Egli, Emil - Die Züricher Wiedertäufer zur Reformationszeit - II. Hervortreten weltlicher Ziele - Mai 1525 bis Ende 1527.

Egli, Emil - Die Züricher Wiedertäufer zur Reformationszeit - II. Hervortreten weltlicher Ziele - Mai 1525 bis Ende 1527.

§ 1. Verknüpfung mit der Bauernbewegung.

Aus den zuletzt angeführten Momenten fühlt man deutlich her. aus, dass die Täuferbewegung ein erstes Stadium durchlaufen hat und mit der staatlichen Einführung der Nachtmahlsordnung nach ihrer mehr kirchlichen Seite wesentlich zum Abschluss gelangt ist. Die Bewegung und ihre Leiter, voran Grebel, ändern von da an ihren Schauplatz und ihre Richtung. Es gilt vornehmlich die Verbindung mit der socialen Bewegung, die besonders von der Herrschaft Grüningen aus seit April und Mai sich mächtig erhob.

Nicht dass die Täufer von Zollikon sofort zur Ruhe gekommen wären; aber es zeigt sich hier doch deutlich der Zerfall darin, dass das ursprüngliche Leben erstarrt und in eine zwecklose Hartnäckigkeit ausartet.

Vorerst galt es, einige von früher bekannte Täufer zur Ruhe zu bringen. Unter ihnen scheint der vielgenannte Jakob Hottinger noch lange Mühe gemacht zu haben; als der Helfer zum Grossmünster in Zollikon predigte, rief er: „gand ushin! gand ushin! und hütend üch vor dem falschen propheten!“ Auch erklärte er z. B., dass „keiner obrigkeit zuostande, das gottswort mit irem gwalt zuo handhaben, diewil doch dasselbig fryg syge“. Die Aufregung war wieder so gross, dass die Täufer mit Weib und Kind in die Stadt zogen und über Zürich ihr Wehe riefen, gerade in den Tagen, da die Gefahr des Bauernaufstandes am grössten war. Im Sommer musste man gegen fremde Täufer einschreiten, die in Zollikon wieder schürten. Dabei begegnen wir einigen Aeusserungen, die schon auf starkes sociales Bewusstsein hindeuten; diese Täufer zu fangen, hiess es nämlich, gehe nicht bloss wider den heiligen Geist, sondern auch wider den geschwornen Brief und den Vertrag derer von Meilen. Den Verfall wie die überhandnehmende Halsstarrigkeit thut aber namentlich der Umstand dar, dass von nun an meistens Frauen als Angeklagte erscheinen und die aufgelegten Bussen verweigern. Eine alte Frau mahnte eifrig: „Was es doch wäre, ob si das gelt Minen Herren schon nüt gebe! Und wenn ich in der sach ouch wie ander vergriffen wurde, so wölltent wir wiber sich zuosammen halten und schouwen, ob wir solich buossgelt geben müsstint oder nit“; selbst ein Auflauf erschiene ihr geeignet. Eine andere „will umb Gotts willen liden; ob man ire schon den lib näme, so hat si doch ir seel versorget“. Eine dritte meint, „Mine Herren sollent ander gelt ouch so stif inzühen!“ Wieder eine will das Land nicht verlassen; „dann Gott habe ire das ertrich also wol geschaffen als Minen Herren“. Andere Weiber verweigern die Busse, weil, was sie haben, ihren Männern gehöre; diese aber sind eben so wenig bereit, für ihre Frauen einzustehen, wie es von einem Vater heisst: „will für sin frowen und die zwo töchtern nüt geben; Mine Herren mögent ouch inen thuon, wie si wöllent“. Von andern Verhafteten vernimmt man widersetzliche Worte, so: „man strafe die, so Gutes thun und sich fromm halten, lasse dagegen die ungestraft, die wider Eid, Ehre und Recht handeln. Auch verbiete man die Wahrheit zu sagen. „Ob dann Mine Herren si wöllent in ein wursthörnli zwingen? Und mögent sich lassen toufen oder nit“.

Die fremden Täufer waren allem Anschein nach St. Galler. Wie überschwänglich ihr Wesen war, entnehmen wir aus einem von Niklaus Guldi an einige Nonnen nach Aarau gerichteten umständlichen Briefe. Den Mahnungen zu Gebet und Busse lässt Guldi darin übermässige Klagen über sein Elend „nach dem Fleische“ folgen, über seine Verlassenheit von allen Menschen, seinen Kampf gegen Fleisch und Blut und gegen die Gewaltigen und Regenten. Die Frauen möchten darum Gott bitten, dass er die Treue in ihm stärke; auch möchte die jüngste von ihnen, wenn der Herr sie zum Austritt aus dem Kloster bewege, zu ihm nach St. Gallen kommen „Christus ward ouch verlon (verlassen) von allen mentschen und von sinen jüngern; ist gnuog dass ich sy wie er … 0 Dorathe, 0 Elsbeth, 0 Anna, o Margret die jüngst und des Küngs schwester nach dem Fleisch, o bettent mit wahrhaftigem herzen für mich und alle mentschen!“

Schon diesmal hatte man der Gemeinde Zollikon Vollmacht gegeben, nöthigenfalls mit Hülfe aus den Nachbarorten und aus der Stadt die fremden Täufer in Haft zu nehmen und den Bürgermeister mit voller Gewalt in Sachen ausgerüstet. Später treten noch einmal fremde Brüder daselbst auf. Der Rath bestellte darum am 9. October acht angesehene Mitglieder, um zu rathschlagen, was zu Abstellung derselben zu thun sei und beschloss, in aller Stille durch die Zunftmeister je sechs Mann aus jeder Zunft mit Harnisch und Gewehr rüsten zu lassen, damit sie auf Gebot des Junker Cornel Schulthess jeden Augenblick mit gerüsteten Schiffen nach Zollikon fahren können. Die Vögte sollten durch Vertraute die nächste Täuferversammlung bei Tag und Nacht berichten lassen.

So führten die Wiederbelebungsversuche, welche die fremden Täufer in Zollikon anstellten, zu keinen Erfolgen. Ganz anders lauten die Berichte aus dem Zürcher Oberlande, zumal aus dem Amte Grüningen. Wir meldeten nach Bullingers Zeugniss, dass dorthin die im April ausgebrochenen Sectenhäupter sich wandten und die Täuferei „heftig“ stärkten. Auch wissen wir, dass in jener Landesgegend die Erhebung der Landschaft gegen die mittelalterlichen Grundlasten den stärksten Anklang fand und Ende April zu einem wüthenden Sturm gegen die Klöster Rüti und Bubikon wie schliesslich zur Aufstellung von „Artikeln“ führte, in welche die Bauern ihre Begehren fassten. Der Landvogt meint zwar, „den Alten und der Ehrbarkeit“ sei dieser Aufruhr leid gewesen; „aber damals was das gmein volk hudelmannsgsind, was herr und macht daby das mer.“ Es war die gleiche Bewegung - der Bauernschaft, die in grösserem Massstabe aus der deutschen Geschichte bekannt ist.

Insbesondere die Pfarrer von Dürnten, von Hinweil, von Egg, von Gossau und von Hombrechtikon waren es, die durch ihre Predigt den Boden wohl zubereitet hatten. Ihre gemeinsame Verkündigung ging dahin: „wir sind all fry, einer wie der ander, und syge niemant eigen, und habind all Ein herren, das ist Gott“. Danach könne ein Jeder, den Gott berufe, das Gottswort so gut predigen wie ein Pfarrer; aber freilich man dürfe jetzt die Wahrheit nicht mehr sagen, und sie werde, meinte der Pfarrer von Gossau, nicht eher an den Tag kommen, bis „der pur im pfluog das gotts wort so wol verkünde als er und die puren. die köpf zemen heigind. Und welcher ein sun heige, der soll in leren und im ein büechli koufen. Und ob die puren das Evangelium nit wurdint predigen, so wurdint die stein anfachen reden. Und sygind all glichlig pfaffen; die wil ein gmeind nit darzuo tuot, so mag das gottswort kein fürgang han“. Das Volk habe keinen Zehnten zu geben; man solle mit Trommeln und Pfeifen zum Kloster Rüti ziehen, um dort die „Fastnachtküchli“ zu holen; die Bauern sollen mit den Flegeln dreinschlagen. Gebe man den Klöstern den Zehnten, so mache man sich mitschuldig an der Versündigung, die dort mit Huren und Rossen und Hunden an den Abgaben der Armen begangen werde – dort in den „Gottshüsern“, die man eher nennen sollte „Kotzhüser“, predigte der Pfarrer von Hinweil.

Von diesen Predigern wird namentlich Herr Ulrich (Zingg von Dürnten?) als Anhänger Grebels bezeichnet. Dieser habe ganz Recht, dass in der Schrift die Kindertaufe nirgends Grund finde, soll Herr Ulrich geäussert haben; auch er selbst taufe nur zur Vermeidung des Aergernisses und predige nicht gegen die Taufe, bis „die welt bas erbuwen wird; und so es Gott will, so wirt es wol herfür kommen zuo siner zit. Es tuot nit not, sölichs zuo predigen, ursachen halb es stat kein seligkeit in dem touf. Und obschon der mensch niemer touft würde und gloubte in das liden Christi, so wurd er nütz destminder behalten. Aber das hat not tan zuo predigen und tuot not: von den bilderen und von den messen, darin man seligkeit suocht und keine da ist“.

In wie weit Grebel selbst die Bauern aufstiftete, ist nicht genauer ersichtlich. Dagegen finden sich etwas nachher deutliche Spuren, dass er die sociale Aufregung für seine Zwecke wenigstens benutzte und schürte. Mit seinem Gesellen Marx Bosshard von Zollikon zog er Anfangs Juli von Bärentsweil aus im Oberland umher. Als er einmal in Hinweil predigte, soll er gesagt haben, Zwingli hätte den Rath gegeben: „man sollt die puren frölich für die Stadt lassen fallen und söllt man die büchsen under si lassen und 300 oder 400 ze tod schiessen, dann dächtind die andren daran“. Auch habe Zwingli gepredigt: „wenn Mine Herren nämint zwen oder dryg oder vier der gewaltigisten, so sich spartind den zehenden ze geben und inen die köpf abhüwint, so dächtind die andren daran“. Diese Anschuldigungen veranlassten in Zürich eine Untersuchung und wurden später auch Bosshard vorgehalten; er wollte aber nichts Derartiges von Grebel gehört haben.

Die Zeit, zu der diese Untersuchung stattfand, leitet uns zu einer weitern Vermuthung über Grebels sociale Thätigkeit. Ebenfalls Anfangs August finden wir nämlich drei Oberwinterhurer Bürger wegen des Verdachtes der Täuferei in Verhaft, zugleich aber auch wegen der Anklage, an der grossen Volksversammlung zu Pfingsten bei Töss theilgenommen zu haben. Einer dieser Männer, Arbogast Finsterbach, ist der Schwager Bosshards und sagt ausdrücklich, dass er dessen Gefährten Grebel einmal in seinem Hause aufgenommen habe. Zu welcher Zeit das geschah, ist nicht genauer gesagt; aber die Vermuthung liegt nahe, dass Grebel auch Oberwinterthur, wo die Vorversammlung stattgefunden hatte, die den Tag von Töss festsetzte, in ähnlicher Absicht besucht habe, um dort wie im Grüninger Amte die sociale Gährung auszubeuten, und es wäre nicht unmöglich, dass er auch zu der Volksversammlung in Töss in ursächlicher Beziehung stünde, zumal die Oberwinterthurer Freunde über dieselbe verhört werden.

In der gleichen Zeit scheinen noch andere Untersuchungen über Grebels Thätigkeit im Oberlande stattgefunden zu haben. Der Landvogt von Grüningen nahm ein Verhör über ein Gespräch auf zwischen Grebel und dem Pfarrer von Hinweil. Grebel habe u. A. geäussert: „er wellti gern mit dem Zwingli disputiren; dann der Zwingli habe in in die sach bracht und im mengs gseit, darin er im jetz kein bestand welle gen und jetz im hindersich gang.“ Als der Pfarrer sich für die Kindertaufe auf das Mandat Meiner Herren berief, warf ihm Grebel vor: „bist du der mann! du sollt weder Mine Herren noch niemant ansechen und sollt allein thuon, was dich Gott geheissen hat; und was der mund Gotts geredt, demselbigen sollt nachgan“. Zum Schluss beklagte er sich: „es ist ein arme sach, das ich zuo keinem rechten dag kommen … Wenn man in schon fienge und in ein thurn leite, do er gesechen möchte und man im dinten und fedren gebe, so wellte er schriben; und wellte man in nit verhören, so söllte man im doch sin gschrift verhören“. „Wenn man sin schriben in truck liesse usgan, so wellte er dann mit dem Zwingli disputieren unz (bis) in das für; und überwunde der Zwingli in, so söllte man in, den Kuonrat Grebel, verbrennen, und überwunde Kuonrat Grebel, so söllte man den Zwingli nit verbrennen“. „Er habe vormals ouch mit Zwingli disputiert vor Minen Herren von des toufs wegen und den Zwingli gschweiget, das er nit ein wort dawider habe gredt“.

Auch aus einem andern Umstand scheint sich zu ergeben, dass seit Juni Hinweil ein Hauptherd der Täuferei war. Der dortige Pfarrer Johannes Brennwald begann schon jetzt, fast ein Jahr vor der staatlichen Anordnung, Verzeichnisse der Getauften zu führen. Wie später bei Einführung der Taufbücher für alle Gemeinden, so wird die öfter wiederkehrende Aussage der Täufer, si wüssten nicht, ob sie getauft seien oder nicht, hier schon die Veranlassung gegeben haben. Aus keiner andern Gemeinde des Cantons ist ein solcher Vorläufer der nachherigen Taufbücher bekannt.

Bei den erwähnten Verhören treffen wir Grebels Genossen Bosshard. Der Rath hatte nämlich auf die Anfechtungen hin, welche Zwingli's Taufbüchlein, seine Schrift an die von St. Gallen, erfahren, die Gegner nach Zürich eingeladen, ihre Beschuldigungen zu rechtfertigen, um so mehr als seitdem der Reformator in einer neuen an seine Landsleute im Toggenburg gerichteten Schrift „vom Predigtamt“ die Täufer auch vom Interesse der staatskirchlichen Ordnung aus angegriffen und das geordnete Prediger- und Prophetenamt gegen sie vertheidigt hatte. Grebel und Bosshard anerboten sich zur Rechtfertigung; dass aber ersterer sich wohl hütete, ohne Geleit nach Zürich zu gehen, ist in Anbetracht seiner über Zwingli gethanen Aeusserungen begreiflich. Bosshard und einige andere Brüder, die gleichwohl sich einstellten, konnten, wie es heisst, ihre Anschuldigungen nicht erweisen, sind nach langer Verhandlung „übel bestanden und (haben) sich begeben, si wissent und wöllent nüt usbringen“. Nach längerem Verhaft wurde zuerst Bosshard gegen eine Mark Silber Busse und hundert Pfund Caution, später die Uebrigen mit der Verwarnung entlassen: „wo si mir kämind, würde man si so lang lassen in dem nüwen thurn liggen, bis si meintind, dass si darin ersticken müsstind“.

Mit dem Versuche, die Bauernbewegung in seine Zwecke zu verflechten, traf Grebel im Oberlande das Richtige. Unter den dortigen Täufern gab es von Anfang an solche von ausgeprägt socialer Tendenz, sogenannte „freie Brüder“, die fast von allen andern Täufern als die „groben wüsten Brüder“ verpönt waren und, wie Bullinger sich ausdrückt, „die christliche Freiheit fleischlich verstunden“, indem sie Freiheit von Zinsen und Zehnten und von der Leibeigenschaft, Güter- und sogar Weibergemeinschaft forderten. Mehrfache Zeugnisse beweisen, dass die eifrigsten Täufer zugleich auch die unruhigsten Köpfe in allen andern Hinsichten waren. Der Täufer Hans Gyrenbader, einer der Wortführer, war schon beim Auflauf zu Rüti und hernach an allen Bauerngemeinden vor den Andern unruhig gewesen, und Jakob Falk von Gossau, „der erst anfänger im toufen“, gehörte einer Familie an, über die der Landvogt Vieles zu klagen hatte; so kamen der Vater Rudolf Falk und sein Sohn Hans einmal mit dem Vogt in heftigen Streit, einer der Söhne sagte faule Kundschaft, der Vater und drei Söhne hatten zusammen nicht weniger als 100 Pfd. Bussen entrichten müssen. Namentlich mag zu diesen freien und groben Brüdern auch der „böse Uli“ gehören, einer der ersten Anhänger der Secte im Amte, ein widerspenstiger Mensch, der trotzig mit einer Feuerbüchse umherzog, später den Thurm zu Grüningen, seine Gefangenschaft, anzündete, auch mit seiner Büchse drei Schüsse oben in die Kirche feuerte, als der Pfarrer predigte.

§ 2. Einfluss der Waldshuter Flüchtlinge.

Wie in Zollikon St. Galler, so fanden sich im Oberlande hauptsächlich Waldshuter Täufer als Zuzüger der dortigen Brüder und als Bundesgenossen von Grebel und Bosshard ein. So berichtet am 20. September der Landvogt, wie Ulrich Teck und Jakob Gross von Waldshut bei dreissig Personen getauft hätten.

Die beiden Fremden erklärten, sie seien in ihrer Heimat wohl zu Wachtdienst, zum Schanzenbau und zum Steuerzahlen bereit gewesen, nicht aber zum Waffentragen, und darum von dort vertrieben worden. Zu ihrer Charakterisierung dienen die Aeusserungen, welche der eine von ihnen, Jakob Gross, nachher in bernischer Gefangenschaft zu Brugg that. Er sagte dort unter Anderm, man treibe von Kindern Teufel aus, die doch keinen hätten und rechtfertigt die Täuferei überhaupt mit beredten Worten. Dabei warnte er die von Brugg und die ganze Eidgenossenschaft, sie werde nimmer mehr eins, bis man die ketzerischen Prädicanten beseitige, die nur auf Neid, Unruhe und Eigennutz reden. „Der Zwingli und der Leu lägend zuo Zürich inn und tätend nüt denn bellen wie zwo bös löutschen an kettinen, kämend aber niendert hin; wärend si so guot evangelisten, söllten si dem evangelion nachfolgen, ouch usgan wie die potten Gotts und sin wort verkünden und die irrenden daran widerumb uf den rechten weg zuo wisen. So könnde si niemant weder mit güete noch böse hinus bringen; dann si hettend den geist der forcht, des gits und eigennutzes. Er aber und sins glichen, so Gott berüeft, so si umfüerend, das gottswort verkünden inhalt des Evangeliums, sich der narung benügten, wurden durächtet, gefangen und mengerlei trübsal erlitend von des gottsworts wegen“.

Wie sehr die Waldshuter im Amte Grüningen die Aufregung gegen den Herbst hin zu steigern vermochten, zeigt ein Bericht des Landvogtes vom Anfang October. Vor über zweihundert Personen vertrat Blaurock wie einst in Zollikon dem Pfarrer zu Hinweil die Kanzel, um an dieser „statt Gottes“ als „ein gsendter vom vatter zuo verkünden das wort Gottes“. Schnell kam der Landvogt von Grüningen herbei; aber Niemand wollte ihm, auch nicht auf eidliches Gebot, den Täufer fangen helfen; er musste es allein thun. „Also, berichtet Vogt Berger, satzt ich in uf mins knechts ross, und füerten der undervogt und ich in mit uns, und ging min knecht näbend im und lüfend im so vil lüt nach, jung und alt, warlich wunderbarlich! Da fieng er an und sang uf dem ross und treib seltsen possen“. Auf dem Wege traf dieser Zug auf eine neue Täuferversammlung zu Bezholz. Der Vogt mahnte die Theilnehmer, von ihrem Wesen abzustehen; aber es hiess, man wolle zuerst aus der Schrift widerlegt sein. Es gelang dabei, auch Grebel noch gefangen zu nehmen, während Manz, erst am Tag vorher des Gefängnisses entlassen, wieder entkam.

Eine öffentliche Disputation erschien nachgerade auch für die Bewegung im Oberlande das heilsamste zu sein. Als der Rath die Grüninger Gefangenen nach Zürich einforderte, baten darum die zwölf Amtsrichter sammt den Gemeindeabgeordneten den Landvogt, er möchte mit vier Amtsleuten vor Meine Herren kehren und um eine Disputation nachsuchen. Dabei möchte man Zwingli noch besonders anweisen, dass er die Leute zu Rede kommen lasse „und einem armen gsellen sin red nit im hals erstecke, darmit die sach eigentlich erduret werde“. Der Vogt, der seinerseits um baldige Vorladung bittet, empfiehlt dem Rathe den Vorschlag und wünscht, man möchte alle Getauften, unter namentlicher Verzeichnung und bei Strafe, zur Betheiligung aufbieten und zwölf Abgeordnete der Herrschaft auf Staatskosten einladen, damit sie nachher zu Hause bezeugen könnten, dass man die Täufer frei habe reden lassen.

Der Rath ging wirklich auf den Vorschlag ein und lud durch Mandat vom Anfang November zu einer offenen Disputation über die Taufe nach Zürich ein. Dieselbe dauerte vom 6.-8. November. Besondere Präsidenten, der Abt von Cappel, der Comthur zu Küssnacht, Dr. Sebastian Hofmeister, Prädicant zu Schaffhausen, und Dr. Joachim von Watt, Bürgermeister von St. Gallen, sollten für geordnete Verhandlungen sorgen, namentlich dafür, dass Niemand dem Andern in die Rede falle. Es fanden sich die Diener und Gelehrten der Kirche in grosser Anzahl ein, gleichermassen die Anhänger und Führer der Täuferei, selbst von weit her, aus St. Gallen und vielen andern Orten, dazu die Abgeordneten der Herrschaft Grüningen. Doctor Balthasar Hubmeier, der Pfarrer von Waldshut, wurde erwartet, erschien aber nicht. Grebel und Manz standen mit ihren Vertrauten auf der einen, Zwingli, Leo Judä und Grossmann, der Pfarrer am Spital, auf der andern Seite. Die Thesen am Schlusse von Zwingli's Taufbüchlein wurden den Verhandlungen zu Grunde gelegt.

Mit Gebet und Anrufung Gottes wurde das Gespräch in der grossen Rathsstube inmitten der Räthe und Burger und bei offenen Thüren begonnen. Da drang eine neue Rotte der Täufer in die Stube, einer laut schreiend: Zion, Zion, freue Dich Jerusalem! etc., und es entstand ein grosses Getümmel und Gedränge. Der Rath verlegte darum die Verhandlungen in die weiten Räume der Grossmünsterkirche. In einer Schranke waren zwei Tische aufgestellt, einer für die Prädicanten und einer für die Täufer, die sprechen wollten. Nach ermüdend langen Verhandlungen, als man am Mittag des dritten Tages aufstehen wollte, lief einer der Täufer, der schon längst anerboten hatte, die Sache schnell auszumachen, auf Zwingli zu und schrie: Zwingli, ich beschwöre dich bei dem wahren lebendigen Gott, dass du mir eine Wahrheit sagest. Zwingli, rasch besonnen, antwortete ihm: „Das will ich thuon und sagen dir, dass du bist als ein böser ufrüerischer pur als in Min Herren habent“. Verblüfft über die Antwort und unter allgemeinem Gelächter zog sich der Fragsteller zurück und die Versammlung löste sich auf. Die besten Gründe, die von beiden Seiten auch am Gespräche vorgebracht wurden, finden sich in der am Tag vor dessen Beginn erschienenen Schrift Zwingli's „Ueber Doctor Balthasar Hubmeiers Taufbüchlein“ bereits zusammengestellt vor.

Das Gespräch war nach der öffentlichen Meinung für Zwingli siegreich verlaufen. Nur die Täufer fügten sich nicht. Die Häupter, Grebel, Manz, Blaurock und Andere beharrten trotz aller Mahnungen vor Rath auf ihrer Lehre und wurden einige Zeit gefangen gesetzt. Auch die heimgekehrten Täufer von Grüningen zeigten sich keineswegs befriedigt; sie klagten neuerdings, der „böse Uli“ sogar von von öffentlicher Kanzel zu Hinweil, über Beeinträchtigung der Redefreiheit. Dem Pfarrer von Hinweil, der darum wieder von der Taufe predigte und ihren Zusammenhang mit der alttestamentlichen Beschneidung nach wies, fielen sie in die Rede, beschwerten sich in der Kirche öffentlich, man habe sie nicht reden lassen und verlasen vor allem Volke und vor zahlreichen Fremden, namentlich aus dem Aargau, einen Brief, den man an der Disputation auch nicht habe hören wollen und dazu noch etliche Schriften aus dem Neuen Testament. Einer der Eifrigsten, berichtet der Pfarrer an den Rath, erhob den Vorwurf, „ir bluot - der widertöuferen - stand in miner und der Zwinglis hand; das werd bezügen, dass das ir gerecht syge und nüt mins und des Zwinglis, und [ich] verfüeri also das einfaltig volk“. Als der Pfarrer die Kirche mit der Drohung verliess, er werde diesen Vorfall der Obrigkeit anzeigen, schrie ihm, wie er meldet, einer der Täufer nach: „ich heig si nun gnuog verklagt; man söllt mich da dannen thuon“. Dieser Bewegung gegenüber ohnmächtig bittet der Pfarrer um Rath, wie er sich verhalten solle.

In der That wurden alsbald, um Mitte November, die Unruhen bedenklicher, so dass der Rath auf Vorschlag des Vogtes die zwölf Richter der Herrschaft verantwortlich erklärte und diese, nachdem sie die besten Zusicherungen gegeben, eine auf den 16. des Monats in allen zehn Kirchen des Amtes zu verlesende Ermahnung ergehen liessen. Auch wurde die von den Abgeordneten sämtlicher Täufer erbetene Freilassung der Gefangenen abgeschlagen; hatte sich ja Vogt Berger beschwert, er habe im vergangenen Sommer bereits Unruhen „für sechs Vögte“ erlebt. Zu Rüti strafte der Landvogt, sechs Anhänger der Secte, der Rath selbst erkannte am 18. November über Grebel, Manz und Blaurock Gefängnis bei Wasser, Muss und Brod, unter Verbot aller Besuche und „so lang und vil Gott ein benügen hat und Mine Herren guot bedunkt“. Eine ähnliche Schlussnahme fasste er über Margaretha Hottinger von Zollikon und verwies die gefangenen fremden Täufer, Ulrich Teck von Waldshut, Martin Ling von Schaffhausen und Michel Sattler von Staufen im Breisgau des Landes. Tags darauf wurde im Grüninger Amte von allen Kanzeln eine Erklärung der zwölf an die Disputation abgeordneten Vertreter der Herrschaft vorgelesen, dass nach deren einstimmigem Urtheil die Täufer genügend verhört worden seien und ein weiterer Vorwurf gegen die Obrigkeit oder gegen Zwingli ungerechtfertigt wäre, dass darum „die amtlüt eins worden, Unsern Herren gehorsam zuo sin und den töufern kein gestand ze gen“ und dass endlich die Täufer eingeladen seien, in besonderer Versammlung am Dienstag den 21. von ihrer Lehre förmlich zurückzutreten, damit hernach die Gehorsamen nicht ferner mit den Ungehorsamen zu leiden hätten; auch werde man für die sich Bekehrenden um Erlass der Bussen nachsuchen.

Auch dieser Schritt half nicht viel. Die Versammlung hatte trotz langwieriger Verhandlungen kein günstiges Ergebnis; von über hundert Täufern bekehrten sich nur etwa dreizehn. Der Landvogt mahnte die Obrigkeit zur Strenge; „ich bin des sinns: wenn si das unghür sechen, ir gmüet werd sich ändren“. Der Rath mochte sich daher bewogen fühlen, in einem Schreiben vom 30. November denen von Grüningen seinen Standpunkt, wie er sich ihm gerade auf dem letzten Gespräch zu Gunsten Zwingli's ergeben hatte, offen darzulegen. Aber auch jetzt wurde die Lage nicht besser. Eine Schwyzer Gesandtschaft musste drei Mal unverrichteter Dinge abziehen, weil es nicht möglich war, von einigen Täufern die erforderlichen Eidesleistungen zu erzielen. Vogt Berger beklagt sich, dass man nicht den Amtleuten geholfen habe, bessere und mehr zu Ruhe dienende Anschläge zu machen. „Man hätte die Bussen auf die grossen Aufrührer, Unglückmacher, Winkelprediger und Täufer legen sollen und nicht auf arme einfältige Menschen, arme Weiber und Kinder, deren viele „übertörlet“ seien und nun „so vil zuo buoss müssend gen als glich der allergrösst im spil“. Jetzt rede man unverholen: „Wenn nun Min Herren die 5 Pfd. hand, so lit inen wenig dran, das die töufer über alle gespräch, mandat und dispotazen redent, si habint nit unrecht than“. In einem folgenden Briefe beschwert sich der Vogt, er wisse nicht wo wehren. Namentlich seien der Gyrenbader und der Schuhmacher Goldbacher oder Vontobel unruhig. „Die töufer machen mir den kopf gar graw mit ir reden und wol kommen“.

Hatten die fremden Genossen bisher schon viel Verlegenheit bereitet, so wurden die Dinge noch schlimmer, als aus dem am 6. December von den Oesterreichen eroberten Waldshut der dortige Pfarrer Doctor Balthasar Hubmeier im Grüninger Amte eintraf. Er fand ungemeinen Anhang und ward wie ein Prophet angesehen. Der Rath sah sich genöthigt, eine neue Verhandlung mit den Täufern anzuordnen. Auf St. Stephans-Tag kamen je vier Abgeordnete beider Räthe mit den Abgeordneten der Täufer, Gyrenbader und Vontobel, in Grüningen zusammen. Es wurden dabei vor der Gemeinde 27 Artikel verlesen, die näher nicht bekannt sind, ausser dem letzten, wonach Meine Herren gebeten werden sollten, „so viel als möglich nach dem Wort Gottes nachzulassen“. Gegen diese Bestimmung trat Gyrenbader auf und wollte schlechthin bei den gestellten Artikeln bleiben, machte aber nur etwa zehn Stimmen. Man beschloss, Ungehorsame bei Muss und Brod in den untern Thurm zu legen, bis sie gehorsam würden. Drei der grössten Geschlechter, die Schaufelberger, Hotz und Vontobel, entsagten der Täuferei. Dagegen betrachtete man es als eine Schmach und Schande, als Vogt Berger melden musste, die in Grüningen gefangenen Täufer seien, obwohl sie auch bei offenem Thurm nicht zu entweichen versprochen hätten, durch eine in die Diele des Gefängnisses gebohrte Oeffnung und mittelst weiterer Veranstaltungen durch Thor und Fallbrücke entkommen.

Die an St. Stephans-Tag versammelt gewesenen Verordneten wurden daher abermals zur Berathung einberufen auf den 3. Januar 1526. Manche der bisher hartnäckigen Täufer ergaben sich dem Vogte, andere erhielten für ihre Bekehrung eine Frist bis Sonntag. Die Beschlüsse vom St. Stephans-Tag wurden bestätigt, dagegen die Bitte, welche die bereits bekehrten Täufer um Nachlass der Bussen durch ihre Verwandten einlegen liessen, an die Obrigkeit vermittelt. Der Rath solle zeigen, dass es ihm nicht bloss um das Geld zu thun gewesen sei und bedenken, dass die armen Leute zu ihrem Irrthum überredet worden seien. Einerseits haben die Prediger des Amtes selbst bezüglich des Zehntens und der Taufe zum Aufruhr gepredigt und anderseits die fremden Täufer von Waldshut und Chur viel Unheil angerichtet. Den letztern hätte man früher begegnen sollen; „hättends ir dieselbigen bi zit ab der welt tan, so wär es nie darzuo kan“. Gegen die aufrührerischen Pfarrer gelte es einmal vorzugehen; „und sässent die pfaffen jetz also, und luogtends inen durch die finger zuo, und nement vil in, und tätends nüt darum. Harum düechte die biderben amtlüt guot sin, dass man einmal ouch ab inen nem, wie (ab) den feisten imben“. Der Rath gab darin nach, dass er dem Vogte Vollmacht ertheilte, verhängte Bussen zu mildern. Die Amtsleute ihrerseits aber beauftragten ihre Verordneten, über die Pfarrer Untersuchungen zu erheben, was denn auch im März geschah. Die betreffenden Pfarrer heissen Ulrich (Zingg von Dürnten?), Hans (Brennwald) von Hinweil, M. Lorenz (Keller) zu Egg, M. Bastian (Ramsperg) zu Gossau; über den Pfarrer von Hombrechtikon hatte der Rath schon von früher her Kenntnis.

Nach kurzer Zeit kam aus Appenzell der Bericht, es seien dort drei der zu Grüningen entronnenen Täufer, Heini Reimann (?), Jakob Schufelberger und Jakob Falk verhaftet worden. Auch war es mittlerweile gelungen, den Doctor Hubmeier nach kurzem Aufenthalt zu verhaften. Wir finden ihn um den Jahreswechsel 1525-26 zu Zürich, zuerst bei einer Witwe verborgen, dann entdeckt und in mildes Gefängnis (libera custodia) gelegt. Landvogt Berger wünscht seine Uebersendung, damit er zu Gossau als in der grössten Kirchhöre widerrufe. Zugleich beantragt der Vogt, „den verstopften lätzköpfen der töufer“ die Busse auf zehn Pfund zu verdoppeln, was auch bald geschah; auch meint der Landvogt, es wäre rathsam, gegen Hans Gyrenbader rechtlich einzuschreiten, „der fern im uflouf zuo Rüti und demnach an allen gmeinden für ander us ungschicklich hat ghandlot, demnach jetz mit dem toufen“. Bald darauf verlangte Oesterreich den Doctor heraus. Zürich wies das Begehren jedoch ab, nicht bloss weil er in Zürich selbst straffällig geworden, sondern auch weil eine solche Auslieferung „ungehört und vor nie gebrucht“ sei. Seinerseits machte sich nun der Rath sofort an die Untersuchung über den Fremdling und ordnete Verhöre an, zunächst über den Pfister Heini Aberli, der den ihm von Waldshut her bekannten Hubmeier bei sich aufgenommen hatte. Zwingli bezeugte u. A. die Aeusserung Hubmeiers, „man möge der oberkeit niendert mit bas abkommen, dann mit dem widertouf“. Aberli trat seinerseits von der Täuferei zurück; „dann er mög wol sähen, das er nit syg gesandt ze toufen, sonder brot zuo bachen“. Im Hinblick auf seine Rückfälligkeit erhielt er aber noch 15 Pfd. Busse für sich und 5 Pfd. für jeden seiner Täuflinge; auch die Frauen, die ihm und dem Doctor Unterschlauf gegeben hatten, wurden je mit 5 Pfd. gebüsst. Ferner wurde am 13. Januar verkündet, dass von nun an jeder Täufer für jeden Getauften 5 Pfd. entrichten und jeder Getaufte selber um weitere 5 Pfd. gestraft werden solle.

Mit Hubmeier kamen nach etlichen Tagen auf seinen Wunsch die Gelehrten zur Verhandlung zusammen, Zwingli, Engelhard, Leo Jud, Myconius, Sebastian Hofmeister und Megander. Zwingli schreibt darüber an Petrus Gynoräus Folgendes: Hubmeier habe zuerst die 67. These der Schrift „über den Unterricht der Katechumenen“ entgegengehalten und den Unterricht der Jugend mit der Taufe in Verbindung gebracht. Dann habe er, seinen Irrthum einsehend, den ewigen Bund (testamentum istud perpetuum) nicht anerkannt. Hierauf sei man auf Apostelgeschichte 2 zu sprechen gekommen, woraus Zwingli bewiesen habe, dass die Christenkinder zu der Kirche gerechnet worden seien; auch 1. Cor. 10 sei zum Beweise zugezogen worden. Da habe Hubmeier endlich eine neue List versucht und verlangt, dass Leo Jud, Myconius und Hofmeister einmal allein mit ihm verhandeln. „Der anmassende Mensch hoffte, jene durch sein einschmeichelndes Reden (blandiloquentia sua) für sich zu gewinnen“. Als auch das nicht gelang, habe er versprochen zu widerrufen und mit eigener Hand den Widerruf aufgesetzt, wie er ihn öffentlich zu leisten gedenke. In einem Briefe an Bürgermeister und Rath sagt Hubmeier, sein letzter Grund für die Wiedertaufe sei der gewesen, man müsse zuerst predigen, dann glauben und erst zuletzt getauft werden. Nun habe ihm aber Zwingli überzeugend nachgewiesen, wie die Taufe an Stelle der Beschneidung stehe; auch hätten ihm Judä, Dr. Hofmeister und Myconius vorgehalten, wie die Liebe eine Richterin und Urtheilerin in allen Schriften sein solle, was ihm zu Herzen gegangen sei. Deshalb stehe er vom Wiedertauf ab. Gegen die Obrigkeit und für Gütergemeinschaft sei er nicht aufgetreten; auch sei er nicht der erst Getaufte gewesen und habe Niemanden im Gebiet von Zürich getauft. Ebensowenig habe er sich für sündlos ausgegeben. Endlich bittet Hubmeier, da ja auch Augustin und viele Andere nach ihm bis heute in der Lehre vom Taufen geirrt hätten, ihm zu verzeihen und seine Krankheit, Verfolgung, Verjagung und Armuth zu berücksichtigen; er habe ja nicht einmal einen eignen Rock anzulegen gehabt, so bloss sei er in Waldshut davongekommen. Auch möge man ihn nicht seinen Feinden ausliefern, so wolle er solche Gnade dem Rathe nie vergessen u. s. w. Obschon Zwingli warnte, man solle Hubmeier nicht trauen, gestattete ihm der Rath, den Widerruf im Fraumünster zu leisten. Statt dessen begann er aber, wie Zwingli vorausgesehen, die Wiedertaufe zu vertheidigen. Das Volk murrte, und Zwingli musste die Gemeinde wieder zur Ruhe bringen; Hubmeier aber wurde wiederum in den Wellenberg gefangen gelegt. Auf die Frage, ob er einen Aufruhr zu erregen beabsichtigt habe, entschuldigte er sich, er wisse nicht, was er gesagt habe, und wenn er die Wiedertaufe geschirmt, so habe das der Teufel aus ihm gethan. Man hielt ihn nun bis auf Weiteres im Verhaft, indes Zwingli sich zu seinen Gunsten verwandte.

Während inzwischen Zwingli und Leo Jud es auch an privater gütlicher Ermahnung, so gegenüber dem rückfälligen Täufer Anton Rogenacher, nicht fehlen liessen, mahnte dagegen der Vogt von Grüningen Ende Januars neuerdings zur Strenge: „won die zwölf und ich vernemen, ie me man si bitt, vorgit und nachlat, ie böser es ist; man muoss si nun lassen den ernst sechen und die sach tapfer und gwaltig an die hand nemen … won es hilft kein güti an denen lüten“. Als Beispiel berichtet er kurz hernach von dem Trotz des s. Z. entronnenen „bösen Uli“, der ihm so höhnisch begegnet sei und vor ihm die Wiedertaufe gerühmt habe, dass er ihn sofort wieder gefangen setzte; eigenthümlich nimmt sich dabei des Vogtes Entschuldigung aus: „hab ich unrecht tan, so bin ich hön gsin“. Unlang darnach meldet er auch von einem Wechselgespräch mit dem Täufer Gyrenbader.

Neue Verhöre wurden Anfang März 1526 aufgenommen; auch Grebel, Manz und Blaurock erscheinen unter den Verhörten. Sie beharrten meist mit hartnäckigem Sinn auf ihrer Lehre und sind mehrtheils zu sterben entschlossen. Grebel und Manz bitten, man möchte sie auch schreiben lassen wie Zwingli. Manz sagt auch, disputiert habe er nie, nur seinen Glauben bezeugt. Nur die Schrift habe ihn zur Wiedertaufe gebracht. „Der oberkeit halb spricht er, kein christ schlache mit dem schwert und widerstand auch dem bösen nit“. Blaurock verweist auf seinen Brief, den er im Gefängnis zun Predigern geschrieben. In demselben erklärt er, gleich Christus als guter Hirte sein Leben für die Schafe zu lassen; er sei mit seinen auserwählten Brüdern Grebel und Manz ein Anhänger des Taufs und des herren Brotes“. Der Papst, Luther, Zwingli und Judä seien Dieben und Mörder Christi. So spricht er auch im Verhör selbst. Die Kindertaufe sei von Menschen erdacht, „und was von dem mentschen komme, das syg us dem tüfel“. Zwingli sei ein falscher Prophet. Er, Blaurock, habe nicht aus Meiner Herren Gebiet geschworen und wolle eher sterben; „dann das ertrich syge des herrn“. Mit Zwingli und Jud begehre er zu disputieren,

Dieses Begehren wurde ihm gewährt. Die Unterredung dauerte bei drei Stunden, bis endlich Blaurock gezwungen war, ohne rechte Gründe als ein „eigensinniger und verwirrter mann abzuscheiden“. Dabei äusserte er: „sofer ein burgermeister und rat und menglicher zuo Zollikon und anderschwa an in und sine anhänger glouben und (ihnen) folgen, so habe er verkündt, man sölle zins und zehenden geben“ und umgekehrt. Er meinte auch, sein himmlischer Vater habe ihn nach Zollikon gesandt zu predigen.

In diesen Zusammenhang gehören vielleicht auch zwei Verhöre über Karl Brennwald und seine Bekehrung durch Rogenacher und ein solches über die Zusammenkunft der Zollikoner Täufer im Wirthshaus zum „Salmen“ in Zürich, wo auch Rogenacber und Brennwald hinkamen und das am 5. März in den Processacten erwähnt wird. Die Täufer sollen daselbst geäussert haben: „ob si glich den Zwinglin überwundint, so möchtint si doch den gwalt nit überwinden“. Der Wirth zum Salmen sagte: „es ginge unter dem mänteli zuo; wenn er es wöllte sagen, so wüsste er wol, wo es ushin gan wurde, und er wüsse wol, wo es den butsch nämen werd; dann schlechtlich, so müsste man nach dem glouben toufen“. Marx Bosshard endlich beschwerte sich: „das Mine Herren dem Zwingli durch die finger sehint und der Zwingli Minen Herren“.

Dieser Hartnäckigkeit gegenüber trat der Rath endlich mit grösserer Strenge auf. Bei Wasser und Brod sollten die Halsstarrigen auf Stroh in den Neuen Thurm gelegt werden. Niemand sollte sie besuchen, Niemand, selbst im Falle von Krankheit, ihre Gefangenschaft verändern dürfen. Man wolle sie, so lautet die Verfügung, „also im thurn ersterben und fulen lassen“ (welches zweite Zeitwort freilich wieder gestrichen ist). Auch die Frauen und Töchter sollten so zusammen gesperrt und behandelt werden.

Diese schwere Strafe wurde allenthalben, durch Mandat verkündet und auf Rückfall ohne alle Gnade die Strafe des Ertränkens gesetzt. Ein ähnlicher Erlass fügt bei, es müsse Jedermann zu der geordneten Pfarrei in die Kirche gehen; man dürfe die Täufer „weder hausen noch hofen“, ihnen keinen „Unterschlauf noch Fürschub, keinen Trank, keine Speise noch Aufenthalt geben in keinen Weg“. In diesem Sinne entliess man vorweg die, welche sich bekehrten und erinnerte an Meiner Herren Strafe „ertränken, verbrennen oder enthaupten, wie es si dann guot dunk und inen gefalle“; auch sollte jedem Bekehrten sein Geständnis nochmals vorgelesen werden.

Bald leistete Hubmeier den Widerruf, der ihm die Freiheit brachte, am 6. April, öffentlich in der Stadt und dann zu Gossau im Amte Grüningen. Sein Wunsch, nicht den Feinden übergeben zu werden, wurde ihm auf Zwingli's und der andern Prädicanten Fürbitte in ehrenhafter Weise erfüllt; die Obrigkeit übergab ihn zu heimlicher Verwahrung einem Bürger in sein Haus mit dem Auftrag, ihn nach etlichen Wochen bei günstiger Gelegenheit so ausser Landes zu fertigen, dass er den auflauernden Feinden entgehen könne. Freilich erlebte man dafür zu Zürich wenig Dank; kaum in Constanz angelangt, rühmte er seinen Sieg und schmähte die Zürcher, und als „ein lugg unbeständig roor“ wandte er sich dann neuerdings der Täuferei zu.

In dieser Zeit trat der Einfluss der Waldshuter Täuferei auch in einer andern Landesgegend zu Tage, in dem Waldshut näher gelegenen Unterlande. Dorthin waren vor einem Jahre, wie wir gehört haben, ebenfalls etliche der Täufer geflohen, die aus dem Gefängnisse ausgebrochen waren. Auch sammelte in jener Gegend der schon einmal, im August 1525, verhaftete Hans Hirt, Müller zu Oberglatt, Flüchtlinge um sich, namentlich die beiden Hans Künzi von Klingnau bei Waldshut, den jüngern und den ältern, die hinwieder als Wollweber andern Fremden Arbeit und Unterschlauf gegeben zu haben scheinen; so einer Frau, Verena Albrecht von Waldshut, ferner einem Manne von Aarau, Stephan Bader, und dem aus dem Thurm entwichenen Brennwald. Der ältere Künzi nennt den von Grüningen her bekannten Uli Teck von Waldshut seinen Täufer. In das nicht fern von Oberglatt gelegene Nerach mag ebenfalls in dieser Zeit Wolfgang Stürer von Isny, auch ein vertriebener Waldshuter, gekommen sein. Ihn hätten die von Stadel, weil sie weit zur Kirche hätten, mit der Vorgabe zum Predigen bewogen, der Obervogt habe es so bewilligt. Obschon von Hubmeier getauft, habe er von der Taufe doch nichts gelehrt, sondern zum Gehorsam gegen die Obrigkeit und zum Zahlen der Schulden ermahnt. Ein Michel Meier von Nerach gibt zu, seinem Bruder behülflich gewesen zu sein, als er seine Frau in einem Wiesenplatze - nicht etwa, wie es heisse, im Keller oder in der Scheune - begraben habe; „sin bruoder syge der meinung gsin, diewil das ertrich fryg, sin frowen zuo begraben, wo das sich begebe“. Meier sagt auch, er sei nicht schuld, dass seiner Frauen Schwester nicht mit ihrem Manne zur Kirche gehe; dieselbe sei selbst der Meinung gewesen, ihr Mann müsse mit ihr zur Kirche gehen, wohin sie wolle.

Nicht lange hernach hatte der neue Pfarrer von Oberglatt, Johannes Freitag, den ersten Strauss mit dem täuferischen Wollweber Hans Künzi zu bestehen, wie aus einem Briefe des letztern hervorgeht. Selbst in die Gemeindeversammlung suchte Künzi den Streit zu verpflanzen, als diese beschloss, mit Rücksicht auf den ungewissen Ausgang der Badener Disputation einen alten kostbaren Kelch nicht zu veräussern; zuletzt musste der Vogt mit einigen Räthen mahnend einschreiten, woraufhin Künzi, in der Furcht vor Verhaftung, entfloh.

§ 3. Politische Verhandlungen und Maßnahmen.

Mit Anfang 1526 ist die Zürcherische Kirchenreformation als solche und in sich zu einem vorläufigen Abschluss gekommen. Das so erneuerte Staatswesen beginnt sich nach aussen zu kehren, in seinen Verwicklungen mit der katholischen Kirche überhaupt wie mit Oesterreich und den Eidgenossen der alten Denkweise und der innern Cantone insbesondere; mit den eidgenössischen Verwicklungen verflicht sich auch, indem die Grüninger Bewegung mit ihren weltlichen Zielen hier einmündet, die Täuferei als ein gelegentlich nicht unbedeutendes Moment.

In der Herrschaft Grüningen dauerte das Treiben der Täufer fort. Der Vogt wünscht strenges Vorgehen gegen den „bösen Uli“, der ungeschickter und ungehorsamer gewesen sei als zehn Andere. Von Egg vernimmt man Aehnliches: in drei Jahren werde man sehen, dass die Täufer Erfolg haben; ihre Sache sei gerecht, während Zwingli keinen Buchstaben für sich habe ausser Lucas, aus dem er beweisen wolle. Man lief trotz aller Mandate „mit fliss und ernst in holz und feld mit grossen scharen zuo iren predigen und anderen iren äferzalen“ (Plappern). Da fieng an einem Sonntag im Mai Vogt Berger mit einer Anzahl Bewaffneter fünfzehn Täufer mit einander, die an einer grossen Versammlung im Wald Herrliberg zwischen Bubikon und Wetzikon Theil genommen hatten, darunter zwei Rädelsführer Jakob Falk und Heini Reimann. Sie sagten dem Vogt unter die Augen, sie haben sich selbst taufen lassen und andere getauft, obschon sie gewusst hätten, dass das bei Todesstrafe verboten sei, und wollen es ferner thun. Die Rathsboten und der Vogt hielten, zumal der Ungehorsam zunahm, einen Landtag über die beiden Trotzköpfe, in der Erwartung, die Richter zu Grüningen werden sie dem Mandat gemäss zum Tod durch das Wasser verdammen. Diese aber, die lieber die Pfarrer als Anstifter alles Uebels wollten entgelten lassen, beriefen sich auf eine alte von dem Haus Oesterreich der Herrschaft verliehene Freiheit, nach der sie Gnade gewähren könnten. Dadurch entstand ein Span zwischen der Obrigkeit und dem Amte Grüningen, der erst im Jahre 1528 durch den Rath von Bern geschlichtet wurde, an den sich Zürich gewandt hatte. Die Gefangenen wurden einstweilen wieder dem Vogte in Verwahrung übergeben.

In dieser Zeit schlug Zwingli vor, über die Getauften besondere Bücher zu führen, u. A. „weil die täufer schon oft gesagt hatten, sie wüssten nicht, ob sie getauft seien oder nicht“. Die drei Leutpriester richteten ein diessfälliges Begehren an Räthe und Burger, worin sie wünschen, es möchte in den Verzeichnissen der Name des Kindes, des Vaters und der Pathen notiert werden: „zum ersten würt es darzuo guot, dass man wisse, wer getouft syge, domit sich nit der widertouf über nacht wider inrisse; so findt man allweg in dem buoch, uf wölichen tag in wölichem jar ein jetlicher getouft syge, wer in zum touf gehebt habe“. Diesem Vorschlag pflichteten Räthe und Burger bei und beschlossen am 24. Mai 1526 die Führung von Taufbüchern, mit der Begründung, viele Leute wollen ihre Kinder nicht taufen lassen oder geben sie für getauft aus, auch wenn es nicht wahr sei.

Im Grüninger Amte hatte man die ökonomische Einbusse bitter empfunden, welche der Herrschaft durch die Bauern- und Täuferbewegung erwachsen war. Diesen Gefühlen lieh denn auch bei der Volksanfrage im Juni die Amtsgemeinde deutlichen Ausdruck, indem sie, wie schon früher, darauf hinwies, die Amtsleute seien durch die ungleichen Predigten der Pfaffen verwirrt worden, deren etliche gegen den Zehnten und für die Täufer geredet hätten; die Strafe habe nun freilich das arme Volk selbst tragen müssen. „Dann wo ir hättind gredt: gand heim und sind rüewig, die pfaffen hand recht oder unrecht, so hättind wirs lassen pliben; aber wir müssent bsorgen, üch sygind fünf pfaffen lieber dann fünf hundert amtlüt und noch als vil“ … „und bittend üch unser lieb herren, das ir den pfaffen nit ze vil glouben gebint; dann wir fürchtend, ir wellind inen ze vil glouben; dann etlich pfaffen sind lügenhaft, lügend und nützsond“. Aehnlich antwortet Zollikon: „wir bittend üch, wo noch pfaffen wärind in üwerem gebiet, die das gmein volk verirrtind, wie denn lang har gesin ist, das selbig abzestellen, sofer ir konnind, das wir all dester bass in ein cristenliche einigkeit kommen möchtind“.

Der Rath nahm auf diese Klagen insofern Rücksicht, als er schliesslich dem Amte Grüningen bewilligte, die wegen der Täufer aufgelaufenen Kosten, nach vorgängiger Berechnung mit dem Vogte, für das laufende Jahr von den an Jahrtage und Messen geordneten Kirchengütern zu nehmen; für die Zukunft sollten dann aber die „Ursächer“ die Kosten selbst tragen. Die angegriffenen Geistlichen dagegen liess der Rath nicht im Stich. Die Pfarrer des Grüninger Amtes rechtfertigten sich in einer gemeinsamen Erklärung, wonach sie dem Amte und seiner Gesamtgemeinde keine Rechenschaft schuldig seien, da jeder Einzelne nur seiner eignen Kirchgemeinde gepredigt habe. Zwingli nennt die Rechtfertigung eine treffliche, und der Rath trat dieser Ansicht offenbar bei. Seine Politik, Stärkung der Kirche und Geistlichkeit, tritt immer deutlicher hervor, und die Täufer fühlten sehr gut, dass Rath und Geistlichkeit zusammengehen.

Ein Beispiel hiefür ist auch aus einer andern Landesgegend, aus Marthalen jenseits der Thur bekannt. Dort hatte sich ein Waldshuter Täufer, Junghans Meier, mit dem Zunamen Waldshuter, eingefunden, der schon einmal aus dem Zürcher Gebiete verbannt worden war. Mit seiner Familie hatte er sich in Marthalen niedergelassen und sich mit seiner Lehre, wie der Pfarrer Johannes Ulmann an den Vogt auf Kyburg berichtet, bei Etlichen „einzuflicken“ begonnen. Das von der Kanzel gemachte Anerbieten, erklärt der Pfarrer, den Täufer aus der Schrift zu widerlegen und vor Meinen Herren und ihren Gelehrten über seine Predigt Rechenschaft zu geben, habe nichts gefruchtet. Meier habe ihn, den Pfarrer, gebeten, das Wort Gottes ohne menschlichen Zusatz zu predigen und er ihn daraufhin, ebenfalls schriftlich, zu einer Unterredung vor je zwei beiderseitigen Zeugen erbeten. Obschon dem Täufer dargelegt wurde, dass die Kinder im Bunde Abrahams seien und darum das Bundeszeichen der Wassertaufe empfangen sollen, habe er sich nicht weisen lassen und so „neidige Worte“ gesprochen, dass ihn, den Pfarrer, wundere, ob der heilige Geist in einem solchen Menschen sei; er habe Meier auch sammt allen Täufern öffentlich Ketzer genannt. Schreite man nicht streng ein, so werde ein Irrthum über den andern kommen und das Wort erfüllt werden: „so viel Köpfe, so viel Sinne“.

Wohl mit diesem Schreiben des Pfarrers übersandte der Vogt den Waldshuter nach Zürich. Hier wurde eine Reihe von Zeugen einvernommen. Sie berichteten u. A. von einem Zwiegespräch des Pfarrers und des Täufers in einer Scheune, wobei dieser namentlich das Recht der Obrigkeit zur Todesstrafe bestritten und zuletzt zu dem Pfarrer gesagt habe: „es soll nütz; ich gsich wol, dass der Zwingli, Mine Herren von Zürich und Ir eins sind: dann ein armer gsell bös bi inen reden hetty“. Waldshuter selbst beschwert sich über den Pfarrer; derselbe habe ihn, sowie er in der Kirche erschienen sei, angefangen „zuo schänzelen“. Er bittet auch um Freilassung, „damit er zuo sinen kleinen kinden kommen und werchen mög“

Inzwischen hatten die Täufer neuerdings bei Tag und Nacht grosse Versammlungen gehalten. Um ihnen endlich wirksam entgegen zu treten, bestätigte der Rath am 19. November die Erkenntnis vom 7. März, dass auf das Wiedertaufen die Strafe des Ertränkens gesetzt sei. Im Amte Grüningen, sagt der Vogt, wurde das Mandat nur deswegen nicht verlesen, weil es, in aller Stille, eher gelang, einige Täufer zu verhaften. So überschickt er am 13. December vier im Walde gefangene Männer, Manz und Blaurock nebst zweien aus dem Amte, deren einer, Rudolf Michel von Oberhof, unter die Hartnäckigsten zählte und Haus, Hof, Vater, Weib und Kinder verlassen hatte. Bald nachher verzeigt der Vogt einen Mann, der die Führer, als sie die Gefangenen nach Zürich führten, gehöhnt hatte: „er wetti nüt 100 guldin nämen, dass er das tät, so si tuond“, während der Vater eines der Gefangenen, ein rechtschaffener Mann, zu guter Aufnahme empfohlen wird.

Wirklich machte die Obrigkeit mit ihrer Drohung Ernst. Manz wurde, als Zürcher, am 5. Januar 1527 unter weitläufiger Begründung seiner Schuld zum Tod durch Ertränken verurtheilt, wie der Rath später einmal nach Augsburg schreibt, den Andern „zuo forcht und ebenbild“. Da, er „wider christenlich ordnung und bruch“ in den Wiedertauf sich eingelassen und ein „Hauptsächer“ und Anfänger desselben geworden - da er ferner durch keine Belehrung und Ermahnung, von solchem Irrthum und solcher „Eigenkopfige“ abzustehen und sich dem gemeinen christlichen Brauch zu vergleichen, sich bewegen liess - da er trotz des Mandates und trotz seines Eides bei der Täuferei beharrt hat und bekennt, „dass er und ander, die sich Christi welltind annemen und dem wort nachfolgen ouch nach Christo wandlen, zuosammen wellte suochen und sich mit denselben durch den widertouf vereinbaren und die andern irs gloubens bliben lassen, damit nun er und sine anhänger sich von christenlicher gmeind gesundert und eigen selbs gewachsen sect, rotten and versammlungen under einem schyn und deckmantel einer christenlichen versammlung und kilchen uferwecken und zuorüsten wellen“ - da im Weitern Manz die Obrigkeit, die Todesstrafe and andere Strafen verworfen und um grössern Erfolges willen leibhaftige Offenbarungen Paulinischer Episteln vorgegeben, solche Lehren aber dem Wort Gottes und dem einmüthigen bisherigen Brauch aller Christenheit nachtheilig sind und nur zu Aergerniss, Empörung und Aufruhr gegen die Obrigkeit, zu Zerrüttung des gemeinen christlichen Friedens, brüderlicher Liebe und bürgerlicher Einigkeit und zu allem Uebel führen - so soll Manz dem Nachrichter übergeben werden, „der im sin händ binden, in ein schiff setzen, zu dem nideren hüttli füren und uf dem hüttli die händ gebunden über die knüw abstreifen und ein knebel zwüschent den armen und schenklen durhinstossen und in also gebunden in das wasser werfen und in dem wasser sterben und verderben lassen und er damit dem gricht und recht büsst haben solle“; auch soll sein Gut Meinen Herren verfallen sein. Ein ähnliches Urtheil erging über Blaurock, der die Prädicanten Diebe und Mörder Christi genannt habe; als Landesfremder soll er jedoch nicht ertränkt, sondern aus Gnaden mit gebundenen Händen und nacktem Oberleib vom Fischmarkt die Strasse hinauf mit Ruthen vor das Thor im Niederdorf getrieben werden, „dergestalt dass das bluot nachin gange“. Alsdann soll er bei Strafe des Ertränkens aus dem Lande verbannt werden.

Trotz dieser Strenge kehrte die Ruhe im Oberlande noch nicht ein. Blaurock war sofort wieder dorthin zurückgekehrt; so meldet später einer der Gefangenen, derselbe habe ihm und seinem Weibe damals gesagt: „dwil si bede ein andren begerend, so sygis ein ee vor Gott; daruf welle er beharren, und (sie müssten) kein andren kilchgang thuon“. Ende Februar 1527 versammelten sich zu Hinweil wieder über dreissig Täufer, und es hiess, ihre nächste Versammlung werde in einer Kirche stattfinden. Bei der Meldung hierüber beschwert sich Vogt Berger über die ihm gemachte Zulage, als wolle er den Rath meistern; es sei ihm ja aufgetragen worden, jederzeit mündlich oder schriftlich seinen Rathschlag nach Zürich zu berichten. Nach des Rathes Auftrag sandte hernach der Vogt zwei Weibel aus, um die Täufer, die ihren Versammlungsort nie vorher kund gaben, aufzuspüren, und liess die in einer Stube zu Ettenhausen kniend Versammelten auseinander treiben. Unter ihnen befand sich ein Fremder, ein gewisser Bolt aus Basel, Sohn oder Bruder des zu Schwyz verbrannten Bolt. Abermals beschwert sich der Vogt über die Feinde, die ihn beim Rathe verunglimpfen; das falle ihm schwerer als alle Unruhe und Arbeit und als die Zumuthung der Täufer, seine Hände nicht mit unschuldigem Blute zu beflecken. Von dem alsbald gefangenen Ulrich Bolt übersendet Berger eine schriftliche Erklärung. Nochmals Ende März beklagt er sich über die ihm gemachten Zulagen und versichert seine getreuen Dienste, wobei er zugleich meldet, sein Schwager, Hans Effinger, bestreite die Antheilnahme an der Täuferei und habe zugesagt, dieselbe zu meiden.

Durch die immer wiederkehrenden Händel im Oberlande ging dem Rath endlich die Geduld namentlich gegenüber fremden Täufern aus; so schickte er den neuerdings im Lande erschienenen Simon Stumpf, den einstigen Pfarrer zu Höngg, mit dem gemessenen Auftrage fort, sein Gut inner vierzehn Tagen zu verkaufen und das Gebiet von Zürich bei Todesstrafe zu meiden. Am meisten ungehalten aber war die Obrigkeit darüber, dass der Grüninger Landtag die verlangte Handhabung des Mandates gegenüber Falk und Reimann fortwährend auswich. Die zahlreichen Briefe, die hierüber gewechselt wurden, zeigen, wie hartnäckig die Amtleute zu ihren Angehörigen stunden. Alle Vorstellungen der Obrigkeit, der Hinweis auf die Disputationen, die Sendung von Rathsboten, die dem Vogte gewährte Vollmacht zur Ermässigung der Bussen, die ergangenen Urtheile, so besonders das über Manz, der ein „Stadtkind“ gewesen sei, halfen nichts; das Landgericht urtheilte statt auf Ertränken nur auf Vermauern der beiden Angeklagten. Als der Rath seine Verordneten, M. Johannes Ochsner und Konrad Gul, auf Pfingstmontag 1527 an den Landtag sandte, gab er denselben eine Instruction mit, aus welcher sein Unwille deutlich hervorgeht. „Man müsse und werde, heisst es darin, dennocht luogen, ob Unser Herren ir rechte oberkeit wärint, und nit si als underthanen ir Herren und schwächer irer gebotten und mandaten ze sind vermeintint; darnach mögint si sich wüssen in die sachen ze schicken“. Als es sich dann herausstellte, dass fünf altbekannte Täufer von Zollikon an den Landtag nach Grüningen gegangen waren und so den Verdacht „heimlicher Anschläge und Praktiken“ erweckt hatten, mochte der Rath doppelt erzürnt sein; sie gestehen selber ein, sie seien hingegangen, zu sehen, ob man die Gefangenen nach Verlangen des Rathes ertränken wolle, und um die Brüder „heimzesuochen und ze trösten, damit si frölich in Gott wären und handfest uf dem Wort Gottes beliben; dann Christus heiter gelert, die gefangenen ze trösten und heimzesuochen“.

Begreiflich dass der Rath unter solchen Eindrücken auf eine Entscheidung drängte. Er bestellte eine Commission, die auf Grund der Spruch- und Vertragsbriefe derer von Grüningen berathen sollte, was man mit den Täufern handeln könne. Wohl auf ihren Antrag beschloss der Rath gemäss eines zwischen den Städten bestehenden Vertrags den schiedsrichterlichen Entscheid Berns anzurufen, falls jene Täufer nicht sofort nach Mandat bestraft, d. h. ertränkt würden.

Alle Bitten der Herrschaft Grüningen, diesen Schritt zu unterlassen, halfen fortan nichts mehr. Man wollte die Secte von Grund aus vertilgen, deren „verkehrte, verstopfte und einrichtige Mitglieder der heilsamen Lehre des Evangeliums nicht wenig Anstoss und Verhinderung gebracht hätten“. Da zudem die Täufer in der ganzen Eidgenossenschaft sich mehrten, schlug von da an die Täuferfrage ihre Wellen in immer weiteren Kreisen; sie wurde zur eidgenössischen, wenigstens zur gemeinsamen evangelischen Sache. Der Rath lud die Eidgenossen von Bern, Basel, Schaffhausen, Chur, Appenzell und St. Gallen zu einem Tage nach Zürich auf Montag nach Laurentii 1527 ein, indem er als das Ziel der Täuferei die Zerstörung „nicht allein des wahren rechten innerlichen Glaubens der christlichen Herzen, sondern auch der äusserlichen und menschlichen Ordnungen und Satzungen christlicher und ordentlicher Obrigkeit wider brüderliche Liebe und gute Sitten“ bezeichnet. Sogar mit Augsburg und Ulm trat Zürich über die Täufer in Verkehr. Im gleichen Sinne wie der Rath dachte auch Zwingli über die Täufer, wie seine Schilderung derselben in dem am 1. September an seinen Freund Konrad Somius zu Ulm gerichteten Briefe zeigt; doch hebt er hervor, dass er im Interesse der evangelischen und bürgerlichen Freiheit bei jeder Verhandlung vor dem Rathe angelegentlich für sie gebeten und damit bewirkt habe, dass der Rath so schonend mit ihnen verfahren sei, wie keine andre Obrigkeit.

Wir haben schon wiederholt gesehen, dass der Landvogt von Grüningen angeschuldigt wurde, er helfe heimlich den Amtleuten. Die Langwierigkeit des Grüninger Handels konnte diesen Eindruck nur verstärken, und so sieht sich Vogt Berger abermals genöthigt, sich angelegentlich auf seine treuen Dienste zu berufen, die von ihm eingebrachten Täufer aufzuzählen (wie er denn gerade jetzt am 12. August, den Hans Wild und weitere fünfzehn Glieder der Secte überliefere) und zu bitten, wenigstens wie von einem Uebelthäter seine Verantwortung zu hören, ehe man urtheile. Die Amtleute selbst waren über dem Span mit der Obrigkeit zwieträchtig geworden. An ihrer Versammlung vom 29. August nahmen etliche Kilchhören nicht theil und etliche verliessen sie, um nicht die Kosten mittragen zu helfen. Peter Ehrismann von Tägernau liess verlauten: „weli man inen nit helfen, das die gfangnen hinus kommen, so wüss er wol hilf; und wellind wol hilf finden, dass wir si hinus wend bringen“. Man strafte ihn später um vier Mark und legte ihm die Kosten des Processes und der Gefangenschaft auf. Als Abgeordnete des Amtes zu den Berner Verhandlungen wurden bezeichnet Matthis Kunz und Kleinhans Weber mit dem Bart von Hinteregg. Zehn ausgewählte Männer sollten inzwischen noch einmal versuchen, die Gefangenen zu belehren; sie hatten keinen Erfolg.

Aus dem Erzählten lässt sich schliessen, dass die täuferisch gesinnten Familien sammt ihrem Anhange auf die öffentliche Meinung der Grüninger Gemeinden einen bedeutenden Einfluss ausübten; nicht umsonst hatte also der Rath verlangt, dass die „Freundschaft“ der Täufer bei den Verhandlungen in Ausstand treten müsse. Wie die Täufer es auch sonst verstunden, ihre Landsleute für sich einzunehmen, zeigt eine an den Landtag gerichtete Darlegung ihres Standpunktes, worin gegenüber den Anschuldigungen der Obrigkeit die Taufe der Erwachsenen gerechtfertigt wird. Die Beweisführung ist folgende:

Bei seiner Taufe durch Johannes nennt Christus die Taufe eine „Gerechtigkeit“, und als die Zöllner, ehe sie sich von Johannes taufen liessen, Busse thaten, heisst er sie einen „Rath Gottes“; also sollen die Kinder nicht getauft werden, weil sie weder der Busse bedürfen noch von Gerechtigkeit und Rath Gottes etwas wissen. Ferner sagt Christus nach der Auferstehung: „Wer da glaubt und getauft wird, wird selig; wer aber nicht glaubt, der ist verdammt“. Damit heisst er wiederum Gläubige taufen, also nicht Kinder; die Kinder verdammt er aber deshalb noch nicht, da er nicht von ihnen, sondern zu solchen redet, die Gut und Böse verstehen und im Uebrigen sagt: lasset die Kinder zu mir kommen u. s. w. Hat nun Christus die Taufe einen Rath Gottes und eine Gerechtigkeit genannt und ist sie sein, also Gottes, Gebot, so „merk, du einfaltiger, wie die falschen propheten üch verfüerend und die wisen und witzigen, wie si sprechend, der touf syge nütz, es syge nun ein uswendig zeichen und syge nun wasser, lige nüt daran“.

Petrus taufte dreitausend Seelen derer, die Busse thaten und sein Wort gerne annahmen. Auch in dieser Stelle liegt ein Beweis gegen die Kindertaufe, wobei noch hervorzuheben ist, dass die drei Tausend - wovon nichts berichtet wird - ihre Kinder auch hätten taufen lassen, wenn es Brauch gewesen wäre. Aehnlich sagt die Apostelgeschichte, Philipp habe den Kämmerer deshalb getauft, weil er von ganzem Herzen glaubte.

Die zwölf Johannesjünger, die sich zu Ephesus von Paulus auf den Namen Christi taufen liessen, hatten zuvor die Taufe Johannes zur Busse empfangen. Diese hatte also nicht genügt; die zwölf Männer waren eben nicht genugsam im Glauben Christi unterrichtet. So genügt die Kindertaufe nicht, sondern ist eine falsche teuflische Lehre.

Gegen die Kindertaufe spricht ferner das Wort des Paulus, dass wir „durch die Taufe begraben sind in Christi Tod und mit ihm in einem neuen Leben wandeln sollen“; Kinder können ihre Glieder weder „zur Ungerechtigkeit begeben“ noch in einem neuen Leben wandeln.

Die Gläubigen sind die, welche im Willen des Geistes wandeln und die Früchte des Geistes bringen; sie sind die Gemeinde und der Leib Christi, die christliche Kirche. Zu dieser gehören also die Täufer.

Zwingli, der falsche Prophet, greift, da er im neuen Testament keine Beweise findet, in's alte zurück und beruft sich auf den Bund mit Abraham. Diesen Bund hat aber Gott nur mit den Juden und nicht mit den Heiden gemacht. Warum taufen denn die Prädicanten gerade unsere Kinder, die wir von Heiden und nicht von Juden stammen? Uebrigens waren die Mädchen eben so gut als die Knäblein in der Verheissung inbegriffen, obschon sie nicht beschnitten wurden wie diese.

Nach den Worten Christi und Pauli hat mit Jesus das Gesetz ein Ende und beginnt das Evangelium. So sollen auch wir in einem neuen Leben sein und nicht mehr in dem alten, somit keinen andern Weg, keine andere Thüre als Christum suchen; sonst sind wir Diebe und Mörder. Wenn es aber heisst, die Kinder seien in der Verheissung einbeschlossen, so ist damit die Verheissung Christi gemeint, der sagt: solcher ist das Reich Gottes; wer nun statt mit dieser Verheissung sich zu begnügen, die Kindertaufe anwendet, sucht eine andere Thüre und ist also ein Dieb und Mörder Christi.

Wenn nun, schliesst die Schrift, die Herren von Zürich den Tauf Christi als Wiedertauf bezeichnen, so werden dagegen die Amtleute jetzt überzeugt worden sein, dass es umgekehrt und die Kindertaufe eigentlich die Wiedertaufe sei. „Nun so begerend wir, dass ir uns bi der warheit lassind bliben; wo es aber nit mag sin, so sind wir bereit, um der warheit willen ze liden durch die gnad und kraft Gottes, die uns geben ist“.

Mit der Zeit kam es wirklich zu den beschlossenen Verhandlungen unter Berns Gericht; die zweite fand Anfangs December 1527 zu Bern statt. An derselben erschienen aber die Anwälte der Herrschaft Grüningen trotz bestimmten Auftrags wieder nicht mit ganzer Vollmacht; dazu verunglimpften sie ihre Obrigkeit zu Bern, als wolle sie nicht nach Brief und Siegel handeln. Der Rath verweist das den Amtleuten: es „wäre sölichs alles von üch als undertonen gegen uns als üwer oberkeit wol erspart“ - und verlangt bestimmten Bescheid, ob die Abgeordneten das nächste Mal mit Vollmacht erscheinen werden oder nicht. Das Ende des Spans war das, dass die Herrschaft Grüningen den Kürzern zog und dass, wie wir in der folgenden Periode hören werden, die Obrigkeit ihr Mandat an Falk und Reimann vollstreckte.

Schon im Frühjahr hörten wir von Waldshuter Täufern, die auch das Unterland zum Felde ihrer Wirksamkeit auslasen. Im Herbste regt sich daselbst die Bewegung von Neuem. Zu Watt bei Regensdorf predigte ein Täufer aus Klingnau vor mehr als vierzig Personen und beschuldigte dabei Zwingli sehr; auch in Bülach, Haalen und Umgegend war das Volk täuferisch gesinnt und lief in Wäldern und sonst zusammen. Auch hier scheint sich die Kirche vorerst nur nach ihrer äusserlich-politischen Seite der Täuferei entgegengestellt zu haben; sie tritt als staatliche Organisation gegenüber der Winkelversammlung auf.

Bezeichnend ist ein Verhör über Vorgänge in Regensdorf. Dort predigte am Sonntag nach St. Andreas der Helfer von Höngg über das Gleichniß von den zehn Pfunden (Luc. 19) gegen die Winkelprediger, die ihm in Gut Jakobs Haus „sine empfolehne schäfli händ widerwärtig gemachet“. Gegen dieselben sich wendend, warnte er „als ein getrüwer diener des wort Gottes die sinen“ mit den Worten: „hie merkend ir frommen christen heiler, das niemands predigen soll, er syge dann dazuo verordnet und berüeft“. Da rief in offener Kirche und Predigt der Taglöhner Curradin von Watt ab der Empore herab: wer hat dich berüefet? Der Helfer antwortet: sich! bist du's, der also redt? Curradin: Ja wer hat dich berüeft? Helfer: ich bin har verordnet und berüeft und nit dine winkelprediger, rotter und secter. Curradin: si meinend, si sygend die berüeften, nit du. Helfer: es gilt nit meinen, es gilt wissen. Curradin: Christus ist doch auch zuo den lüten in die hüser gangen und inen geprediget. Helfer: Christus antwortet dem Hannas, do er in fraget von sine ler, er hette in winklen nie nüt geleret, sonder offenbar zuo der welt geredt und im tempel und synagog, do alle Juden zuosammen kommend, Jo. 18. Curradin: hei! gang zuo inen und mach mit inen (vermeint die winkelprediger). Helfer: ich will mit den rottern und ufruorer nüt ze schaffen han in den winklen; wissend si, dass ich irren, so bewisend mich allhie irrthumbs vor der kilchen; dann wer recht thuot, kompt an das liecht, Jo. 3. Curradin: si vermeinend, du sygest ein falscher prophet. Helfer: so hör ich wol Christus ist falsch, dess wort ich hie mit trüwe und liebe gelert han. Curradin: hei! du hast jetz lang an einem acker gebuwen; er will aber kein frucht geben; wolan mach fürdich! Damit lief der Störefried zur Kirche hinaus, vielen Männern nach, die über den Auftritt sich geärgert hatten. Der Helfer aber vollendete seine Predigt mit aller Sanftmuth und allem Frieden, wie zu andern Zeiten.

Aus derselben Gegend lagen wegen ihrer Zusammenkünfte mit fremden Täufern ein gewisser Hindermann und Elsi Spillmann von Dällikon und Jakob Frei von Watt im Gefängnis. Man entliess sie mit Verwarnung, verbot ihnen das heimliche Zusammenlaufen, Rotten und Winkelpredigen, hiess sie zur Kirche gehen, stellte ihnen im Rückfall 5 Pfd. Busse in Aussicht (was nöthigenfalls den Vögten mitzutheilen sei) und liess sie schwören, fremde Täufer den Vögten zu bringen oder zu verzeigen. Wirklich erliess der Rath sofort, am 16. December 1527, ein Mandat an die Vögte, auf die, welche der Kirche sich entziehen und den Winkelpredigern, zum Theil fremden Täufern, anhangen, zu achten, sie zu verhaften und in den Wellenberg zu führen, wo man sie erst nach Abzahlung einer Busse von 5 Pfd. entlassen werde.

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/e/egli/egli_zuericher_wiedertaeufer/egli_zuericher_wiedertaeufer_kapitel_3.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain