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Calvin, Jean - Psalm 20.

Calvin, Jean - Psalm 20.

Inhaltsangabe: Dieser Psalm ist ein gemeinsames Gebet der Gemeinde für den König Israels, dass Gott ihm Hilfe in der Not bringe, und für seine Regierung, dass Gott sie erhalte, weil das Wohl des Staates davon abhängt. Daran schließt sich die Verheißung, dass Gott, der dieses Reich gegründet, es auch beschützen und darüber wachen werde, damit es immer bestehen bleibe.

V. 1. Die Überschrift nennt David als Dichter dieses Psalms. Trotzdem ist es nicht ungereimt, dass er von sich wie von einer anderen Person redet. Denn da ihm das prophetische Amt übertragen war, so hatte er das Recht, den Gläubigen eine Form des Gebets vorzuschreiben. Doch will er nicht so sehr durch einen Befehl oder durch einen königlichen Erlass sich selbst empfehlen, als vielmehr in seiner Eigenschaft als Lehrer zeigen, dass die ganze Gemeinde eifrig Sorge tragen müsse, dass das Reich, das Gott aufgerichtet, erhalten bleibe. Einige Erklärer beschränken dieses Gebet auf eine bestimmte Zeit. Ich kann dem aber nicht zustimmen. Es kann ja sein, dass ein bestimmter Krieg, sei es gegen die Kinder Ammon, sei es gegen andere Feinde, die Veranlassung zu diesem Psalm gab. Aber nach meiner Ansicht war es die Absicht des heiligen Geistes, der Gemeinde eine geläufige Gebetsform zu übergeben, die, wie aus dem Wortlaut hervorgeht, immer gebraucht werden sollte, wenn irgendeine Gefahr drohte. Gott befiehlt ja seinen Kindern allgemein, für die Könige zu beten. Bei dieser Regierung lagen aber noch besondere und ganz unvergleichliche Verhältnisse vor. Denn Gott hatte beschlossen, sein Volk nur durch David und seinen Samen zu regieren und zu schützen. Vor allem ist jedoch zu beachten, dass dieses zeitliche Reich das Vorbild eines weit besseren Reiches war, unter dem die Gemeinde zur vollen Freude und zum vollen Glück gelangen sollte. Es ist also die Absicht des Psalms, alle Kinder Gottes zur frommen Sorge und zu unablässigem Gebet für das Reich Christi zu ermahnen.

V. 2. Der Herr erhöre dich usw. Der heilige Geist lässt hier das Volk beten, dass Gott die Wünsche des Königs erfülle. Zugleich erinnert er aber auch die Könige an ihre Pflicht, dass sie bei ihren Geschäften Gott um seine Hilfe anflehen müssen. Und durch den Hinweis auf die Not werden sie erinnert, dass auch sie von Beschwerden nicht frei bleiben können: naht sich dann die Gefahr, so sind sie vorbereitet und verlieren den Mut nicht. Alles in allem: damit der Leib sich nicht von seinem Haupte trenne, sollen die Gläubigen durch gemeinsame Fürbitte die Gebete des Königs unterstützen. Nicht ohne Grund wird hier statt Gott selbst sein Name genannt, d. h. der Inbegriff seiner uns geoffenbarten Gnade und Kraft: darauf können wir unsere Hoffnung setzen, während Gottes geheimnisvolles Wesen uns unbegreiflich ist. Aus Gottes Namen erwächst uns also Zuversicht zum Beten. Und die Gläubigen wünschen, dass der König durch die Hilfe des Gottes geschützt werde, dessen Namen man unter den Kindern Jakobs anruft. Denn schwerlich wird dieser Patriarch deswegen genannt, weil Gott ihn in ähnlicher Weise wie David geprüft hat. Ich glaube vielmehr, dass nach dem Schriftgebrauch mit seinem Namen das erwählte Volk bezeichnet wird. Denn es gehörte auch dieses zu den Segnungen der Annahme zum Gottesvolk, dass die Kinder Israel unter dem Schirm eines Königs lebten, den Gott über sie gestellt hatte. Hieraus ergibt sich die weitere und tiefere Bedeutung, der ich schon Erwähnung tat. Da unser König Christus als ewiger Hoherpriester uns fortwährend bei Gott vertritt, so muss die ganze Gemeinde in seine Gebete mit einstimmen; anderseits dürfen wir auch nur dann auf Erhörung hoffen, wenn er für uns eintritt. Es ist aber ein großer Trost zur Linderung unserer Schmerzen, dass er immer, wenn wir angefochten werden, unsere Not als die seine ansieht. Nur müssen wir dabei auch immer darauf bedacht sein, dass wir in der Drangsal den Mut nicht verlieren. Denn hier wird uns durch eine Weissagung des heiligen Geistes verkündigt, dass Christi Reich nicht ohne Gefahren und Widerwärtigkeiten sein werde.

V. 3. Er sende dir Hilfe vom Heiligtum. Das will sagen: Es möge dir vom Berge Zion her geholfen werden, den Gott sich zum Wohnsitz erwählt hat, indem er daselbst die Bundeslade aufstellen ließ. Denn weil die Menschen wegen der Schwachheit ihres Fleisches sich nicht zum Himmel erheben können, kommt Gott ihnen entgegen, indem er durch äußere Hilfsmittel ihrem Glauben bezeugt, dass er ihnen nahe ist. So war die Bundeslade für das Volk des alten Bundes ein Unterpfand für die Gegenwart Gottes, und das Heiligtum ein Bild des Himmels. Dadurch dass Gott den Berg Zion als die Stätte bestimmt hatte, wo die Gläubigen ihn immer verehren sollten, hatte er das Königtum mit dem Priestertum verbunden. Ohne Zweifel blickt David hier auf diese heilige Vereinigung. Und hieraus schließe ich, dass David diesen Psalm als Greis in der letzten Zeit seines Lebens gedichtet hat. Wenn aber einige meinen, dass er hier prophetisch von dem Berge Zion rede, bevor dort die Lade aufgestellt war, so erscheint mir das gesucht und wenig wahrscheinlich.

V. 4 und 5. Er gedenke all deines Speisopfers. Der Sinn ist, Gott möge es durch die Tat zeigen, dass die Opfer des Königs ihm angenehm sind. Zwei Arten von Opfern werden hier genannt: die Speisopfer, die sowohl allein als auch als eine Zugabe zu allen vom Gesetz vorgeschriebenen Opfern dargebracht wurden, und die Brandopfer. Unter diesen beiden Begriffen fasst David alle Opfer zusammen. Ja, auch die Bitten und Gebete sind mit einbegriffen: denn bekanntlich gründete sich bei den Vätern unter dem Gesetz die Zuversicht zur Erhörung ihrer Gebete auf die Opfer. In gleicher Weise sind heutzutage unsere Gebete dem Herrn nur dann angenehm, wenn Christus sie mit dem Wohlgeruch seines Opfers würzt und heiligt. Die Gläubigen wünschen also, dass die feierlichen Gebete des Königs, die mit den Opfern und Darbringungen verbunden waren, dem Herrn wohlgefällig und also erfolgreich sein möchten.

Das geht noch deutlicher aus dem folgenden Verse hervor, in welchem sie die Wünsche und Ratschläge des Königs dem Herrn empfehlen. Es würde jedoch widersinnig sein, von Gott zu bitten, dass er törichten und schlechten Wünschen willfahre; daher ist die Voraussetzung, dass uns hier ein König beschrieben wird, der weder dem Geiz ergeben, noch von Ehrgeiz erfüllt ist, noch alles haben will, nach dem sein Sinn steht, sondern der nur an das Wohl des Volkes denkt und sich bei allen seinen Gebeten allein durch den Trieb des Geistes und das Wort Gottes leiten lässt.

V. 6. Jubeln wollen wir dann usw. Dieser Vers wird in zweifacher Weise erklärt. Einige fassen ihn als Gebet, als wenn gesagt wäre: Mache, Herr, dass wir rühmen können! Andere meinen dagegen, dass jetzt das Gebet ein Ende hat und die Gläubigen in einen Ruf der Hoffnung, ja des schon gegenwärtigen Triumphs ausbrechen. Und in der Tat mischt David öfter solche Freudenausbrüche unter seine Bitten und stärkt damit seinen Gebetseifer. Ich habe jedoch bei genauer Überlegung die Ansicht gewonnen, dass hier auf die Frucht einer gnädigen Erhörung hingewiesen werden soll. Um den Herrn desto gewisser zur gnädigen Hilfe für ihren König zu bestimmen, halten die Gläubigen ihm vor, welche allgemeine Freude und Danksagung er damit schaffen würde. Sie geben zu verstehen, dass es sich bei ihrer Fürbitte nicht bloß um das Wohl eines einzelnen Mannes, sondern der ganzen Gemeinde handle. Die Worte „über dein Glück“, bei denen an den König zu denken ist, ließen sich auch übersetzen „über deine Hilfe“, - und dann wäre Gott geradezu angeredet. Doch fordert der Zusammenhang die Beziehung auf den König, in dessen Schatten, mit Jeremia (Klagel. 4, 20) zu reden, das Volk lebt. Denn die Gläubigen wollen eben bezeugen, dass, wenn er unversehrt und glücklich regiert, auch sie fröhlich und wohlbehalten sein werden. Um aber ihre Freude von den unheiligen Siegestänzen der Heiden deutlich zu unterscheiden, fügen sie hinzu: im Namen unseres Gottes werfen wir Panier auf. Sie wollen also Gottes Gnade rühmen, wenn sie ihres Königs Triumph feiern.

V. 7. Nun merke ich usw. Es folgt jetzt die Danksagung, in der die Gläubigen erzählen, dass sie Gottes Güte darin erfahren haben, dass sie das Glück des Königs beschützt hat. Darin spricht sich zugleich die Überzeugung des Glaubens aus, dass Gott mit der Tat bewiesen habe, wie seine Kraft und sein Ruf das Fundament von Davids Königtum sei. Die Erfahrung zeigt deutlich, dass Gott das Reich auch schützt, das er begründet und angefangen hat. Unter diesem Gesichtspunkt führt David hier auch den Ehrentitel des Gesalbten Gottes: daraus sollen die Gläubigen abnehmen, dass der der rechtmäßige und geheiligte König ist, den Gott durch die äußerliche Salbung als von ihm erwählt bezeichnet hatte. Die Gläubigen führen es also auf Gottes Gnade zurück, dass David aus den größten Gefahren erlöst worden war, und zugleich führen sie als Grund hierfür an, dass Gott den, der auf seinen Befehl zum König über das Volk gesalbt war, mit seinem Schutze decken und erhalten wollte. Die Hoffnung auf die Zukunft bezeugen sie dann noch deutlicher im zweiten Teil des Verses, wo es heißt, dass Gott ihm aus dem Himmel Erhörung gewähren werde. Was Gott bisher getan, ist für sie ein Zeugnis, dass er das Reich fortwährend beschützen werde. Dabei geschieht nach dem irdischen jetzt des himmlischen Heiligtums Erwähnung: aus seinem heiligen Himmel. Denn so wie Gott sich durch die Bundeslade zu den Kindern Israel herabgelassen hatte, damit sie ihn genauer kennen lernten, so wollte er auch wieder ihre Herzen zu sich emporziehen, damit sie sich keine fleischlichen und irdischen Vorstellungen von ihm machten und es merkten, dass er über die ganze Welt erhaben sei. Das sichtbare Heiligtum ist also eine Hinweisung auf seine unermessliche Macht, Herrschaft und Majestät. Dass der Herr, um seinen gesalbten König zu helfen, heilsame Machttaten seiner Rechten wird aufwenden müssen, soll uns erinnern, dass der Satan wütende Angriffe auf denselben richten wird, gegen die bloße Menschenmacht nichts ausrichten kann.

V. 8. Jene verlassen sich auf Wagen usw. Gemeint sind nicht bloß, wie man gewöhnlich annimmt, die Feinde Israels, sondern alle Menschen im Gegensatz zu den Gläubigen. Denn offensichtlich ist es allen Menschen angeboren, dass sie genau so viel Mut und Selbstvertrauen besitzen, als sie über Reichtum, Macht oder auch Streitkräfte verfügen. Dagegen bezeugt Gottes Volk, dass es nicht wie andere Menschen seine Hoffnung auf Waffen und Kriegsführung setzt, sondern nur auf die Hilfe des Herrn. Da nun der heilige Geist diese beiden Stücke scharf wider einander setzt, so merken wir uns, dass ein Herz, in welches Vertrauen auf das Fleisch einzieht, folgerichtig Gott vergessen muss. Denn unmöglich kann ein Mensch, der sich im Vertrauen auf eigene Kraft den Sieg verspricht, zugleich auf Gott schauen. Darum sagt der Dichter, dass die Gläubigen an Gott denken, buchstäblich „sich seiner erinnern“. Nur wenn sie sich alles andere aus dem Kopf schlagen, können sie beim Herrn ihre Zuflucht suchen. Und nur wer in dieser Weise gläubig seines Gottes gedenkt, selbst wenn noch so viele Mittel ihm zur Verfügung stehen, hält sich von eitlem Selbstvertrauen frei, indem er alles von Gottes freier Gnade erwartet. Anderseits rufen die Gläubigen auch furchtlos und standhaft den Herrn an, selbst wenn sie von allen Hilfsmitteln entblößt und verlassen sind. Die Gottlosen aber verachten den Herrn sorglos und unbedenklich: denn wenn sie reich sind, lassen sie sich durch Hochmut verblenden. Werden sie aber arm, kommen sie in traurige Angst. Kurz, der heilige Geist empfiehlt uns hier ein Gedenken an Gott, das sich bei Überfluss und Mangel kräftig erweist und die eitlen Hoffnungen, mit denen das Fleisch sich aufbläht, unterdrückt.

V. 9. Sie sind niedergestürzt usw. Wahrscheinlich wird hier gleichsam auf die Feinde Israels hingewiesen, die von Gott niedergeworfen wurden, als sie nichts davon ahnten. Denn die Wildheit, mit der die Feinde sich eine Zeitlang erhoben hatten, als sie kühn losstürmten, um alles zu verderben, steht hier im Gegensatz zu der Unterdrückung des Volkes Gottes. Denn so wie eigentlich nur von Leuten, die früher darniederlagen, gesagt werden kann, dass sie sich erheben, so können auch nur solche gestürzt werden und fallen, die sich zuvor in ihrer Sicherheit hoch erhoben hatten. Der Prophet zeigt also an dem Ausgang, wie viel sicherer es ist, allein auf Gott zu sehen, statt sich auf seine eigene Kraft zu stützen.

V. 10. Hilf, Herr! Der König erhöre uns, wenn wir rufen. Einige lesen statt dessen: „Hilf, Herr, dem Könige.“ Sie finden es wohl unpassend, dass man einen irdischen König anrufe und dass er das Volk erhören solle, denn solches gehört nur Gott zu. Wenn wir jedoch, wie es nötig ist, auf Christum blicken, so können wir uns nicht wundern, wenn dem David und seinen Nachfolgern, sofern sie Vorbilder von ihm waren, wegen der Ähnlichkeit dasselbe beigelegt wird, was eigentlich nur Christo zukommt. Da Gott uns durch Christi Hand regiert und erhält, so können wir das Heil nur von ihm erwarten. So suchten auch die Frommen ehemals bei ihrem König Hilfe, da er für sie gleichsam der Vermittler der rettenden Gnade Gottes war. Hierauf bezieht sich auch die Stelle (Klagel. Jer. 4, 20): „Der Gesalbte des Herrn, der unser Trost war, dessen wir uns trösteten, wir wollten unter seinem Schatten leben unter den Heiden.“ Deshalb wird in den göttlichen Verheißungen auch die Wiederherstellung der Gemeinde nur als eine Wiederherstellung des Reiches dargestellt. Jetzt sehen wir, dass unser Psalm die Gläubigen mit vollem Rechte beim König Hilfe suchen lässt: denn sie sind unter seinen Schutz und Schirm gestellt, und an Gottes Statt regiert er über sie. Wie es heißt (Mich. 2, 13): „Ihr König wird vor ihnen hergehen, und der Herr vorne an.“ Aus diesen Worten geht hervor, dass der König für die Kinder Israel ein Spiegel ist, aus dem Gottes Bild ihnen entgegenstrahlt. Alles in allem: wenn Gott den König segnet, erweist er sich als Retter seines ganzen Volkes. Der Herr rüstet seinen König mit Kraft, das Volk zu befreien, so oft es zu ihm um Hilfe schreit: denn er hatte verheißen, nur durch seine Hand und Macht die Seinen zu retten. Jetzt, da Christus erschienen ist, müssen wir ihm die Ehre geben, dass wir auf die Hilfe hoffen, die er uns vom Vater bringt. Diese werden wir aber nur dann bekommen, wenn wir alle unter dem gemeinsamen Haupte zu einer Gemeinde vereinigt gegenseitig für einander sorgen, aber nicht, wenn ein jeder an sich allein denkt.

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