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Calvin, Jean - Psalm 135.

Calvin, Jean - Psalm 135.

Inhaltsangabe: Der Psalm ist eine Ermunterung zum Lobe Gottes, teils für die besondere Gnade, deren er sein auserwähltes Volk gewürdigt, teils wegen seiner Macht und Herrlichkeit, die in aller Welt sich kundgibt. Dann folgt eine Gegenüberstellung der Götzen, - die nur Abbildungen von wesenlosen Gottheiten sind – und des Gottes Israels, der durch gewisse und klare Zeugnisse sich als den wahren und einigen Gott erwiesen hat. Desto freudiger sollen die Frommen ihn loben und sich seiner Herrschaft hingeben.

V. 1 bis 3. Lobet den Namen des Herrn. Der Eingang unseres Psalms ist dem des vorhergehenden sehr ähnlich. Ein Unterschied zwar, so möchte es scheinen, bestehe insofern, als der Prophet hier seine Ermunterung nicht an die Leviten allein, sondern an das ganze Volk richte. Führt er doch für das Lob Gottes Gründe an, die bei allen Frommen gelten. Auch ist hier von nächtlichem Wachen und beständigem Stehen im Hause Gottes nichts gesagt. Da es jedoch recht eigentlich in der Aufgabe der Priester lag, in dieser frommen Übung den anderen voranzugehen, ihnen gewissermaßen die Lobpreisungen Gottes vorzusingen und vorzusprechen, so leuchtet wohl ein, dass eben doch zunächst sie angerufen und angetrieben werden, zu tun, was ihres Amtes ist. Wer sodann die Textworte näher ins Auge fasst, sieht, dass in zweiter Linie freilich auch das Volk neben den Priestern herangezogen wird; denn die Knechte des Herrn redet der Prophet an als solche, die stehen „im Hause des Herrn“, dann – was im vorhergehenden Psalm fehlt – in den Höfen usw. Die Mehrzahlform dieses Wortes erinnert daran, dass ein Vorhof den Priestern zugewiesen war, ein anderer dem ganzen Volk, das nach Vorschrift des Gesetzes (3. Mo. 16, 17) das Heilige nicht betreten durfte. Damit nun die häufige Wiederholung der Aufforderung zum Lobe Gottes nicht Widerwillen erregte, halte man sich gegenwärtig, was wir auch an anderer Stelle gesagt haben, dass nämlich kein Opfer ihm besser gefällt, als wenn wir unsere Dankbarkeit gegen ihn bezeugen. Ich erinnere an Psalm 50, 14: „Opfere Gott Dank und bezahle dem Höchsten deine Gelübde!“ Ebenso Psalm 116, 12 f.: „Wie soll ich dem Herrn vergelten alle seine Wohltat, die er an mir tut? Ich will den Kelch des Heils nehmen und des Herrn Namen predigen.“ Man achte ernstlich darauf, wie solche Stellen diese geistliche Art von Gottesdienst nachdrücklich hervorheben. Wir sollen nämlich nicht mit unnützem Getue einen verkehrten Gottesdiensteifer an den Tag legen, wie die meisten Menschen, die mit törichten Erfindungen Gott dienen wollen, sich darin fruchtlos abmühen und dabei die Hauptsache unterlassen. Darum also schärft uns der heilige Geist so oft das Wort „Lobet!“ ein, damit nicht diese Pflicht der Frömmigkeit bei uns allmählich geringschätzig und kalt behandelt werde. Es liegt aber darin auch ein gewisser Tadel, nämlich gegen unsere Schlaffheit; denn bei Leuten von freiem, eifrigem Trieb würde eine weniger reichliche Ermunterung genügen.

Der Schlusssatz des 3. Verses: „denn das ist lieblich“ lässt auch die andere Übersetzung zu: „denn er ist lieblich.“ Gemeint wäre dann der Name Gottes, von welchem es ja soeben hießt: der Herr ist freundlich. Das Wort des Grundtextes, welches man auch wiedergeben könnte: „Das ist wohlgeziemend“ – legt aber die auch sonst passendere, allgemeine Deutung nahe, dass das Besingen des Namens Gottes lieblich ist.

V. 4. Denn der Herr hat ihm Jakob erwählt. Noch weitere Gründe bringt der Psalmist für das Lob Gottes bei. Da Gottes Weltregierung damals nur den Nachkommen Abrahams bekannt war, also auch nur von ihnen konnte gepriesen werden, so hält der Prophet ihnen als Gegenstand des Lobes vor, dass sie zum Volk des Eigentums erwählt sind. Das war in der Tat ein unvergleichliches Gut. Aus allen Völkern allein bei Gott angenommen und vor allen Heiden bevorzugt zu sein – das musste sie ja zur Danksagung hinreißen. Für ihre Erwählung haben also die Israeliten Gott zu preisen. Und indem der Prophet dies ausspricht, erinnert er deutlich daran, dass sie nicht durch eigene Tugend sich ausgezeichnet haben, sondern der himmlische Vater hat sie mit unverdienter Huld umfangen. Er verpflichtet sich zwar alle Menschen ohne Unterschied zu Dank, indem er seine Sonne täglich aufgehen lässt über Gute und Böse (Matth. 5, 45); aber die Kinder Abrahams hat er mit besonders heiligen Banden an sich gebunden, wie er dies noch heutzutage allen denen tut, die er zu seiner Herde aufnimmt und zu Gliedern seines eingeborenen Sohnes macht.

V. 5. Denn ich weiß. Der Dichter beschreibt hier in allgemeinen Zügen Gottes Macht, um die Israeliten in der Erkenntnis zu fördern, dass eben der Gott, dem sie dienen, der Schöpfer der ganzen Welt ist, dass er alles nach seinem Willen regiert und dass sonst nirgends mehr ein solcher Gott zu finden ist. Wenn er übrigens hier nur von seinem eigenen Wissen um Gottes Größe spricht, so will er nicht andere davon ausschließen, vielmehr aus seiner Wahrnehmung heraus alle zum Aufmerken anreizen, damit sie mit wachen Sinnen das erkennen, was offen vor Augen liegt. Denn wenn auch niemand Gottes Unermesslichkeit zu fassen vermag, so ist doch seine Herrlichkeit, soweit es für uns förderlich ist, unsern Blicken genügend zugänglich gemacht, so dass niemand in der Welt seine Unwissenheit entschuldigen kann. Wer könnte denn beim Anblick des Himmels und der Erde deren Urheber übersehen? Das wäre ja ganz unverantwortlich. Um uns aber desto kräftiger anzuregen, stellt der Dichter sich uns zum Vorbild hin und lädt uns so zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes ein, oder vielmehr er geißelt unseren stumpfen Sinn, unsere so mangelhafte Aufmerksamkeit.

Im zweiten Glied des Verses ersehen wir noch bestimmter, was ich vorhin schon berührte, dass der Prophet darauf ausgeht, die Israeliten beim Dienst und der Furcht des einigen Gottes festzuhalten, indem derselbe Gott, der seinen Bund mit ihren Vätern gestiftet hat, der Schöpfer Himmels und der Erde ist. Hat er ihn Jehova (in der Übersetzung: „der Herr“) genannt, so bezeichnet er ihn gleich darauf als den Gott Israels. Die also von diesem Gott sich abwenden, führen den Namen Gottes fälschlich im Munde, wie z. B. die Juden und die Türken. Die bekennen wohl, dass sie Gott als den Weltschöpfer verehren; aber das ist leeres Geschwätz. Denn wo man sich vom Gesetz und Evangelium scheidet, da ist alles, was sich als Frömmigkeit breit macht, doch nur eine Verleugnung des wahren Gottes. Nicht umsonst legt also der Prophet dem Herrn den besonderen Titel bei, damit die Israeliten bei dem bleiben, was das Gesetz sie lehrt. Unter den „Göttern“ kann man die erdichteten Heidengötter verstehen. Gott wird dann uneigentlich den leeren und nichtigen Gedankengebilden gegenübergestellt. Der Sinn ist dann der: Gottes Größe ist überragend, dass sie jedes erdichtete göttliche Wesen zunichtemacht. Mir scheint jedoch, dass die Engel gemeint sind, wie schon an anderen, ähnlichen Stellen gesagt wurde (zu Ps. 95, 3; 96, 4). Also: auf den Engeln liegt zwar ein gewisser, göttlicher Glanz, etwas von himmlischer Kraft und Hoheit, Gott aber ist höher als sie und hält sie in ihren Schranken, dass sie keinen Schatten auf seine Größe werfen.

V. 6. Alles, was er will, das tut er. Darin steht die unermessliche Größe Gottes, dass er nicht nur durch eine einmalige Tat Himmel und Erde gegründet hat, sondern auch alles noch nach seinem Willen lenkt. Denn diejenigen, welche ihn als Weltschöpfer bekennen, sich aber einbilden, er sitze jetzt müßig im Himmel und kümmere sich nicht um die Welt, rauben ihm damit in unfrommer Weise seine Kraft. Und doch ist ein großer Teil der Menschen in solch fleischlichem Wahn befangen. Fragt man sie, ob sie denn glauben, Gott schliefe, so werden sie es zwar leugnen; aber so lange sie sich einbilden, Gott habe die Zügel des Schicksals aus der Hand gelassen, bleibt ihm in ihren Augen sozusagen nur ein Schatten von Macht übrig, mit der er nichts ausrichtet. Die Schrift aber lehrt, dass er tätig ist, da ja die ganze Welt durch seinen Willen regiert wird. Der Prophet stellt hier nämlich ausdrücklich fest, dass Gott den einzelnen Teilen der Welt seine Fürsorge zuwendet, dass also nirgends etwas planlos oder zufällig geschieht. Da schwatzen die Leute irgendetwas von allgemeiner Vorsehung und meinen Wunder, was sie damit Schöne und Glänzendes von Gott aussagen. Unser Text aber zählt den Himmel, die Erde und die Gewässer besonders auf und bezeichnet damit die göttliche Fürsorge als eine solche, die sich auf die Gebiete der Schöpfung im Einzelnen erstreckt. Der Hauptnachdruck unserer Stelle liegt aber auf dem Worte: „was er will“. Und sein Wille ist ein planvoller, auch da, wo nach unserm Augenschein lauter Zufall waltet. Die Gründe zu untersuchen, warum Gott die Ereignisse so leitet, dass sie unsern Gedanken zuwider laufen, steht uns freilich nicht zu. Trotzdem müssen wir, wenn wir nicht die Gottesfurcht von Grund aus verleugnen wollen, fest dabei bleiben, dass nichts geschieht, was nicht Gott festgesetzt und beschlossen hat. Wenn uns auch sein Wille verborgen ist, so gebührt uns doch, zu demselben als zur Quelle von allem, was recht und gut ist, ehrfurchtsvoll aufzuschauen, denn nichts geziemt uns mehr, als dass er uns über allem stehe. Ein Weiteres mögen die Leser aus dem 115. Psalm entnehmen.

V. 7. Der die Wolken lässt aufsteigen usw. Der Prophet schildert aus dem einen und anderen besonderen Schöpfungsgebiete, dass nichts sich nach eigenem Triebe bewegt, sondern alles nach Gottes Rat und von seiner Hand geleitet wird. Er gibt uns also, da unser Sinn nicht den tausendsten Teil der Werke Gottes zu fassen vermag, hier nur etliche Proben an die Hand zum Beweis für das, was er von der himmlischen Vorsehung gelehrt hat. Der die Wolken, sagt er, lässt aufsteigen „vom Ende der Erde“, indem die vom Boden aufsteigenden Dünste sich zu Wolken verdichten. Wer sollte meinen, dass die Dämpfe, die wir emporschweben sehen, bald darauf den Himmel verdunkeln und sich über unseren Häuptern lagern? In diesen Dünsten, die, sonst so unscheinbar, nach ihrem Aufsteigen doch in einem Nu den ganzen Luftbereich beherrschen, sehen wir einen ausgezeichneten Beweis für Gottes Macht. Noch bedeutender erscheint diese Wundermacht, wenn es weiter heißt: der die Blitze macht zum Regen. Kennten wir diese Vermengung von Feuer und Wasser nicht aus Erfahrung, wer würde nicht sagen, das sei ein unglaubliches Wunder? Dasselbe gilt von dem Winde. Denn obschon die Winde sicherlich auf natürlichem Wege entstehen und die Gelehrten ihren Ursprung nachweisen, so sind sie doch in ihrer so mannigfaltigen Bewegung ein wunderbares Werk Gottes. Übrigens preist der Prophet Gottes Macht nicht nur in dem Sinne, wie sie auch die Weltweisen zugeben, sondern er will sagen, dass der vom Himmel triefende Regen in jedem seiner Tropfen eine bestimmte Gabe Gottes ist. Soviel wird ja allgemein zugestanden, dass Gott als der Schöpfer der Naturordnung auch der Urheber des Regens und ebenso des Donners und der Winde ist. Der Prophet aber geht hier weiter. So oft es regnet, geschieht dies nicht aus blindem Naturtrieb, sondern weil Gott es also beschlossen hat, in dessen Macht es steht, den zuvor heiteren Himmel in Wolken zu hüllen und dann wieder aus dem zerteilten Gewölk klares Licht zu spenden.

V. 8 u. 9. Der die Erstgeburten schlug. Der Psalmist verbreitet sich wieder über die besonderen Wohltaten, womit Gott die Gemeinde und das auserwählte Volk sich zum Dank verpflichtet hat. Da nämlich seine Worte sich nur an die Gläubigen richten, preist er Gott hauptsächlich darum, dass er aus dem ganzen menschlichen Geschlechte das an Zahl geringe Volk zu Kindern angenommen, und sodann, dass er zu deren Gunsten wider große und starke Völker gestritten hat. Alle die Wunder, die Gott in Ägypten wie im Lande Kanaan wirkte, waren ja ebenso viele Beweise seiner väterlichen Liebe gegen das auserwählte Volk. Voran stellt der Prophet den Untergang der Erstgeburt in Ägypten, - ohne sich an die geschichtliche Reihenfolge zu kehren – weil aus diesem Ereignis als einem denkwürdigen Beispiel hervorgeht, welchen Wert Gott auf das Heil seiner Gemeinde legte, da er um ihretwillen ein großes, reiches Volk nicht verschonte. Kurz, in der Erlösung des Volkes hat sich Gottes Kraft samt seiner Gnade überreichlich bezeugt.

V. 10 bis 12. Der viel Völker schlug. Der Prophet schreitet in seiner Rede weiter und berührt nun das Ziel, das Gott bei Erlösung seines Volkes verfolgte. Er hat sein Volk nicht dazu aus Ägypten geführt, um es dann auf einmal im Stiche zu lassen auf zielloser Wanderschaft, sondern um ihm seinen Platz im verheißenen Erbteil zu verschaffen. Darin also, sagt der Prophet, konnte man die Huld Gottes und seine unermüdliche Gnade ersehen: nachdem er einmal die Hand über die Kinder Abrahams ausgestreckt hatte, führte er dieselben weiter und fuhr fort, seine Kraft kundzutun, bis sie das verheißene Land besaßen. Gottes Macht aber wird hervorgehoben, indem der ruhige Besitz des Landes dem Volke nur nach Niederwerfung vieler Feinde zuteilwurde, während Gottes Güte dadurch ins Licht gestellt wird, dass er einer unansehnlichen Schar den Vorzug gab vor mächtigen Königen und starken Völkern. Die beiden Könige Sihon und Og erwähnt der Psalmist, nicht weil sie die mächtigsten von allen gewesen wären, sondern weil ihr schwer zugängliches Land sie zu gefährlichen Gegnern machte, besonders für das noch nicht kriegsgewohnte Volk Israel. Den Gipfel der Wohltaten Gottes findet aber der Prophet darin, dass die Israeliten den bleibenden Besitz des Landes erlangten. „Schwer ist es, Besitz zu gewinnen, - nicht minder, ihn zu behaupten“, hat einer gesagt. An den rings von streitsüchtigen Feinden eingeschlossenen Israeliten zeigte sich also die Kraft Gottes aufs glänzendste dadurch, dass Israel weder umgebracht noch vertrieben wurde, was hundertmal hätte geschehen können, wenn sie nicht in ihrem Besitz bestätigt worden wären.

V. 13 u. 14. Herr, dein Name währt ewiglich. Dass Gottes Name in der Welt herrlich sein soll, dafür gibt es viele Gründe. Der Prophet aber verkündigt hier insbesondere den ewigen Ruhm, den Gott wegen der Erhaltung der Gemeinde verdient und erlangt, wie er denn zur Begründung gleich beifügt, dass der Herr sein Volk richten wird. Ist die ganze Welt ein Schauplatz der göttlichen Güte, Weisheit, Gerechtigkeit und Kraft, so steht gleichsam im hellsten Lichte die Gemeinde; und je mehr Gott uns nahe tritt, und je freundlicher er uns mit Wohltaten segnet, desto mehr geziemt uns, dieselben recht aufmerksam zu erwägen. Das Zeitwort richten begreift im Hebräischen alles in sich, was zum richtigen, gesetzlichen Regieren gehört; und da es in der Zukunftsform steht, bezeichnet es nach gewöhnlichem Sprachgebrauch ein fortgesetztes Tun. Der Prophet will also sagen: Gott wird immer der Beschützer und Wächter seines Volkes sein; das Heil der Frommen wird also in sicheren Händen liegen, da Gott es zu seinem Herzensanliegen macht. Die Zukunftsform könnte allenfalls vom Propheten auch in der bestimmten Absicht gewählt sein, damit wir lernen, in kommender Trübsal unsere Hoffnung aufrecht erhalten und die Fassung auch dann nicht verlieren, wenn es etwa aussieht, als ob wir von Gott verlassen und versäumt würden. Denn mag er auch zeitweise seine Hilfe verbergen, so zeigt er sich doch zur rechten Stunde als Retter, wenn er sieht, dass die Seinen genug gedemütigt sind. Dieser Sinn leuchtet auch ganz wohl ein, da der Prophet wahrscheinlich auf den Ausspruch Moses in 5. Mose 32, 36 anspielt, den er ja auch wörtlich anführt. Mose wollte den Schmerz, den das Volk unter Gottes Schlägen zu leiden haben würde, lindern und verkündigt deshalb, Gott werde als Richter sein jämmerlich niedergeschlagenes Volk aufrichten und behüten. Das wendet nun der Verfasser des Psalms auf die Gemeinde an zu ihrem dauernden Trost. Gott wird es niemals zulassen, dass die Gemeinde gänzlich zugrunde gehe. Mit ihrer Vernichtung würde er ja aufhören, König zu sein. –

Das Wort, welches wir übersetzen „wieder gnädig sein“, hat im Hebräischen sowohl den Sinn: „sich etwas gereuen lassen“ als auch „Trost fassen“. Und bei beiderlei Auffassung ergibt sich ein guter Sinn. So oft nämlich Gott sich mit der Gemeinde versöhnt, zeigt sich darin ein Wechsel seines Verhaltens, obwohl er selbst keinem Wechsel unterworfen ist. Demnach wird es in dem Sinn von ihm heißen, er empfinde Reue, weil er die Gemeinde wieder milder zu behandeln anfängt, nachdem er sie im Zorn mit gerechten Strafen heimgesucht hat. Und dass er über seinem Volke „Trost fasst“, mit anderen Worten: sich beruhigt, will sagen, dass er sein Volk wohl auf einen Augenblick gezüchtigt hat, aber, seines ewigen Bundes eingedenk, sich mit fortwährender Gnade seiner erbarmt, wie es Jesaja 54, 8 heißt. In Summa: der Zorn Gottes gegen die Gläubigen ist vorübergehend, und wenn er ihre Vergehungen heimsucht, so denkt er mitten im Zorn seiner Barmherzigkeit (Hab. 3, 2). Und so wird Gott uns menschlich geschildert als der, der voll Vaterliebe seine Kinder, die verworfen zu werden verdient haben, wiederherstellt. Er kann sich ja nicht von seinem eigenen Herzen losreißen. Mit anderen Worten: Gott ist barmherzig gegen die Gläubigen, weil sie seine Kinder sind, deren er sich nicht berauben will; auch deshalb ist er zur Versöhnung geneigt, weil sie seines Herzens Freude sind und er gern denen, die er als seine Kinder erkennt, seine Gunst erzeigt.

V. 15 bis 21. Der Heiden Götzen usw. Da dieser ganze Teil des Psalms schon an anderer Stelle (Ps. 115, 4 ff.) ausgelegt worden ist, können wir, um die Leser nicht zu ermüden, uns eine Wiederholung ersparen. Ich will also nur mit wenigen Worten die Absicht des Propheten andeuten. Mit einem Tadel gegen den Unverstand der Heiden, die an ein Nahesein Gottes nur in den Götzenbildern glauben, erinnert er die Israeliten an ihre herrlichen Erfahrungen. Umso ernstlicher sollen sie beim einfältigen, reinen Gottesdienst bleiben und die abergläubischen Gedanken der Heiden verabscheuen. Denn je mehr sie dem Götzendienst nachhängen, desto schwereres Gericht ziehen sie sich zu. Die schreckliche Vergeltung wird den Anhängern falscher Götter ohne Zweifel eben deshalb angekündigt, damit von ihrem bösen Beispiel alle die abgeschreckt werden, die in Gottes Gesetz unterwiesen sind. Während nun der 115. Psalm zur Hoffnung ermuntert, fordert der Prophet an unserer Stelle auf, Gott zu preisen.

Die vom Hause Levi ruft er neben denen vom Hause Aaron auf, weil der Priesterstand in zwei Klassen geteilt war. Was noch folgt, bedarf der Auslegung nicht, außer, dass im letzten Vers der Prophet selbst mit der übrigen Versammlung der Frommen Gott preist. Er sagt: aus Zion, denn indem Gott verheißen hatte, dass er von dort aus die Gebete der Seinen erhören wolle und ihnen von dort aus seine Gnade zu spüren gab, so war dort auch die Veranlassung zum Lobpreis gegeben. Das wird auch noch begründet mit den Worten: der zu Jerusalem wohnt. Das ist nicht in grob sinnlicher Meinung gesprochen, als ob Gott von einem so eng begrenzten Wohnort umschlossen wäre, sondern es bezieht sich auf seine spürbare Gnade, indem man aus Erfahrung wissen konnte, dass Gott, obgleich seine Majestät Himmel und Erde erfüllt, doch mit seiner Kraft und Gnade den Seinen auf Erden gegenwärtig ist.

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