Harms, Ludwig - Der Psalter - Der 21. Psalm.

Harms, Ludwig - Der Psalter - Der 21. Psalm.

Der Psalm kann nur dann recht verstanden werden, wenn man weiß, wer der König ist, von dem der Psalm redet.

Denn es heißt gleich im ersten Verse: HErr, der König freuet sich in Deiner Kraft. Das Verständniß des ganzen Psalms hängt von der Frage ab, wer der König sei, der sich freuet in Gottes Kraft und der fröhlich ist über Gottes Hülfe. Es ist nun aber dieser König nicht David, noch sonst irgend ein irdischer König, sondern es ist der ewige König Jesus Christus, der Messias. Darum überschreibt auch die Kirche seit alten Zeiten diesen Psalm: „Christi Sieg wider die Feinde“; und damit ist denn auch zugleich der Inhalt desselben gegeben. In der ersten Hälfte des Psalms wird uns Christi Herrlichkeit gepriesen und in der zweiten Sein königlicher Sieg. - Es heißt zu Anfang: HErr, der König freuet sich in Deiner Kraft, und wie sehr fröhlich ist Er über Deiner Hülfe. So spricht Christus zu Seinem himmlischen Vater. Daß der Heiland oft in der heiligen Schrift König genannt wird, ist ja allen treuen Bibellesern bekannt. Ps. 2, 6 sagt der Vater von dem HErrn Jesu: Ich habe Meinen König eingesetzt auf Meinem heiligen Berge Zion. Und die ganze Thätigkeit Christi zum Heil der Menschen zerfällt ja in das prophetische, hohepriesterliche und königliche Amt. Darum heißt es an einem andern Ort: Dein Thron steht fest, ewiglich herrschest Du und willst Deine Feinde machen zum Schemel Deiner Füße. Der König freuet sich der Kraft Seines Vaters, und diese Freude weist ganz besonders hin auf die herrliche Auferstehung Christi. Denn es heißt: Du giebst Ihm Seines Herzens Wunsch, und weigerst nicht was Sein Mund bittet. Paulus sagt im Briefe an die Hebräer Cap. 5,7: Er hat in den Tagen Seines Fleisches Gebet und Flehen mit starkem Geschrei und Thränen geopfert zu dem, der Ihm von dem Tode konnte aushelfen; und ist auch erhöret, darum, daß Er Gott in Ehren hielt. Auf dies Sein Schreien und starkes Rufen: Errette Mich, Vater, aus Tod, Grab und Hölle! lautet die Antwort: Du giebst Ihm Seines Herzens Wunsch. Darum ist der Messias so fröhlich und freuet sich der göttlichen Hülfe, weil Er Seines Herzens Verlangen und Bitte von Gott erfüllt sieht: Gott will Ihn nicht im Tode, im Grabe, in der Hölle lassen. Nachdem Er nämlich Seine Feinde besiegt hat und von dem Vater errettet ist, so ist Er nun nicht bloß fröhlich, sondern wird nun als König der ganzen Welt öffentlich dargestellt. Das zeigen uns die weiteren Worte des Psalms: Du überschüttest Ihn mit gutem Segen, Du setzest eine goldene Krone auf sein Haupt. Nun, nach der Auferstehung, hat Er den guten Segen empfangen von Gott, die Königskrone ist auf Sein Haupt gesetzt, Jesus Christus herrscht als König, Alles ist Ihm unterthänig, Alles legt Ihm Gott zu Fuß. Alle Zunge soll bekennen, Jesus sei der HErr zu nennen, dem man Ehre geben muß. Er ist geworden der König aller Könige und der HErr aller Herren, Er hat sich gesetzet zur Rechten in der Höhe und herrscht als ewiger König. Die goldene Krone aber ist die, daß Er die Herrlichkeit wieder angenommen hat, die Er bei dem Vater hatte, ehe der Welt Grund gelegt ward, wie Er sagt: Verkläre Mich Vater mit der Klarheit, die Ich bei Dir hatte, ehe die Welt war, Joh. 17,5. Dieser König ist nun insonderheit unser König, der König Seiner Christenheit; die Christen sind Sein besonderes Volk des Eigenthums, kein anderer kann Ihn in dem Maße seinen König nennen, wie wir. Und was ist das für eine Seligkeit, daß ich weiß: Der König, der da droben wohnt, ist insonderheit mein König, und ich bin Sein Eigenthum und Unterthan. Von diesem Könige heißt es weiter: Er bittet Dich um das Leben; so giebst Du Ihm langes Leben immer und ewiglich. Da sehet ihr es wieder deutlich, nicht ein irdischer König, nicht David ist es, von dem der Psalm redet, wie könnte es sonst heißen: Du giebst Ihm langes Leben immer und ewiglich? Sondern der ewige König ist es, von dem der Prophet sagt: Er ist aus der Angst und dem Gericht genommen, wer will Seines Lebens Länge ausreden? Jes. 53, 8. Das ist ein neuer Trost. Wenn wir den mächtigsten König oder Kaiser sehen, ist auf den Verlaß? Wanken nicht alle Thronen auf Erden? werden sie nicht oft in einem Augenblick umgestürzt? Hier ist ein Thron, der wankt ewig nicht, das ist mein Trost. Ich setze heute meine Zuversicht auf den HErrn, und morgen wieder, und über ein Jahr auch noch und so in Ewigkeit. - Er hat große Ehre an Deiner Hülfe, Du legst Schmuck und Lob auf Ihn. Denn Du setzest Ihn zum Segen ewiglich, Du erfreuest Ihn mit Freuden Deines Antlitzes. Es heißt nicht bloß: Er ererbet den Segen für sich, sondern Du setzest Ihn zum Segen, Er bringt den Segen für alle, die an Ihn glauben. Zu Abraham spricht Gott 1. Mos. 12,3: Durch Deinen Samen sollen alle Völker gesegnet werden. Dieser Völkersegen ist unser HErr Jesus Christus; und der segnet uns mit Vergebung der Sünden, Leben und Seligkeit. So gewiß wie ich Vergebung der Sünden habe, so gewiß muß ich auch selig werden. Darum: Du setzest Ihn zum Segen ewiglich. Und das ist nun weiter eine Freude für Ihn, denn: Du erfreuest Ihn mit Freuden Deines Antlitzes. Eine Freude hat Jesus, wenn wir uns selig machen lassen; einen Kummer, wenn wir nicht selig werden wollen. Es giebt keinen gräulicheren Menschen, als den, der sich nicht bekehren will, der so undankbar ist, daß er dem HErrn die höchste, die innigste Freude raubt. Willst du nicht deinem Heilande, der sich für dich todt geblutet hat, die einzige Freude machen, daß du dich bekehrst? Wie schrecklich, wenn man selig werden kann und will es nicht, wenn man dem Heiland Freude machen kann und thut es nicht. Kann Jesus denn selig machen? Es heißt ja ausdrücklich: Er hat große Ehre an Deiner Hülfe, Du legst Lob und Schmuck auf Ihn. Es ist nicht bloß Sein Wille, sondern auch der Wille dessen, der Ihn gesandt hat, daß Viele selig werden. Wie Andere eine Reihe kostbarer Perlen zum Schmuck haben, so hat Christus in Seiner Krone als Zierde die Perlen bekehrter Menschenseelen. Das ist Seine Ehre. - Und in dem Werk bleibt Er fest, denn: Der König hoffet auf den HErrn, und wird durch die Güte des HErrn fest bleiben. Mögen die Throne der Könige und Kaiser umgestürzt werden, Sein Thron bleibt fest. Der im Himmel wohnt, lacht derer die ihn stürzen wollen, und der HErr spottet ihrer. Er wird aber einst mit ihnen reden in Seinem Zorn und in Seinem Grimm wird Er sie schrecken. Das ist die Beschreibung der Herrlichkeit des HErrn. Müssen wir da nicht ausrufen: Einen solchen Hohenpriester sollten wir haben, der da wäre heilig, unschuldig, unbefleckt und von den Sündern abgesondert, höher denn der Himmel ist? Hebr. 7,26. Sind die nun selig, die an Ihn glauben, die gemacht werden zu Perlen in Seinem Halsschmuck und in Seiner Krone, wie geht es denn Seinen Feinden? So schrecklich, daß es alle Vorstellung übertrifft. In seiner zweiten Hälfte schildert der Psalm das schreckliche Ende derer, die Ihm widerstreben und Christi Sieg über sie: Deine Hand wird finden alle Deine Feinde, Deine Rechte wird finden, die Dich hassen. Die Aeußerungen der Gottlosigkeit, die man jetzt auf allen Gassen hört, sind so unaussprechlich greulich, so daß man sie nicht einmal, um davor zu warnen, in den Mund nehmen kann. Diese Aeußerungen kommen daher, weil sich die Menschen nicht bekehren wollen; darum hassen sie den, der sie in seiner Predigt zu Kindern des Todes und der Verdammniß macht. Christus kann nichts anders predigen als: Wer an den Sohn glaubt, der hat das ewige Leben, wer an den Sohn nicht glaubt, der hat das ewige Leben nicht, Joh. 3,18. Oder: Wer glaubt und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden, Marc. 16,16. Aber das soll nicht wahr sein, das mögen die Leute nicht hören, darum hassen sie Jesum. Denn es ist ja nur zweierlei möglich, wo Jesus gepredigt wird: Entweder die Leute bekehren sich und dann lieben sie Jesum innig und herzlich, oder sie verstocken sich, und dann hassen sie Jesum. Da hat nun Jesus eine erstaunliche Geduld mit den armen Leuten, die Ihn hassen, Jahre lang trägt Er sie mit göttlicher Geduld, Er bittet, warnt, droht, beschwört sie, ihr Heil zu bedenken. Will aber nichts helfen, sind alle Mittel Seiner Gnade erschöpft, wie wird es dann? Dann geschieht was uns V. 10 sagt: Du wirst sie machen wie einen Feuerofen, wenn du darein sehen wirst; der HErr wird sie verschlingen in Seinem Zorn; Feuer wird sie fressen. Sem Feuer ergreift und frißt sie, wenn Er darein sehen wird. Er wird darein sehen.

Es giebt einen Tag, der brennen wird wie ein Ofen, es kommt ein Tag, wo das Urtheil gesprochen wird: Gehet weg von Mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das bereitet ist dem Teufel und seinen Engeln, Matth. 25,41. Dann liegen sie in der Hölle wie Schafe, das Feuer naget sie ewiglich, der Wurm frißt sie ewiglich. Er wird sie werfen in den Feuerpfuhl, wo der Rauch ihrer Qual aufsteigt ewiglich. Das Schrecklichste dabei aber ist ihr Geheul: Dem allen hätten wir entgehen können, wir hätten den Himmel haben können statt der gräßlichen Hölle, und haben nicht gewollt. Doch der HErr wartet mit Seinem Gericht nicht immer bis zum jüngsten Tage, hier auf Erden ereilt schon oft die Gottlosen Seine Strafe: Ihre Frucht wirst du umbringen vom Erdboden, und ihren Samen von den Menschenkindern. Von einem Verächter des HErrn, wenn nicht ein besonderer Zweck dabei ist, daß der HErr ihn als Exempel stehen läßt, bleibt nicht der dritte oder vierte Nachkomme am Leben; der HErr rottet sie aus. Ist der Abfall von Christo da, so kann es der HErr höchstens bis zum dritten oder vierten Gliede dulden, dann ist es aus, ihr Name wird weggenommen, weil, wenn der Abfall da ist, die Brut immer noch giftiger werden muß als die, welche gebrütet hat; aus einem giftigen Basilisken wird ein noch giftigerer. Nur wenn der HErr Menschen zum Zeugniß Seiner Gerichte haben will, wie z.B. das Judenvolk, so rottet Er sie nicht ganz aus. Daher können Gottes Gerichte auch über Deutschland nicht ausbleiben, denn Er giebt nur bis zum dritten oder vierten Gliede Raum zur Buße. Wahrhaft lächerlich ist es nun, wenn diese Gottlosen sich heraus nehmen, sich wider Gott zu setzen, wenn sie so frech sind, ihre Hand gegen Gott aufzuheben, wie es in unserm Psalm heißt: Denn sie gedachten Dir Uebels zu thun, und machten Anschläge, die sie nicht konnten ausführen. Man begreift es nicht, wie sie den ewigen Fels umwühlen wollen und ihren Grimm gegen den wenden, der ewiglich wohnt. Es ist gerade so, als wenn ein Ameisenhaufen einen Felsenberg umwühlen will. Darum ist es so albern, so thöricht, wenn sie meinen, sie können den Krieg gegen Ihn führen, und es heißt doch so bezeichnend: Denn Du wirst sie zur Schulter machen; mit Deiner Sehne wirst Du gegen ihr Antlitz zielen. Es kommen die Feinde heran, der HErr spannt seinen Bogen und zielt damit auf ihr Angesicht; wenn sie das dann sehen und der Pfeil ihnen in das Gesicht zu fahren scheint, was thun sie dann? Sie wenden sich eilig um und zeigen i dem HErrn die Schulter statt der Brust. So ist aller Kampf der Menschen gegen den HErrn ein vergeblicher Trotz, ein vergebliches Kämpfen, thöricht ist es; aber der Sieg ist gewiß denen, die sich auf Ihn verlassen. Denn es heißt zum Schluß in unserm Psalm: HErr, erhebe Dich in Deiner Kraft, so wollen wir singen und loben Deine Macht. Ja es ist wahr, was ein anderer Psalm sagt: Es ist gut auf den HErrn vertrauen, und sich nicht verlassen auf Menschen. Es ist gut auf den HErrn vertrauen, und sich nicht verlassen auf Fürsten, Ps. 118,8-9. Bleibet denn immer treu bei dem HErrn, haltet Ihn fest, so hält Er euch; und wenn die Gottlosen der Feuerofen frißt, werdet ihr hinein gehen in die ewigen Hütten des Friedens. Amen.

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