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Calvin, Jean – Hiob 9, 5-15.

Calvin, Jean – Hiob 9, 5-15.

5) Er versetzt die Berge, und sie merken nichts davon, wenn er sie umkehrt in seinem Zorn. 6) Die Erde schüttelt er von ihrer Stätte weg, dass ihre Pfeiler zittern. 7) Er ist´s, der der Sonne gebietet, dass sie nicht scheinet, und die Sterne werden von ihm verschlossen wie mit einem Siegel. 8) Er ist´s allein, der die Himmel ausbreitet und schreitet über das Meer hin, 9) der den Bären gemacht hat und den Orion, die Hyaden und die Kammern des Südens, 10) der wunderbare Werke schafft, die nicht zu erforschen sind, Wunderdinge ohne Zahl. 11) Siehe, er geht an mir vorüber, aber ich sehe ihn nicht; er fährt dahin, ohne dass ich ihn wahrnehme. 12) Wenn er ausrauft und wegreißt, wer will´s wieder aus seinen Händen ziehen? Wer will zu ihm sagen: Was machst du? 13) Gott nimmt seinen Zorn nicht zurück, und die mächtige Hilfe wird von ihm darnieder geworfen. 14) Was vermag ich denn, wenn ich mich mit ihm einlasse und Worte gegen ihn ersinne? 15) Wenn ich auch recht habe, kann ich ihm dennoch nicht antworten, sondern muss zu meinem Richter flehen.

Wären wir weise genug, um Gott zu erkennen, so wie er sich zu erkennen gegeben hat, so bedürfte es nicht vieler Worte. Aber weil unser Sinn hierin so verkehrt ist, so muss Gott uns unsern Undank vor Augen halten, indem er uns seine Werke offenbart. Es ist also hier durchaus das Wort Hiobs am Platze: wenn Gott wolle, so lasse er sich den Himmel mit großen dicken Wolken bedecken, so dass die Sonne verschwinde; gefalle es ihm aber, das Licht zu senden, dann erscheine das Firmament, dieses schöne Gezelt, das der Himmel seiner Majestät ist. Auch darin zeigt sich seine Kraft: Er schreitet über das Meer, er hat die Sterne am Himmel geordnet, von denen hier eine Anzahl namhaft gemacht wird. Das alles wird uns hier aufgeführt, damit uns umso mehr unsere Pflicht zum Bewusstsein komme, die Werke Gottes anzuschauen und ihn zu ehren, wie sich´s gebührt. Der Text spricht nur von allbekannten Dingen, aber weil wir nicht die richtige Anwendung davon machen, muss Gott uns den Dienst eines guten Lehrmeisters tun, indem er uns diese Lektion immer wiederholt.

Er gebietet der Sonne, dass sie nicht scheint. Unendlich ist der Himmel, Gott hat ihn ausgespannt, und die Erde ist seiner Füße Schemel. Das lenkt unser Auge auf die Majestät Gottes, die unbegreifliche, das bewegt uns zur Anbetung und zur gebührenden Beugung unter ihn. Es ist also nicht überflüssig, wenn uns gesagt wird, er gebiete der Sonne, dass sie nicht scheint, und er decke die Sonne durch die Wolken, als zöge er einen Vorhang davor, und wenn er wolle, spanne er den Himmel aus. Ebenso ist es auch mit dem andern: Er schreitet über das Meer hin. Zwar sehen wir ihn nicht darauf wandeln; aber wie könnte das Meer in seinem Zustand bleiben, wenn es nicht durch eine wunderbare Kraft gehalten würde? Es ist doch des Wassers Art, auseinander zu fließen. Nun aber, o Wunder, erhebt sich das Meer wie ein Berg – es sind ihm aber Grenzen gesteckt, sonst müsste es die Erde ganz und gar überschwemmen. Trotz seines scheinbar unaufhaltsamen Ungestüms hält Gott noch heute das Meer in seinen Grenzen, allein durch das Wort, dass das Meer sich sammle und ein trockener Ort entstehe, da die Menschen wohnen mögen.

Darnach kommt er auf die Sterne zu sprechen. Ihre Zahl ist unendlich; doch nennt Hiob einige mit Namen, um uns an die ganze schöne gewappnete Leibwache des Himmels zu erinnern. Wir sehen neben den Planeten die Fixsterne am Firmament; jeder hat seine besondere Bedeutung für unsere Betrachtung des wunderbaren Kunstwerks, das in der Bewegung des Himmels sich vollzieht. Die Räder eines Wagens drehen sich um eine Querachse, und zwar um zwei Naben an den Wagenrädern, und die Sonne läuft um sie herum. Wissen wir das, ist es dann nicht eine ganz unaussprechliche Weisheit Gottes, die uns darin sichtbar wird? Zum mindesten bekommt man eine Ahnung davon und fühlt sich bewogen, Gott dafür zu preisen: Herr, wie sind deine Werke so groß und viel! Freilich, was Hiob hier andeutet, versteht man erst völlig, wenn man in der Wissenschaft bewandert ist; denn er meint die Astrologie (Astronomie). Er lässt es nicht damit bewenden, dass er nur davon spricht, was die ungelehrten Leute sehen; er geht weiter, er geht in die Einzelheiten, damit wir das kunstvolle Werk des Himmels erkennen. Aber wenn wir auch keine Astrologen (Astronomen) sind, so kann doch keiner sich damit entschuldigen, Gott gäbe ihm nicht genug Verständnis für diese Dinge – es sei denn, dass wir die Augen zumachen, wenn die Sonne leuchtet. Auch die Hirten auf dem Felde wissen von den Sternen zu reden, ja sie kennen sie sogar mit Namen. Nun haben die Dichter vielerlei Fabeln ausgeheckt und viele törichte Dinge ersonnen; alle diese Abgeschmacktheiten haben ihre Wurzel in der menschlichen Bosheit und Leichtfertigkeit. Das eine Gestirn nennen sie den Kranz eines Weibes oder das Weib selbst, das andere eine Kuh, ein drittes und viertes noch anders – lauter Narrenwerk! Das kommt nur von einer feinen List Satans her; denn er wollte, soviel ihm möglich war, diesen schönen Spiegel, darin Gott der Herr angeschaut sein will, verderben. Mose sagt: „Also ward vollendet Himmel und Erde mit ihrem ganzen Heer“ (Gen 2, 1). Warum nennt Mose die Sterne das Heer des Himmels? Weil sie seine Rüstung sind: ohne den Schmuck der Gestirne wäre der Himmel formlos und ungestalt, und dieser Schmuck ist bei der Erschaffung der Welt vollendet. Es ist also der Teufel, der die Menschen vergessen lässt, was für ein Zeugnis damit Gott für sein Werk gegeben hat; deshalb überredete er sie, die Sterne seien hier oder da entstanden. Ja, wenn von den Sternen die Rede war, hat man sie nach den Huren ihrer Götter benannt. Hiob aber will uns zu Sternkundigen machen, soweit unser Verstand uns dazu befähigen kann, damit das alles zur Ehre Gottes gereiche, dem wir eine so schöne Himmelsordnung verdanken.

Nun aber ist der Menschengeist ebenso der Eitelkeit und dem Irrtum verfallen, wie zu allen Zeiten. Denn wenn wir´s auch nicht mit den Sternen zu tun hätten, brauchten wir doch nicht weit zu gehen, um zu merken, was Gott ist. Es braucht nur jeder sich selbst anzuschauen, wie Paulus (Apg 17, 27.28) sagt: „Er ist nicht ferne von einem jeglichen unter uns; denn in ihm leben, weben und sind wir.“ Und gleichwohl begreifen wir ihn nicht! Sagen wir: Es fehlen uns die Augen dazu, so sagt Paulus: Es bedarf nur eines „Tastens“ (Apg 17, 27); ein Blinder kann sich nur tastend fortbewegen, so können auch wir nur tasten, und wenn wir auch die Augen geschlossen haben, so lässt uns doch Gott, ob wir wollen oder nicht, seine Kraft, Weisheit, Güte und Gerechtigkeit spüren. Aber wir bleiben stumpf und ohne Verständnis. In nichtigen und eitlen Dingen sind wir scharfsinnig genug, aber in dem, was zu unserm Heil dient, versagen wir ganz und gar. Umso mehr müssen wir auf solche Stellen achten, wo unser Herr uns anzeigt: Schauen wir zum Himmel hinauf, so soll uns in den Sinn kommen: Siehe, da ist Gott, der uns Augen gegeben hat, diese schöne Ordnung zu sehen! Schauen wir zur Erde nieder, was zeigt sich da? Auch da offenbart sich uns Gott, damit wir an ihn denken. Es kommt darauf an, dass wir ihn ehren, wie er es verdient; denn die Menschen begnügen sich mit einer oberflächlichen Ehrung, und wenn sie Gott nur irgendeine Zeremonie erweisen, so meinen sie, daran müsse er sich genügen lassen. Aber die Ehrung, die er fordert und die wir ihm schulden, besteht darin, dass wir vor ihm zittern, sooft wir von ihm sprechen, dass wir in ihm unsern Richter erkennen, in Scham uns vor ihm beugen und wissen: er könnte uns mit einem Blick vernichten, er könnte die Berge schmelzen machen, wie das Wachs an der Sonne schmilzt. Und was sollte dann aus uns schwachen Menschen werden? Deshalb sollen wir vor Gottes Majestät erschrecken, auch gebührend über seine Gerechtigkeit nachdenken: alles, was besteht, hat seinen Ursprung allein in ihm; denn er ist der Brunnquell aller Güter.

Noch mehr: Wir brauchen nicht in der Geschichte nachzuforschen, ob es jemals Berge gegeben hat, die in den Abgrund versenkt wurden, oder nicht. Wenn es aber an unserer Stelle heißt: Er versetzte die Berge, aber sie merken nichts davon, so soll uns das darauf hinweisen: Wenn Gott die Erde gleich einmal befestigt und aufgebaut hat, als stünde sie auf den festesten Fundamenten, so kann er doch, wenn er will, alles derart verändern, dass die Berge sich in lauter Täler verwandeln. Hiob will also nicht erzählen, was sich einmal und irgendwo ereignet hat, sondern er zeigt, was Gott tun könnte, wie es auch an einer andern Stelle heißt (Ps 97, 5): „Berge zerschmelzen wie Wachs vor dem Herrn, vor dem Herrscher des ganzen Erdbodens.“ Ist aber Gottes Blick so furchtbar und schrecklich, dass Himmel und Erde davor erzittern, wie könnte dann ein sterblicher Mensch vor ihm bestehen?

Siehe, er geht an mir vorüber, aber ich sehe ihn nicht; er fährt dahin, ohne dass ich ihn wahrnehme. Obgleich sich Gott uns zeigt, ist er doch unsichtbar. Aber wie zeigt er sich denn? Durch seine Werke, aber nicht in seinem Wesen! Denn in seinem Wesen sehen wir ihn nie. Dabei aber erkennen wir ihn so, dass wir sehen müssen: Seine Hand ist da vorübergegangen. Das ist wie ein Zeugnis seiner Gegenwart. Gott geht an uns vorüber, er lässt uns seine Kraft spüren, die sich durch das ganze Weltall derart ausbreitet, dass sie uns überall nahe ist. Gleichwohl ist er unsichtbar: diese Offenbarung ist zwar unserer Natur gemäß, dennoch haben wir keine vollkommene Erkenntnis davon; wegen der geringen Fassungskraft unseres Geistes können wir sie nicht begreifen, sondern werden dabei zu Schanden. Zum Beispiel: Ich sehe das Land Frucht bringen; das erinnert mich an Gottes Kraft und Güte. Wenn wir im Frühling das Land seinen Schoß aufschließen und seinen Reichtum entfalten sehen, siehe, da zeigt sich Gott: er geht vorüber! Oder die Sonne lacht vom Himmel, oder es regnet: siehe, da ist Gott, er wandelt hierhin, dahin, er wendet sich hierhin, dorthin, je nach dem Wechsel, der in der Natur sichtbar wird; es ist, als ginge Gott von einem Ort an den andern, damit man ihn umso besser begreife. Denn wenn er da säße, dort bliebe wie auf einem Stuhle, ohne sich zu rühren, wir würden ihn nie so gut erkennen; nun aber wandelt er hierhin und dorthin, um uns umso dringender an sich zu locken. Haben wir nun den Herrn gesehen? Begreifen wir nun die Kraft, die da sichtbar wird an den Bäumen, dem Getreide, an den Wiesen, den Weingärten und all dem Schönen? Keineswegs! Ein gewisses Empfinden haben wir wohl dafür, aber das ist nur Stückwerk. Das aber ist sicher: Gott geht hin und her, er wandelt an uns vorüber, und wir sehen ihn nicht. Wenn aber in diesen alltäglichen und scheinbar so unbedeutenden Dingen Gott an uns vorübergeht, und wir erkennen ihn nicht, wie er ist, oder doch nur ein wenig davon, - wie wird es dann sein, wenn wir zu seinen höchsten und verborgensten Werken kommen, wenn Gott einmal auf ganz besondere Weise handelt? Etwa wenn er bisweilen seine Gerechtigkeit übt in einer Weise, dass wir alle uns darüber entsetzen und nicht verstehen können, wie das zugeht?

Gottes Macht ist unbegrenzt; selbst in den geringsten Dingen vermag die Vernunft sie nicht zu begreifen: Gott ist da, aber wir spüren nur wenig davon. Das meine ich nicht von Gottes Wesen, sondern allein von seinen Werken, wodurch er sich uns zu erkennen gibt; aber auch wenn er sich uns zeigt und wenn er uns sich noch so freundlich naht, so sehen wir ihn doch nicht; was sollte es erst geben, wenn wir vor ihn hintreten und ihm den Prozess machen wollten, um ihn zu überwinden? Wären wir wirklich stark genug dazu? Was ist es doch für eine Vermessenheit, sich so an Gott heranmachen zu wollen! Man hält sich für geschickt genug, über die Wolken hinauf zu fliegen! Ach, was für eine Torheit, ja was für ein Wahnsinn!

Wieder denkt Hiob an Gottes Kraft und Stärke, wenn er fortfährt: Wenn er ausrauft und wegreißt, wer will´s wieder aus seinen Händen reißen? Wer will zu ihm sagen: Was machst du? Scheinbar schreibt Hiob hier Gott eine „absolute Gewalt“ zu, die weder Recht noch Billigkeit in sich trägt. Aber die Gerechtigkeit Gottes besteht nicht allein darin, dass er die Missetäter bestraft, wenn ihre Verfehlungen offenkundig sind. Nein, auch dann, wenn er so befremdlich handelt, dass es uns ist, als handle er ganz unbillig, als tue er uns Unrecht, ja, wenn auch die Ungläubigen deshalb gegen ihn murren, - selbst dann müssen wir seine Gerechtigkeit anerkennen. Nun aber heißt es hier: Gott reißt weg. Reißt Gott etwas weg? Nein, es soll nur heißen: Wenn Gott mit so schrecklicher Macht vorgeht, als wäre er ein Löwe, wenn Gott alles verschlingt und auf Erden das Unterste zu oberst kehrt, wenn Gott zu unserm Schrecken also im Wetter einher fährt, so darf doch keiner zu ihm sprechen: Warum tust du also? Und noch viel weniger kann ihm jemand die Beute aus den Händen reißen. Das heißt: es steht den Menschen nicht zu, sich über ihn zu beschweren; es ist vergeblich. Wohl meinen sie mit gutem Grund ihre Klagen vorbringen zu können, ja, einige sind so unsinnig, dass sie meinen, ihre ausgespieenen Lästerungen genügten schon, ihnen den Sieg über Gott zu verschaffen; aber am Ende verlieren sie doch, wenn Gott sich mit ihnen in den Prozess einlässt und sie seine Kraft und Gewalt fühlen lässt, nicht eine tyrannische Gewalt, wie sie es sich einbilden, sondern eine unendliche Gewalt. Die ist unserm Verstande nicht fassbar, so dass wir sagen könnten: Je nachdem wir es verstehen, ist Gott entweder gerecht oder nicht. Nein, nein, Gott ist gerecht auch dann, wenn wir ihm Unrecht geben, wie es Ps 51, 6 heißt: „Du behältst Recht, auch wenn du die Menschen richtest.“ Die Menschen können wohl gegen Gott das Maul aufreißen, aber endlich wird doch jedem der Mund gestopft, und Gott steht gerechtfertigt da.

Beim Fragen also nach Gottes Antlitz und Stärke müssen wir demütig vorgehen, so wir Hiob zum Schluss ausspricht: Was vermag ich denn, wenn ich mich mit ihm einlasse und Worte gegen ihn ersinne? Wenn ich auch Recht habe, kann ich ihm dennoch nicht antworten, sondern muss zu meinem Richter flehen. Wer dürfte seinen Mund vor ihm auftun und sagen: Ich bin gerecht, und ich hab´s wohl verdient, dass du mich in Gnaden annimmst! Da bleibt nur übrig, dass wir zu unserm Richter flehen. In dem Worte „flehen“ aber liegt das Eingeständnis, dass wir des Todes schuldig sind. Wir wissen: Es ist nichts in uns, was nicht des Todes und der Verdammnis wert wäre, wir wissen, dass nichts als Sünde und Missetat in uns ist, dass wir deshalb keine andere Zuflucht haben als zu seiner lauteren Barmherzigkeit. Das alles liegt in dem Worte „flehen“. Sooft also davon die Rede ist, wir müssten vor der Majestät Gottes erscheinen, lass uns daran denken: Er kann nicht anders von uns gebührend verherrlicht werden, als so, dass „aller Mund verstopft werde und alle Welt Gott schuldig sei“ (Röm 3, 19). Wenn wir also vor unsern Richter treten, um zu ihm zu flehen, so hören alle Versuche, uns selbst zu rechtfertigen, auf; denn damit gewinnen wir nichts. Lasst uns darauf bedacht sein, uns ihm völlig zu ergeben und nach der Regel seines Wortes zu wandeln; dann wir er allezeit seine Gnade je länger je mehr in uns mehren, bis er uns Unwürdige zur Seligkeit gebracht hat.

Gott nimmt seinen Zorn nicht zurück, und die mächtige Hilfe wird von ihm zu Boden geworfen. Und wenn wir alles, was uns helfen könnte, zusammenhäufen, wird Gott doch alles zunichte machen, es sei denn, dass er mit uns versöhnt sei, also in seiner Güte uns zu Gnaden annehme. Denn es besteht keine Hoffnung, dass wir den Prozess gegen ihn gewinnen könnten. Irgendwie also müssen wir mit ihm ins reine kommen. Wie aber kann Gott mit den Menschen versöhnt werden? Können sie mit etwas Eigenem bezahlen? Können sie als gerecht erfunden werden, wenn er die Herzen prüft? Nein, nein, nur dann, wenn die Menschen fußfällig zu ihm flehen! Umsonst werden wir allerlei Mittelchen suchen, um dem Zorne Gottes zu widerstehen und nicht von ihm verzehrt zu werden: diesen Weg, der uns hier gezeigt wird, müssen wir einschlagen. So allein stillt sich Gottes Zorn.

Was vermag ich denn, wenn ich Worte gegen ihn ersinne? Wir mögen so beredte Worte machen, wie wir wollen – es gibt ja immer viele, die sich an ihren eigenen Worten berauschen und sich darin gefallen: sie meinen, wie sie denen, die nicht klar sehen, die Augen verblenden können, so könnten sie auch Gott damit leicht betrügen. Aber wenn wir auch noch so auserlesene Worte machen, dass alle, die sie hören, in Erstaunen geraten, auf Gott macht das alles keinen Eindruck. Vor dem himmlischen Richterstuhl muss alles Geschwätze und alle Rhetorik verstummen. Denn da hört man nicht auf die Zungen, da müssen die Gedanken ans Licht, da werden die Bücher aufgetan! Da stellt Gott keine andere Untersuchung an, als dass er die Gewissen ans Licht zieht, die sich jetzt hinter allerlei Ausflüchten und Entschuldigungen zu verstecken suchen; dann müssen sich ihre Falten öffnen, und alles wird bekannt und offenbar. Deshalb soll sich niemand täuschen mit dem, was er vor den Menschen vorbringen möchte; denn das alles ist nichts, wenn Gott uns vor sich fordert. Gottes Gerechtigkeit ist nicht mit der der Menschen zu messen. Und wenn die ganze Welt uns freispräche und für gerecht erklärte, ja, wenn sie alle uns Beifall klatschten und wir wirklich einen untadeligen Wandel geführt hätten, wir kommen doch zu kurz, wenn wir vor Gott stehen; dann wird unser Los sich wenden! „Wo bleibt nun der Ruhm?“ (Röm 3, 27). Dann werden wir nicht mehr meinen, wir hätten noch etwas Gutes, das zu unserer Rechtfertigung ausreichte, dann werden wir nicht einen Tropfen Gutes mehr finden, der Ruhm verdiente. Erst wenn die Menschen sich selbst verdammen, haben sie Zuflucht zur Barmherzigkeit Gottes, und dahin will uns der Heilige Geist führen.

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