Harms, Ludwig - Der Psalter - Der 59. Psalm.

Harms, Ludwig - Der Psalter - Der 59. Psalm.

Dieser Psalm ist überschrieben: Ein goldenes Kleinod Davids, daß er nicht umkäme; da Saul hinsandte, und ließ sein Haus bewahren, daß er ihn tödtete. Ihr wißt wie sehr der König Saul David, den Knecht Gottes, haßte, wie all' seine frühere Liebe in den grimmigsten Haß umgewandelt war, seitdem in Saul anstatt des heiligen Geistes der Teufel herrschte. So lange der heilige Geist ihn regierte, liebte er David, als aber der Teufel sich seiner bemächtigte, da haßte er David. Er zeigte damit, was die heilige Schrift sagt und die eigene Erfahrung bestätigt, daß der Fromme nur von dem Frommen geliebt werden kann und von dem Gottlosen gehaßt werden muß, so gewiß Kam Abel haßte. Dieser Grimm war so groß, daß Saul David mit seiner eigenen Hand tödten wollte. Er warf selbst mit dem Spieß nach David, traf ihn jedoch nicht, und so gewann David Zeit zu entfliehen, um sich in sein Haus zu begeben. Da ließ Saul Davids Hausthür mit Soldaten besetzen, die sollten ihn dann am andern Morgen greifen und ausliefern. Das erfuhr Michal und setzte David davon in Kenntniß, ermunterte ihn aber auch in derselben Nacht noch zu entfliehen, und da er nicht aus der Thür kommen konnte, so ließ sie ihn zum Fenster hinaus. Da ist er in die Wüste geflohen, und hat sich zehn lange Jahre in der Einöde aufgehalten, bis Gott endlich den Flüchtling auf den Thron setzte. Wir haben vorhin gesungen: Wo Gott der HErr, nicht bei uns ist, wenn unsere Feinde wüthen rc. Dieses Lied hat man gesungen zu der Reformationszeit. David singt auch im 59. Psalm von den Blutgierigen, die sich gegen ihn verschworen haben. Und so ist es seit dem Sündenfall auf Erden gewesen, so hat Abel sagen müssen gegen seinen Bruder Kain, so hat David singen müssen gegen seinen Schwiegervater Saul, so haben die Reformatoren singen müssen gegen die katholischen Widersacher, und dieses Lied wird nicht aufhören, so lange die Welt steht. Diese Trübsal nun, die über alle Frommen kommen muß, soll also von ihnen erduldet werden, daß sie sagen können wie David im Psalm: Ohne meine Schuld und Missethat. Merket euch, das ist der Unterschied zwischen den Leiden um Christi willen und den selbstverschuldeten Leiden, daß man dieses Leiden wirklich um Christi willen und nicht um eigener dummer Streiche willen trägt. Wo die Rede ist vom heiligen Kreuz, von den Leiden um Christi willen, von dem Leid, das die Gottlosen den Frommen zufügen, da bitte ich dich, prüfe dich, ob du dieses Leiden auch wirklich um Christi willen trägst, oder ob deine Unarten und Sünden es verursacht haben, und nun sagst du Heuchler: Das kommt von meinem Glauben und von meiner Frömmigkeit. Sehet hier z. B. David, der wird lediglich von Saul verfolgt um des wahren Glaubens willen. Er hatte dem Könige Saul gar nichts zu Leide gethan, auch nicht mit einem Worte war er ihm zu nahe getreten, er war treu gewesen wie Gold und hatte für das Volk Israel gekämpft als ein Held, er hatte alle Pflichten eines getreuen Unterthan und Sohnes gegen ihn erfüllt; und dieser Mann, der ohne Schuld und Missethat dastand, den verfolgt Saul lediglich um seiner Frömmigkeit willen, lediglich weil er um seiner Gottlosigkeit willen verworfen und David um seiner Frömmigkeit willen erwählt war. Darum kann David so fröhlich und selig in der Trübsal sein, darum kann er in seinen Gebeten ein goldenes Kleinod finden, darum kann er als ein Rebhuhn zehn lange Jahre auf den Bergen umher gejagt werden und er verzagt doch nicht. Merket euch das, es gibt viele Christen, die ziehen sich gar viele und herbe Leiden zu durch ihre eigene Schuld, und dann verkriechen sie sich hinter ihrem Christennamen und geben der Frömmigkeit die Schuld; das ist aber verkehrt. Laßt uns ein Mal in Davids späteres Leben hinein sehen, als er den schändlichen Ehebruch mit Batseba begangen, als er den schändlichen Mord an Uria verübt hatte, und sein Sohn Absalon ihn vom Throne stürzte und ihn vertrieb, konnte er da sagen, das leide ich um meiner Frömmigkeit willen? Da betete er ganz anders, ihr kennt ja alle den 51. Psalm, worin es heißt: Gott, sei mir gnädig nach Deiner Güte, und tilge meine Sünden nach Deiner großen Barmherzigkeit. Er steht da und weint und fleht wie ein Kind, das unartig gewesen ist, er liegt da als ein zerschlagener Sünder vor Gottes Angesicht. Warum ist da das Beten Davids ein ganz anderes? Weil er leidet für seine Schuld und Missethat, weil es verdiente Strafe ist. Das menschliche Herz ist ein arges und lügenhaftes Ding, darum findet man so oft, daß die Menschen das Leiden um der Sünde willen mit dem Leiden um Christi willen verwechseln. Da ist mancher Mensch, der den Glauben an Jesum bekennt, der in die Kirche geht und auch zu Hause singt und betet, aber Keiner mag ihn leiden; da heißt es denn gewöhnlich: Das kommt von meiner Frömmigkeit. Nun ja, es gibt solche Fälle, aber in der Regel hat es einen andern Haken, etwa den, der Mensch kann das Lügen und Klatschen nicht lassen, er kann seine spitze Zunge nicht bezähmen rc. und aus dem Grunde mag ihn Keiner leiden. Prüfe dich, ob du dein Leiden ohne deine Schuld und Missethat um Christi willen trägst; und ist das der Fall, dann gehe zu Christo und freue dich, daß du gewürdigt bist, um Seines Namens willen Schmach zu leiden. Sagt dir aber dein Herz, daß dein Leiden die Frucht deiner Sünde ist, so hüte dich und verunehre nicht das Kreuz Christi. - Außerdem tritt noch ein Punkt besonders in diesem Psalm hervor und der soll noch erwähnt werden. Bei allen Verfolgungen, die David leidet, strecken zwar Saul und dessen Soldaten die Hand nach ihm aus, aber die eigentlichen Urheber der Verfolgung sind Diejenigen, die falsche Lehre predigen. David sagt: Ihre Lehre ist eitel Sünde, und verharren in ihrer Hoffart und predigen eitel Fluchen und Widersprechen. Dann unterscheidet er zwischen denen, welche die Verfolgung ausführen und den falschen Predigern, indem er sagt: Die falschen Prediger tödte, aber die Verfolger zerstreue, daß sie mir nicht schaden können. Das ist nämlich die Erfahrung, die man allenthalben gemacht hat, seit dem Sündenfall und die sich noch immer wiederholt: Die ärgsten Widersacher der Kirche und der Frommen sind von jeher die gottlosen Prediger, die falsche und irrige Predigt verkündigen. Sind irgend welche Menschen in der Welt Abgesandte des Teufels, so sind es die falschen Prediger. Wir sehen das allenthalben, wo wir Hinblicken. Leset einmal in der Bibel, sehet die Evangelien der Reihe nach durch mit allem, was unserm HErrn Christus widerfahren ist, sehet die Apostel Geschichte nach mit allem, was den Aposteln widerfuhr, wer sind die Rädelsführer gewesen, wenn es über Christum und die Apostel herging? sind es nicht Hannas und Caiphas, die Hohenpriester und Schriftgelehrten gewesen? Der Hoherath ist es gewesen, der Jesum gekreuzigt und die Apostel getödtet hat. Falsche Propheten sind eben darum die rechten Abgesandten des Teufels, weil sie unter die Anklage des HErrn verfallen: Ihr seid bis an den Himmel erhoben, ihr werdet bis in die Hölle hinunter gestoßen werden. Denn ein Prediger, der das Evangelium predigen soll, ist dadurch bis an den Himmel erhoben; fällt er aber ab und bringt falsche Lehre, so wird er in die Hölle geschleudert werden. Darum gibt es keine größere Feinde Gottes, als unbekehrte oder abgefallene Prediger. Als die Reformation ausbrach und Luther und seine Genossen das Evangelium predigten, wer waren ihre Hauptfeinde? Der Papst, die Bischöfe und Priester, diese hetzten Könige und Kaiser gegen sie auf und zündeten die Scheiterhaufen an. So ist es in der jetzigen Zeit auch noch. Fast alle krankhaften Bewegungen in unserer Kirche sind durch unbekehrte oder abgefallene Prediger hervor gerufen worden. Wer aber falsche Lehre aufbringt, der ist ein großer Verbrecher; wir sehen das daraus, daß David betet: HErr, zerstreue meine Verfolger; aber die falschen Lehrer tödte. Ich las neulich von einem Manne, der eine förmliche Mordwuth gehabt hat, und es wurde von ihm gesagt, er habe fünf oder sechs Menschen umgebracht, theils daß er sie erschlagen habe mit einem Beil, theils daß er sie vergiftet habe. Nun sagt mir einmal, grauet euch nicht vor diesem Menschen, der fünf oder sechs Leute todt gemacht hat? sagt ihr nicht, das ist doch entsetzlich, die Hand an den Leib der Brüder zu legen? Aber da ist ein Mensch, der hat Tausende in seiner Kirche, und denen predigt er falsche Lehre, die falsche Lehre ist das Beil und Gift, womit er die Seelen mordet; ist nicht solch ein falscher Lehrer ein Seelenmörder? David hat Recht, wenn er betet: Meine Verfolger zerstreue, aber die falschen Lehrer tödte, denn sie sind giftiger und gefährlicher, als alle Mörder des Leibes. Darum kann man sich nicht genug in Acht nehmen vor falscher Lehre, und es ist ein todeswürdiges Verbrechen für eine Gemeinde, die einen falschen Lehrer zum Predigt- oder Lehramt zuläßt. Nachdem nun David also gesprochen hat von denen, die ihn verfolgen, so folgt nun sein fröhliches Vertrauen zu Gott: Ich aber will von Deiner Macht singen, und des Morgens rühmen Deine Güte; denn Du bist mein Schutz und meine Zuflucht in meiner Noth. Ich will Dir, mein Hort, lobsingen; denn Du Gott bist mein Schutz und mein gnädiger Gott. Dazu hat er auch alle Ursache, denn was er leidet, das leidet er um Gottes willen und kann auf sich das Wort anwenden: Hüpfet und springet, wenn euch die Menschen um Meinet willen schmähen und verfolgen, es soll euch im Himmel wohl belohnt werden. Alle diese Leiden sind eine Ehre und Krone. Was für den Menschen, die den Großen auf Erden dienen, die Ordenszeichen sind, das sind für die Christen die Leiden um Christi willen. Seine Verfolger soll Gott nicht gleich tödten, Er soll sie zerstreuen, daß sie wie die Hunde heulen und in der Stadt umher laufen müssen? und erst, wenn sie sich nicht bekehren wollen, dann sollen sie, wie die falschen Prediger getödtet und umgebracht werden. Das finden wir oft in der Kirchengeschichte, daß Gott die falschen Lehrer plötzlich tödtet. Denkt z. B. an den Irrlehrer Arius, dem auf dem Wege nach der Kirche der Bauch entzweibarst und er elendiglich umkommen mußte; denkt an Cerinth, dem das Badehaus über dem Kopfe einstürzte und ihn mit seinen Jüngern tödtete. So ist es heute noch. Wir haben es noch in der letzten Zeit erlebt, daß es von einem Manne, der sich breit gemacht und einen großen Namen erworben hatte, plötzlich hieß: Er ist todt. Darum hütet euch, daß ihr kein Aergerniß gebet, aber hütet euch auch vor falschen Lehrern in Kirche und Schule, auf daß ihr an Gottes Hand den Weg zum Himmel geht. Amen.

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