Harms, Ludwig - Der Psalter - Der 58. Psalm.

Harms, Ludwig - Der Psalter - Der 58. Psalm.

Auch dieser Psalm gehört zu denjenigen, welche überschrieben sind: Ein güldenes Kleinod Davids. Ein solches Gebet mußte David in seinem schweren Kampfe mit den gottlosen Menschen ganz besonders stärken und erquicken, daß die Trübsalswogen ihn nicht erdrückten. Denn die Trübsalswogen gingen so sehr über sein Haupt, daß er sich dem geistlichen und leiblichen Untergange nahe glaubte, wenn Gott nicht hilft. Drei Stücke werden uns in diesem Psalm geschildert: 1. Die Gottlosigkeit der Gottlosen. 2. Das Gericht Gottes über die Gottlosen. 3. Der freudige Triumph der Kinder Gottes. - Also 1. Die Gottlosigkeit der Gottlosen. Dieselbe schildert er auf die schrecklichste Weise in den Worten: Seid ihr denn stumm, daß ihr nicht reden wollt was recht ist, und richten was gleich ist, ihr Menschenkinder? Ja muthwillig thut ihr Unrecht im Lande, und geht stracks durch mit euren Händen zu freveln. Die Gottlosen sind verkehrt von Mutterleibe an, die Lügner irren von Mutterleibe an. Ihr Wüthen ist gleich wie das Wüthen einer Schlange, wie eine taube Otter, die ihr Ohr zustopft, daß sie nicht höre die Stimme des Beschwörers, des Zauberers, der wohl beschwören kann. Merket euch, damit ihr diese Schilderung recht versteht, daß von Natur Alle gleich sündig sind. Das Wort also, was wir in dieser Schilderung gehört haben: Die Gottlosen sind verkehrt von Mutterleibe an, die Lügner irren von Mutterleibe an, das gilt ursprünglich auf alle Menschen, denn durch die Erbsünde sind wir alle verderbt und verkehrt von Mutterleibe an. Wir werden eben so wohl als Gottlose geboren, wie wir als Gottlose gezeugt sind, und das Wort hat sein volles Recht: Siehe, ich bin aus sündlichem Samen gezeugt, und meine Mutter hat mich in Sünden empfangen Ps. 51, 7. Nun tritt aber an die Menschenkinder, die also in Sünden empfangen und geboren sind und die, wenn sie so bleiben, verdammt werden müssen, nun tritt an die Menschenkinder das Wort Gottes heran, es wird ihnen die Buße zu Gott und der Glaube an Jesum gepredigt, es wird ihnen gesagt: Bekehre dich von ganzem Herzen. Da tritt der Wendepunkt ein. Etliche bekehren sich und denen wird nun die Sünde vergeben, die hören auf Gottlose zu sein, nachdem sie von ganzem Herzen zu Gott bekehret sind. Andere aber, die wollten sich nicht bekehren, sie bleiben Gottlose, ja sie bleiben das nicht nur, sondern nachdem sie die Gnade zurückgestoßen haben, werden sie viel gottloser als zuvor. Das sind die Gottlosen, von denen hier die Rede ist, die sich nicht in wahrer Buße und rechtem Glauben bekehrt, sondern im Unglauben verstockt haben, die heißen in der Schrift die Gottlosen, während die Andern, die sich bekehrt haben, die Frommen heißen. Von der Zeit an, daß die Frommen sich bekehrt haben zum HErrn, die Gottlosen aber sich verstockt haben, entbrennt der Kampf zwischen den Frommen und Gottlosen. Die Gottlosen werden die bittersten Feinde der Frommen; darum geht es in den härtesten, bittersten Kampf mit ihnen, um sie wo möglich auszurotten, wie wir in all' den letzten Psalmen gesehen haben. Dieser Kampf wird um so schrecklicher, weil er kein irdischer, sondern ein geistlicher Kampf ist; er ist nicht sichtbar, denn auf Seiten der Frommen steht Gott und Seine heiligen Engel, auf Seiten der Gottlosen steht der Teufel und dessen Engel. So ist es ein Kampf, der in die Geisterwelt hinein reicht. Wären Gott und Seine Engel nicht stärker als der Teufel mit seinen Engeln, so würden die Frommen leicht bezwungen; weil aber Gott stärker ist als der Teufel, so müssen die Frommen gewiß siegen. In wie fern aber die Gottlosen, nachdem sie sich verstockt haben, Feinde Gottes und der Frommen geworden sind, das zeigt David V. 2: Seid ihr denn stumm, daß ihr nicht reden wollt was recht ist, und richten was gleich ist, ihr Menschenkinder? Ja, die Gottlosen sind stumm recht zu reden und die Wahrheit zu sprechen. Sie können es auch nicht, denn so weit ist es mit den Gottlosen gekommen, daß sie das Gute böse und das Böse gut heißen. Ist das nicht ein klarer Beweis davon, daß die Gottlosen der teuflischen Natur theilhaftig geworden sind: Sie sind stumm um das Gute gut und das Böse bös zu nennen, aber mit lauter Stimme nennen sie das Böse gut und das Gute bös. Mit der Vernunft ist das gar nicht zu begreifen; aber wenn man weiß, daß sie von Gott abgefallen sind und sich dem Teufel verkauft haben, so ist es leicht einzusehen. Ich will ein Beispiel anführen um euch dies klar zu machen. Da kommen Christen, die den HErrn Jesum lieb haben, mit Leuten zusammen, die von Gott nichts wissen wollen. Ich will nehmen, sie kommen etwa zusammen mit ihnen in einem Wirthshause oder in einem Wartesaal auf dem Bahnhofe, wo gerade gegessen wird. Die Frommen wollen gerade essen und beten zuvor, was die Gottlosen bekanntlich nicht thun, die fallen wie die Schweine über ihr Essen her und stehen ebenso als die Schweine vom Tische auf, denn sie sind keine Christen mehr, sondern verthierte Menschen geworden und darum beten sie nicht. Aber sie können nicht nur nicht beten, sie wollen und mögen auch nicht beten. Wenn sie nun nicht beten, sagt, heißt das nicht stumm sein, wo man reden soll? Aber das ist noch lange nicht alles. Laß die Gottlosen das Beten der Frommen sehen, was ja nicht ausbleiben kann, denn du mußt den HErrn öffentlich bekennen auch durch dein Tischgebet, - da folgen spöttische Gebehrden, Lachen und Höhnen. Fragt man: Was ist das für Einer, der da beim Essen betet? so kommt die mitleidig höhnische Antwort: O das ist ein Beter. Wollte Gott, alle Menschen wären nur rechte Beter! und hier wird dieser Ehrenname der Christen zum Spottnamen gemacht. Ich will nehmen, Christen haben sich in einem Hause versammelt zum Lesen, Beten und Singen, d. h. geistlicher Lieder, da kommt eine Rotte gottloser, halbbetrunkener Buben, was thun die? Der Eine heult, der Zweite kräht, der Dritte flötet, der Vierte brüllt, und die Christen können sich freuen, wenn ihnen die Fenster nicht eingeworfen werden. Warum thun das die Gottlosen? Weil sie das Beten nicht leiden können. Wissen sie denn nicht, daß das Beten gut ist? Ja, aber sie sind stumm das Gute gut und das Böse bös zu nennen. Dieses Wesen zeigt sich bei den Gottlosen allenthalben, man kann es auch gar nicht anders erwarten, weil sie sich vom Teufel treiben und reiten lassen, und darum Teufelswerke thun und Teufelsworte reden müssen. Die Frommen aber lassen sich vom heiligen Geist treiben und beweisen das durch Wort und Wandel. Darum werden die Frommen von den Gottlosen verfolgt. Daß das mit einer satanischen Wuth geschieht, sagt David in den Worten: Ihr Wüthen ist gleich wie das Wüthen einer Schlange, wie eine taube Otter, die ihr Ohr zustopft, daß sie nicht höre die Stimme des Zauberers, des Beschwörers, der wohl beschwören kann. Der Teufel heißt in der heiligen Schrift der Drache und die alte Schlange; und dieser Teufel, der genannt wird der Drache und die alte Schlange, ist es, der den Teufelskindern ihre Schlangenwuth und ihren satanischen Grimm in das Herz gibt. Nun sollten diese Menschen durch die Predigt des Evangeliums sich befreien lassen von der Knechtschaft des Teufels, aber wie die Schlange ihr Ohr verschließt gegen die Stimme des Beschwörers, so verschließen sie ihr Ohr gegen die Stimme des Predigers, der noch so gut beschwören kann, es hilft alles nichts. Man kann sie bitten um Gottes und ihrer Seligkeit willen doch dem Satan zu entfliehen, man kann sie bitten, aus Anhänglichkeit und Dankbarkeit gegen ihren Prediger, der sie unterrichtet und konfirmiert hat, doch dem Satan den Abschied zu geben, es hilft alles nichts, sie sind wie eine taube Otter, der das Ohr zugestopft ist. Wer ist es denn, der ihnen die Ohren zugestopft hat? Das ist der Teufel. Deshalb auch alle Gottlosen Otterngezücht und Schlangenbrut in der Bibel genannt werden. Das sind die Gottlosen in ihrer Feindschaft gegen die Frommen. 2. Das Gericht Gottes über die Gottlosen. Was wird ihr Ende sein? David sagt: Gott, zerbrich ihre Zähne in ihrem Maul; zerstoße, HErr, die Backenzähne der jungen Löwen. Sic werden zergehen wie Wasser, das dahin fließt. Sie zielen mit ihren Pfeilen, aber dieselben zerbrechen. Sie vergehen wie eine Schnecke verschmachtet, wie eine unzeitige Geburt eines Weibes sehen sie die Sonne nicht. Ehe eure Dornen reif werden am Dornenstrauch, wird sie Sein Zorn frisch wegreißen. Also das Gericht Gottes kommt über sie. Die armen Menschen, wie entsetzlich wird hier ihr Ende geschildert. Dornensträuche nennt sie David. Weiter sind sie auch nichts; sie stechen allenthalben wo sie hinkommen. Gott wollen sie stechen, weil sie Ihn aber nicht erreichen können, so stechen sie die Frommen. Ihre Absicht ist andere Menschen zu stechen, zu kränken, zu betrüben. Sie können des Abends aus dem Wirthshause kommen und ihren Weg ganz ruhig gehen; kommen sie aber an dem Pfarrhaus vorbei, so fangen sie an zu brüllen und zu toben, als ob sie sagen wollten: Was du in der Kirche gepredigt hast, das wollen wir nicht annehmen, wir wollen uns nicht bekehren. Darum taugen sie auch zu weiter nichts, als zu Feuerholz in der Hölle. Ob sie da auch noch wohl brüllen und toben werden? Ich glaube, es wird ein entsetzliches Stöhnen und Jammern daraus werden, man wird hören den Ruf: Wehe, wehe, wehe mir, daß ich mich nicht bekehrt habe! Das hätte ich alles vermeiden können, wenn ich dem Satan den Abschied gegeben hätte, das ist meine eigene Schuld, daß ich hier bin, ich habe es nicht besser haben wollen! Wie eine verschmachtete Schnecke, wie eine unzeitige, die Sonne nicht sehende Geburt eines Weibes, so sind die Gottlosen, und Gott bricht ihnen die Zähne aus, daß sie nicht mehr schaden können, obgleich sie ihre Pfeile abschießen, die Frommen zu tödten. So ist ihre ganze Absicht vereitelt, sie haben nicht einmal dem Frommen schaden, geschweige denn verderben können. Nun wird uns noch gezeigt 3. wie die Frommen den Sieg gewinnen. Da heißt es: Die Frommen werden sich freuen, wenn Gott Seine Rache sehen läßt, sie werden ihre Füße baden in der Gottlosen Blut und Jedermann wird sehen, daß Gott Richter ist auf Erden. Die Frommen werden sich freuen, nicht wenn sie Rache nehmen, denn sie rächen sich nicht, sondern wenn Gott Rache nimmt. Die Frommen nehmen keine Rache, sie beten vielmehr für ihre Feinde. So merket euch denn, wie Gott mit den Menschenkindern umgeht: 1. Gott geht dem Gottlosen nach, so lange Er ihm nachgehen kann. Er versucht alle Mittel und Wege, die Ihm, dem Allmächtigen und Allwissenden, zu Gebote stehn; aber wenn alle Mittel und Wege zu ihrer Bekehrung vergebens versucht sind, denn 2. sagt Gott: Nun ist ihnen nicht mehr zu helfen; die Gnadenzeit ist aus, Gott tödtet sie und bringt sie an den Ort, wo sie aufbewahrt bleiben bis in alle Ewigkeit, in den Pfuhl, der mit Feuer und Schwefel ewiglich brennt. Erst versucht Gott alle Mittel und Wege zu ihrer Bekehrung, und wenn keine Mittel und Wege mehr zu finden sind, wenn Er sieht, daß Hopfen und Malz an ihnen verloren ist, dann kommt ihr Untergang; und über den Untergang solcher Menschen kann man sich nur freuen, denn sie sind eingefleischte Teufel geworden. Das ist es ja, was am jüngsten Tage alle frommen Menschen frohlocken läßt über die ewige Verdammniß der Gottlosen, denn ich weiß, an den Gottlosen, die verdammt worden, hat Gott alles gethan, was Er konnte, um sie zu bekehren, aber sie haben nicht gewollt. Sie haben sich nicht bekehrt, und darum können sie in Ewigkeit nur Satans Werke thun. Blieben sie frei nach dem jüngsten Tage, würden sie nicht in den Feuerpfuhl geworfen, so kämen sie sicher in den Himmel und der Himmel würde kein Himmel bleiben, sondern zur Hölle werden. So ist es meine herzliche Freude, daß die Gottlosen verdammt werden, ja ich danke Gott auf meinen Knieen eben so sehr für die Verdammniß der Gottlosen, als für die Seligkeit der Frommen. Ich weiß, wie viel Kummer und Herzeleid mir die Gottlosen auf Erden gemacht haben, und das sollte ich in der Ewigkeit noch einmal erleben? - Das Herz dreht sich mir im Leibe um bei diesem Gedanken. Aber Gottlob, in der Ewigkeit habe ich nicht mehr zu leiden von diesen scheußlichen Gottlosen. Meine Lieben, denkt einmal daran, was für greuliche Menschen die Gottlosen auf Erden sind, diese Säufer, Ehebrecher, Hurer, Straßenläufer, diese Diebe, Lügner, Betrüger, Spieler, Tänzer. Wie sollte das möglich sein, daß die in den Himmel kommen? Hier trüben sie einem das ganze Leben, besonders wenn man Pastor ist, dort würden sie es eben so machen. Darum wiederhole ich es, auf meinen Knieen danke ich Gott für die Verdammniß der Gottlosen und für die Seligkeit der Frommen. Das ist mein Trost, die Qual, die mir die Gottlosen hier auf Erden bereiten, dauert nur ein paar Jahre, dann gehe ich zu Jesu, wo keine Gottlose mehr sind, an den Ort, wo sie nicht hinkommen können. Ja, es ist wahr, die Frommen freuen sich, wenn Gott an den Gottlosen Rache nimmt, wenn sie ihre Füße baden können in dem Blute der Gottlosen, wenn Gott das Urtheil der ewigen Verdammniß über sie ausspricht und sie hinkommen an den Ort, wo ihr Wurm nicht stirbt und ihr Feuer nicht verlischt. Daraus kann man denn sehen, daß Gott doch noch Richter auf Erden ist. Sind vielleicht unter euch auch solche Gottlose, die sich bisher verstockt haben, als eine taube Otter, so habe ich an die eine Bitte: Jetzt könnt ihr euch noch bekehren, bekehrt euch doch! Ich bete für euch, auch dann, wenn ihr an meinem Hause vorbei brüllt, ja ganz besonders benutze ich diese Gelegenheit, für euch zu beten; ich predige euch, ich ermahne euch; wenn ihr euch aber nicht bekehrt, so fahrt ihr zu dem Teufel, den ihr zu eurem Vater erwählt habt und dann freue ich mich über eure Verdammniß. Darum: Heut. lebst du, heut' bekehre dich, eh' morgen kommt kanns ändern sich. Wer heut' ist frisch, gesund und roth, ist morgen krank, wohl gar schon tot; aber merket auch, so du nun stirbest ohne Büß', dein Leib und Seel' dort brennen muß; und ob du das willst, das steht in deiner Hand. Amen.

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