Harms, Ludwig - Der Psalter - Der 52. Psalm.

Harms, Ludwig - Der Psalter - Der 52. Psalm.

Dieser Psalm hat eine traurige Veranlassung gehabt. Als der König Saul David nach dem Leben stellte und ihn tödten wollte, da entfloh David und sein Weib Michal half ihm zu dieser Flucht 1. Sam. 19,10-12. Eilend mußte er aus dem Hause gehen, so daß er nicht einmal Brot und ein Schwert mitnehmen konnte. Er begab sich zuerst zu Ahimelech in die Stadt Nobe, daß der den HErrn fragte, ob sein Weg ein guter Weg sei, und daß der ihm Brot und ein Schwert gebe. Ahimelech, der wohl schon hundert Mal den HErrn für David gefragt hatte, fragte ihn auch dieses Mal und erhielt die Antwort, daß Davids Weg recht sei. Darnach, als Er ihm Brot geben sollte, war kein ander Brot da, als die Schaubrote, welche nur die Priester essen durften. Aber Ahimelech dachte: Barmherzigkeit ist besser als Opfer, und gab David davon. Und als David fragte: Ist hier kein Schwert? antwortete Ahimelech: Hier ist kein anderes, denn das Schwert Goliaths, den du erschlugst im Eichgrunde. Da nahm David das Schwert und entfloh glücklich. Während dieses in der Stiftshütte vorging, war ein Edomiter Doeg, der mächtigste unter den Hirten Sauls, in der Stiftshütte verschlossen und hatte alles mit angehört. War nämlich Jemand in Israel von Gott in den Bann gethan, so wurde er ausgeschlossen von dem Volke Gottes. Bekannte derselbe dann seine Sünde und gelobte Bessrung an, so mußte er in die Stiftshütte kommen und da eine achttägige Reinigung vornehmen und dann ein Opfer bringen, Doeg war auch von Gott durch Ahimelech in den Bann gethan, und das hatte er ihm nicht vergeben können. Zwar hatte er sich gedemüthigt, aber das war eine heuchlerische Demuth; seine Seele haßte den Mann, der den Bann über ihn ausgesprochen hatte. Wer hatte denn den Bann auf ihn gelegt? Nicht der Priester, sondern Gott der HErr. Wollte er nun einem zürnen, so mußte er Gott zürnen; aber den konnte er mit seiner Rache nicht erreichen. So ist es heute noch, aller Haß der Sünder, die über ihre Sünden gestraft werden, fällt nicht auf Gott, der die Strafe verordnet hat, sondern auf den Pastor, der sie ausspricht. So war es damals, so ist es jetzt und so wird es bleiben bis zum jüngsten Tage. Das ist aber auch der Grund, warum die meisten Pastoren die Sünden nicht strafen und dadurch stumme Hunde geworden sind: Sie fürchten den Zorn und die Rache der Menschen. Wo aber ein Pastor die Sünden ernstlich straft, der wird gehaßt von allen gottlosen Weitkindern 1. Sam. 21, 1 - 10. Es fand sich auch bald eine Gelegenheit, wobei Doeg seinen Haß zur That bringen konnte. Saul sahe, daß es Keiner so recht mit ihm hielt, daß Keiner ihm anzeigte, wo David wäre. O, sagte Doeg, ich will dir erzählen, was ich gehört habe; und da erzählte er Alles, was sich in der Stiftshütte zu Nobe zugetragen hatte, wußte aber die Sache so darzustellen, daß es den Anschein hatte, als habe sich Ahimelech mit David in eine Verschwörung gegen Saul eingelassen. Da entbrannte Sauls Zorn, und er ließ Ahimelech und alle Priester zu Nobe rufen, 85 an der Zahl. Ei, sagt Ahimelech im Gefühl seiner Unschuld, wie oft habe ich Gott für den frommen David gefragt, ist denn das Unrecht? Ist das auch Unrecht dem Schwiegersohne des Königs Brot und dem Feldherrn des Königs ein Schwert zu geben? Aber Saul will der Wahrheit nicht die Ehre geben und sagt: Das sind nur Vorwände; auf, schlaget die Priester zu Tode. Doch kein Israelit will sich vergreifen an den Priestern des HErrn. Da thut es Doeg auf des Königs Befehl und tödtet sie alle, bis auf einen, der entrinnt und es David ansagt. David aber sprach zu Abjathar, so hieß nämlich dieser eine: Ich wußte es wohl an dem Tage, da der Edomiter Doeg da war, daß er es würde Saul ansagen; ich bin schuldig an allen Seelen deines Vaters Hauses. Bleibe bei mir und fürchte dich nicht; wer nach meinem Leben steht, der soll auch nach deinem Leben stehen, und sollst mit mir behalten werden. Deinen Vater kann ich dir nicht wieder geben, - und das war auch nicht nöthig, denn der war des Märtyrertodes gestorben und das ist ein seliger Tod -; aber was mein ist, das ist dein 1. Sam. 22,6-23. Darauf hat David diesen Psalm gebetet, der unsere heutige Vorlesung bildet. Er sagt: Was trotzest du denn, du Tyrann, daß du kannst Schaden thun, so doch Gottes Güte noch täglich währet? Deine Zunge trachtet nach Schaden, und schneidet mit Lügen, wie ein scharfes Schermesser. Du redest lieber Böses denn Gutes, und falsch denn recht. Du redest gern Alles was zum Verderben dient, mit falscher Zunge. So schildert er Doeg und sagt auf das Klarste, daß Doeg ein Knecht des Teufels ist. Zwei Stücke führt er an, woran man das deutlich sehen kann; 1. an der Lust Schaden zu thun und 2. an der greulichen Lüge. Schaden thun, das ist Doegs größte Freude: David will er unter die Füße treten, dem Priester Ahimelech will er einen Rachetod bereiten und daran sollen Theil haben Alle, die zu Ahimelechs Hause gehören; das will er thun durch seine Lügen, indem er David und Ahimelech als Verschworene gegen den König Saul darstellt. Sein Zweck war Schaden zu thun, sein Mittel die Lüge; und das hat er von seinem Vater, dem Teufel gelernt. Als Jesus angeklagt wurde, was wollte da der Teufel bezwecken? Er wollte Schaden thun, wollte Jesum an das Kreuz bringen; und welches Mittel brauchte er? Die Lüge. Vor dem geistlichen Gerichte log er, daß Jesus ein Tempelschänder und Gotteslästerer sei; vor dem weltlichen Gerichte log er, daß Jesus ein Aufrührer und Empörer sei; diese beiden Stücke: Schadenfreude und Lüge bezeichnen Doeg als einen rechten Teufelsknecht. Meine Lieben, von diesem Teufelssinn steckt in einem jeden von uns ein gutes Theil. Prüfet, prüfet euer Herz nach diesem schrecklichen Wesen, das uns einst verdammen wird, wenn wir uns nicht bekehren. Ich ging einmal mit Kindern zwischen Frühjahr und Sommer, wenn die Wiesen blühen, spazieren. Die Kinder hatten sich Schwutschen abgeschnitten und fochten damit in der Luft. Als wir an die Wiesen kamen, - mit einem Mal fing die ganze Bande an den Blumen die Köpfe abzuhauen. Warum thut ihr das? Es erfolgte keine Antwort. Ich sagte: Seht ihr wohl, daß der Teufel in euch steckt und euch dazu treibt. Von den meisten Menschen wird das übersehen und als kindlicher Muthwille ausgelegt. Fahrt einmal mit einem Wagen, auf welchem Kinder und junge Leute sind, durch einen Wald, wo das Laub der Bäume recht tief herab hängt, und ihr werdet finden, daß alle nach dem Laub greifen, es abreißen, und dann wegwerfen; das ist die Lust Schaden zu thun. Da haben einige junge Bengels im Wirthshause zu viel getrunken, nun gehen sie auf die Straße und drehen den jungen Eichen und Birken, die am Wege stehen, den Hals um und dann stehen die Bäume da und lassen den Hals hängen. Was bewegt die Bengels dazu? Die Lust Schaden zu thun. Oder da kommen Kinder aus der Schule und sehen ein offenes Fenster, gleich nehmen sie Steine und werfen darnach, und wenn das Glas klirrt, so freuen sie sich darüber. Warum thun sie das? Die Lust, Schaden zu thun, treibt sie. Es gibt Leute, die können keinen Frieden halten, sie fangen Streit an, sticheln und stacheln und klatschen von Haus zu Haus. Was bewegt sie dazu? Die Lust Schaden zu thun. Das ist das gottlose Wesen der Welt. O meine Lieben, paßt auf in eurem eigenen Herzen und bei denen, die euch lieb sind, wo ihr diese Schadenfreude und Lügen findet, die schärfer sind als ein Messer, da hat der Teufel sein Regiment. Nehmt euch vor dem Teufel in Acht und warnt die Eurigen vor ihm, denn er will euch in die Hölle bringen, wie der treue Gott uns in den Himmel bringen will. Darum sagt der Psalm: Gottes Güte währet noch täglich. Wie Gott die Menschen in den Himmel bringen will, so will der Teufel die Menschen in die Hölle bringen; und das thut er sehr oft durch solche Leute, die Lust am Lügen und Schadenthun haben. Werden solche Teufelsknechte mit ihrem gottlosen Wesen durchkommen? Nein, ein Dreifaches thut Gott an ihnen: 1. Gott wird sie verderben. 2. Er wird sie aus der Hütte reißen. 3. Er wird sie aus dem Lande der Lebendigen ausrotten. Vor den Menschen kommen solche Teufelsknechte gut weg, denn weil sie die Gabe der Frechheit haben, so haben sie auch die Gabe des Leugnens. Sie verklagen, das hilft nichts, denn sie leugnen es und die Obrigkeit nimmt sich ihrer noch wohl gar an. Aber Gott hilft Seinen Kindern. Also 1. Gott wird jene verderben, Er nimmt ihnen Seinen Segen und läßt ihnen nichts gelingen, auf allen ihren Wegen haben sie Herzeleid und Kummer. Sie säen, aber sie ernten nicht, was sie gesäet haben; sie bauen, aber was sie bauen gedeiht nicht. Gottes Fluch verderbt ihnen Alles; sie nehmen ab und bald sieht man sie so weit herunter kommen, daß die, welche die Ersten im Lande waren, die Letzten werden, und die große Höfe hatten, mit einem weißen Stabe davon müssen. 2. Sie werden weggenommen aus der Hütte, d. h. sie werden weggenommen aus der Gemeinschaft der Kirche. Entweder scheiden sie sich selbst aus, denn solche Leute können keine Lust haben zu Kirche und Abendmahl, sie wollen nicht kommen, denn Angst ergreift sie bei dem Worte Kirche und Abendmahl; oder wo ein treuer Diener Gottes ist, der schließt sie aus von Kirche und Abendmahl, sobald ihr Unglaube offenbar wird. So sind sie ausgeschlossen aus der Hütte des HErrn, o die armen Menschen! Sie werden keine Vergebung der Sünden empfangen und wenn sie sterben, dann werden sie 3. weggerissen aus dem Lande der Lebendigen. Da sie die Gnadenzeit verachten, so werden sie bald sterben müssen, und dann kommen sie in' den Pfuhl, der mit Feuer und Schwefel ewiglich brennt. Wer von der Kirche ausgeschlossen stirbt, der fährt zum Teufel, dem er hier gedient hat. O ein Grauen ergreift mich, wenn ich an diese unglücklichen Kirchen- und Abendmahlsverächter denke! Wenn das dann die Gerechten sehen, daß der Gottlose ein solches Ende nimmt, so fürchten sie sich, lachen seiner und sagen: Siehe, das ist der Mann, der Gott nicht für seinen Trost hielt, sondern verließ sich auf seinen großen Reichthum, und war mächtig Schaden zu thun. Die Gerechten sehen den Untergang eines solchen Menschen und das stärkt sie in ihrer Gottesfurcht, den HErrn fürchten sie noch mehr, da sie sehen, daß Er sich nicht spotten läßt. Wahrlich, nicht die Frommen sind wahnsinnig und verrückt, wie die Weltkinder wähnen, denn wer nach seiner Seligkeit trachtet, der ist klug. Wer dem Teufel dient, wer der Heuchelei und Lüge nachgeht, der ist verrückt, der gräbt sein eigenes Grab und bringt sich in die ewige Verdammniß. Nachdem der Psalm das gesagt hat, so zeigt er uns nun die Glückseligkeit des Frommen. Ich aber werde bleiben, wie ein grüner Oelbaum im Hause Gottes; verlasse mich auf Gottes Güte immer und ewiglich. Ich danke Dir ewiglich, denn Du kannst es wohl machen, und will harren auf Deinen heiligen Namen, denn Deine Heiligen haben Freude daran. Der Gottlose wird wie Feuerholz in die Hölle geworfen, ich aber, sagt David, bleibe wie ein grüner Oelbaum im Garten Gottes. Den kann nichts antasten, der in Gottes Hand ist. Wer kann den aus Gottes Hand reißen, wer kann dem Schaden thun, zu dem Gott gesagt hat: Wo Ich bin, soll Mein Diener auch sein. Mit der Gewißheit, daß ihn nichts von Gott scheiden kann, preist er ewig Gott. Dort wohnt er im Chor der selig Vollendeten, in der Gemeinschaft der heiligen Engel, im Paradiese Gottes, bis einst die Zeit kommt, wo es auf die neue Erde geht, wo die Hütte Gottes bei den Menschen sein wird. Amen.

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