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Calvin, Jean - Psalm 144.

Calvin, Jean - Psalm 144.

Inhaltsangabe: Dieser Psalm ist aus Danksagung und Bitten zusammengesetzt. Mit hohen Worten preist David die reichen Gaben, mit denen Gott ihn geschmückt hat. Zugleich aber bittet er um Fortsetzung dieser Gnadenerweisungen bis zum Ende, sei es, weil er sah, dass das menschliche Leben von Anfang bis zum Schluss mit vielen Beschwerden behaftet ist, sei es, weil er noch viel zu tun hatte mit verkehrten Menschen. Es ist ein Unterschied zwischen diesem und dem 18. Psalm: dort lauter Triumph, weil im Königreich der Friede hergestellt war und alles glücklich vonstattenging, hier aber eingestreute Andeutungen von Unruhe und Besorgnis, weil übriggebliebene Feinde ihm noch zu schaffen machten.

V. 1. Gelobet sei der Herr. Aus dem glänzenden Lobpreis, mit dem David Gottes Gnade rühmt, geht deutlich hervor, dass er damals nicht nur den Thron eingenommen, sondern auch hervorragende Siege erlangt hatte. Er nennt Gott „meine Stärke“ und bekennt damit, dass seine ganze Kriegstüchtigkeit ihm von Gott verliehen ist, nicht nur weil er aus einem Hirten vom Lande ein Kriegsheld geworden, sondern auch weil seine ausdauernde Kraft ein besonderes Geschenk Gottes war. Das erste Hauptwort im Grundtext ist offenbar mit „Stärke“ passender wiedergegeben als, wie es auch etwa übersetzt wird, mit „Fels“. Das zeigt die Erläuterung, die David in den folgenden Worten gibt, wo er sagt, dass er durch göttliche Anleitung zum Kriege tüchtig gemacht wurde. Denn ohne Zweifel gibt er mit diesen Worten zu verstehen, dass er, ob er wohl kriegerischen Sinn besaß, doch nicht zum Kriegführen geboren war, sondern es erst wurde, als Gott einen ganz anderen Mann aus ihm schuf. Was für ein Probestück war doch das, das er als Anfänger im Kampf mit Goliath ablegte? Es war unleugbar ein tollkühner Angriff, wenn wir nicht annehmen, dass David mit einer verborgenen Gotteskraft ausgerüstet war und deshalb menschliche Hilfsmittel entbehren konnte.

V. 2. Meine Güte usw. Dieser auffallende Ausdruck ist ähnlich jenem im 18. Psalm (V. 51), wo David sich den König Gottes nennt. Dies letztere ist nicht so gemeint, als ob er über Gott regierte, sondern er ist von Gott zum König erwählt und eingesetzt worden. Und hier nennt er Gott, dessen Gütigkeit er auf so manche Weise erfahren, seine Güte und meint damit, dass alles Gute, was er besitzt, von Gott ihm zufließt. Die nun folgende Anhäufung sinnverwandter Ausdrücke möchte zwar überflüssig erscheinen, dient aber sehr zur Stärkung des Glaubens. Wir wissen ja, wie flüchtigen Sinnes die Menschen sind, wie leicht ihnen besonders die Beständigkeit des Glaubens abhandenkommt, wenn ein etwas schwerer Sturm sie überfällt. Wenn Gott in Rücksicht auf unsere Schwachheit uns mit einem Worte seine Hilfe und Bewahrung zusagt, so genügt uns das nicht; ja, wenn er noch so viele Mittel anwendet, uns aufrecht zu erhalten, so geraten wir doch alsbald wieder nicht nur in vieles Schwanken, sondern selbst in ein Vergessen der Gnade, das unser Herz beinahe zum Abfall bringt. Daraus wollen wir merken, dass David Gottes Gnade nicht nur deshalb mit so vielen Worten preist, um damit seine Dankbarkeit zu bezeugen, sondern um die Frommen gegen alle Angriffe Satans und der Welt zu wappnen. Unter die vornehmsten Wohltaten Gottes zählt er nun, - und nicht ohne Grund – noch dies, dass er das Volk ihm untertan gemacht hat: der mein Volk unter mich zwingt. Der geordnete Zustand seines Reiches ist nicht so sehr seinem weisen Rat, seiner Trefflichkeit, seiner Regierungskunst oder seinem Ansehen zu danken als vielmehr der verborgen wirkenden Gnade Gottes. Die Worte verstehe ich nun nicht wie manche Ausleger dahin, dass das Volk zu Boden geworfen wurde und David ihm gleichsam den Fuß auf den Nacken setzte. Solch gewaltsame Herrschaft über das auserwählte Volk und das heilige Erbteil Gottes wäre nicht so wünschenswert gewesen. Klarer leuchtet Gottes Segen da hervor, wo ein Volk freiwillig und gern den Gesetzen gehorcht und jeder sich willig in die Ordnung fügt. Das betreffende Zeitwort bedeutet neben „unterwerfen“ auch „ausbreiten“. Wir können es also sinngemäß anwenden auf einen ausgeglichenen Zustand, frei von Unruhen und Wirrnissen. Nachdem also David wegen seiner Siege über die äußeren Feinde Gott die Ehre gegeben, dankt er ihm auch für sein geordnetes Königtum. Und da er von geringem Geschlecht entsprossen, dann durch Lügen und Verleumdungen verhasst gemacht worden war, hätte man es in der Tat kaum glauben sollen, dass er je zu ruhiger Herrschaft gelangen würde. Dass also gegen alles Hoffen das Volk sich so schnell ergab, - dieser wunderbare Umschwung war ein herrliches Werk Gottes.

V. 3 u. 4. Herr, was ist der Mensch usw. Durch einen Vergleich hebt David die Gnade Gottes noch mehr hervor. Hat er eben erzählt, wie herrlich Gott mit ihm gehandelt hatte, so wendet er nun den Blick auf sich und bricht in die Frage aus: Wer bin ich doch, dass Gott sich so zu mir herablassen mag? Die Worte reden zwar allgemein vom Menschengeschlecht, aber es ist doch zu bemerken, dass David seine armselige, geringe Lage erwägt, um Gottes Gnade desto höher zu preisen. An andern Stellen fasst er diejenigen Dinge ins Auge, die ihn persönlich demütigen konnten, hier aber begnügt er sich mit dem Blick auf seine Menschennatur im Allgemeinen. Er könnte außerdem noch anderes anführen, um zu zeigen, warum wir der Liebe und Fürsorge Gottes unwürdig sind. Darum berührt er nur kurz, dass die Menschen einem Rauch oder Schatten gleichen.

Sie verdienen es also nicht, dass Gott ihnen den Reichtum seiner Güte offenbart. So oft wir also vergessen, was wir sind, und etwas zu sein glauben, sollen wir uns erinnern lassen, dass schon die Kürze unseres Lebens jede Einbildung und allen Stolz niederschlägt. Denn indem die Schrift von der menschlichen Hinfälligkeit redet, deutet sie zugleich an, was damit notwendig zusammenhängt. Was ist doch Beständiges an uns zu finden, wenn unser Leben in einem Augenblick dahinschwindet? Wir beachten auch Gottes Gnade nie so recht nach Gebühr, wenn uns diese unsere Lebensumstände nicht zum Bewusstsein kommen. Erst dann geben wir ja dem Herrn wirklich das Seine, wenn wir einsehen, dass er seine Wohltaten an Unwürdige wendet. Das Übrige mögen die Leser aus dem 8. Psalm entnehmen, wo sich ungefähr derselbe Ausdruck findet.

V. 5 u. 6. Herr, neige deine Himmel. Nachdem David die früheren Gnadenerweisungen Gottes gebührend erhoben, bittet er ihn wegen der gegenwärtigen Not um Hilfe zur Erhaltung seines Königtums. Und wie er sich seines Heldenmutes in Gott gerühmt hat, so behält er nun auch in seinen Bitten denselben hohen Ton bei: Gott wolle den Himmel neigen, die Berge rauchen lassen, die Luft mit Blitzen erschüttern, Pfeile schießen. Mit diesen Ausdrücken will er ohne Zweifel alle die Hindernisse zerstreuen, die uns vom gläubigen Erfassen der unendlichen Macht Gottes abhalten, und die wir so schwer überwinden.

Im 18. Psalm rühmt er ungefähr mit denselben Ausdrücken die erfahrene Durchhilfe Gottes und deutet an, dass er durch Gottes Macht wunderbar und auf unerhörte Weise bewahrt wurde. Wenn auch nicht bei jeder göttlichen Hilfe solch ein besonderes Wunderzeichen sichtbar wurde, so erhebt er doch mit Recht das, was sich so gegen alles Hoffen ereignet hatte, über das, was gewöhnlich und natürlich geschieht. Hier dagegen ist es ihm darum zu tun, in seiner verzweifelten Lage, wo der Tod in vielfacher Gestalt ihm drohte, an die erstaunliche Kraft Gottes zu denken, vor der alle Hindernisse der Welt unbedingt weichen müssen. Er will auf sein Heil nicht nur so weit hoffen, wie menschliche Mittel reichen, und erhebt sich deshalb nicht umsonst zu jenen kühnen Worten: war doch gerade damals nichts verkehrter, als die Kraft Gottes mit gewohntem Maße messen zu wollen.

V. 7 u. 8. Strecke deine Hand aus. Nunmehr vernehmen wir, in ein Wort zusammengefasst, worauf die vorigen Ausdrücke zielten, nämlich dass Gott, weil die irdischen Hilfsmittel versagen, seine Hand vom Himmel her offenbare. Die Größe der Gefahr erforderte auch eine Hilfe von ungewohnter Art. Mit großen Wassern vergleicht also David seine Feinde. Dass er sie Kinder der Fremde nennt, deutet nicht sowohl auf ihre Herkunft als auf ihre Gesinnung und ihre Sitten. Es sind auch nicht die Unbeschnittenen gemeint; David hat bei dem tadelnden Ausdruck vielmehr entarte Juden im Sinne, die sich ihrer fleischlichen Vorzüge fälschlich rühmten. Er lässt auch gleich darauf durchblicken, dass er es nicht mit auswärtigen Feinden zu tun hat, die mit Waffengewalt offen gegen ihn vorgingen, sondern mit Widersachern im Innern des Reiches.

Die Lügenrechte beziehen manche auf einen feierlichen Schwur, wobei also die rechte Hand zu einem Meineid erhoben wurde. Andere erklären: die Feinde vollbringen nicht minder mit den Händen verkehrte Ratschläge, als sie mit der Zunge lügen. Wir haben aber ohne Zweifel an jene hergebrachte Sitte zu denken, nach welcher man bei Versprechungen sich die rechte Hand reichte, wie Salomo (Spr. 11, 21; 16, 5 im Urtext) sagt: „Hand in Hand“. Das Wort bezeichnet also die Widersacher als wortbrüchig, hinterlistig, betrügerisch. Beides, Lügenzunge und betrügerische Hand, hängt eng zusammen. David will also sagen: Was sie immer verheißen mögen, so kann man von ihnen doch nichts hoffen, weil sie mit ihren Schmeichelworten und ihrer dargereichten Rechten doch nur täuschen wollen.

V. 9 bis 11. Gott, ich will dir ein neues Lied singen. David schickt sich von neuem an, von ganzem Herzen Dank zu opfern, da er nicht zweifelt, dass Gott ihm seine Wohltaten bis zuletzt erhalten will. Als „neu“ bezeichnet er ein seltenes, ungewöhnliches Lied. Demnach hoffte David mehr, als was die menschliche Vernunft fassen kann. Der Größe der erhofften Hilfe entsprechend verheißt er ein Lied von außergewöhnlicher Art, indem er es von den täglichen Opfern durch ein auszeichnendes Beiwort unterscheidet. Was den Psalter von zehn Saiten betrifft, so haben wir an anderer Stelle (zu Ps. 33, 2) bereits gesagt, dass der Gebrauch desselben ein Teil der Erziehung unter dem Gesetz war.

Vor allem aber ist auf den Inhalt des Liedes zu achten: der du den Königen Sieg gibst usw. Gott, der die Könige erhält und durch dessen Willen und Befehl David zum Könige erwählt und gesalbt worden war, hat ihn nicht nur geschützt, sondern auch vom Schwert der Feinde erlöst. Einige lesen zwischen den Zeilen eine Unterscheidung zwischen Königen und Leuten von geringerem Stande. David würde dann sagen: nicht nur Menschen aus dem Volk werden von Gott bewahrt, sondern auch die Mächtigsten, bei denen es den Anschein hat, als seien sie durch eigene Machtmittel mehr als hinreichend geschützt. Ich weiß aber nicht, ob diese Auslegung stichhaltig ist. Eine andere leuchtet mir mehr ein: obgleich Gott das ganze Menschengeschlecht unterhält, so erstreckt sich doch seine Fürsorge ganz besonders auf den obrigkeitlichen Stand, von dem ja das gemeinsame Wohl aller abhängt. Die Worte haben also den Sinn, dass Gott der Beschützer und Wächter der Königsthrone ist. Es ist ja ein verhasstes Ding um den Herrschaftstitel, niemand gehorcht gern einem anderen; nicht ist unserer Natur so zuwider wie das Untertansein, und manche würden am liebsten das Joch abschütteln und mit bewaffneter Hand die Throne der Könige umstoßen, wenn dieselben nicht durch Gottes verborgenen Schutz gedeckt würden. Dabei unterscheidet sich David von anderen Königen, wie er auch anderswo (Ps. 89, 28) der erstgeborene unter den Königen genannt ist; oder er stellt sich wenigstens auf die höchste Stufe, weil er vor anderen mit der heiligen Salbung ausgestattet war, und sagt, dass die Gnade Gottes ihm in hervorragendem Maße zuteil geworden ist. Er nimmt denn auch den besonderen Ehrentitel „Knecht Gottes“ für sich in Anspruch. Wohl sind die Könige insgesamt Gottes Diener, und bei Jesaja (45, 1) heißt Cyrus in hervorragendem Sinne der Knecht Gottes. Da aber kein gottloser König jemals solchen Ruf Gottes anerkannt hat, besaß David allein auf dem ganzen Erdkreis eine dem Gesetz Gottes entsprechende Autorität, kraft deren er in gewissem Glauben regieren konnte. So wird ihm mit Recht diese unterscheidende Bezeichnung gegeben.

Unter dem mörderischen Schwert versteht er ohne Zweifel all die Gefahren, die er im Lauf so vieler Jahre bestanden hatte, so dass man mit Recht sagen konnte, er sei durch mancherlei Todesnöte hindurch zum Throne gelangt, und mitten unter denselben sei seine Herrschaft befestigt worden.

V. 12. Dass unsere Söhne aufwachsen. Die drei Verse 12 – 14 lesen die einen in der Wunschform, während andere glauben, David beglückwünsche sich und das ganze Volk zu dem Segen Gottes, aus dem allerlei Gutes ihnen zufloss und sie beglückte. Ich glaube auch sicher, dass David mit Danksagung sich daran erinnert, wie freigebig Gott am Volke gehandelt hatte. Dazu stimmt aber ganz gut die Bitte, dass Gottes Wohltaten ungeschmälert bleiben möchten, nachdem dieselben durch das Treiben ruchloser Menschen und durch Feinde aus dem eigenen Volke beinahe ins Stocken geraten wären, wenn nicht Gott in dieser verwirrten Lage Hilfe gebracht hätte. Davids Absicht geht also dahin, Gott möge die so glänzenden Segensgüter, mit denen er sein Volk überhäuft hat, nicht wieder zerfallen und verschwinden lassen. Zuerst spricht er von den Kindern. Er lobt an ihnen den edlen Wuchs und vergleicht die Jünglinge mit Pflanzen, die aufwachsen in ihrer Jugend. Bäume müssen frühzeitig groß werden, wenn sie noch von zarter Beschaffenheit sind, sonst erreichen sie kaum eine stattliche Höhe. Die Töchter, sagt er, seien wie die ausgehauenen Erker, die den Palast zieren, mit anderen Worten: die mit ihrer Feinheit und Schönheit dem Hause zum Schmuck gereichen. Dass nun eine edle und wohlgesittete Nachkommenschaft unter den irdischen Wohltaten Gottes obenan gestellt wird, leuchtet ein. An anderer Stelle (zu Ps. 128, 3) haben wir uns darüber ausführlicher ausgesprochen. Dass übrigens David im Namen des ganzen Volkes spricht und also zwischen dem gemeinsamen Glück und seinem eigenen keinen Unterschied macht, lässt uns erkennen, dass er nicht im geringsten für seinen persönlichen Vorteil eingenommen war.

V. 13. Dass unsere Winkel usw. „Kammern“ lesen andere, was auch nicht abzuweisen ist. Doch scheint mir nach der Grundbedeutung des Wortes, dem wir (in anderer Form) im vorigen Vers („Erker“) begegnet sind, die oben gegebene Übersetzung besser zu entsprechen. Also die Winkel sind voll, und zwar von Vorräten aller Art. Nach einigen Auslegern würde diese Schilderung besagen, dass die Einkünfte so reichlich fließen, dass die verschiedensten Arten in buntem Durcheinander auf einem großen Haufen zusammenkommen. Dann müssten aber die Worte im Grundtext etwas anders gesetzt sein. „Art um Art“ scheint mir vielmehr die Mannigfaltigkeit und Unterschiedlichkeit des Vorrates anzudeuten. Der Sinn ist also der: das Volk ist nicht nur an Weizen, sondern an allerlei Früchten so reich, dass alle Winkel von beliebiger Art Speise übervoll sind und es sich daran sättigen kann.

V. 14. Dass unsere Ochsen usw. Die Ochsen sind, wörtlich übersetzt, „tragend“, das heißt nach der einen Auslegung kräftig, von starken Sehnen, ohne die sie ja nicht zum Tragen oder Ziehen von Lasten geeignet wären, nach anderer Auffassung dagegen beladen mit ihrer eigenen Fettigkeit. Für den Hauptgedanken kommt ja nicht so viel darauf an. Beachtenswerter dagegen ist, dass hier die väterliche Gütigkeit Gottes gegen die Seinen gerühmt wird, nach der er es nicht verschmäht, auch in den geringsten Dingen für sie zu sorgen. Wie also der Prophet im vorigen Vers die Fruchtbarkeit der Schafe der Güte Gottes zugeschrieben hat, so sagt er jetzt, dass von ihm auch die Ochsen gesättigt werden. Wir sollen wissen, dass ihm kein Gebiet unseres Lebens gleichgültig ist. Weil aber auch ein reichlicher Zufluss von Dingen aller Art uns nicht viel nützt, wenn wir sie nicht genießen dürfen, so fügt David bei, dass eine weitere Wohltat Gottes in der friedlichen Ruhe des Volkes besteht. Unter dem Einbrechen sind ohne Zweifel feindliche Einfälle gemeint. Die Feinde sollen nicht eindringen dürfen durch gewaltsam erbrochene Tore oder Mauern. Das Ausziehen nehmen manche sonderbarerweise für einen Auszug in die Verbannung, mit anderen Worten: das Volk soll nicht aus seinem Vaterlande weggerissen und fortgeschleppt werden. Nach meiner Ansicht will David einfach sagen, man werde nicht in die Lage kommen, einen Ausfall unternehmen zu müssen, um die Feinde zu vertreiben, da niemand mit Gewalt gegen das Volk vorgehen oder es belästigen werde. Dasselbe meint er mit der Klage auf unseren Gassen, die durch einen plötzlichen Tumult entstehen würde. Der Sinn ist also der: die Städte sollen durch keine Unruhe verwirrt werden, weil Gott die Feinde fernhält.

V. 15. Wohl dem Volk usw. Mit diesen Worten zieht David den Schluss, dass Gottes Huld gegen die Seinen zur Genüge bezeugt und sichtbar gemacht ist. Wendet jemand ein, es sei ein Zeichen fleischlichen, irdischen Sinnes, dass David das Glück der Menschen in vergänglichen Vorzügen erblicke, so antworte ich: Man muss beides zusammennehmen, nämlich: Glücklich sind Leute, die in ihrem Überfluss Gottes Gunst zu spüren bekommen, - und seine Gnade in den zeitlichen Segnungen so schmecken, dass sie, von seiner Vaterliebe überzeugt, nach dem wahren Erbteil trachten. Es ist aber auch nicht ungereimt, wenn hier diejenigen glücklich gepriesen werden, die Gott in dieser Welt segnet. Nur dass sie über dem Genuss und Gebrauch ihrer Güter sich nicht verblenden lassen noch in stumpfem, unempfänglichem Sinn den Geber übersehen. Und auch dass Gott uns manche zum Leben gehörigen Hilfsmittel entbehren lässt, geschieht sicher aus gütiger Vorsorge, so dass sich darin eine seltene Liebe abspiegelt. Was ist aber wünschenswerter, als dass Gott für uns sorgt? – besonders wenn die Gemüter nicht so töricht sind, das Vaterherz Gottes, von dem sie so freigebig ernährt werden, nicht zu spüren. Denn unter diesem Gesichtspunkt müssen wir alles betrachten. Andernfalls wäre es besser, alsbald durch Hunger zugrunde zu gehen, als sich wie das gemeine Vieh sättigen zu lassen und nicht die Hauptsache im Sinne zu behalten, nämlich dass es denen wohl geht, die Gott zu seinem Volk erwählt hat. Dabei ist zu beachten, dass, wenn Gott uns auch etwa den Brotkorb höher hängt, doch die Gläubigen selbst in bitterer Armut und Entbehrung nicht unglücklich sind. Denn den Mangel, welcher Art er auch sei, ersetzt Gott durch desto bessere Tröstungen.

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