Christoffel, Raget - Die Waldenser und ihre Brüder – 8. Trostschreiben Pasqualis an seine Braut.
Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesu Christi und Gott alles Trostes, der und tröstet in aller unserer Trübsal, dass wir auch trösten können, die da sind in allerlei Trübsal, mit dem Trost, damit wir getröstet werden von Gott.
(2. Kor. 4, 3. 4.)
Dem Trostschreiben Pasqualis an seine Verlobte wollen wir nachfolgende Stellen entnehmen:
„Durch Gottes Güte wird es mir möglich, Dir schriftlich meine Grüße zu entbieten und Dich des Trostes teilhaftig zu machen, mit dem mich Gott nach seiner Gnade so väterlich tröstet. Ich fand Gelegenheit, einen armen Knaben zu sprechen, der bei dem Schneider gewesen, welcher Dir Deinen Rock gefertigt hat. Dieser hat mir gemeldet, dass Du Dich mit christlicher Ergebung in den Willen Gottes fügst, dem Du Dich, wie mir, geweiht hast. Ich vertraue daher zu Gott, dass der Herr Jesus Christus von nun an Dein lieber und holdseliger Bräutigam sein werde und Dich mit Allem versorgen wolle, dessen Du bedarfst, wie er denn nimmermehr die verlässt, die ihm von Herzen vertrauen. Ich freue mich so sehr, dass Du in der Schule Gottes so viel gelernt hast und das Los der Christen auf Erden so genau kennst. Der Herr, der Dich seines Beistandes in Deiner Trübsal gewürdigt hat, wird Deine Seele ferner erquicken, dass auch Dein schwaches Fleisch dadurch gestärkt werden wird…“
„Damit Du Dich allezeit an mich erinnerst, bitte ich Dich fleißig den 34. Psalm zu lesen: „Ich will den Herrn loben alle Zeit“ usw. Gräme Dich nicht darüber, dass Du noch eine Zeit lang hienieden verweilen musst, sondern freue Dich vielmehr in der zuversichtlichen Hoffnung, Du werdest mir in den Himmel nachfolgen, wohin ich Dir vorangehe, und werde Dich dort erwarten.“
„Ich hoffe, Du werdest aus meinem Testamente entnehmen, wie treu ich's mit Dir meine und wie innig ich Dich liebe. Ich bitte Dich auch, Du wollest Dir um meinetwillen meinen Neffen Carl empfohlen sein lassen. Du aber, mein lieber Carl, sieh wohl zu, dass Du so lebst, wie Dein Vater es von Dir hofft, damit Gott durch Dich geehrt und gepriesen werde. Ich hinterlasse Dir den Markgrafen Caracciolo zum Vater, nicht als ob ich meinem Bruder misstraute, sondern weil ich von Herzen wünsche, dass Du in der Furcht Gottes erzogen werdest. Ich bitte Euch auch alle meine Studiengenossen in Genf zu grüßen und ihnen zu sagen, dass sie ihre Sicheln schärfen und bereit halten sollen, dieweil die Ernte groß, der getreuen Arbeiter aber wenige sind.“
Einem zweiten Briefe Pasqualis an die nämliche entnehmen wir folgende Stellen:
„Du wirst von zwei Seiten her erfahren, dass mir einige Hoffnung zur Befreiung gemacht worden. Zunächst aus den Sendschreiben, die ich diese Tage gen San Xisto, gen Rom und gen Coni abgeschickt habe; sodann durch den Träger dieses Briefes an Dich, der Dir melden wird, was bisher in dieser Angelegenheit geschehen. Er hat Befehl über Rom zu reisen und wird eine Zeitlang bei Bennelo verweilen. Mag's sich übrigens damit verhalten, wie es wolle, so wünschte ich nur, dass Du Dich in gleicher Stimmung befändest, in welcher ich mich durch Gottes Gnade befinde. Nachdem wir uns in den Willen Gottes ergeben haben, sei es zum Leben oder zum Sterben, wollen wir unseren Trost allein im gläubigen Gebet suchen, in dem wir alsdann gewisslich erlangen werden, was zur Ehre Gottes, zu unserem Heil und zu unserer wahren Wohlfahrt gereicht. Was mich betrifft, so darf ich in Wahrheit bekennen, dass ich ein Verlangen trage nach dem Tode, damit die Kirche Gottes dadurch erbaut werden möge, dieweil schon unser Gefängnis gute Früchte getragen. Die geringe Beständigkeit, die mir der Herr verliehen, meinen Glauben an Jesum Christum zu bekennen, wird bereits aller Orten bekannt und erweckt ein Verlangen, die Gewissheit dieser neuen Lehre, wie sie das Evangelium nennen, zu erfahren. Was wird erst geschehen, wenn uns Gott dazu beruft, dieselbe mit unserem Blute zu besiegeln? Zudem fühle ich mich zum Berufe eines Predigers so schwach und ungeschickt, dass ich wohl niemals großen Nutzen schaffen würde, wenn mir auch vergönnt wäre, am Leben zu bleiben und es mit meiner Stimme zu verkündigen. Zwar lassen die Wunderwerke, die Gott durch mich früher gewirkt, einige Hoffnung übrig, dass ich ihm auch künftig treu dienen und einige Frucht schaffen würde. Wenn auch meine Kraft gering ist, so ist er in den Schwachen stark und mächtig und kann machen, dass auch die Steine reden und die kleinen Kinder ihn bekennen, wenn die Schriftgelehrten und Pharisäer ihn verleugnen. Daher wollen wir ihn von ganzem Herzen bitten, dass sein heiliger Wille geschehen möge, auf dass wir uns in Allem, was uns widerfährt, uns mit seiner heiligen Vorsehung trösten können. Und dieweil dies gegenwärtige Leben ein Pfand der Liebe Gottes gegen die Gläubigen ist, so lasst uns befleißen, dasselbe zur Ehre Gottes und zur Erbauung seiner heiligen Kirche zu führen. Ich darf Dich auch versichern, dass meine Liebe zu Dir in meiner Drangsal stärker und inniger geworden ist, als sie früher war. Hierin erkenne ich den Segen Gottes, der auf unserer Verbindung ruht. Schon früher habe ich Dich geliebt, wegen Deiner christlichen Tugenden; nachdem ich nun in meiner christlichen Gesinnung durch die Trübsal gefördert worden bin und Du das Gleiche an Dir selbst erfahren hast, wollen wir auch mit einander Gott danken, dass die Leiden uns durch seine Gnade zu unserer Bewährung gedient haben. Darum meine liebe Freundin freue und tröste Dich in Jesu Christo und lass Deinem Herzen die drei ersten Bitten des Vaterunsers mit Flammenschrift eingeprägt sein. Wirf alle Sorge auf den Herrn, und verlass Dich auf ihn, denn er wird Dir Alles, was zu Deiner wahren Wohlfahrt dient, dann gnädig gewähren. Freue Dich in dem Herrn, fürchte Gott, lies ohn' Unterlass in der heiligen Schrift und gehe fleißig zur Predigt. Besuche die Kranken und leiste ihnen Hilfe; tröste die Angefochtenen und Betrübten nach Deinem Vermögen. Vor allen Dingen sei eifrig im Gebet und lass Dein Leben ein Spiegelbild der reinen christlichen Lehre sein! Und dieweil Du mit Christo auferweckt bist, so suche, was droben im Himmel ist. Meiner wollest Du im Gebete also gedenken, dass Du versichert sein könnest, das zu erlangen, was Du vom Herrn erbittest. Wenn ich schon anfangs, als wir in Cosenza anlangten, hart gehalten wurde und Schweres zu erleiden hatte, so hat mir der Herr jetzt das Kreuz so gemildert, so dass ich mir nicht mehr als ein Gefangener vorkomme. Wir befinden uns in einem geräumigen Zimmer, wo wir unbeschwert uns bewegen und schlafen können. Wir tragen keine Fesseln mehr an unsern Füßen und erfreuen uns des Besuches unserer Freunde, die uns trösten und erquicken. Besonders gereichen uns die Brüder von San Xisto und Guardia zu großer Freude. Wie Paulus dürfen wir von ihnen rühmen: „Wenn es möglich gewesen, so hätten sie uns selbst ihre Augen mitgeteilt.“ Wir erfahren in Wahrheit die Erfüllung der Verheißung des Herrn: „Wer Vater und Mutter, Brüder, Schwestern, Güter um meines Namens willen verlässt, der wird es hundertfältig wieder empfangen in dieser Welt, und nachher das ewige Leben.“ Ihre Güte beschämt uns, dieweil sie uns mehr gewährt, als wir es bedürfen. Andere Christen leiden in gegenwärtiger Zeit Not wegen der großen Teuerung, die da herrscht, wir aber haben nicht allein Brotes die Fülle, sondern auch andere Zugaben. Ja ich habe niemals mehr Brüder und Schwestern besessen, als gegenwärtig, bin auch niemals in meinem Leben so zufrieden gewesen, als ich jetzt mich fühle. Denn was meinen Leib betrifft, empfange ich Wohltaten von meinen Brüdern; meine Seele aber genießt den himmlischen Trost, den mir Gott gewährt und täglich vermehrt. Darum bitte ich Dich, Du wollest mit mir Gott von Herzen danken, für die vielen Wohltaten, die er mir zu Teil werden lässt. Ich empfehle Dir auch unsere christlichen Mitbrüder, die um des Evangeliums willen flüchtigen Gläubigen, dass Du sie aus christlicher Liebe bei Dir aufnimmst und erquickst, damit sie in ihren Leiden den Trost der christlichen Gemeinschaft erfahren.“
„Ich habe mich mit großer Freude fest entschlossen, den Herrn Jesum Christum und Alles, was ich bisher gelehrt habe, bis zum letzten Atemzuge, ja bis zum letzten Blutstropfen zu bekennen und zu bekräftigen. . . Ich versichere Dich aufrichtig, dass ich zu sterben wünsche, um beim Herrn Jesu Christo zu sein, es sei denn, dass es Gott gefiele, mir durch außerordentliche Mittel das Leben zu verlängern, und seine Kirche mit dem Pfunde zu erbauen, das er mir anvertraut hat. Von Dir und von meinen evangelischen Brüdern verlange ich nichts Anderes, als dass Ihr Gott für mich bittet, dass er mich armen Erdenwurm zum Werkzeuge benutze, seine Ehre zu verteidigen und seine Gemeinde zu erbauen. Für Euch bitte ich Gott, dass er Euch beistehen und Euch unter seinem gnädigen Schutze und Schirme bewahren wolle.“