Fröschel, Sebastian - Sermon von des Menschen Seele.

Fröschel, Sebastian - Sermon von des Menschen Seele.

(Von den heiligen Engeln, vom Teufel und des Menschen Seele. Drei Sermone. Wittenb. 1563. 8. Der Predigt geht folgende Bemerkung voran: „Da müssen wir aber am Ersten wissen und anzeigen Definitionem Animae Hominis, die Erklärung des Menschen Seele, was des Menschen Seele sei. Denn solche Definition und Erklärung habe ich von meinem lieben Herrn und Präceptore Philippo Melanthon bekommen, neben den anderen allen, in diesen dreien Sermonen angezeigt, und alle diejenigen, so in meinem Catechismo stehen, über welche alle ich des Herrn Philippi Melanthon’s Handschrift habe, dazu in den ganzen Matthäum, so im Latein ausgangen, und hernach die vier Capita deutsch.“)

Definito Animae hominis.

Was ist denn des Menschen Seele?

Antwort „Des Menschen Seele ist nicht eine leibliche Creatur, sondern ein Geist, den Gott in dem Menschen erschaffen hat, als sein Bild, das erstlich rein gewesen ist, nachdem aber die ersten Gaben durch die Sünde verloren sind, wird sie gleichwohl erschaffen, wie jetzund die menschliche Natur ist, und ist auch Gottes Bild, aber verdunkelt und geschwächt, und ist der eine wesentliche, unsterbliche Theil des Menschen, davon der Mensch Leben, Regung, Sinn, Vernunft und Willen hat.

Und ob sie gleich abscheidet vom Leibe, muss sie dennoch damit wiederum vereinigt werden, ewiglich zu leben, in Seligkeit oder Strafe.“

Aus dieser Erklärung und Definition des Menschen Seele sollen wir auch diese drei nachfolgenden Stücke merken und behalten:

  1. Dass des Menschen Seele ein Geist sei, der auch von Gott erschaffen ist, und wie sie erschaffen sei von Gott, erstlich und hernach.
  2. Dass die Seele des Menschen ein solcher Geist sei, der unsterblich ist, und von welchem des Menschen Leib sein Leben und Regung hat.
  3. Dass auch die Seele ein solcher Geist ist, der wohl kann abscheiden vom Leibe im Tode, doch mit demselben Leibe widerum muss vereinigt werden, ewiglich zu leben in Seligkeit oder Strafe.

I. Das erste Stück.

Das erste Stück von des Menschen Seele, dass sie nicht eine leibliche Creatur sei, sondern ein Geist, von Gott erschaffen, hast du im ersten Buche Mosis am 2. Capitel, da Moses also schreibt: Und Gott der Herr machte den Menschen aus dem Erdenklos, und er blies ihm ein den lebendigen Odem in seine Nase, und also war der Mensch eine lebendige Seele.

Hier hast du, dass des ersten Menschen Leib, als Adam’s, aus einem Erdenklos sei gemacht, wie ein Töpfer ein Männlein oder Gefäss aus dem Thon macht, und als Gott den Leib gemacht hat, da hat er ihm in seine Nase einen lebendigen Odem geblasen. Dieweil nun solcher Odem von Gott eingeblasen wird, so muss es ja ein lebendiger und ein ewiger, der für und für bleibt, oder ein unsterblicher Odem und Geist sein; denn an Gott ist nichts Todtes und Vergängliches und nichts Sterbliches, sondern Alles lebendig und ewig, das für und für bleibt.

Das zeigt auch Christus an Matth. am 10. Cap., da er spricht: Fürchtet euch nicht vor Denen, die den Leib tödten und die Seele nicht mögen tödten. Also tröstet auch der Herr den Schächer am Kreuz, der neben ihm hing, und Christum frei öffentlich vor Gott und der ganzen Welt bekennt für seinen und der Welt Heiland und ihn bittet, er wolle seiner gedenken, wenn er in sein Reich komme. Da tröstet ihn der Herr und spricht also zu ihm: Wahrlich, ich sage dir, heute wirst du mit mir im Paradiese sein. Da blieb ja sein Leib auf Erden, aber sein Geist fuhr zum Herrn Christ in’s Paradies. So befiehlt der Herr auch selber seinen Geist in seines Vaters Hände, als er denselbigen aufgab am Kreuz, da er laut rief und schrie: Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände! Und als er Solches ausgeredet hat, ist er verschieden, wie Lucas schreibt am 23. Capitel: Und als er Das gesagt, neigte er das Haupt und gab seinen Geist auf. Mit Solchem giebt uns der Herr ein Exempel und der Prophet David im 31. Psalm, dass wir in allen Ängsten und Nöthen, sonderlich in der letzten Noth, unsere Seele sollen befehlen dem Herrn in seine Hände, der sie erlöset hat, und diesen Vers oft sprechen: In deine Hände befehle ich meinen Geist, du hast mich erlöset, Herr, du treuer Gott.

Aus diesen Zeugnissen allen ist klar, dass des Menschen Seele nicht eine leibliche Creatur ist, sondern ein Geist, von Gott erschaffen, der unsterblich ist und vom Leibe kann abscheiden.

Und ist solcher Geist also erschaffen von Gott, als sein Bild, wie denn Gott selber spricht im 1. Buche Mosis am 1. Capitel: Lasset uns den Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei, das ist, dass im Verstand ein grosses Licht mitgeschaffen ist, die Zahl und andere Weisheit, und sonderlich diese Weisheit: Erkenntniss Gottes und göttlichen Gesetzes, Unterschied rechter, ordentlicher Werke und Tugend, nach göttlicher Weisheit, und dagegen, was untugendlich ist.

Und diesem Lichte ist das Herz und herzliche Begierde und der Wille ohne Heuchelei gleich gewesen; das Herz ist voll Liebe Gottes geschaffen gewesen und ohne alle böse Begierden.

Weiter ist dieser Wille frei gewesen, also, dass der Verstand wählen mochte, Gottes Gesetz zu halten, und dass das Herz und die äusserlichen Gliedmassen vermochten, ganzen Gehorsam zu halten ohne Verhinderung. Es vermochten auch der Verstand und Wille, etwas Anderes zu wählen, wie hernach geschehen.

Und ist also der Mensch weise und gerecht geschaffen und hat erstlich einen freien, unverhinderten Willen gehabt vor dem Falle, wie zuvor gesagt.

Und dies ist also Gottes Bild, nachdem der Mensch erschaffen ist, das Gottes Bild am Ersten gleich gewesen ist; dass Gott durch den heiligen Geist ein schönes Licht der Weisheit angezündet hat, dadurch sie Gott, Zahl, Ordnung und Unterschiede der Tugenden und Untugenden, die Kräfte in den Creaturen erkannt haben. und sind ihre Herzen und Gliedmassen rein und in rechter Ordnung gewesen und dem Lichte im Verstande gehorsam und im Herzen Liebe zu Gott, Freude an Gott und andere Tugenden angezündet.

Zu dem Allen ist der Wille frei und unverhindert gewesen und ist noch keine Krankheit und kein Tod dagewesen. Und ist diese schöne menschliche Creatur also Gott gefällig und gerecht gewesen, und hat Gott in dieser Natur seine Wohnung haben wollen und uns seine Weisheit und seine Tugenden für und für wollen mittheilen und Freude und Lust an uns haben, und hätten wir dagegen ihn erkennet, gepreiset, geliebet und herzliche Freude an ihm gehabt.

Nun folget weiter in der Definition und Erklärung des Menschen Seele: „Nachdem aber die ersten Gaben der Seele durch die Sünde verloren sind, wird sie gleichwohl erschaffen, wie jetzund die menschliche Natur ist, und ist auch Gottes Bild, aber verdunkelt und geschwächt.“

Die menschliche Natur aber nach dem Fall Adam und Heva ist also, das sie in Gottes Zorn gefallen sind und Gott von ihnen, Adam und Heva, und von allen ihren Nachkommen gewichen ist, so aus menschlichem Samen natürlicher Weise herkommen, also, dass die natürlichen Kräfte sehr schwach in ihnen worden sind. Das Licht im Verstand ist viel dunkeler worden, wiewohl noch etwas bleibet, als Zahl und Unterschied guter und böser Werke und Gesetzeslehre; denn Gott will haben, dass alle Menschen die Sünde erkennen und will uns mit unserm eigenen Gewissen richten und strafen, will auch haben, dass alle Menschen eine äusserliche Zucht halten.

Darum bleibet in dieser verderbten Natur und des Menschen Seele dennoch eine Erkenntniss, wiewohl dasselbige dunkel ist, und ist daneben eine grosse Wolke voll Zweifels und Unwissenheit vor Gott, ob Gott auch der Menschen Richter und Helfer sein wolle, wie Gott die Menschen annehmen und hören wolle.

Weiter sind auch im Willen und Herzen alle guten Tugenden gegen Gott verloschen, nämlich Gottesliebe, Vertrauen auf Gott, rechte, ernstliche Furcht Gottes; denn Gott wird nicht angenommen, wo nicht der heilige Geist Verstand, Willen und Herzen erleuchtet und anzündet, und können die Menschen aus eigenen Kräften diese Tugenden und Werke ohne den heiligen Geist nicht wirken, nämlich rechten Glauben, Gottesliebe, Vertrauen auf Gott und rechte Gottesfurcht, und stehet also das menschliche Herz gleich wie ein ödes, wüst, alt und zerfallen Häuslein, da Gott nicht mehr innen wohnt, und gehen die Winde an allen Örtern dadurch, das ist, allerlei unordentliche Neigung und Flammen treiben das Herz zu mancherlei Sünden, zu unordentlicher Liebe, Hass, Neid und Stolz, und blasen die Teufel ihr Gift auch darein.

Dass aber des Menschen Seele, die erstlich nach Gottes Bild geschaffen ist, solche erste Gaben durch die Sünde verloren hat und also verdunkelt und geschwächt ist, zeigt uns der Herr Christus selber an in dem Gleichniss Lucä am 10. Capitel, da er also spricht: Es war ein Mensch, der ging von Jerusalem hinab gen Jericho und fiel unter die Mörder, die zogen ihn aus und schlugen ihn und gingen davon und liessen ihn halb todt liegen. Dieser Mensch ist Adam und Heva, die sich nicht genügen lassen an Jerusalem, das ist, an dem Paradies und an Gottes Bilde, nach dem sie Gott erschaffen hat, und an allen hohen Gütern, so in Gott sind, damit er sie auch begabet und gezieret hat, als mit seiner Weisheit, Gerechtigkeit und freiem Willen, sondern haben geschaffet und getrachtet nach grösseren, höheren Gütern, die ihnen der Teufel verheissen hat, so sie vom verbotenen Baum und Apfel essen würden, welcher Apfel sie so wohl angerochen hat, wie der Text im ersten Buche Mosis spricht: Da schauete das Weib an, dass von dem Baume gut zu essen wäre und lieblich anzusehen und ein lustiger Baum wäre, weil er klug machte. Denn Jericho heisst ein Geruch. Also war ihnen Jericho der starke Geruch des Apfels oder der wohlriechende Apfel, der sie Gott gleich machen würde, wenn sie den röchen und schmeckten. Also verlieren sie Jerusalem und das Paradies mit allen göttlichen Gütern und Gaben, und werden nicht Gott, sondern dem Teufel ähnlich und gleich; denn wer hoch steigen will, Der fällt hoch. So ist Adam und Heva auch geschehen. Also werden Adam und Heva beraubt der Gnaden, auf diesem Wege, dass sie nicht mehr Gott gefällig sind gewesen und haben dazu verloren die hohen Gaben, das schöne Licht von Gott im Verstande und den Gehorsam im Herzen und das ewige Leben. Überdies sind sie verwundet, dass der Verstand voll Zweifels und Irrthums ist von Gott und kann auch andere Dinge nicht also erkennen wie zuvor vor dem Fall, da er Gott und die Ordnung der Creaturen viel anders anschauen konnte, denn nach dem Fall. Und das Herz und der Wille sind voll unordentlicher Neigung, Flucht und tödtlichen Schreckens in allerlei Betrübniss, voll irriger Flammen und unordentlicher Liebe, Zornes u.s.w.

Darum spricht Jeremias nicht vergebens am 17. Capitel: Des Menschen Herz ist verkehret und voll Schmerzen; wie Saul in der letzten Noth die allergrausamsten Schmerzen fühlte. So schreibt auch der heilige Apostel Paulus zu den Römern am 5. Capitel: Wie durch einen Menschen die Sünde ist kommen in die Welt und der Tod durch die Sünde, und ist also der Tod zu allen Menschen durchgedrungen, dieweil sie alle sündig sind. Und zu den Ephesern am 2. Capitel: Wir waren auch Kinder des Zorns von Natur. Und der heilige Prophet David sagt Ps. 51.: Siehe, ich bin aus sündlichem Samen gezeugt, und meine Mutter hat mich in Sünden empfangen. Item der Prophet Jesaias am 53. Capitel: Wir gingen Alle in der Irre, wie die Schafe, ein Jeglicher sah auf seinen Weg.

II. Das andere Stück.

Das andere Stück in der Definition und der Erklärung des Menschen Seele ist dieses, dass sie sei der eine wesentliche, unsterbliche Theil des Menschen, davon der Mensch Leben, Regung, Sinn, Vernunft und Willen hat.

Es sind zwei Theile am Menschen, oder, der Mensch hat an sich zwei Theile, Leib und Seele. Der Leib ist irdisch von den leiblichen Elementen, wie denn Gott erstlich den Menschen aus einem Erdenklos gemacht hat, und hat kein Leben gehabt, wie ein Töpfer aus dem Thon ein Gefäss oder Männlein macht, das kein Leben hat, also ist der Leib auch also erstlich gewesen ohne die Seele, und ist noch also, wenn er keine Seele hat und dieselbige von ihm scheidet.

Aber des Menschen Seele ist der andere wesentliche, unsterbliche Theil des Menschen, davon er Leben, Regung, Sinn, Vernunft und Willen hat; denn der Mensch hat fürnehmlich diese fünf Kräfte von der Seele, darum sie die Gelehrten auch nennen quinque potentius animae. Die erste ist die Wirkung im Dauen, das leibliche Leben mit Speise und Trank zu erhalten; die andern: fünf äusserliche Sinne, Sehen, Hören, Schmecken, Riechen und Fühlen, und drei innerliche Sinne im Hirn, Unterschied, Eins aus dem Andern zu finden, und Gedächtniss; die dritte in der Seele, Verstand und Wissen, und den äusserlichen Gliedern Etwas gebieten; die vierte: wahrhaftige Begierden im Herzen und Willen, ohne Heuchelei; die fünfte: Regung und Bewegung der äusserlichen Gliedmaassen von einem Ort zum andern, als: Hände, Füsse, Zungen und Augen stille halten, oder dahin und dorthin zu wenden.

Diese fünf Kräfte hat der Mensch allein von der Seele, wie denn alle Menschen Solches müssen bekennen, denn sobald der eine Theil von dem andern scheidet, als die Seele von dem Leibe, so ist der Kräfte keine mehr im Leibe, und muss der Leib zerfallen und verfaulen wie ein Erdenklos.

Dass aber des Menschen Seele unsterblich sei, haben wir zum Theil droben gehört im ersten Stück, da Christus der Herr selber bekennt, dass sie die Seele nicht tödten können, ob sie wohl den Leib umbringen. So beweisen auch Solches die Exempel der verstorbenen Heiligen, die mit dem Herrn Christo geredet haben über viele Jahre nach ihrem Tode, als Moses und Elias, wie wir haben Matthäi am 17. Capitel, auf dem heiligen Berge, und ist doch Moses lange zuvor gestorben und begraben, wie wir haben im fünften Buche Mosis am letzten Capitel, bei fünfzehnhundert Jahren zuvor.

Also redet und schreibt auch der heilige Apostel Paulus, dass die Seele vom Leibe könne abscheiden und sei unsterblich, als zu den Phil. am 1. Cap.: Ich habe Lust abzuscheiden und bei Christo zu sein, welches auch viel besser wäre; aber es ist nöthiger im Fleische zu bleiben um euretwillen. Und in der anderen an die Corinther, Cap. 5., schreibt er also: Wir sind aber getrost allezeit und wissen, dass, dieweil wir im Leibe wohnen, so wallen wir dem Herrn. Denn wir wandeln im Glauben und nicht im Schauen. Wir sind aber getrost und haben viel mehr Lust, ausser dem Leibe zu wallen und daheim zu sein bei dem Herrn. Darum fleissigen wir uns auch, wir sind daheim oder wallen, dass wir ihm wohlgefallen. Und zu den Römern am 8. Cap. schreibt er klar, dass der Mensch Leib und Seele habe, und dass der Leib sei sterblich um der Seele willen und die Seele oder der Geist sei das Leben und unsterblich. Also kann auch die Seele vom Leibe abscheiden und scheidet auch vom Leibe ab im Sterben.

Solches zeiget auch Christus selber an mit diesen Worten zum Schächer am Kreuz: Heute wirst du mit mir im Paradiese sein. Da ist ja die Seele von seinem Leibe abgeschieden, als er verschieden ist, und sein Leib hernach eine gute Weile am Kreuze gehangen. Luc. 23.

So bekennen auch die Gelehrten unter den Heiden, dass des Menschen Seele unsterblich sei, wenn sie gleich vom Leibe abscheidet, und verlösche nicht, werde auch nicht zu Nichte, wie der unvernünftigen Thiere Seelen, als Plato und Aristoteles lehren.

III. Das dritte Stück.

Das dritte Stück, so wir aus der Definition und Erklärung des Menschen Seele merken und behalten sollen, ist dieses, dass des Menschen Seele ein solcher Geist ist, ob er wohl abscheidet vom Leibe, muss er dennoch damit wiederum vereinigt werden, ewiglich zu leben in Seligkeit oder Strafe.

Dass Solches aber wahr sei, zeigt uns an der Artikel unseres christlichen Glaubens, wie derselbige lautet im Symbolo Apostolorum: Ich glaube eine Auferstehung des Fleisches und ein ewiges Leben.

Dieweil denn solcher Artikel der höchsten Artikel einer ist der ganzen christlichen Lehre des heiligen Evangelii, so wollen wir auch die fürnehmsten Zeugnisse aus dem alten und neuen Testamente der heiligen Schrift erzählen, darauf solcher Artikel gegründet ist, dass unser Glaube damit desto fester gestärkt werde.

Zeugnisse aus dem alten Testamente.

Hiob 19.: Ich weiss, dass mein Erlöser lebt, und er wird mich hernach aus der Erde auferwecken, und ich werde darnach mit dieser meiner Haut umgeben werden und werde in meinem Fleische Gott sehen; denselben werde ich sehen, und meine Augen werden ihn schauen und kein Fremder. Das ist ein klarer, heller Spruch, der anzeigt, dass wir in diesem Fleisch und in demselben Leibe, den wir jetzt haben, werden auferstehen, und dass unser Leib und ganze Natur wird verneuert werden, wie St. Paulus lehret. Item, dieser Spruch im Hiob lehret auch, was das ewige Leben werde für ein Wesen sein, nämlich, eine rechte klare und helle Erkenntniss Gottes und aller Creaturen.

Im andern Buche Mosis am 3. Capitel spricht Gott selber: Ich bin der Gott Abraham’s und der Gott Isaak’s und der Gott Jakob’s; aus welchen Worten Christus, der Herr, schleusst, Matth. am 22., dass Abraham, Isaak und Jakob leben; denn Gott ist nicht ein Gott der Todten, sondern der Lebendigen.

Jesaias am 66. Capitel schreibt also: Denn gleichwie der neue Himmel und die neue Erde, so ich mache, vor mir stehen, spricht der Herr, also soll auch euer Same und Name stehen, und alles Fleisch wird einen Mond nach dem andern und einen Sabbath nach dem andern kommen, anzubeten vor mir, spricht der Herr. Und sie werden hinausgehen und sehen die Leichname der Leute, die an mir misshandelt haben. Denn ihr Wurm wird nicht sterben, und ihr Feuer wird nicht verlöschen, und werden allem Fleisch ein Gräuel sein.

Der Prophet Jesaias beschreibt da Beides, ewige Qual und Pein der Gottlosen und Freude und Wonne der Heiligen und Gläubigen, und zeigt an, wie das ewige Leben sein werde, nämlich, dass alle Tage werde Sabbath sein, ein Sabbath nach dem andern, das ist, alle Heiligen werden in Ewigkeit Gott leben und ihm danken. Also wird das ewige Leben und Herrlichkeit eine ewige, herzliche Freude in Gott, ein ewiges Anbeten und Danken und vollkommen klar Erkenntniss so grosser Güte Gottes sein, eine ewige Gerechtigketi der Creaturen, da keine Sünde, kein Tod sein wird.

Und Jesaiä am 25. Cap. steht also geschrieben: Und er wird auf diesem Berge das Hüllen wegthun, damit alle Völker verhüllet sind, und die Decke, damit alle Heiden zugedeckt sind; denn der Tod wird verschlungen werden ewiglich, und der Herr wird die Thränen von allen Angesichtern abwischen, und wird aufheben die Schmach seines Volks in allen Landen.

Dieser Spruch zeigt auch an, dass der Tod und die Sünde soll aufhören, und dass Gottes Kinder sollen erlöset werden von aller Schmach, von allem Heulen und Weinen, das ist, von Sünde, Tod und des Teufels Ängstigung, und endlich von allem Übel.

Item Jesaiä am 26. Cap. hast du gar einen hellen, klaren Spruch: Deine Todten werden leben und mit dem Leichnam auferstehen. Wachet auf und rühmet, die ihr liegt unter der Erden; denn dein Thau ist der Thau eines grünen Feldes, aber das Land der Todten wirst du stürzen. Gehe hin, mein Volk, in die Kammer, und schleuss die Thür nach dir zu, verbirg dich einen kleinen Augenblick, bis der Zorn vorüber gehe, denn siehe, der Herr wird ausgehen von seinem Orte, heimzusuchen die Bosheit der Einwohner des Landes über sie, dass das Land wird offenbaren ihr Blut und nicht weiter verhehlen, die drinnen erwürget sind.

Der Prophet redet hier klar davon, dass die Todten sollen auferstehen, dass die Heiligen sollen Freude und ewige Seligkeit haben und die Gottlosen ewige Qual; auch von der Verfolgung der Kirche in diesem Leben. Er sagt auch weiter: Deine Todten werden leben. Er nennt die Heiligen Gottes Todte, damit er anzeigt, dass die Kirche um Gottes willen Trübsal und Verfolgung leide. Als sollte er sagen: Deine Kinder, die um deinetwillen getödtet sind, die werden wieder leben. Weiter sagt er, wie das ewige Leben sein werde. Freuet euch u.s.w. sagt er. Da zeigt er an, dass die Heiligen ewige Freude haben; denn da werden sie ohne Sünde, ohne Schwachheit, ohne Tod, ohne Ängstigung des Teufels sein, die unaussprechliche Weisheit und das Vaterherz und überschwängliche Güte Gottes recht erkennen und sehen, und werden ewiglich und wie ein lieblicher Garten und Wiese vom Thaue grünet, in ewiger Freunde und Wonne fröhlich blühen. Darnach setzt der Prophet auch einen Trost von den Anfechtungen, so die Christen mittlerer Zeit auf Erden leiden müssen, und sagt, dass die Kirche eine kleine Weile müsse Trübsal leiden und gleich verborgen sein, denn die Heiligen und Frommen werden in der Kirche, wie in einer Kammer, durch das Wort und Gottes Geist erhalten bis zum jüngsten Tage, hernach meldet er von der Strafe der Gottlosen und von der Auferstehung, da er sagt: Das Land wird nicht weiter verhehlen, die drinnen erwürget sind.

Diesen Spruch Jesaiä des Propheten hat unser lieber Herr Vater Doctor Martinus Luther seiner lieben ältesten Tochter, Magdalena genannt, fürgelesen und ihr denselben ausgelegt und sie an ihrem Ende, und sich auch selbst, damit getröstet und weiter dazu gesagt: Herzliebste Tochter, gehe mit Frieden in dein Schlafkämmerlein, ich will bald bei dir sein, denn mein Gott wird mich nicht sehen lassen seinen Zorn, der vorhanden ist über die Welt und über Deutschland. Darauf ist seine liebe Tochter fein sanft entschlafen in Christo, ihrem Erlöser und Heiland. Solches Alles hab’ ich gehört und Andreas Hugel, zur selben Zeit mein Collega. Es hat auch Doctor Martinus seliger nicht viele Jahre hernach gelebt, und was nach seinem Tode erfolgt ist, haben wir leider erfahren. Darum sollen wir diesen Spruch des Propheten Esaiä uns treulich lassen befohlen und unsern Trost sein.

Daniel, der Prophet, am 12. Capitel, schreibt also: So spricht der Herr Herr, siehe, ich will eure Gräber aufthun und will euch, mein Volk, aus denselben herausholen.

Im 49. Psalm hält der Prophet gegen einander die Gottlosen, die in der Welt reich sind und denen es wohlgeht, und die Heilligen oder Frommen, denen es auf Erden übel gehet, und sagt, dass es sich nach dem Tode mit ihnen wenden werde. Von den Gottlosen sagt er: Sie liegen in der Hölle wie Schafe, der Tod naget sie, in der Hölle müssen sie bleiben. Wiederum sagt er von den Heiligen und Frommen: Aber Gott wird meine Seele erlösen aus der Hölle Gewalt; denn er hat mich angenommen.

Zeugnisse aus dem neuen Testamente.

Matthäi 25. predigt Christus klar davon, dass die Gerechten werden ewige Freude haben und die Gottlosen ewige Qual und unendliche Pein im ewigen Feuer, das dem Teufel und seinen Engeln bereitet ist. Und Johannis am 5. Capitel spricht Christus: Es kommt die Stunde, in welcher Alle, die in den Gräbern sind, werden seine Stimme hören, und werden hervorgehen, die da Gutes gethan haben, zur Auferstehung des Lebens, die aber Übles gethan haben, zur Auferstehung des Gerichts. Und hernach am 6. Cap.: Das ist der Wille Dess, der mich gesandt hat, dass, wer den Sohn siehet und gläubet an ihn, habe das ewige Leben, und ich werde ihn auferwecken am jüngsten Tage.

Im heiligen Apostel Paulo hast du viel schöner Zeugnisse von Auferstehung der Todten, als das ganze 15. Capitel in der ersten Epistel an die Corinther. Item in der ersten Epistel am 4. Capitel zu den Thessalonichern, und im 1. Cap. in der zweiten an die Thessalonicher schreibt er also: Wenn nun der Herr Jesus wird offenbar werden vom Himmel, sammt den Engeln seiner Kraft und mit Feuerflammen, Rache zu geben über Die, so Gott nicht erkennen, und über die, so nicht gehorsam sind dem Evangelio unseres Herrn Jesu Christi, welche werden Pein leiden, das ewige Verderben, von dem Angesicht des Herrn und von seiner herrlichen Macht, wenn er kommen wird, dass er herrlich erscheine mit seinen Heiligen und wunderbar mit allen Gläubigen. Item in der Epistel zu den Philippern am 3. Capitel: Folget mir, lieben Brüder, und sehet auf Die, die also wandeln, wie ihr uns habt zum Fürbilde; denn Viele wandeln, von welchen ich euch oft gesagt habe, nun aber sage ich auch mit Weinen, die Feinde des Kreuzes Christi, welcher Ende ist die Verdammniss, welchen der Bauch ihr Gott ist und ihre Ehre zu Schanden wird, Derer, die irdisch gesinnt sind. Unser Wandel aber ist im Himmel, von dannen wir auch warten des Heilands Jesu Christi, des Herrn, welcher unsern nichtigen Leib verklären wird, dass er ähnlich werde seinem verklärten Leibe, nach der Wirkung, damit er kann auch alle Dinge ihm unterthänig machen.

Diese Zeugnisse alle des neuen Testaments zeigen eben so wohl und reichlich an beide Stücke, so wir droben in der Definition und Erklärung des Menschen Seele gehört haben, dass sie wiederum mit dem Leibe (von dem sie zuvor abgeschieden ist) muss vereinigt werden, ewiglich zu leben in Seligkeit oder Strafe, und was die Strafe der Gottlosen sein werde, nämlich ewige Pein, ewig Verderben und Verdammniss, ewiges höllisches Feuer, ewiges Heulen und Zähnklappern; auch was die Seligkeit der Heiligen und Gläubigen sein werde, nämlich ewige Freude und Wonne, und dass ihre nichtigen Leiber also verkläret sollen werden, dass sie ähnlich werden dem verklärten Leibe Christi Jesu, unseres Herrn, und also allezeit bei ihm sein in Ewigkeit, wie St. Paulus schreibet in der ersten Epistel an die Thessalonicher am 4. Capitel, und vermahnet uns daneben, dass wir uns mit solchen Worten unter einander trösten sollen. Amen.

Quelle: Beste, Wilhelm - Die bedeutendsten Kanzelredner der lutherschen Kirche des Reformationszeitalters

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