werden; wer um solcher Ursache willen weggeht, der ist nicht einmal werth, daß ihm Prediger nachgeschickt werden, man müßte dem eigentlich sagen: Hast du Gott und die Kirche so verlaufen, so kannst du nun auch hingehen und sehen, wie du fertig wirst. - 2. Die Fürbitte für den weltlichen Stand, das ist die Obrigkeit. Der die Berge fest setzet in Seiner Kraft und gerüstet ist mit Macht. Der Du stillest das Brausen des Meeres, das Brausen seiner Wellen, und das Toben der Völker, daß sich entsetzen, die an denselben Enden wohnen, vor Deinen Zeichen. Hier wird uns der Segen des weltlichen Standes, der christlichen Obrigkeit gezeigt. Der 6. Vers: Erhöre uns nach der wunderlichen Gerechtigkeit, Gott, unser Heil, der Du bist Zuversicht Aller auf Erden, und ferne am Meer, bildet den Uebergang von der Fürbitte für die Kirche zu der Fürbitte für die Obrigkeit. Wenn wir die Worte hören: Erhöre uns nach Deiner wunderlichen Gerechtigkeit, so muß uns das wunderbar dünken, was hierin liegt. Wir verdienen nicht, erhört zu werden, und es wäre kein Wunder, wenn der HErr uns nicht erhörte. Wir verdienen um unserer Sünde willen nur Strafe, aber zwischen dem strafenden Gott und mir tritt die wunderliche Gerechtigkeit. Christus stellt sich dazwischen und sagt zu Gott: Straft Mich ab, so tauscht Christus mit mir; und ich sage zu ihm: Erhöre mich, so tausche ich mit Christo. Christus nimmt mir die Strafe ab und ich nehme ihm die Gebetserhörung ab. Weil nun Jesus mit meinen Sünden beladen dasteht, so sieht der Vater ihn so an, als wäre ich das, und weil ich mit der Gerechtigkeit Christi bekleidet bin, so sieht der Vater mich so an, als wäre ich Christus. So sind meine Sünden an Christo gestraft, während Er mir die gnadenreiche Erhörung Seines lieben Sohnes gibt, und deßhalb kann ich der Erhörung meines Gebets gewiß sein. Er ist die Zuversicht Aller auf Erden und ferne am Meer. Gott ist der alleinige Gott und HErr, um deßwillen soll Seine Kirche ausgebreitet werden bis an die Enden der Erde, und alle Völker sollen Christum kennen lernen und sich zu ihm bekehren, denn es ist in keinem andern Heil, ist auch kein anderer Name den Menschen gegeben, darinnen sie sollen selig werden, als allein der hochgelobte Name Jesu Christi. Der die Berge fest setzet in Seiner Kraft und gerüstet ist mit Macht. Der du stillest das Brausen des Meeres, das Brausen seiner Wellen und das Toben der Völker. Nicht bloß geistlich ist der HErr die Zuversicht Aller, sondern auch leiblich, damit Alle sicher wohnen und ihr Stück Brot in Frieden essen können. Sagt ihr nun: Die großen Berge, die wir mit unsern Augen auf Erden sehen und die Felsen, die gleichsam die Erde halten und deren kräftige Stütze sind, sollen Obrigkeiten sein, wie kommst du darauf? Antwort: Das Brausen des Meeres und das Brausen seiner Wellen ist der bildliche Ausdruck für den folgenden eigentlichen: Das Toben der Völker. Die Berge sind nicht die leiblichen Berge, das Meer ist nicht das leibliche Wasser, sondern die Obrigkeiten sind die Berge, das brausende Meer, die brausenden Wellen sind die Völker. Wie sich nun die tobenden und brausenden Wellen zerschellen an dem Fels im Meer, so ist die Obrigkeit der von Gott in das brausende und tobende Völkermeer gesetzte Berg, der Fels, an dem die Wellen sich zerschellen. Dazu muß aber die Obrigkeit stark sein, gerüstet mit Macht, deßhalb auch alle wahre Christen treu für die Obrigkeit beten, daß der HErr alle christliche Obrigkeit stärke, denn sie kann das Toben der Völker nicht stillen, wenn sie nicht Macht dazu hat. Und das um so mehr in jetziger Zeit, wo alles darauf hin arbeitet, diesen Berg hinweg zu thun. Daran arbeiten hauptsächlich die schändlichen Demokraten, dieses Gesindel, welches die Obrigkeit stürzen will. Ob sie aber auch einen noch so großen Bart haben, so soll man es ihnen trotz ihres Bartes ins Gesicht sagen, daß, wenn die Obrigkeit recht thun wollte, sie dieselben entweder ins Gefängniß stecken oder einen Kopf kürzer machen müßte, damit das Pack das Schreien nachließe. Und das muß man ihnen um so mehr ins Gesicht sagen, da die Obrigkeit diesen Schreiern gegenüber zu feige ist, denn über die ist der Taumelkelch der Furcht ausgegossen. Ich sage euch: Wer sich auch nur im Geringsten mit den Demokraten einläßt, der hat sein Christenthum verleugnet. Sind diese Berge nicht mehr, dann wehe dem, der unter den losgelassenen Völkern leben muß. Aber so lange Obrigkeit ist, trägt sie das Schwert nicht umsonst, und wo christliche Obrigkeit ist, da stehts gut, die leidet nicht, daß die Straßengarde aufzieht, sondern hetzt sie so lange, bis sie zahm ist. Unter der Herrschaft solcher muthiger Obrigkeit entsetzen sich die Gottlosen, und die Frommen können in Ruhe und Frieden ihr Brot essen. Da gedeiht das Wohl des Landes, und die Frommen werden überhand nehmen: ja in diesem Falle ist es eine gesegnete Obrigkeit, darunter muß wohl das Toben verstummen. Wenn aber der Pöbel überhand nehmen wird, dann entsetzen sich die Frommen und die Gottlosen erheben ihr Haupt. Wenn im ersten Falle die Gottlosen sich entsetzen im Kampfe der Obrigkeit von Gottes Gnaden gegen die Rebellen, wo die königliche Gewalt stark ist und die Rebellen zur Ruhe bringt, da schreien sie im Entsetzen: Der König ist ein Tyrann, die Soldaten sind Bluthunde. Wenn die Demokraten überhand nehmen ist Entsetzen auf der andern Seite. Da nehmen die Freiheitshelden Alles zu sich und schlagen jedem aufs Maul, der sich widersetzt. Und wenn es erst so weit kommt, dann geht es nicht bloß gegen König, Obrigkeit und Prediger, sondern auch den Bauern werden ihre Bauernhöfe genommen, den Reichen ihr Geld, und das wird schon für ein Verbrechen gerechnet, wenn Einer 1000 Thaler hat, denn wie kannst du ein solches Unrecht thun und das für dich behalten, du mußt das mit den Demokraten theilen: und wegen des entsetzlichen Verbrechens, dir 1000 Thaler erspart zu haben, wirst du einen Kopf kürzer gemacht. So ist Entsetzen auf beiden Seiten. Laßt uns deßhalb alle Tage den HErrn bitten, daß Er die Obrigkeit wolle segnen, ihr das feige Herz nehmen, und den heiligen Geist geben, auf daß sie eine rechte Obrigkeit sei zu Lobe den Frommen, und zur Rache den Uebelthätern, und wir unter ihrem Regiment ein geruhiges und stilles Leben führen mögen in aller Gottseligkeit und Ehrbarkeit. - Nun kommt 3. Die Fürbitte für den Hausstand. Du machest fröhlich, was da lebet und webet, beides des Morgens und des Abends. Das ist der Morgen- und Abendgottesdienst im Hause, wo der Hausvater sein Hauswesen mit Gott anfängt und mit Gott beendet und so Alles mit seinem Gott treibt. Da ist denn das Herz fröhlich und es beugt ein Jeder mit wahrer Freude seine Kniee vor seinem lieben HErrn Jesu und befiehlt sich Ihm, geht mit Ihm ein und aus, und da ist Gottes Gnade und Segen. Wenn hier nun stehet: Du, HErr, bauest das Land, du aber sagest: Pflügt, eggt und säet denn der liebe Gott? ich meine doch, daß ich das Land pflüge, egge und den Saamen streue? Ja, Gott Pflügt, eggt und säet nicht, das thust du, denn Gott Selbst legt nicht Seine Hand an Deinen Pflug; das ist's aber auch alle, was du dabei thust. Denn mit aller deiner Macht kannst du das Korn wohl unter die Erde bringen, aber das ist noch nicht genug, du armer Mensch vermagst nicht, es wieder heraus zu bringen aus der Erde. Wo willst du Wasser hernehmen, das Land zu wässern, seine Furchen zu tränken, sein Gepflügtes zu feuchten und mit Regen weich zu machen, wie fruchtbares Wetter geben zu rechter Zeit? Als es einmal während der ganzen Saatzeit nicht geregnet hatte, sprach ein Mann zu einem Bauer: Du hast doch wunderschönes Wetter gehabt, bist in der ganzen Saatzeit nicht einmal naß geworden; - der hat doch recht viel davon verstanden; nicht wahr? Der Landmann freut sich, wenn es während der Saatzeit viel regnet, damit die Saat gleich eingeweicht wird. Ein egyptischer König, der, wie noch jetzt die chinesischen Kaiser, selbst sein Land pflügte und den Saamen säete, hatte in seiner großen Weisheit ersonnen, wie er pflügen und säen könne, ohne naß zu werden. Er hatte nämlich sein Land mit einer Mauer umgeben und darauf ein Dach machen lassen, und so konnte er nun bequem im Trocknen pflügen und säen. Damit jedoch dieses Dach dem Himmel wenigstens ähnlich sein sollte, ließ er die Decke blau malen und ebenfalls eine Sonne daran. Erfreut über diese seine große Weisheit, wartete er nun, daß das Korn auflaufen sollte, aber vergebens, das Korn kam nicht. Da fragte er einen alten Bauern, wie dieses zuginge, .worauf er erwiderte: Deine gemalte Sonne, o König, lockt den Halm nicht aus der Erde hervor, und der fruchtbringende Regen kann nicht durch das Dach kommen. Nimm der Saat Gottes Regen und Gottes Sonne, so ist alle deine Mühe und Arbeit umsonst, denn du nimmst dem Lande damit Gottes Segen, es hat keine Frucht und mit deiner Macht kannst du kein Korn aus der Erde wachsen lassen. - Siehe, Gottes Brünnlein hat Wassers die Fülle, sagt unser Psalm, und Sein Segen macht das Land reich; du vermagst mit deiner Kraft nicht das Korn aus der Erde zu bringen, Er segnet das Gewächs. Du bist eigentlich gar kein Bauer, der rechte Bauer, Landmann und Werkmeister ist Gott, du bist nur Sein Knecht. Siehe-, so hoch ehrt der HErr den Bauernstand, daß Er sich den Bauer nennt und du sollst Sein Knecht sein. Will der Bauer es anders und nicht so, wie der HErr will, so wird er zu Schanden, oder wenn er auch im Irdischen weiter kommt, so geht doch die Seele verloren. Wir wollen den HErrn bitten, daß Er uns behüte vor Hagel, Ungewitter, Wassersnoth und allen Unglücksfällen, und darum sind ja auch die Gewitterandachten, die bei herannahendem Gewitter in jedem christlichen Hause gehalten werden, um sich und die Seinen nebst Haus, Hof und Feld in Gottes Hand zu. stellen, und wenn dieses geschehen ist, kann man getrost abwarten, was Gott dann thun wird. Er aber kröne das Jahr mit Seinem Gut und lasse Seine Fußstapfen triefen vom Fett, ja Gott gebe, daß wir das ganze Jahr genug haben. Die Wohnungen in der Wüste sind auch fett, das können wir Haidleute so recht sehen an den Bienen, wie ja auch die Bauern sagen, wenn es ein gesegnetes Jahr ist: Die Bienen sind fett geworden. Und so kommt denn der Segen auf Anger und Auen, daß die Anger voll Schafe stehen und die Auen prangen mit dem reichen Segen an Korn, daß man darüber jauchzet und finget. Und sollten wir dafür nicht dankbar sein? Wir können Gott nicht genug bitten, daß Er uns erhalten wolle die drei Hauptstände der Christenheit: Den geistlichen Stand, unsere theure Kirche, den weltlichen Stand, das ist die Obrigkeit und den Hausstand. Amen.

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Predigt am Tage der Hagelfeier 1862, so bei uns auf den ersten Mittwoch im Mai fällt.
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