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Daniel - Kapitel 4

Daniel - Kapitel 4

(Leander van Eß)

Nebukadnezar's Traum von einem großen Baume, und Auslegeung desselben durch Daniel.

1 Ich Nebukadnezar war ruhig in meinem Hause, und glücklich in meinem Palaste.
2 Ich sah einen Traum, der mich erschreckte, und die Traumbilder auf meinem Lager, und die Gesichte meines Kopfes machten mich unruhig.
3 Von mir wurde daher der Befehl gegeben, alle Weisen Babel's vor mich zu führen, damit sie mir die Deutung des Traumes anzeigten.
4 Alsdann kamen die Bilderschriftkenner, Sterndeuter, Chaldäer und Wahrsager, und ich erzählte vor ihnen den Traum; aber sie konnten mir seine Deutung nicht anzeigen.
5 Zuletzt kam Daniel zu mir, dessen Name Beltschazar ist nach dem Namen meines Gottes, und auf welchem der Geist der heiligen Götter ruhet; und ich erzählte vor ihm den Traum.
6 Beltschazar, du Oberster der Bilderschriftkenner! ich weiß, daß der Geist der heiligen Götter auf dir ruhet, und dir kein Geheimniß zu schwer ist. Sage mir meine Traumgesichte, die ich gesehen, und deren Deutung.
7 Die Gesichte meines Kopfes auf meinem Lager waren folgende: Ich sah, und siehe! ein Baum stand mitten auf der Erde, und seine Höhe war sehr groß.
8 Der Baum war groß und stark, und seine Höhe reichte bis zu dem Himmel, und man konnte ihn sehen bis zum Ende der ganzen Erde.
9 Sein Laub war schön, und seiner Früchte waren viele; Alles fand bei ihm Nahrung. Unter ihm ruheten die Tiere des Feldes, und auf seinen Aesten wohnten die Vögel des Himmels, und von ihm nährte sich alles Fleisch.
10 Ich sah in den Gesichten meines Kopfes auf meinem Lager, und siehe! ein Wächter und Heiliger stieg von dem Himmel herab.
11 Er rief mit Macht, und sprach also: Hauet den Baum um, und schneidet seine Aeste ab, streifet seine Blätter ab, und streuet seine Frucht umher, es fliehen die Thiere unter ihm weg, und die Vögel aus seinen Aesten!
12 Seinen Wurzelstamm jedoch lasset in der Erde, aber in eisernen und erzenen Banden in dem Grase des Feldes! von dem Thau des Himmels soll er benetzt werden, und mit den Thieren das Gras der Erde theilen!
13 Sein Menschenherz soll umgewandelt, und ihm ein Thierherz gegeben werden, und sieben Zeiten sollen über ihm vorübergehen!
14 Dieß ist der Beschluß nach dem Rathschluß der Wächter, und der Ausspruch der Heiligen ist es, damit die Lebenden erkennen, daß der Höchste über die Reiche der Menschen herrschet, und sie gibt, wem er will, und den Niedrigsten der Menschen darüber setzet.
15 Diesen Traum habe ich, der König Nebukadnezar, gehabt, und du, Beltschazar! sage mir seine Deutung, da alle Weisen meines Reiches mir die Deutung nicht anzeigen können; du kannst es, weil der Geist der heiligen Götter auf dir ruhet.
16 Alsdann war Daniel, der Beltschazar hieß, eine Zeitlang in Erstaunen, und seine Gedanken beunruhigten ihn. Der König redete und sprach: Beltschazar! der Traum und seine Deutung beunruhige dich nicht. Beltschazar antwortete und sprach: Mein Herr! möchte doch der Traum sich auf deine Hasser, und seine Deutung auf deine Feinde beziehen!
17 Der Baum, den du gesehen, der groß und stark war, und dessen Höhe bis an den Himmel reichte, und den man auf der ganzen Erde sehen konnte,
18 dessen Laub schön, und dessen Früchte viele waren, und bei dem Alles Nahrung fand, unter dem die Thiere des Feldes wohnten, und auf dessen Aesten die Vögel des Himmels sich aufhielten,
19 der bist du, o König! denn du bist groß und stark, und deine Größe ist hoch und reicht bis an den Himmel, und deine Herrschaft ist bis an das Ende der Erde.
20 Und daß der König einen Wächter und Heiligen vom Himmel herabkommen gesehen hat, welcher sprach: Hauet den Baum um, und zerstöret ihn, seinen Wurzelstamm jedoch lasset in der Erde, aber in eisernen und erzenen Banden in dem Grase des Feldes, von dem Thau des Himmels soll er benetzt werden, und mit den Thieren des Feldes das Gras der Erde theilen, bis sieben Zeiten über ihm vorübergegangen!
21 Davon ist dieß die Deutung, o König! und dieß der Beschluß des Höchsten, der sich auf meinen Herrn, den König, bezieht:
22 Dich wird man aus den Menschen stoßen, und bei den Thieren des Feldes wird deine Wohnung seyn, und Gras wird man dir zu fressen geben, gleichwie den Stieren, und von dem Thau des Himmels wird man dich benetzen lassen, und sieben Zeiten werden über dir vorübergehen, bis du erkennest, daß der Höchste über die Reiche der Menschen herrschet, und sie gibt, wem er will.
23 Weil aber gesagt worden, daß der Wurzelstamm des Baumes stehen gelassen werden sollte; so wird das Reich dir bleiben, nachdem du erkannt hast, daß der Himmel herrschet.
24 Laß dir daher, o König! meinen Rath gefallen, und mache dich frei von den Sünden durch Wohlthätigkeit, und von deinen Missethaten durch Erbarmen gegen die Nothleidenden; vielleicht daß deine Ruhe von Dauer seyn wird.
25 Alles dieß kam über den König Nebukadnezar.
26 Nach zwölf Monaten ging er auf seinem königlichen Palaste in Babel umher.
27 Der König redete und sprach: Ist das nicht das große Babel, welches ich zum Sitze des Reiches erbaut habe durch die Stärke meiner Macht, und zur Ehre meiner Herrlichkeit?
28 Noch war das Wort in dem Munde des Königs, da fiel eine Stimme vom Himmel: Dir, o König Nebukadnezar! wird gesagt, daß das Reich von dir weichen wird.
29 Aus den Menschen wird man dich stoßen, und bei den Thieren des Feldes wird deine Wohnung seyn, Gras wird man dir zu fressen geben, gleichwie den Stieren, und sieben Zeiten werden über dir vorübergehen, bis du erkennest, daß der Höchste über die Reiche der Menschen herrschet, und sie gibt, wem er will.
30 In demselben Augenblicke ging dieser Ausspruch an Nebukadnezar in Erfüllung, und er wurde aus den Menschen gestoßen, und aß Gras, gleich den Stieren, und sein Leib wurde von dem Thau des Himmels benetzt, bis sein Haar wie die (Federn) der Adler, und seine Nägel wie die Klauen der Vögel wuchsen.
31 Nach Verlauf dieser Tage hob ich meine Augen gegen den Himmel, und es kehrte meine Vernunft zu mir zurück, und ich pries den Höchsten, und lobte, und verherrlichte den, der lebt in Ewigkeit; denn seine Herrschaft dauert ewig, und sein Reich von Geschlecht zu Geschlecht.
32 Und alle Bewohner der Erde sind wie Nichts zu achten, und nach seinem Willen verfährt er mit dem Heere des Himmels, und mit den Bewohnern der Erde, und Niemand ist, der seine Hand zurückhalten, und ihm sagen könnte: Was thust du?
33 Zu derselben Zeit kehrte meine Vernunft zu mir zurück, und (ich kam wieder) zu der Ehre meines Reiches, und meine Herrlichkeit, und mein Glanz kehrten wieder zu mir, und meine Hofbeamten, und meine Großen suchten mich, und ich wurde wieder in mein Reich eingesetzt, und mir wurde noch eine größere Macht verliehen.
34 Jetzt preise ich Nebukadnezar, und rühme, und verherrliche den König des Himmels, dessen ganzes Thun wahr, und dessen Wege gerecht sind, und welcher die Stolzen zu demüthigen vermag.

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