Goßner, Johannes - Evangelische Hauskanzel - Am 1. Fasten-Sonntage, Invocavit.

Goßner, Johannes - Evangelische Hauskanzel - Am 1. Fasten-Sonntage, Invocavit.

Evang. Matth. 4, 1 - 11.

Jesus vom Teufel versucht.

Kaum war Jesus getauft am Jordan, von Johannes mit Wasser, aber vom Vater mit heiligem Geist, so trieb Ihn der Geist in die Wüste, auf daß Er vom Teufel versucht würde. Wunderbar! merkwürdig! unbegreiflich! Jesus wird vom heiligen Geist in die Wüste getrieben, um vom Teufel versucht zu werden! Warum mußte doch Jesus versucht werden? und vom Teufel? Darum, heißt es Hebr. 4,15., daß wir einen Hohenpriester hätten, der Mitleid haben könnte mit unsern Schwachheiten; weil Er versucht ist allenthalben gleich wie wir, doch ohne Sünde. Er mußte, heißt es ferner Hebr. 2, 17., aller Dinge Seinen Brüdern gleich werden, auf daß Er barmherzig würde, und ein treuer Hoherpriester vor Gott, zu versöhnen die Sünde des Volkes, denn darin Er gelitten hat, und selbst versucht ist, kann Er helfen, denen, die versucht werden. Seht, wie uns die Schrift antwortet auf alle Fragen, die wir uns nicht lösen könnten und kein Mensch und kein Engel. Alle Unbegreiflichkeiten macht sie uns klar. Dank sey Gott dafür! So hat Er sich erniedriget, der Allerhöchste, daß Er sich vom Teufel, dieser niederträchtigen Kreatur, diesem verworfnen und verfluchten Geiste versuchen ließ. Das war doch wohl Seine tiefste Erniedrigung, und ist für uns der größte Trost. Es wurde dem unsaubern, stolzen Geiste erlaubt, den heiligsten Sohn Gottes auf die Probe zu stellen, Ihn zur Sünde verleiten, Ihn fällen zu wollen. Ist es ihm bei den ersten Menschen, Adam und Eva, gelungen, die nach Gottes Bilde geschaffen, heilige und unschuldige Kinder Gottes waren, so, dachte er, wird es mir auch bei dem Sohne Gottes gelingen. Die Erlösung der gefallnen Menschen wollte er verhindern und vereiteln, um seine Beute zu behalten. Gottes Rathschluß zur Rettung des Menschengeschlechts wollte er vernichten. Das war sein verfluchter Sinn und stolzer Anschlag. Aber da ist er an den Unrechten gekommen. Der Starke wollte den Stärkern bezwingen. Wie wurde er zu Schanden! Jesus, unser Heiland hat sich als den Stärkern bewiesen.

Uebrigens mußte Jesus, der zweite Adam, versucht werden vom Teufel, weil der erste Adam versucht wurde und gefallen ist durch des Teufels List. Darum mußte Christus, der die Sünde Adams büßen und gut machen sollte, auch versucht werden von demselben Versucher, um ihn zu überwinden, und so die Menschen, an deren Statt Er stand und versucht ward, aus der Gewalt des Satans zu erlösen durch Seinen Sieg über ihn. Gott wollte die Menschen durch's Recht erlösen; es mußte durch Kampf gehen. der Raub mußte dem Starken durch Kampf und Sieg genommen werden. Gott wollte uns nicht durch einen Machtspruch dem Teufel und seiner Gewalt entreißen; sondern der Sohn Gottes mußte Mensch werden, und als Mensch auf den Kampfplatz mit dem Satan treten, und es ihm abgewinnen. Gott sey Dank; Er hat uns erlöset aus der Gewalt der Finsterniß, und versetzt in das Reich Seines lieben Sohnes. Col. 1,13.

Und nachdem Er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte Ihn zuletzt. Also auch gefastet hat der Sohn Gottes! eben so unbegreiflich und wunderbar! fastet doch kein gebildeter Christ mehr, sie halten es für einen Aberglauben, und eine Werkheiligkeit. Das mag es auch bei Tausenden gewesen seyn; aber beim Sohne Gottes, und Seinen Aposteln, und so vielen frommen Christen der Vorzeit doch nicht? Wenn das Fasten nichts wäre, so würde doch Er und die Seinigen es nicht gethan haben. Er würde uns ja kein so böses Beispiel gegeben - und aus langer Weile und vergeblich, ohne Zweck und Absicht, ohne Nutzen und Segen doch auch nicht vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet haben. Es muß doch einen Sinn, einen Nutzen und Zweck haben - Alles, was Er gethan hat. Es muß gut und heilsam seyn auch für uns, wenn wir es Ihm nachmachen, wenigstens, so viel wir es vermögen. - „Pfleget des Leibes,“ sagt Paulus, „doch also, daß er nicht geil werde. Ich betäube, zähme meinen Leib - mit Wachen und Fasten - und bringe ihn unter das Joch“ - und andere Stellen, wo Paulus es empfiehlt mit Wort und That.

Uebrigens haben wir bei Christo Alles mit besondern Augen anzusehn, so auch Sein vierzigtägiges Fasten. All Sein Thun und Leiden war nicht nur vorbildlich und ein Beispiel für uns, sondern - was das Vornehmste ist - verdienstlich - büßend, versöhnend. Er hat für uns gefastet, an unsrer Statt, um unsere Sünden des Vielfraßes, der Unmäßigkeit, der Eßlust und alles Mißbrauchs des Essens und Trinkens zu büßen und zu sühnen, und uns zugleich die Kraft der Mäßigkeit, Nüchternheit und des dankbaren Genusses zu verdienen. Durch Sein Fasten wird es uns gegeben, daß wir auch uns beherrschen können im Genusse; und nur essen, um zu leben, und Gott zu dienen; aber nicht leben, um zu essen, und den Bauch zum Abgott zu machen - Er hat nicht gefastet, daß du, was dich gelüstet, und übermäßig essen und trinken sollst - sondern, daß du voll heiligen Geistes, und trunken werden sollst von den reichen Gütern des Hauses Gottes. - Sieh also das vierzigtägige und vierzignächtige Fasten Jesu näher an; es hat mehr zu bedeuten und zu sagen, als die Vielfresser und Vieltrinker glauben.

Nun da Jesus hungerte und vom langen Fasten matt und schwach war, dachte der dumme Teufel: nun ist die rechte Zeit; nun werd ich Ihn fällen. Und der Versucher trat zu Ihm, und sprach: Bist Du Gottes Sohn, so sprich, daß diese Steine Brod werden. Brod wird Er nun schon nöthig haben, dachte der Satan, und Hunger leiden ist doch für Gottes Sohn eine Schande; ich will Ihm also den guten Rath geben, Er soll doch ein Wunder wirken, und sich aus Steinen Brod schaffen; als Gottes Sohn müsse Ihm ja das ein Leichtes seyn: denn wenn Er sich selbst nicht aus der Noth helfen, im Hunger nicht Brod machen kann, wie kann Er der Sohn Gottes seyn. Jesus aber antwortete, was der Satan wohl nicht erwartete, und sprach: Es steht geschrieben: Der Mensch lebt nicht von Brod allein, sondern von einem jeglichen Worte, das durch den Mund Gottes gehet. Der Vater hat Ihn vierzig Tage und vierzig Nachte ohne Brod erhalten durch's Wort, durch Seinen Umgang mit Ihm; sollte Er es nicht auch jetzt noch können und wollen? Ich werde nicht verhungern, und aus Hunger nicht in Stein beißen. Wenn ich Brod will, so gehe ich in die Stadt, da giebt's Brod genug; es bedarf keines Wunders; wenn ich das wollte, hätte ich nicht gefastet, wenigstens nicht so lange, sondern hätte längst die Wüste verlassen, und nach Brod gehen können. So verleitet der Teufel die Leute oft, daß sie sich selbst eine Noth machen, und daraus durch ein Wunder errettet werden wollen. Wenn auch wirklich Brod-Noth da ist, so muß man es Gott überlassen, wie Er helfen will, und Ihm nicht Stein vorhalten, daß Er Brod daraus mache. Er kann auch in der Noth ohne Brod sättigen und erhalten durch Wort und Gebet, wie es in theuren Zeiten viele fromme Leute erfahren haben. Das Brod ist es ja eigentlich nicht, was uns sättiget, sondern Gottes Segen und Wort, welches das Gedeihen schafft. Darum hat auch Jesus nachher, da es in der Wüste, den vier bis fünf Tausenden, die ihm nachfolgten, und fast verschmachteten aus Mangel an Brod, nicht aus Steinen Brod gemacht; sondern die wenigen Brode und Fischlein, die da waren, nur gesegnet; und sie reichten nicht nur und sättigten die Tausende, die aßen, sondern es blieben noch sieben bis zwölf Körbe voll übrig. Der Segen Gottes ist ein wundervolles Ding - es wird viel zu wenig daran geglaubt, und deswegen wird in jeder Noth gleich außerordentliche Abhülfe - auffallende Wunder - begehrt, und zwar, was man nicht meint und sieht, auf den Rath des Teufels. Da hat man sich recht zu hüten vor diesem listigen Feinde, und fleißig und eifrig zu beten: „Herr führ uns nicht in Versuchung.“ Wir sollen nur mehr glauben, und es dem Herrn überlassen, wie Er uns helfen will - und es Ihm nicht vorschreiben, und mit Gewalt erzwingen wollen, daß Er uns aus Steinen Brod macht. Ist der Teufel einmal zu Schanden und überwunden, so ist er darum noch nicht müde und verzagt, er wagt es noch einmal; denn es heißt:

Da führte Ihn der Teufel mit sich in die heilige Stadt, und stellte Ihn auf die Zinne des Tempels, und sprach zu Ihm: Bist Du Gottes Sohn, so laß Dich hinab, denn es steht geschrieben: Er wird Seinen Engeln über Dir befehlen, und sie werden Dich auf den Händen tragen, auf daß Du Deinen Fuß nicht an einen Stein stoßest. Man sieht, der Teufel rathet schon wieder zu einem Wunder, zu einem außerordentlichen Sprung, zu auffallenden Thaten. Z. B. - Wenn du Christ bist, Glauben hast, so spring in's Feuer, es wird dich nicht brennen, wie geschrieben steht; wandle auf dem Wasser, du wirst nicht ersaufen. Da werden dann die Leute sehen, was für ein Held du bist. Du darfst Gift trinken und Schlangen aufheben, denn das sind die Zeichen des Gläubigen. Mark. 16. Du mußt Alles wagen; es kann dir nichts schaden; die Engel sind nicht umsonst da; sie lagern sich ja um dich her, und helfen dir; sie sind zu dem Dienst derer verordnet, die die Seligkeit ererben, und ein solcher Erbe bist du ja; also frisch daran.„ Wer nun nicht betet und wacht, nicht den Herrn fragt, nicht demüthig ist, der merkt nicht, daß es der Teufel ist, der dazu rathet und treibt, sondern glaubt voll heiligen Geistes zu seyn, und vom heiligen Geist getrieben zu werden, weil es ja zur Ehre Gottes und des Glaubens gereicht. Wenn der Teufel so unverschämt war, daß er sich mit solchen Versuchungen an den Sohn Gottes zum zweiten Mal wagte, wie wird er sich vor dir scheuen, du arme, fromme Seele? Darum sey auf deiner Hut, sobald dir solche außerordentliche, auffallende Wagestücke und Wunderdinge einfallen. Sieh doch nur, wer hinter dir steht, ob's nicht der leidige Teufel ist, der dir solche Ding einbläst. Christus hat uns nicht berufen, Wunder zu wirken, sondern Sein Kreuz auf uns zu nehmen, uns selbst zu verläugnen und Ihm nachzufolgen. Das ist das größte Wunder der Gnade, wenn du dich selbst und die Welt überwindest, und Christo anhangst; wenn du die hoffärtigen Gedanken und das Trachten nach hohen Dingen besiegst, und in der Demuth bleibst. Dazu wird dir der Teufel nie rathen. - Nun was sagt Jesus dazu?

Jesus sprach zum Teufel: Wiederum steht auch geschrieben: Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen. 5 Mos. 6, 16. Siehst du! Christus heißt das - Gott versuchen, wenn man vom Dach herabspringen will, um den Engeln in die Hände zu fallen, da man doch bequem die Treppe herunter gehen könnte, oder wenn einen keine Noth dazu treibt, man wohl auf der Zinne oder auf dem Dache bleiben kann. Ein Anderes ist's, wenn man dich hinunter stürzt mit Gewalt, oder wenn das Haus brennt und die Treppe in Flammen steht, so daß du nicht mehr herunter gehen kannst; dann darfst du es im Namen Gottes und im Glauben wagen. So ist auch Christus nachher, als Ihn Seine Mitbürger zu Nazareth über ihren Berg stürzen, und die zu Jerusalem im Tempel Ihn steinigen wollten, ihnen entgangen, und hat sich selbst wunderbar gerettet - aber auf des Satans Rath, da keine Noth war, hat Er keinen muthwilligen Luftsprung gewagt. In der Noth, heißt es, rufe mich an, und ich will dich herausreißen und zu Ehren bringen. Aber wenn man auf dem ordentlichen Wege gehen kann, muß man keine Luftsprünge machen, und Gott versuchen.

Da der Teufel die Schrift anführte, und mit der Bibel den Sohn Gottes versuchte, so antwortete Christus auch mit der Schrift, und schlug ihn mit demselben Schwert, das der Teufel gezogen hatte - mit dem Worte der Schrift. Damit versucht und verführt der Teufel die ganze Welt, und leider auch viele Frommen. Die Welt hat immer einen Bibelspruch im Munde, den sie falsch anwendet, um ihre Lauigkeit und ihr böses Wesen zu entschuldigen und zu vertheidigen. Auch viele Gläubige verschanzen sich oft hinter ein falsch verstandenes und übel angewendetes Bibelwort, um nicht ganz seyn zu müssen, um sich nur halb an den Herrn ergeben zu dürfen. Fällt einem so ein Schriftwort ein, welches den schmalen Weg breiter zu machen scheint, so muß man sich auch nach andern Schriftworten umsehen, die es besser erklären, und muß sagen: Es steht dagegen auch geschrieben: Du sollst Gott von ganzem Herzen lieben rc.; du sollst umkehren, und wie die Kinder werden - du sollst Allem absagen - du sollst eine neue Kreatur werden, du sollst deinen Glauben in Liebe thätig seyn lassen.

Und nun führte Ihn der Teufel mit sich auf einen sehr hohen Berg, und zeigte Ihm alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit, und sprach zu Ihm: Dies Alles will ich Dir geben, wenn Du niederfällst und mich anbetest. Zum dritten Mal kommt der Teufel, er giebt's nicht auf - zweimal war er schon zu Schanden, der Unverschämte, und wagt es doch noch einmal. Ist gleich eine und die andre Versuchung überwunden, so werde nicht sicher, der Versucher kommt wieder, und immer auf eine andre Art.

Sieh, der Teufel nimmt Jesum mit sich schon das zweite Mal, erst auf die Zinne des Tempels, jetzt auf einen sehr hohen Berg - immer auf Höhen, wo man gern schwindlich wird. Sieh, Jesus läßt sich von diesem stolzen, verworfnen Geist anfassen, und so wegheben, wohin der Teufel will - welche Demuth! welche Geduld Jesu! welcher Hochmuth, und welche Verwegenheit des Satans! nichts ist ihm zu heilig und hoch, er faßt es an, und sucht es zu beflecken und zu durchteufeln. Hüte dich; du bist ihm nicht zu heilig, und zu fromm - verschanze dich in deinen Heiland, in Seine Wunden, da allein bist du sicher.

Der Teufel zeigt Jesu, durch den alle Dinge gemacht sind, und ohne den nichts gemacht ist, was da ist, die Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit, als wenn es sein Eigenthum und sein Werk wäre, und er es zu verschenken hätte, wem er wolle. - Der Vater der Lüge, die Wahrheit ist nicht in ihm; wenn er Lügen redet, spricht er aus seinem Eigenthum, aus seiner Lügen-Natur. Und was will er mit seinen Geschenken? Anbetung - Anbetung vom Sohne Gottes, vom Schöpfer aller dieser Dinge, die er Ihm zum Present machen will, um sich von Ihm geehrt zu sehen. Das ist und bleibt so lange die Welt steht, sein Kunstgriff, womit er die ganze Welt stürzt und verführt. Er bietet den Leuten Geld, Gut, Ehre, Ansehn, Lüste und Vergnügungen und dergleichen an, als Lockspeise; er zeigt ihnen den Weg dazu, und verlangt von ihnen nichts, als daß sie sich ein wenig der Welt gleichstellen, die Frömmigkeit nicht übertreiben, hie und da sich eine Unwahrheit, eine Verstellung und kleine Heuchelei erlauben, vor einem Gottlosen, und in ihm, vor dem Teufel - das Knie beugen, schmeicheln, kriechen, oder ihm zu einem Unrecht und Betrug helfen - oder ihren Glauben, ihre Frömmigkeit, ihre Bibel, ihr Bekenntniß Jesu, ihre Verbindung mit Gläubigen und Frommen verbergen, sich ein wenig zurückziehen; nicht so oft in die Kirche laufen, oder die Bibel lesen, und dergleichen kleine Dinge, wie die Welt meint, hält er Tausenden vor; wie es jedem schmeckt, so kocht er ihm, und wer anbeißt, der kommt zu Ehren; die Glücksgüter werden ihm geboten; er wird herrlich und groß oder reich in der Welt - denn er hat dem Satan das Compliment gemacht, dem Baal das Knie gebeugt. Wer das nicht thut, der wird hintangesetzt, verachtet, kommt zu nichts, und wird wohl gar verfolgt. Was soll man denn also thun? Höret:

Da sprach Jesus zu ihm: Hebe dich weg von mir, Satan, denn es steht geschrieben: Du sollst anbeten den Herrn, deinen Gott, und Ihm allein dienen. Das ist der kürzeste Prozeß. Wenn dir solche Anerbietungen, unter den genannten Bedingungen gemacht werden, so ist's ohne Zweifel der leidige Teufel, der dich versuchen und verführen will, und du wirst nicht eher los, als wenn du kurzweg sagst: Hebe dich, Satan! du bist's - ich kenne dich - ich will deine Offerte nicht, behalte was du hast, wenn's dein ist - und laß mich in Ruhe - mir ist mein Christus, mein Glaube, meine Freude um die ganze Welt und alle ihre Herrlichkeit nicht feil - ich handle nicht, vertausche nichts, ich halte was ich habe - wenn ich Ihn nur habe, laß ich gern die Welt - ja, nach Himmel und Erde frag ich nicht - Er allein ist mir genug; ich trachte nach dem, was droben ist, wo Christus sitzt zur Rechten Gottes, nicht nach dem, was auf Erden ist - das genügt mir Alles nicht - die Welt ist mir zu klein, und alle ihre Herrlichkeit wie eine Grasblume, die bald verwelkt und verdorrt - und für eine Grasblume vertausche ich den Himmel und des Himmels Herrlichkeit nicht, wie die Thoren dieser Welt.

Den Herrn, seinen Gott anbeten und Ihm allein dienen, heißt also: dem Teufel und aller Welt entsagen, und um der Welt willen auch nicht das Geringste gegen sein Gewissen und gegen Gottes Wort und Gebot sich erlauben, wenn es der Teufel und die Welt fordert, und zur Bedingniß des Glücks in der Welt macht. Wer das thut, verläugnet seinen Gott, kündigt Ihm den Dienst auf, und betet den Teufel an und dient der Welt. Man kann nicht zweien Herren dienen - Gott und dem Teufel oder Christo und der Welt. Viele wollen zwar diese beiden Dienste vereinigen; aber das geht nicht - Einem Herrn müssen sie sagen: Hebe dich! ich habe schon meinen Herrn.

Da verließ Ihn der Teufel, und siehe, es traten Engel zu Ihm und dienten Ihm. So kriegt man Ruhe- Rein ab, und Christo an - so ist die Sach gethan. Sobald man den Teufel bei seinem Namen nennt, so flieht er, so hat die Versuchung ein Ende. Er kann seinen Namen nicht hören. Das hat Christus nicht nur beim Teufel selbst so gemacht, sondern auch bei Menschen, z. B. bei Seinem sonst lieben Jünger Petrus, da er Ihm in des Teufels Namen den Rath gab, nicht in's Leiden und in den Tod zu gehen. Da hieß es eben so wie hier: Hebe dich, du Satan! du bist mir ärgerlich; du meinest nicht, was göttlich, sondern was menschlich ist. Matth. 16. Es können sehr gute, eifrige Freunde dem Teufel den Dienst thun, und seine Stelle bei uns vertreten, und uns sehr wohlmeinend des Teufels Rath beibringen wollen: Schone dich! übertreibe es nicht! setze dich nicht der Gefahr aus! zieh dir kein Leiden zu . Da mußt du solche Freunde so wenig schonen, als Christus den Petrus schonte, sondern mit einem „Hebe dich!“ sie abweisen.

Wenn die Versuchung überwunden und der Teufel besiegt und zurückgetrieben ist, so kommen die Engel, und machen ihre Dienste. Aber wenn der Teufel da ist, läßt sich kein liebes Engelein sehen. Da heißt es: kämpfen, streiten, beten, wachen. Wenn die Züchtigung oder Versuchung da ist, dünket sie nicht Freude - aber darnach, wenn sie überwunden ist, bringt sie eine friedsame Frucht der Gerechtigkeit. Hebr. 12, 11. Da kommen die Friedens-Engelein, und trösten einen. Wer aber diesen Trost und die Engel zu Dienern haben will, der muß auch erst mit dem Teufel streiten und siegen. Wer dem Teufel und der Welt nachgiebt, dem wird kein Engel sich nahen, und ihm dienen, der wird den Frieden nicht finden.

Nun laßt uns dem Heiland danken, daß Er sich so erniedrigt und mit dem bösen Geiste sich so herumgeschlagen hat, um uns aus dessen Gewalt und List zu erlösen, um uns die Kraft zu erwerben, daß wir ihn nun durch Christi Kraft und Namen auch überwinden und das Feld behalten können - mit der Waffenrüstung, die uns Paulus beschreibt Ephes. 6, 10. - und die wir nur Christi verdienstlicher Versuchung und Ueberwindung zu danken haben. Hätte das Christus nicht gethan, so würde der Satan uns Alle verschlungen haben. Nun aber heißt es: Dem widerstehet fest im Glauben; denn er geht als euer Widersacher umher wie ein brüllender Löwe, und sucht immer noch, wen er verschlinge. - Wer nämlich nicht in der genannten Waffenrüstung sich antreffen läßt, der wird unfehlbar von ihm verschlungen. Nur der Schild des Glaubens kann seine feurigen Pfeile, die er aus der Hölle auf uns abschießt, auslöschen; nur das Schwert des Geistes, das Wort Gottes kann ihn schlagen, Christus selbst hat dieses gegen ihn gebraucht.

Auf! ihr Streiter, durchgedrungen,
Auf! und folgt dem Lamme nach,
Das durch Marter, Hohn und Schmach
Sich auf Zions Burg geschwungen.
Nach! das Haupt hat schon gesiegt,
Faules Glied, das müßig liegt.
Fort, nur nach, mit Wachen, Beten,
Fort, was seyd ihr so verzagt?
Christus hat den Sieg erjagt,
Und den Schlangenkopf zertreten.
Tretet nach in Seiner Kraft!
Christus ist's, der Sieg verschafft.

Niemand soll in Zion sprechen:
Ich bin elend, arm und schwach,
Und durch so viel Ungemach
Kann kein armer Sünder brechen;
Denn der Herr ist's, der uns heilt,
Und den Schwachen Kraft ertheilt.
Sind wir schwach, das Lamm hat Stärke,
Sind wir arm, der Herr ist reich.
Wer ist unserm König gleich?
Unser Gott thut Wunderwerke;
Sagt, ob der nicht helfen kann\\, Dem die Engel unterthan?

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