Calvin, Jean - Apostelgeschichte - Kapitel 7.

Calvin, Jean - Apostelgeschichte - Kapitel 7.

1 Da sprach der Hohepriester: Ist dem also? 2 Er aber sprach: Lieben Brüder und Väter, höret zu. Der Gott der Herrlichkeit erschien unserm Vater Abraham, da er noch in Mesopotamien war, ehe er wohnete in Haran, 3 und sprach zu ihm: Gehe aus deinem Lande und von deiner Freundschaft und zeuch in ein Land, das ich dir zeigen will. 4 Da ging er aus der Chaldäer Lande und wohnte in Haran. Und von dannen, da sein Vater gestorben war, brachte er ihn herüber in dies Land, da ihr nun inne wohnet.

V. 1. Noch bewahren die Hohepriester und der Rat einen gewissen Schein der Billigkeit, und doch steckt in seinen Worten das ungerechteste Vorurteil. Denn er erkundigt sich nicht, welche Gründe Stephanus für seine Lehre besaß, noch erlaubt er ihm, seine Lehre zu verteidigen, was doch das wesentlichste gewesen wäre, sondern fragt nur kurz und scharf, ob Stephanus jener Worte – ganz abgesehen von ihrer Bedeutung – sich bedient habe. Übrigens könnte seine Antwort auf den ersten Blick ungereimt und töricht erscheinen. Denn erstlich entwickelt er, wie man zu sagen pflegt, die Sache aus dem Ei. Zum andern webt er aus vielen Worten eine Erzählung zusammen, die auf das, was gegenwärtig zur Frage steht, fast keinen Bezug nimmt. Bei genauerer Erwägung wird man doch leicht bemerken, dass die lange Rede nichts Überflüssiges enthält und Stephanus durchaus sachgemäß spricht. Er war als ein Abtrünniger angeklagt, der auf Umsturz der Religion und des Gottesdienstes ausgehe. Darum betont er mit Nachdruck, dass er an dem Gott festhalte, den die Väter von jeher verehrten. So wälzt er das Verbrechen gottlosen Abfalls von sich ab und zeigt dagegen, dass seine Feinde durch nichts weniger als durch Eifer für das Gesetz sich treiben lassen. Dies lügnerische Prahlen macht er ihnen zu Schanden. Und da es sich im gegenwärtigen Fall vornehmlich um den Tempel und die Zeremonien handelte, spricht er ausdrücklich davon, dass Gott ihre Väter schon zum Eigentumsvolk erwählt habe, bevor der Tempel stand und Mose geboren war. Darauf zielt der weit ausholende Eingang. Zum andern erinnert Stephanus (V. 44), das alle äußeren Gebräuche, die Gott durch Mose anordnete, nach dem himmlischen Vorbild gestaltet waren. Daraus folgt, dass das Zeremonialgesetz auf ein anderes Ziel deutet, und dass man töricht und verkehrt handelt, wenn man an dieser seiner wahren Bedeutung vorübergeht und an den Zeichen hängen bleibt.
V. 2. Lieben Brüder und Väter. Obgleich Stephanus den größten Teil der Ratsmitglieder als geschworene Feinde des Evangeliums ansehen musste, so lag in ihren Händen doch noch die ordentliche Regierung des Volkes, und sie waren Vorsteher der Gemeinde, die Gott noch nicht verworfen hatte. Darum redet sie Stephanus in unbedenklicher Bescheidenheit als Väter an. Das ist also keine Schmeichelei, mit welcher er sich Gunst gewinnen will, sondern Ehrerbietung gegen die von Gott eingesetzte Obrigkeit, die ihn doch nicht hindert, nunmehr seinen freien Widerspruch zu äußern.
Der Gott der Herrlichkeit usw. Mit diesem Eingang bezeugt Stephanus, dass er von den Vätern und ihrer wahren Religion keineswegs abtrete. Denn die ganze Religion und Gottesverehrung, die Lehre des Gesetzes und alle Weissagungen hingen von jenem Bunde ab, den Gott mit Abraham geschlossen hatte. Wenn also Stephanus sich zu der Erscheinung Gottes an Abraham bekennt, umfasst er das Gesetz und die Propheten, die gleichsam aus dem Quell jener ersten Offenbarung geflossen sind. Von dem Gott der Herrlichkeit spricht er, um den, welchem allein Herrlichkeit gebührt, von den falschen und erdachten Göttern zu unterscheiden.
Da er noch in Mesopotamien war. So heißt bekanntlich das Land zwischen den beiden Strömen Tigris und Euphrat. Es wird aber hinzugefügt: ehe er wohnete in Haran. Denn zu der Wanderung aus Chaldäa nach Haran wurde Abraham durch den göttlichen Spruch veranlasst. Gemeint ist eine kleine Stadt in Mesopotamien, die unter dem Namen Carrä durch die Niederlage des Crassus und des römischen Heeres (53 v. Chr.) berühmt geworden ist. Wir dürfen uns nicht wundern, dass also hier unter dem Namen Mesopotamien, der ja eigentlich nur den Gegenden zwischen den Flüssen zukommt, auch das Land der Chaldäer mitbefasst wird, von welchem Abraham ausging. Dies entspricht dem gewöhnlichen Sprachgebrauch der Geographen. Alles in allem soll erinnert werden, dass Abraham sein Vaterland infolge eines bestimmten Befehls Gottes verließ. Es kam ihm also Gottes freie Güte zuvor, als er zu suchen ausging, was ihm in seinem Vaterlande verheißen ward (vgl. Jos. 24, 3). Der scheinbare Widerspruch mit der Erzählung des Mose (1. Mos. 11, 31; 12, 1) löst sich, wenn man an der letzteren Stelle übersetzt: „Und der Herr hatte zu Abraham gesprochen.“ Was also dort erzählt wird, geschah nicht erst in Haran, sondern bereits früher. Wäre Abraham bereits ein Wanderer im fremden Lande gewesen, so wäre ja auch das Geheiß Gottes, aus seinem Vaterland und Vaterhaus zu ziehen, unpassend ausgedrückt gewesen. Was also Mose an den Bericht über Abrahams Wanderung aus Chaldäa nach Haran anschließt, ist ein Nachtrag, der erinnert, dass jene Wanderung nicht in menschlichem Leichtsinn, sondern auf Gottes Geheiß unternommen wurde. Eine solche Darstellungsweise ist den Ebräern geläufig.
V. 3. Gehe aus deinem Lande und von deiner Freundschaft. Als wäre der Ausgang aus seinem Vaterlande an sich noch nicht hart genug, bedient sich Gott dabei noch einer Fülle von Worten, um Abrahams Gemüt desto tiefer zu verwunden. Dies, wie auch der weitere Umstand, dass Gott noch kein bestimmtes Land als künftigen Wohnsitz bezeichnete, sondern den Abraham geraume Zeit in Schwebe und Zweifel ließ, diente zur Erprobung seines Glaubens. Umso lobenswerter ist sein Gehorsam: die Süßigkeit der heimischen Scholle fesselte ihn nicht; aus freien Stücken geht er in das Exil und folgt ohne Bedenken dem Herrn, obgleich kein bestimmtes Ziel sich zeigt, sondern er für eine Zeit umherziehen muss. Und damit Abraham nicht durch die Erinnerung an das, was er verlassen hatte, mitten im Lauf ermüdete, stellt Gott gleich im Anfang seinen Mut auf eine gründliche Probe, damit er seinen Weg nicht leichtsinnig und unüberlegt antrete. Es geschieht dies in demselben Sinne, in welchem Christus (Lk. 14, 28) die Parabel von dem Turmbau erzählt, dessen Kosten man zuvor überschlagen soll. Trotz aller besonderen Wege, die Abraham geführt wurde, bietet das an ihn ergangene Gotteswort doch ein Vorbild von unser aller Berufung. Uns wird nicht kurzweg geheißen, dass wir das Vaterland verlassen, wohl aber, dass wir uns selbst verleugnen sollen; wir müssen nicht aus dem Vaterhause ziehen, aber den Begehrungen des eigenen Willens und unseres Fleisches den Abschied geben. Und wenn Vater und Mutter, Weib und Kinder uns hindern sollten, dem Herrn zu folgen, müssen wir auf sie alle verzichten. Was für Abraham ein Gebot in jedem Fall war, gilt für uns wenigstens bedingungsweise. Wenn man uns nicht erlaubt, dem Herrn zu dienen, sollen wir lieber die Verbannung wählen, als träge und müßig im Nest bleiben. Unser Vorbild muss der Vater der Gläubigen sein (Röm. 4, 16 f.), der auf allerlei Weise versucht ward, aber des Vaterlandes, der Seinen und seiner selbst vergisst, um sich völlig dem Herrn anzuschließen. Aus seiner Art dürfen wir nicht schlagen, wollen wir anders Gottes Kinder heißen.
In ein Land, das ich dir zeigen will. Dass Abraham zur Erprobung seiner Geduld im Ungewissen gelassen wird, soll auch uns lehren, uns völlig von Gottes Wort abhängig zu machen. Es ist ja ein hervorragendes Übungsmittel für unseren Glauben, dass wir auf Gott trauen, auch wo wir nichts sehen. Unser Leben ist, wie Paulus sagt (Kol. 3, 3), verborgen, und, den Toten gleich, hoffen wir auf ein im Himmel verborgenes Heil. Was unsere ewige Wohnung anlangt, so lässt Gott uns allein an seiner Verheißung hängen, indem er uns hier zu Pilgern macht. Und damit solcher Aufschub unseren Mut nicht breche, sollen wir uns an die allgemeine Regel des Glaubens halten, dass man zu folgen hat, wohin Gott ruft, wenn er uns auch noch nicht zeigt, was er verspricht.
V. 4. Da ging er aus usw. Diese Worte loben die Bereitschaft des Glaubens. Bei seiner Berufung zögert Abraham nicht, sondern lässt alle seine Stimmungen dem Befehl Gottes weichen. Weshalb er aber in Haran einen Aufenthalt machte, wissen wir nicht. Vielleicht veranlasste ihn dazu die Schwachheit seines Vaters; berichtet doch Stephanus, dass er von dannen erst auszog, nachdem sein Vater gestorben war. Vielleicht wagte er auch nicht weiterzugehen, bis der Herr ihm seinen Weg offenbarte.

5 Und gab ihm kein Erbteil drinnen, auch nicht eines Fußes breit; und verhieß ihm, er wollte es geben ihm zu besitzen und seinem Samen nach ihm, da er noch kein Kind hatte. 6 Aber Gott sprach also: Dein Same wird ein Fremdling sein in einem fremden Lande, und sie werden ihn dienstbar machen und übel behandeln vierhundert Jahre; 7 und das Volk, dem sie dienen werden, will Ich richten, sprach Gott; und darnach werden sie ausziehen und mir dienen an dieser Stätte. 8 Und gab ihm den Bund der Beschneidung. Und er zeugete Isaak und beschnitt ihn am achten Tage; und Isaak den Jakob, und Jakob die zwölf Erzväter.

V. 5. Drei Stücke sind hier beachtenswert: erstlich übte Gott seinen Knecht in der Geduld, indem er ihn nach dem Auszug aus seinem Vaterlande wie einen Fremdling im Lande Kanaan hielt. Denn abgesehen von dem erkauften Grabe besaß er nicht eines Fuß breit Landes. Dieses aber kommt nicht in Betracht, da es nicht zum Gebrauch des gegenwärtigen Lebens diente. Da außerdem jener Acker um Gold erkauft war (1. Mos. 23, 16), kann Stephanus mit Recht sagen, dass Abraham vom Herrn nichts geschenkt ward. Denn das, worauf er infolge der Verheißung hoffte, musste er nicht mit Geld oder auf irgendeine andere menschliche Weise erwerben. Zum andern wollen wir darauf achten, dass Gott die Sache selbst dem Abraham zwar noch nicht zeigte, ihn aber mit seinem Wort aufrecht hielt. Und es ist uns eine Stütze, wenn Gott verheißt, dass bei ihm für uns niedergelegt ist, was wir noch nicht in Händen haben. Solange also die Sache selbst, der Besitz des Landes, ihm noch abging, klammerte sich Abraham allein an die Stütze der göttlichen Verheißung; mit ihr begnügte er sich und begehrte im Lande Kanaan nichts, außer einer unruhigen und unbeständigen Fremdlingschaft. Drittens bemerken wir, dass die Verheißung dem Abraham fast wie ein Spott erscheinen musste. Gott verspricht seinem Samen das Land, da er achtzig Jahre alt war, ein fruchtbares Weib und nicht die geringste Hoffnung auf Nachkommenschaft hatte. Da war es eine hervorragende Glaubensprobe, dass Abraham nicht weiter fragt, noch neugierig streitet, sondern sanft und gehorsam annimmt, was er aus Gottes Munde hört. So lässt Gott auch uns, die er doch die Erben der Welt nennt (Jak. 2, 5), oft dürftig und nur mit dem spärlichsten Lebensunterhalt dahingehen. Das aber tut er mit Absicht, um die Klugheit unseres Fleisches zu demütigen, wenn wir bei anderem Verfahren seinem Wort nicht die rechte Ehre geben.
V. 6. Dein Same wird ein Fremdling sein in einem fremden Lande. Stephanus ruft den Juden ins Gedächtnis, wie jämmerlich und schmachvoll es den Vätern in Ägypten erging, und wie diese drückende Knechtschaft nicht ein Zufall, sondern durch Gottes Spruch längst vorausgesagt war. Diese geschichtliche Erinnerung musste auf der einen Seite ihren stolzen Geist zähmen und sie Bescheidenheit lehren, auf der andern Seite zum Ruhm der göttlichen Gnade dienen, die immer für dieses Volk gesorgt hatte. Denn es ist eine einzigartige Gnadengabe, dass das Volk so wunderbar gleichsam aus dem Tode wieder ins Leben geführt wird. Dabei werden die Juden erinnert, dass die Gottesgemeinde auch anderswo vorhanden war als in dem Lande, in dem sie sich befanden; weiter, dass die Väter zum Eigentumsvolk erwählt und unter Gottes treuer Hut geborgen waren, bevor der Tempel stand und es die äußeren gesetzlichen Gebräuche gab. Dies zielt auf die Hauptabsicht der Rede. Im Übrigen lässt sich daraus eine nützliche Ermahnung entnehmen. Knechtschaft ist schon an sich hart und bitter, gesellt sich aber zu ihr Grausamkeit der Herren, so erscheint sie vollends unerträglich. Darum musste es das Gemüt des frommen Menschen tief verwunden, zu hören, dass sein Geschlecht geknechtet und dazu unwürdig und grausam behandelt werden solle. Eine weitere, nicht leichte Versuchung erwuchs aus dem scheinbaren Widerspruch zwischen dem verheißenen Erbe des Landes Kanaan und einer Knechtschaft im fremden Lande. Wer sollte da nicht meinen, Gott habe sein erstes Wort vergessen und kündige nun dem Abraham jämmerliche Knechtschaft seines Geschlechts an? Scheint er nicht auf diese Weise seine Hand zurückzuziehen? Aber so handelt er oft auch mit uns. Das Fleisch kann da nicht anders urteilen, als dass Gott sich widerspricht; der Glaube dagegen erkennt die wunderbare Harmonie zwischen Gottes Worten und Taten. Und das eben ist Gottes Absicht, den Blick unseres Glaubens zu weiten, indem er uns seine Verheißungen gleichsam über einen langen Zwischenraum hinweg aus der Ferne zeigt. Unsere Sache also ist es, dem verheißenen Heil durch zahlreiche Biegungen, die verschiedensten Hindernisse, durch weite Entfernung, mitten durch Abgründe, ja endlich durch den Tod entgegenzustreben.
V. 7. Das Volk, dem sie dienen werden, will ich richten. Dieses Gericht verbindet sich mit der Erlösung des Volkes. Denn dass Gott die Tyrannei und Grausamkeit der Ägypter straft, tut er seinem Volk zugute, das er in seine Obhut genommen; er will als Erlöser der Gemeinde dastehen. So oft also gottlose Leute uns ungerecht quälen, soll es uns in den Sinn kommen, dass Gott der Richter der Welt ist, der kein Unrecht ungestraft wird hingehen lassen. Darauf deutet auch sein Wort (5. Mos. 32, 35): „Die Rache ist mein.“ Daraus schließt Paulus (Röm. 12, 19), dass man dem göttlichen Zorn Raum geben müsse, etwa in dem Sinne, dass es zur Vertreibung unserer Ungeduld und Zügelung böser Stimmungen dienen müsse, wenn Gott verheißt, unser Rächer zu sein. Wer also selbst Rache nimmt, greift dem Herrn ins Amt. Dabei fällt doch nicht hin, was ich sagte, dass Gott durch Beleidigungen, die man den Seinen antut, zu besonderer Fürsorge und Rache gereizt wird, wie wir im Psalm lesen (105, 15): „Tastet meine Gesalbten nicht an und tut meinen Propheten kein Leid.“
Darnach werden sie ausziehen und mir dienen. Also ging die Erlösung zeitlich dem Tempel und dem gesetzlichen Dienst voran. Daraus folgt, dass Gottes Gnade nicht an die Zeremonien gebunden war. Dabei gibt Stephanus den Zweck der Erlösung an: Gott hat sowohl das Volk als die besondere Stätte zur reinen Verehrung seines Namens auserwählt. Daraus schließen wir wiederum, dass man auf das sehen und achten müsse, was er selbst billigt und gutheißt. Auch andere Völker wollten Gott ehren; weil aber überall verkommene und verderbte Gottesdienstformen waren, sondert Gott die Juden von den anderen ab und weist ihnen einen Platz an, wo man ihn in echter und rechter Weise ehren soll. Im Übrigen erinnert uns diese Stelle, dass Gottes Wohltaten auf den Zweck bezogen sein wollen, dass die Menschen sich ihm ganz ergeben. Nachdem nun Gott heute den Reichtum seiner Gnade über die ganze Welt ausgebreitet hat, müssen wir uns bemühen, ihn durch reinen und heiligen Dienst an jedem Orte zu heiligen, wo wir auch wohnen.
V. 8. Und gab ihm den Bund der Beschneidung. Indem Stephanus die Beschneidung als ein Stück des göttlichen Bundes anerkennt, reinigt er sich gründlich von der ihm angehängten Verleumdung, zeigt jedoch, wie verkehrt die Juden handeln, wenn sie in den äußeren Zeichen den Anfang ihres Heilsstandes erblicken. Denn wenn Abraham noch vor seiner Beschneidung berufen und seinem Samen das Land und die Erlösung verheißen wurde, so ist hinlänglich klar, dass das wesentliche Ruhmesstück des ganzen Geschlechts keineswegs die Beschneidung ist. Derselben Beweisführung bedient sich auch Paulus (Röm. 4, 11). Wir sehen also, dass Stephanus keineswegs ins Blaue hinein erzählt; es war sehr viel für die gegenwärtige Verhandlung daran gelegen, dass die Juden verstehen lernten, in welcher Weise eigentlich sie samt ihren Vätern von Gott zu Kindern angenommen worden waren. Wenn Gott dem Abraham zuerst das verheißt, was er ihm durch die Beschneidung später bekräftigt, so sollen wir wissen, dass die Zeichen ohne das vorangehende Wort hohl und nichtig sind. Indessen entnehmen wir dem Namen des Bundes eine nützliche Lehre: Gott handelt in den Sakramenten bundesgemäß mit uns, um uns seine Liebe zu bezeugen. Darum sind dieselben nicht bloß äußere Erkennungszeichen vor den Menschen, sondern sind auch vor Gott zur Bestätigung des Glaubens kräftig wirksam. So sind sie nicht hohle Darstellungen; denn der Gott, der wahrhaftig ist, stellt darin nichts dar, was er nicht auch leistete.

9 Und die Erzväter neideten Joseph und verkauften ihn nach Ägypten; aber Gott war mit ihm 10 und errettete ihn aus aller seiner Trübsal und gab ihm Gnade und Weisheit vor Pharao, dem König in Ägypten; der setzte ihn zum Fürsten über Ägypten und über sein ganzes Haus. 11 Es kam aber eine teure Zeit über das ganze Land Ägypten und Kanaan und eine große Trübsal, und unsre Väter fanden nicht Nahrung. 12 Jakob aber hörte, dass in Ägypten Getreide wäre, und sandte unsre Väter aus aufs erste Mal. 13 Und zum andern Mal ward Joseph erkannt von seinen Brüdern, und ward Pharao Josephs Geschlecht offenbar. 14 Joseph aber sandte aus und ließ holen seinen Vater Jakob und seine ganze Freundschaft, fünfundsiebenzig Seelen. 15 Und Jakob zog hinab nach Ägypten und starb, er und unsre Väter. 16 Und sind herübergebracht nach Sichem und gelegt in das Grab, das Abraham gekauft hatte ums Geld von den Kindern Hemor zu Sichem.

V. 9. Jetzt folgt das schlimmste Verbrechen des israelitischen Geschlechts; sie haben mit der gottlosen und nichtswürdigen Verschwörung wider ihren unschuldigen Bruder eine Grausamkeit begangen, vor der die Natur zurückschaudert. So wird den Juden gezeigt, wie die hervorragendsten unter ihren Vätern waren, deren sie sich so stolz rühmten. An ihnen lag es nicht, dass sie nicht zu Brudermördern wurden. So ist deutlich, dass Gott gleichsam gegen ihren Willen und ihr Widerstreben gütig und wohltätig war. Den künftigen Mittler ihres Heils wollen sie auslöschen und zugrunde richten. An ihnen also lag es nicht, dass sie sich nicht aller göttlichen Wohltaten beraubten. Unter demselben Gesichtspunkt erinnert Stephanus nachher, dass man Mose verwarf, da Gott ihn als Retter anbot. Darum haben die Juden keinen Grund, mit der Vortrefflichkeit ihres Geschlechts zu prunken; es bleibt ihnen lediglich übrig, in demütiger Beschämung alles, was sie sind, auf Rechnung der Barmherzigkeit Gottes zu setzen und zu merken, dass das Gesetz gegeben ward, um diese ins Licht zu setzen.
Gott war mit ihm. Nicht in dem Sinne war Gott bei ihm, dass er immer seine Kraft offenbart und ihm geholfen hätte. Denn es ist nichts Geringes, was wir im Psalm lesen (105, 18), dass ein Eisen durch seine Seele drang. Sicherlich musste tiefste Traurigkeit ihn durchbohren, da er, von allem Schutz verlassen, nicht bloß die Ketten und die Strafe eines Verbrechers, sondern auch die Schande tragen musste. So verbirgt sich Gott, der freilich bei den Seinen ist, eine Zeitlang. Der Ausgang aber war ein glänzender Beweis seiner Gegenwart, die Joseph anfangs nicht sehen konnte. Weiter müssen wir immer wieder daran denken, dass Joseph nicht befreit wurde, weil er Gott im Tempel angerufen hätte, sondern fern davon in Ägypten. Die Befreiung kam nun dadurch zustande, dass Gott ihm (V. 10) Gnade vor Pharao gab. Gewiss konnte er ihn auch auf andere Weise retten, aber sein Plan schaute weithin auf das Ziel, dass Joseph als oberster Beamter des Reiches seinen Vater und seine ganze Familie aufnehmen sollte. An zweiter Stelle wird erläuternd beigefügt, worauf die Gnade vor Pharao ruhte: auf Josephs Weisheit. Darunter ist nicht bloß die Gabe der Weissagung zu verstehen, die er in der Auslegung der Träume zeigte, sondern auch die Klugheit seiner Ratschläge. Was hier aber Stephanus von dem einen Manne sagte, hat allgemeine Geltung. Denn alle Geschicklichkeit, die Menschen besitzen, ist göttliche Gabe, und zwar besondere Begabung, die ungleich verteilt wird. Gott fügt auch den günstigen Erfolg hinzu, wie es ihm gefällt, und lässt seine Gaben den Nutzen schaffen, um dessentwillen er sie spendete. Wird also Joseph von Pharao über Ägypten gesetzt, so ist es doch eigentlich allein Gottes Hand, die ihn zu dieser Ehre erhebt.
V. 11. Es kam aber eine teure Zeit usw. Hier wird ersichtlich, dass die Befreiung Josephs eine der Familie Jakobs insgemein zugedachte Wohltat war. Da die Hungersnot kommen sollte, wurde er rechtzeitig vorausgeschickt, der den Lebensunterhalt in Händen hatte, die Hungrigen zu nähren. In diesem Stück erkennt er ja auch selbst Gottes wunderbaren Rat (1. Mos. 45, 7 f.). Dabei leuchtete Gottes unverdiente Güte an der Person Josephs umso heller, weil er zum Ernährer seiner Brüder gemacht wird, den sie um Geld verkauft und in weite Ferne getrieben hatten, von dem sie glauben mussten, dass er völlig aus der Welt ausgetilgt sei. Derjenige gibt ihnen Speise in den Mund, den sie in die Grube geworfen und dadurch der Luft und des allen zuströmenden Lebensgeistes beraubt hatten. Derjenige endlich erhält und pflegt ihr Leben, dem sie unbedenklich das Leben hatten nehmen wollen. Dabei erinnert Stephanus die Juden daran, dass die Erzväter gezwungen wurden, aus jenem Lande zu wandern, welches ihnen zum Erbe gegeben war, und dass sie anderswo starben. Nachdem sie als Fremdlinge darin weilen durften, müssen sie endlich von daher in weitere Fremde ziehen.
V. 14. Dass Jakob mit fünfundsiebenzig Seelen nach Ägypten kam, stimmt nicht mit Moses Worten, der nur siebzig zählt (1. Mos. 46, 27). Hieronymus meint, dass Lukas die Rede des Stephanus nicht wörtlich wiedergegeben, sondern aus der griechischen Übersetzung der Bücher Mose die Zahl entnommen habe, entweder weil er selbst als Proselyt der hebräischen Sprache nicht mächtig war, oder weil er in Entgegenkommen gegen die Heiden die bei ihnen geläufige Lesart wählte. Übrigens ist ungewiss, ob die griechischen Übersetzer absichtlich jene Zahl einsetzten, oder ob dieselbe durch einen späteren Irrtum unterlief, was umso leichter geschehen konnte, weil sich die Griechen der Buchstaben als Zahlenzeichen bedienten. Mir ist es doch wahrscheinlich, dass die Septuaginta, d. h. die griechische Übersetzer, Moses Text richtig übertragen haben, dessen wiederholte Angabe 5. Mose 10, 22 sie ja auch ohne Irrtum wiedergeben. Darum vermute ich, dass die Abweichung durch einen Irrtum der Abschreiber entstanden ist. Die Sache war aber nicht so wichtig, dass um ihretwillen Lukas die an die griechische Übersetzung gewöhnten heidnischen Leser hätte stutzig machen müssen. Möglicherweise hat er auch selbst die richtige Zahl gesetzt, und irgendjemand hat sie aus jener Stelle der griechischen Mosebücher falsch verbessert. Wir wollen aber darüber nicht hartnäckig streiten noch mehr wissen, als uns gegeben ist, sondern bedenken, dass Paulus nicht vergeblich davor warnt, gar zu peinliche Fragen über Geschlechtsregister zu stellen (1. Tim. 1, 4). Übrigens wird absichtlich eine so geringe Zahl genannt, um Gottes Macht umso heller leuchten zu lassen, die in nicht gar zu langer Zeit das Volk eine so ungeheure Vermehrung erfahren ließ. Denn nach dem Maß menschlicher Fortpflanzung konnte eine Handvoll Menschen nicht innerhalb 250 Jahren zu der ungeheuren Menge anwachsen, die 2. Mose 12, 37 genannt wird. Es ist passender, dies Wunder zu erwägen, welches der heilige Geist uns rühmt, als ängstlich sich mit einem Buchstaben abzumühen, der eine Veränderung der Zahlenangabe herbeigeführt hat.
V. 16. Stephanus berichtet, die Väter seien nach ihrem Tode ins Land Kanaan herübergebracht worden. Aber Mose spricht (1. Mos. 50, 26) nur von den Gebeinen Josephs, von denen wir auch im Buch Josua (24, 32) lesen, dass sie begraben wurden, während von seinen Brüdern keine Rede ist. Ich möchte vermuten, dass Lukas sich hier nicht an Moses Bericht, sondern an eine alte Überlieferung hält, deren die Juden viele hatten. Dass aber die Väter in das Grab gelegt wurden, das Abraham von den Kindern Hemor gekauft hatte, ist bezüglich des Namens Abraham ein offensichtlicher Irrtum. Denn Abraham kaufte von dem Hethiter Ephron die doppelte Höhle zur Bestattung seines Weibes (1. Mos. 23, 9). Joseph aber ward anderwärts begraben, nämlich in dem Acker, welchen sein Vater Jakob von den Kindern Hemor um hundert Lämmer erkauft hatte. Darnach muss unsere Stelle berichtigt werden.

17 Da nun sich die Zeit der Verheißung nahte, die Gott Abraham geschworen hatte, wuchs das Volk und mehrte sich in Ägypten, 18 bis dass ein andrer König aufkam, der nichts wusste von Joseph. 19 Dieser trieb Hinterlist mit unserm Geschlechte und behandelte unsre Väter übel und schaffte, dass man die jungen Kindlein aussetzen musste, dass sie nicht sich fortpflanzten.

V. 17. Stephanus wendet sich zur Erlösung des Volks, deren Beispiel jenes über das gewohnte Maß in kurzer Zeit weit hinausgehende Wachstum der Nachkommenschaft war. Das war eine besondere Gabe Gottes, nicht der einfache Lauf der Natur. Auf der anderen Seite aber scheint Gott den Juden die Hoffnung wieder zu nehmen, da Pharao sie tyrannisch niederbeugt und ihre Knechtschaft mit jedem Tage härter wird. Da sie die männlichen Kinder aussetzen müssen, scheint der Untergang des ganzen Geschlechts bevorzustehen. Ein anderes Zeichen der Erlösung wird freilich gegeben, als Mose aufwächst; da man ihn aber bald verwirft und er in die Verbannung fliehen muss, bleibt nichts als reine Verzweiflung. Alles in allem: Gott gedachte seiner Verheißung und mehrte das Volk, um zu leisten, was er dem Abraham geschworen hatte; die Juden aber verschmähten in ihrer Undankbarkeit und Verkehrtheit Gottes Gnade, so dass, wenn es an ihnen gelegen hätte, sie sich den Zugang verschlossen hätten. Dabei wollen wir auf Gottes Vorsehung achten, welche den Lauf und Wechsel der Zeiten derartig ordnet, dass alle seine Werke zu rechter Zeit geschehen. Die menschliche Sehnsucht aber überstürzt sich und kann nicht geduldig warten, bis Gott seine Hand zeigt, weil sie auf jene Wohlordnung nicht achtet. Übrigens will Gott den Glauben der Seinen übern, wenn er gegen die frohen und leuchtenden Zeichen seiner Gnade auch gegenteilige Erfahrungen setzt, welche die Hoffnung auf Heil plötzlich abschneiden. Denn wer hätte nicht gemeint, dass es um die Ebräer geschehen wäre, als der Erlass des Königs die ganze männliche Nachkommenschaft dem Tode weihte? Umso notwendiger ist es, dass wir die Lehre bedenken (1. Sam. 2, 6): „Der Herr tötet und macht lebendig, führt in die Unterwelt und wieder heraus.“
V. 19. Dieser trieb Hinterlist usw. Stephanus will sagen, dass der ägyptische König immer neue Künste und Vorwände trügerisch erdachte, um dem Volk immer schwerere Lasten aufzulegen. So sind fast alle Tyrannen, wie ungerecht sie auch ihre Leute quälen, überaus erfinderisch im Ausdenken von gerechten Ursachen. Ohne Zweifel hat Pharao den ehrenhaften Vorwand missbräuchlich verwendet, dass es ganz unbillig sei, den Juden als einem fremden Volk freies Gastrecht im Königreich zu gewähren und sie bei allen diesen großen Vorteilen von Lasten frei zu lassen. So macht er schlau aus freien Menschen gemeine Sklaven. Wenn Stephanus uns erinnert, dass dieser Tyrann von Joseph nichts wusste, so sieht man, wie flüchtig das Andenken an Wohltaten bei den Menschen ist.
Dass sie nicht sich fortpflanzten. Die verbreitete Übersetzung: „dass sie nicht lebendig blieben“, scheint mir nicht genug zu sagen. Vielmehr ist die Meinung, dass das Volk nicht in seiner Nachkommenschaft lebendigen und bleibenden Bestand haben solle. Übrigens zählt Stephanus nicht alle Stücke der bösen Behandlung auf, sondern greift nur das eine Beispiel äußerster Grausamkeit heraus, aus welchem sich schließen lässt, wie nahe der ganze Same Abrahams dem Untergang war. Schien ihm doch Pharao mit jenem grausamen Erlass wie mit einem einzigen Schwertstreich den Hals abzuschlagen. Indessen setzt diese gewalttätige Barbarei Gottes unerwartetes und unglaubliches Wirken in umso helleres Licht, weil sie trotz aller Gegenanstrengungen schließlich nichts erreichte.

20 In der Zeit ward Mose geboren und war ein fein Kind vor Gott und ward drei Monate ernähret in seines Vaters Hause. 21 Als er aber ausgesetzt ward, nahm ihn die Tochter Pharaos auf und zog ihn auf, ihr selbst zu einem Sohn. 22 Und Mose ward gelehret in aller Weisheit der Ägypter und war mächtig in Werken und Worten. 23 Da er aber vierzig Jahre alt ward, gedachte er zu sehen nach seinen Brüdern, den Kindern von Israel; 24 und sah einen unrecht leiden, da stand er bei und rächete den, dem Leid geschah, und erschlug den Ägypter. 25 Er meinte aber, seine Brüder sollten´s vernehmen, dass Gott durch seine Hand ihnen Heil gäbe; aber sie vernahmen´s nicht. 26 Und am andern Tage kam er zu ihnen, da sie miteinander haderten, und handelte mit ihnen, dass sie Frieden hätten, und sprach: Lieben Männer, ihr seid Brüder; warum tut einer dem andern unrecht? 27 Der aber seinem Nächsten unrecht tat, stieß ihn von sich und sprach: Wer hat dich über uns gesetzt zum Obersten und Richter? 28 Willst du mich auch töten, wie du gestern den Ägypter tötetest? 29 Mose aber floh über diese Rede und ward ein Fremdling im Lande Midian; daselbst zeugete er zwei Söhne.

V. 20. Dass Mose zu der Zeit geboren wurde, merkt Stephanus absichtlich an: es geschah, nachdem der König befohlen hatte, dass alle männlichen Kinder dem Tode geweiht sein sollten. Also scheint der, welcher die Erlösung bringen sollte, schon gleichsam gestorben, ehe er geboren ist. Aber gerade jene Zeit, da menschliche Hilfe und Rat versagen, ist für Gottes Handeln die geeignetste. Dabei sieht man ganz klar, wie Gott seine Kraft in der Menschen Schwachheit mächtig sein lässt. Mose wird drei Monate lang verwahrt. Endlich aber sehen sich die Eltern zur Rettung ihres eigenen Lebens gezwungen, ihn in den Strom zu setzen. Sie bergen ihn nun in einer kleinen Arche, damit er nicht sofort zugrunde gehe. Da ihn nun die Tochter Pharaos aufnimmt, entgeht er zwar dem Tode, aber doch in einer solchen Weise, dass er vom Volk Israel abgeschnitten und zu einem fremden Volk übergeführt wird; ja, hätte nicht Gott seine Seele zurückgehalten, so hätte er seinem Volk der beschwerlichste Feind werden können. Ehe er irgendein Zeichen brüderlichen Wohlwollens gibt, vergehen vierzig Jahre.
V. 22. Dass Mose in aller Weisheit der Ägypter unterrichtet wurde, verrechnet Lukas zwar anerkennend als einen besonderen Vorzug. Trotzdem hätte es geschehen können, was gewöhnlich geschieht, dass der von weltlicher Wissenschaft aufgeblasene Mann das gemeine Volk verachtete. Weil aber Gott beschlossen hatte, sein Volk zu erlösen, bereitet er inzwischen Moses Geist, wie auch alles andere, zur Durchführung seines Werkes vor. Hier könnte fleischliche Vernunft widersprechen: Warum schweigt Gott so lange zu den Leiden des Volkes? Warum lässt er den Pharao mit jedem Tage schrecklicher wüten? Warum lässt er Mose nicht bei den Seinen aufwachsen? Warum muss die Tochter des Königs ihn aufnehmen und dadurch vom Volk Israel gleichsam abtrennen? Warum lässt ihn Gott bis zum vierzigsten Jahre in dem verweichlichenden Hofleben stecken und hält ihn nicht vielmehr von dort zurück? Aber der Ausgang ist mehr als bewundernswürdig und zwingt uns zu dem Geständnis, dass Gott zur Verherrlichung seines Ruhmes dies alles durch besonderen Rat geordnet und geleitet hat. In der Weisheit der Ägypter, von der Lukas, wie ich schon sagte, in anerkennendem Sinne sprach, steckte doch auch viel Verkehrtes. Die Sternkunde, die Gottes Werke nicht bloß in der Stellung und vielgestaltigen Wohlordnung, sondern auch in der Bewegung, Kraft und den geheimnisvollen Leistungen der Gestirne betrachtet, ist eine nützliche und anerkennenswerte Wissenschaft. Die Ägypter haben sie eifrig studiert; da sie sich aber nicht mit der einfachen Ordnung der Natur zufrieden gaben, sind sie, wie die Chaldäer, zu vielen törichten und läppischen Spekulationen abgeirrt. Ob Mose auch in diesem Aberglauben unterrichtet wurde, wissen wir nicht. In jedem Falle aber sehen wir, wie zuverlässig, klar und schlicht er bei der Betrachtung des Weltgebäudes uns nur das vor Augen stellt, was der Frömmigkeit dient (1. Mos. 1). Sicherlich ist es ein Zeichen hervorragender Bescheidenheit, dass ein Mann, der mit den Gelehrten aufs feinste über die Geheimnisse der Natur hätte disputieren können, nicht bloß an feineren Spitzfindigkeiten vorübergeht, sondern sich zu dem allgemeinen Verständnis auch des Ungebildetsten herablässt und in schlichter Darstellung den Ungelehrten vorträgt, was für sie nützlich ist.
Und war mächtig in Werken und Worten. Damit wird ein doppelter Vorzug beschrieben: der an Geist und Lehre reich ist, zeigt sich zugleich zur praktischen Durchführung trefflich geeignet. Wegen dieser seltenen Gaben musste jedermann ihn als einen hervorragenden Mann anerkennen. Da er in solcher Schätzung stand, durften übrigens die Israeliten noch weniger hoffen, dass er der Mittler ihrer Erlösung werden könne.
V. 23. Da er aber vierzig Jahre alt war usw. Manche Ausleger ziehen hier den Schluss, dass Mose sich innerlich niemals seinem Volk entfremdet habe. Was aber Stephanus sagt, deutet doch in die entgegen gesetzte Richtung; aber jetzt scheint Gottes Geist seine Seele gleichsam aus dem Schlaf geweckt zu haben, so dass er nach den lange vernachlässigten Brüdern sich umsah. Wahrscheinlich hatte er eine Kunde seines Ursprungs, dessen Zeichen er ja an seinem Fleisch trug und von dem man am Hofe gewiss zu sagen wusste; konnte doch die Königstochter ihn ohne übeln Verdacht nur adoptieren, wenn seine Herkunft bekannt war. Lange aber war er nicht darauf gestimmt, dass er gewagt hätte, die Liebe zu seinen Blutsverwandten öffentlich zu zeigen. Es trägt dies nicht wenig zur Vermehrung des Ruhmes Gottes bei, dass Mose, unbekannt mit seiner Berufung, so lange Zeit müßig am königlichen Hofe sitzt, darnach aber plötzlich, ohne dass er selbst oder sonst jemand es hätte erwarten können, vom Herrn berufen wird. Dies neue sorgliche Gedenken an seine Brüder entstand also in seiner Seele aus einem neuen und ungewohnten Antrieb des heiligen Geistes.
V. 24. Und sah einen unrecht leiden. Ein solches Schauspiel bot sich Mose nicht zufällig, sondern da Gott ihn seinem Volk zum Erlöser bestimmt hatte, wollte er ein Beispiel und gleichsam ein Vorbild dafür durch seine Hand geschehen lassen. Denn Stephanus weist ausdrücklich darauf hin (V. 25), dass er nichts leichthin in Angriff nahm, sondern im Bewusstsein seiner Berufung tat, was sich für den Rächer des Volks ziemte. Denn wenn ihm Gott nicht die Waffe in die Hand gab, durfte er einen noch so schuldigen und verbrecherischen Menschen nicht töten. Es ist ein frommes und lobenswertes Werk, dass man sich gottlosen Leuten entgegenstelle, ihre Gewalttaten hindere und die Guten gegen ihre Beleidigungen schütze; doch steht es einem Privatmann nicht zu, Rahe zu nehmen. Mose durfte also den Ägypter nur töten, weil ihm nach dem Recht seiner Berufung das Schwert vom Herrn in die Hand gegeben war. Es war aber dieser hochgemute, tapfere Sinn ein Werk des heiligen Geistes; denn in Menschen, die Gott zu großen Dingen bestimmt, gießt er seine Kraft mächtig aus, damit sie ihrer Aufgabe gewachsen seien. Alles in allem will Stephanus sagen, dass schon damals Mose dem Volk als Diener der Erlösung angeboten ward, da der Tag bevorstand, der infolge des Bundes mit Abraham kommen musste, dass aber das Volk nichts weniger erhoffte als dies.
V. 26. Und am andern Tage usw. Weiter zeigt Stephanus, dass die Väter nicht bloß Gottes Gnade übersahen, sondern sogar böswillig von sich stießen. Was er Böses erzählt, ging freilich nur von einem Menschen aus; aber mit Recht spricht er die Schuld allen zu. Denn wären sie dem Herrn dankbar gewesen, so hätten sie die dreiste Rede des einen einmütig unterdrücken müssen. Sie schweigen aber alle und lassen dem Mose vorwerfen, was er ihnen Gutes geleistet hatte; soviel an ihnen ist, bringen sie den Mann in die äußerste Gefahr, zu dessen Schutz sie ihre Köpfe hätten einsetzen müssen. Die Erzählung will also zu verstehen geben, dass es allein die Schuld des Volkes war, wenn es wenigstens eine gewisse Erleichterung nicht schneller spüren durfte. So pflegt der Menschen Verkehrtheit dem Herrn Aufschub zu bereiten. Er ist gerüstet, den Seinen rechtzeitig Hilfe zu bringen; wir aber schieben durch mancherlei Hinderungen seine Hand von uns ab und beklagen uns dann mit Unrecht über seine Langsamkeit. So haben wir es hier mit einer gegen Gott unfrommen, gegen Mose grausamen Undankbarkeit zu tun. Das Volk hätte dem Herrn danken müssen, der ihm am Hof des Königs einen so treuen Beschützer gegeben hatte; es hätte den Mose mit aller Liebe und treuen Fürsorge ehren müssen. Stattdessen empfängt er äußerst schlimmen und ungerechten Lohn, Vorwürfe und Drohungen. Dass man weiter seine Tat dem König hinterbrachte, muss auf Rechnung der Verräterei des Volkes gesetzt werden. Wie also später, als man das Land Kanaan schon vor sich liegen sah, das Volk sich den Zutritt durch seine Sünde verschloss, so verschmäht es jetzt durch den einen Mann, der gleichsam in seinem Namen handelt, Gottes Gnade und schiebt die Zeit der Erlösung für volle vierzig Jahre auf. Denn obwohl Gott beschlossen hatte, was er tun wollte, wird doch die Schuld des Verzugs mit gutem Grunde denen angerechnet, die Mose in seiner Pflicht hindern und stören.
Lieben Männer, ihr seid Brüder. Gewiss verpflichtet schon die allgemeine Zusammengehörigkeit dazu, dass wir Menschlichkeit untereinander pflegen und uns jedes Unrechts entschlagen; noch unwürdiger und unerträglicher ist es, wenn Leute sich gegenseitig verletzen, die durch ein engeres Band verbunden sind. Darum erinnert Mose an die Blutsverwandtschaft, um die Wut zu stillen. Aber er erreicht nichts. Denn der dem Nächsten Unrecht tat, stößt nun auch ihn frech und drohend zurück. Es ist ja ganz geläufig, dass ein böses Gewissen die Menschen zur Raserei treibt, und dass derjenige sich am frechsten und rauesten erhebt, dessen Sache die schlechteste ist. Aber unter welchem Vorwand fährt der Mann so schmählich auf Mose los, der unrecht tat? Er sagt (V. 27), dass er kein Richter sei. Aber Mose hatte ihn doch nicht getadelt, als besäße er eine Obergewalt, sondern hatte sie nur gleicher weise freundlich erinnert. Oder steht es allein dem Richter zu, uns zu erinnern, wenn wir fehlen? Aber das ist das Laster aller widerspenstigen und unbeugsamen Menschen, dass sie keinen Ermahnungen, sondern nur der Gewalt nachgeben; sie gleichen den Irrsinnigen, die ihre Ärzte rasend anfallen. Umso mehr sollen wir uns bemühen, unsere Begierden zu zügeln, damit wir nicht in blinder Wut wider diejenigen anstürmen, die unsere Fehler heilen möchten. Auch erinnert uns dies Beispiel, dass angesichts so verkehrter Gewohnheiten der Menschen die Knechte Gottes nicht anders ihre Pflicht tun können, als indem sie immer wieder viel Unrecht leiden, viele Beleidigungen sich gefallen lassen, sich in Gefahr begeben und insbesondere für Wohltaten üble Nachreden dulden. Aber alle diese unwürdigen Schlechtigkeiten müssen sie herunterschlucken und dürfen darum ihr Wirken nicht einstellen, weil sie ja wissen, dass es ihnen vom Herrn aufgetragen ward und darum ihm wohlgefällig ist.

30 Und über vierzig Jahre erschien ihm in der Wüste an dem Berge Sinai der Engel des Herrn in einer Feuerflamme im Busch. 31 Da es aber Mose sah, wunderte er sich des Gesichtes. Als er aber hinzu ging, zu schauen, geschah die Stimme des Herrn zu ihm: 32 Ich bin der Gott deiner Väter, der Gott Abrahams und der Gott Isaaks und der Gott Jakobs. Mose aber ward zitternd und wagte nicht anzuschauen. 33 Aber der Herr sprach zu ihm: Zeuch die Schuhe aus von deinen Füßen; denn die Stätte, da du stehest, ist heilig Land. 34 Ich habe wohl gesehen das Leiden meines Volks, das in Ägypten ist, und habe ihr Seufzen gehöret und bin herabkommen, sie zu erretten. Und nun komm her, ich will dich nach Ägypten senden.

V. 30. Und über vierzig Jahre usw. Da Mose kein unempfindlicher Mensch war, kann ein jeglicher wohl verstehen, wie vieles ihm in den Sinn kommen konnte, was den Glauben an seine Berufung wankend machen konnte. Satans Künste sind trügerisch und wir von Natur zum Misstrauen nur zu geneigt; alle Zweifel an Gottes Wort, die sich einschleichen, lassen wir leicht zu. Es war eine harte Veränderung, aus den Vergnügungen des Hofes und einem glänzenden Leben zu dem schmutzigen und mühevollen Amt eines Hirten herabgestoßen zu werden. Und besonders da Mose eine so lange Zeit verfließen sah und sich inzwischen in der Einsamkeit fand, konnte er kaum etwas anderes annehmen, als dass es ein trügerisches Nichts war, was Gott ihm verheißen hatte. Da er schon achtzig Jahre alt war und noch immer das Vieh seines Schwiegervaters weiden musste, für welchen Zeitpunkt sollte er denn hoffen, dass seine Arbeit zur Befreiung des Volks würde gebraucht werden? Solche Kämpfe der Frommen sich beständig zu vergegenwärtigen und dem Gedächtnis tief einzuprägen, ist nützlich, damit unsere Seele nicht verzage, wenn uns der Herr länger, als wir wünschen, in der Erwartung hält. Zum anderen gab Mose dadurch ein herrliches Beispiel von Bescheidenheit, dass er in der ganzen Zwischenzeit sich nicht abängstigt, noch Unruhe hervorruft, noch sich auf irgendeine Weise zu einer hervorragenden Stellung drängt, wie unruhige Menschen zu tun pflegen; er widmet sich dem Hirtenamt, als wäre er niemals zu einer größeren Aufgabe berufen worden. Während er aber ruhig wartet, erscheint ihm der Herr zur rechten Zeit.
Erschien ihm der Engel des Herrn. Es fragt sich, wer dieser Engel war, zum anderen, ob er sich unter der Gestalt eines solchen sehen ließ. Denn Lukas legt dem Engel, von dem er jetzt spricht, alsbald die Rede in den Mund: „Ich bin der Gott Abrahams“ usw. Man könnte vielleicht sagen, dass der Engel, der im Namen Gottes redet, sich auch wie Gott gebärdet und seine Befehle gleichsam wörtlich als aus Gottes Munde vorträgt. So zu reden ist auch den Propheten geläufig. Da aber Lukas nachher (V. 36) erklärt, dass eben unter der Führung dieses Engels Mose das Volk befreit habe, und Paulus verkündet (1. Kor. 10, 2), dass Christus jener Führer gewesen sei, so brauchen wir uns nicht mehr zu wundern, dass der Engel für sich in Anspruch nimmt, was allein Gott zusteht. Wir wollen auch feststellen, dass von Anbeginn aller Verkehr Gottes mit den Menschen sich durch Christus vermittelt. Denn wir kommen nicht an Gott heran, wenn nicht der Mittler zugegen ist, der ihn uns zum Freunde macht. So liefert diese Stelle einen klaren Beweis für Christi ewige Gottheit und lehrt, dass er gleichen Wesens mit dem Vater ist. Übrigens ist gewiss, dass Gott niemals den Menschen erschien, wie er an sich ist, sondern immer unter einer Gestalt, die ihrem Fassungsvermögen sich anpasst. – Es bleibt noch einiges über den brennenden Busch zu sagen. Es ist geläufig, dass Gott die Dinge unter wegen ihrer Ähnlichkeit passenden Zeichen darstellt, wie dies regelmäßig bei den Sakramenten der Fall ist. Es konnte nur dem Mose im gegenwärtigen Zeitpunkt nichts gezeigt werden, was geeigneter gewesen wäre, seinen Glauben zu stärken. Er wusste, in welchem Zustand er sein Volk verlassen hatte. War dasselbe auch eine ungeheure Zahl von Menschen, so war es doch einem Busch nicht unähnlich. Denn je dichter und mit eng stehenden Zweigen besetzt ein Busch ist, umso bessere Nahrung bietet er der Flamme, so dass der Brand durch alle seine Teile wütet; so war der schwache Haufe des israelitischen Volkes jedem Unrecht ausgesetzt, der unkriegerischen Menge wurde gerade ihre große Zahl zur Beschwer; sie hatte Pharaos Wut lediglich durch ihr glückliches Wachstum entzündet. So ist das Volk, auf welchem harte Tyrannei lastete, gleichsam ein Haufe von Holz, den auf allen Seiten der Brand ergreift; dass es nicht alsbald in Asche verwandelt wird, hindert allein die Gegenwart des Herrn, der in seiner Mitte thront. War die Verfolgung damals auch besonders brennend, so wird darin doch die ständige Lage der Gottesgemeinde abgebildet, die in der Welt niemals von Bedrückung ganz unverschont und frei ist. Denn was sind wir anders als Futter für die Flamme? Zahllose Fackeln Satans fliegen immerzu, die neues Feuer an die Leiber und die Seelen legen; aber der Herr in seiner wunderbaren und unvergleichlichen Gnade behütet und schützt uns vor dem Verzehrtwerden. So lesen wir es auch im 46. Psalm (V. 6): „Gott ist bei ihr drinnen.“
V. 31. Da es aber Mose sah usw. Gott, das sollen wir wissen, pflegte derartig mit den Vätern zu handeln, dass sie seine Majestät sicher erkennen mussten. Es sollte ein klarer Unterschied sein zwischen den Gesichten, die er ihnen gewährte, und den Trügereien des Satans, der ja einst alle Heiden irreführte, wie noch heutzutage die Papisten. Denn alle Wunder des Aberglaubens, alle wahnsinnigen Erdichtungen des Irrtums, wie sie einst im Schwange gingen und noch immer unter dem Papsttum herrschen, sind aus Träumen, Erscheinungen und falschen Offenbarungen entsprungen. Derartige Illusionen haben ja auch die Wiedertäufer. Es ist also das einzige Heilmittel, dass Gott die Gesichte, die er gibt, durch bestimmte Merkmale auszeichnet. Wir werden ja über die Gefahr des Irrtums erhoben sein, wenn er uns seine Majestät offenbart. Darum verwundert Mose sich zuerst, dann tritt er zu genauerer Betrachtung hinzu. Nach dem näheren Herantreten aber erfasst ihn der Herr noch tiefer durch die lebendige Empfindung seiner Gegenwart, so dass er erzittert. Gewiss macht alles dies irgendwie auch der Satan nach, aber in verkehrter Weise wie ein Affe. Und der Herr offenbart sich nicht bloß durch derartige Zeichen, sondern nimmt auch Rücksicht auf unser stumpfes Wahrnehmungsvermögen, damit wir nicht getäuscht werden. Endlich prägt der heilige Geist die Zeichen und Zeugnisse der göttlichen Gegenwart in unser Herz, so dass kein Zweifel mehr bleibt.
V. 32. Ich bin der Gott deiner Väter. Jetzt sehen wir, zu welchem Zweck Mose das Gesicht zuteil ward: es sollte dem Worte Gottes seine gewisse Autorität werden. Denn Gesichte würden wenig nützen, wenn nicht die Lehre hinzukäme. Sie kommt aber nicht als eine Nebensache hinzu, sondern als Grund und Zweck aller Gesichte. Dass sich der Herr aber als den Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs bezeichnet, hat einen doppelten Grund. Gottes unbegrenzte Majestät müsste unsere Sinne verschlingen, wenn wir sie begreifen wollten; wir müssten vergehen, wollten wir versuchen, ihr zu nahen. So schmückt und kleidet er sich mit Titeln, unter denen wir ihn begreifen können. Bemerkenswert aber ist, dass Gott solche Titel wählt, durch die er uns zu seinem Wort leitet. Er nennt sich den Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, weil er bei ihnen die Lehre des Heils niederlegte, durch die er der Welt bekannt werden will. Zugleich aber blickt diese Selbstbezeichnung Gottes auf die gegenwärtige Lage. Denn dieses Gesicht, die Hoffnung auf Befreiung des Volks, und er Befehl, den Mose empfangen sollte, hingen von dem Bund ab, den Gott einst mit den Vätern geschlossen hatte. So wird der Verdacht verscheucht, als handle es sich um etwas Neues, und es wird Mose Mut gemacht, auf die Erlösung zu hoffen, die auf Gottes alte Verheißung sich gründet. Diese herrliche Bezeichnung bedeutet also etwa, als hätte Gott gesprochen: Ich, der ich einst euren Vätern verheißen habe, für ihr Heil sorgen zu wollen, der ich Abrahams Geschlecht durch einen Bund freier Gnade in meine Obhut nahm, ja, der ich schon den Zeitpunkt bestimmte, eures Volkes Knechtschaft zu endigen, erscheine dir jetzt, um meine Worte wahr zu machen. So müssen sich heute alle Gottesverheißungen, sollen sie anders beständig und fest sein, auf das Fundament stützen, dass Gott uns in Christus zu Kindern annahm und versprach, unser Vater und Gott zu sein. Übrigens folgert Christus aus unserer Stelle mit gutem Grunde, dass die Frommen ein Leben nach dem Tode haben werden (Mt. 22, 32). Denn wenn der ganze Mensch im Tode zugrunde ginge, wäre es töricht zu sagen: Ich bin der Gott Abrahams. Nehmen wir an, Rom existierte nicht mehr, - wäre dann ein Mensch nicht lächerlich, der sich als römischen Konsul bezeichnete? Die beiden Glieder müssen doch einander entsprechen. Auch ein weiterer Grund kommt in Betracht: da Gott Leben und Tod in Händen hat, wird er ohne Zweifel diejenigen am Leben erhalten, denen er ein Vater sein will und die er zu seinen Kindern zählt. Darum sind Abraham, Isaak und Jakob zwar nach dem Fleisch gestorben, leben aber nach dem Geist bei Gott.
Mose aber ward zitternd. Es scheint ungereimt, dass ein so trostvolles Wort mehr erschreckend als erfreuend wirkt. Dass aber Mose durch Gottes Gegenwart erschreckt wurde, brachte den Nutzen, dass er noch ehrfürchtiger gestimmt ward. Es war auch nicht Gottes Stimme allein, die ihn erschütterte, sondern seine Majestät, deren Zeichen er in dem brennenden Busch erblickte. Sollen wir uns wundern, dass ein Mensch bei Gottes Anblick erzittert? Namentlich aber wollen wir uns erinnern, dass auf diese Weise die Gemüter zu Furcht und heiliger Scheu zubereitet werden, wie es heißt (2. Mos. 20, 20): „Ihr habt die Zeichen gesehen und den Hall der Posaune gehört, auf dass Gottes Furcht euch vor Augen wäre.“ Freilich könnte jemand einwenden: warum wagt Mose jetzt in seinem Zittern nicht anzuschauen, der doch zuvor unbedenklich hinzutrat? Ich antworte, dass uns mit Recht desto größere Furcht ergreift, je näher wir zum Herrn treten und je stärker seine Herrlichkeit leuchtet. Übrigens bringt Gott Mose aus keinem anderen Grunde zum Erzittern, als um ihn gehorsamer zu machen. So war diese Furcht auch eine passende Vorbereitung zu größerer Zuversicht. Darauf zielt auch das folgende Wort (V. 33): Zeuch die Schuhe aus. Mose wird durch dies Zeichen erinnert, Gottes Befehle in Ehrfurcht aufzunehmen und ihm in jeder Hinsicht die schuldige Ehre zu leisten.
Die Stätte ist heilig Land. Durch diese rühmende Bezeichnung des Ortes will Gott Moses Sinn gleichsam zum Himmel emporheben, damit er nichts Irdisches gedenke. Es fragt sich aber, woher dem Orte diese Heiligkeit kommt. War er doch vor diesem Tage nicht heiliger als andere. Ich antworte, dass die Ehrerbietung der Gegenwart Gottes nicht dem Orte gilt, und dass dessen Heiligkeit um der Menschen willen gepriesen wird. Denn wenn Gottes Gegenwart die Erde heiligt, eine wie viel größere Wirkung müssen Menschen von ihr empfangen! Zugleich aber müssen wir uns merken, dass Gott, auch wenn er den Ort für eine Zeit derartig auszeichnete, doch seine Herrlichkeit keineswegs an denselben band. So hat Jakob dem Herrn einen Altar in Bethel errichtet, als derselbe dort ein Zeichen seiner Gegenwart gegeben hatte (1. Mos. 35, 7). Wenn aber die Nachkommen dieses nachahmten, entstand ein verkehrter Gottesdienst. Endlich wird allein um Moses willen der heilig genannt, damit er sich besser zur Furcht Gottes und eifrigem Gehorsam rüste. Jetzt, da uns Gott in Christus allenthalben seine Gegenwart anbietet, und zwar nicht unter dunklen Bildern, sondern in vollem Licht und gewisser Wahrheit, müssen wir nicht bloß die Schuhe ablegen, sondern uns selbst ganz ausziehen.
V. 34. Ich habe wohl gesehen usw. Jetzt verheißt Gott, dass er des Volks Erlöser sein wolle. Damit setzt er Mose von neuem als Diener ein, weil ja die frühere Verheißung durch die lange Zwischenzeit unterbrochen war. Dass Gott unsere Leiden ansieht, bedeutet, dass er sich um uns kümmert und für unser Wohlergehen zu sorgen anfängt. Umgekehrt heißt es, dass er die Augen schließe und uns den Rücken wende, wenn er unsere Sache zu vernachlässigen scheint. Die gleiche Bewandtnis hat es mit der Aussage, Gott sei herabgekommen. Es ist durchaus nicht nötig, dass Gott sich vom Ort bewege, um Hilfe zu bringen; denn seine Hand erstreckt sich durch Himmel und Erde. Die Redeweise ist aber unserem Verständnis angepasst. Denn solange Gott die Bedrängnis des Volks nicht erleichterte, schien er fern zu sein und irgendetwas anderes im Himmel zu besorgen. Jetzt kündigt er an, dass die Kinder Israel seine Nähe spüren sollen. Dies alles zielt darauf, dass Mose über den Willen Gottes gewiss werden, sich darum ohne Bedenken seiner Führung anvertrauen und mit umso größerer Zuversicht die Befreiung des Volks in die Hand nehmen soll, weil er weiß, dass es sich um Gottes Werk handelt. Bemerkenswert ist auch die Aussage, dass Gott das Seufzen gehöret habe. Denn wenn er sieht, dass arme Leute ungerecht unterdrückt werden, besonders aber, wenn wir unsere Seufzer und Klagen in seinen Schoß ausschütten, wird er zum Mitleid bewegt. Immerhin könnte das Seufzen, wie auch sonst öfter, blinde und verwirrte Klagen bedeuten sollen, die man nicht an Gott richtet.

35 Diesen Mose, welchen sie verleugneten und sprachen: Wer hat dich zum Obersten und Richter gesetzt? den sandte Gott zu einem Obersten und Erlöser durch die Hand des Engels, der ihm erschien im Busch. 36 Dieser führte sie aus und tat Wunder und Zeichen in Ägypten, im Roten Meer und in der Wüste vierzig Jahre. 37 Dies ist Mose, der zu den Kindern von Israel gesagt hat: Einen Propheten wird euch der Herr, euer Gott, erwecken aus euren Brüdern gleichwie mich; den sollt ihr hören.

V. 35. Stephanus übergeht vieles und eilt zu seinem Hauptziel, den Juden einzuprägen, dass ihre Väter nicht erlöst wurden, weil sie es durch ihre Frömmigkeit verdient hätten, sondern dass diese Wohltat unwürdigen Leuten geleistet ward, sodann dass jene ersten Anfänge auf Vollkommeneres hoffen ließen. Als Mose schon als der von Gott verordnete Rächer und Erlöser bereit stand, versperrten sie ihm den Weg. Nun erlöst sie Gott gleichsam wider ihren Willen. Was über Wunder und Zeichen beigefügt wird, will einerseits Gottes Gnade rühmen, anderseits Moses Berufung ins Licht setzen. Sicherlich ist es wunderbar, dass Gott sich herabließ, um eines so undankbaren Volkes willen seine Kraft in mancherlei Wundern zu offenbaren. Er verschafft aber damit seinem Knechte die nötige Autorität. Wenn also darnach die Juden ihm geringere Ehre erwiesen, ihn bald mit Schelten von sich jagen wollten, bald ihn verschmähen, bald mit ihm streiten oder wider ihn bellen, bald im Aufruhr wider ihn aufstehen, so verraten sie darin ebenso ihre Bosheit wie gottlose Verachtung der göttlichen Gnade. Und das unwürdige Verhalten stieg fortwährend, so dass Gott in wunderbarer Geduld mit einem so verkehrten und widerspenstigen Volk streiten musste.
Zu einem Obersten und Erlöser. Hier muss man Gegensätze zwischen den Zeilen lesen, welche das Verbrechen des Volks noch steigern. Sie würden dem Mose gehorcht haben, wenn er ihnen vom tyrannischen König als Richter gesetzt worden wäre; da Gott ihn aber aufstellt, und zwar als Erlöser, verachtet und verschmäht man ihn stolz. Diese Auflehnung gegen seine Herrschaft ist Frevel, die Verwerfung der Gnade dazu noch Undank. Übrigens will Gott mit diesem Ehrentitel, den er Mose gibt, die ihm schuldige Ehre nicht auf einen Menschen übertragen, noch sein eignes Recht in irgendeinem Stück mindern. Mose heißt „Erlöser“ nur insofern, als er Gottes Diener ist. So bleibt der Ruhm für das ganze Werk ungeschmälert dem einigen Gott. Darauf deutet es auch, dass Mose sein Befreieramt durchführte durch die Hand des Engels. Dadurch wird er Christus unterworfen, unter dessen Leitung und Führung er Gott seinen Gehorsam erweist. Denn die Hand kommt hier nicht als dienende, sondern als leitende in Betracht. Wenn also Gott den Dienst Mose gebrauchte, war Christi Kraft doch über ihm, wie er auch heute die Oberleitung in der Hand behält, wenn er für das Heil seiner Gemeinde sorgt. Braucht er Menschen als Diener, so hängen doch die Kraft und Wirkung allein von ihm ab.
V. 37. Einen Propheten wird euch der Herr erwecken. Diese Worte wollen ohne Zweifel besagen, dass Christus des Gesetzes Ende ist. Schon früher (zu 3, 22) haben wir uns darüber geäußert, inwiefern dies Zeugnis angewendet werden kann. Mose erklärt, das Volk brauche nicht nach Zauberern und Wahrsagern auszuschauen, da Gott es ihm nie an Propheten werde fehlen lassen, die es treulich unterrichten. Nun ist aber gewiss, dass der Dienst der Propheten, wie auch des Gesetzes, nur für die Zeit währen sollte, bis Christus der Welt die vollendete Weisheit brachte. Stephanus meint also, dass Mose, wenn er auf einen andren Lehrer empfehlend hindeutet, das Volk nicht an sich allein binden will. Und eben darum fügt er Moses Zeugnis ein, um zu zeigen, dass sie ihn, den sie mit vollen Backen als ihren einzigen Lehrer rühmten, nach seinem Tode nicht minder unwürdig verachten als einst, da sie ihn bei seinen Lebzeiten frevelhaft und aufsässig verschmähten. Denn wer Mose glaubt, kann sich nicht weigern, ein Jünger des Christus zu werden, den jener verkündet hat.

38 Dieser ist´s, der in der Gemeine in der Wüste mit dem Engel war, der mit ihm redete auf dem Berg Sinai und mit unsern Vätern; dieser empfing lebendige Worte, uns zu geben; 39 welchem nicht wollten gehorsam werden eure Väter, sondern stießen ihn von sich und wandten sich um mit ihrem Herzen nach Ägypten 40 und sprachen zu Aaron: Mache uns Götter, die vor uns hingehen; denn wir wissen nicht, was diesem Mose, der uns aus dem Lande Ägypten geführet hat, widerfahren ist. 41 Und machten ein Kalb zu der Zeit und brachten dem Götzen Opfer und freueten sich der Werke ihrer Hände.

V. 38. Stephanus fährt fort, von der Schlechtigkeit des Volks zu erzählen, welches trotz so vieler Wohltaten seines Gottes denselben doch unaufhörlich und böswillig von sich stieß. Waren sie zuvor unbotmäßig und wenig dankbar, so hätte wenigstens die wunderbare Befreiung ihnen einen gesunden Sinn schaffen müssen. Aber sie blieben sich immer gleich. Diese vielen Wunder hätten ihnen billigerweise nicht bloß im Herzen haften, sondern auch vor Augen stehen müssen. Sie vergessen aber alles und wenden sich plötzlich wieder zum Aberglauben Ägyptens. Die harte Knechtschaft war noch frisch in ihrem Gedächtnis; sie ziehen aber die Tyrannen, die sie mehr als unmenschlich bedrückt hatten, ihrem Befreier vor. Der Hinweis, dass Mose in der Wüste mit dem Engel war, lässt ihr Verbrechen noch viel schlimmer erscheinen. Wenn Mose nicht abstand, sie unter der Leitung und dem Schutz des Engels durch die Wüste zu führen, so lässt sich schließen, wie verstockt und unheilbar ihr verkehrtes Wesen war. Es war ein Wunder von Aufsässigkeit, dass sie sich durch so viele Übel und selbst durch den Anblick des Todes nicht demütigen ließen. Man widerstand ja auch dem Mose nicht als einem Privatmann, sondern lehnte sich in verbrecherischer Untreue gegen die göttliche Leitung auf. Dass der Engel mit ihm redete, kann von dem ersten Gesicht verstanden werden, durch welches Mose zum Befreier des Volks berufen ward, oder von den Worten, welche Gott nach dem Durchzug durchs Rote Meer zu ihm redete. Denn der mit Mose zu reden anhob, um ihn nach Ägypten zu senden, hat seine Ansprachen auch später fortgesetzt, bis das Werk vollendet war.
Dieser empfing lebendige Worte. Darauf ruht die Autorität der Lehre Moses, dass er nichts vorbrachte, als was ihm von Gott zukam. Daraus folgt, dass die Juden, wenn sie seine Person angriffen, sich gegen Gott auflehnten. So eifern war ihre Schlechtigkeit. Es fragt sich aber, wieso das Gesetz ein lebendiges Wort heißen kann, welches doch Paulus als ein Amt des Todes und die Kraft der Sünde bezeichnet (2. Kor. 3, 7). Man könnte das Wort lebendig durch „wirksam“ erklären. So wäre die Meinung, dass das Wirken des Gesetzes durch menschlichen Widerspruch nicht aufgehalten werden könne, und jede Schwierigkeit wäre gehoben. Indessen deute ich „lebendig“ doch als lebendig machend. Denn indem das Gesetz als die vollkommene Regel eines heiligen und frommen Lebens zeigt, was vor Gott recht ist, kann es durchaus als eine Lehre des Lebens und Heils bezeichnet werden. Im Gesetz hat Mose, wie er feierlich bezeugt (5. Mos. 30, 19), Leben und Tod vorgelegt. Und bei Hesekiel (20, 21) klagt Gott, dass man sein gutes Gesetz verletzt habe, die guten Gebote, von denen er gesprochen hatte: „Wer sie tut, wird darin leben.“ Das Gesetz also birgt Leben in sich. Dass es zum Amt des Todes wird, ist eine Nebenerscheinung, die infolge der verderbten Natur des Menschen auftritt. Denn das Gesetz erzeugt die Sünde nicht, sondern findet sie in uns vor. Außerdem aber scheint Stephanus noch etwas Tieferes zu meinen; denn er redet nicht von den bloßen Geboten, sondern denkt an Moses gesamte Lehre, in welcher auch die Heilsverheißung, also Christus selbst, das einzige Leben und Heil der Menschen, eingeschlossen ist. Wir haben uns zu erinnern, mit welcherlei Menschen Stephanus sich auseinandersetzen musste. Sie waren von einem falschen Eifer für das Gesetz beseelt, hängten sich lediglich an den toten und todbringenden Buchstaben; warum eben wüteten sie gegen Stephanus, weil er Christus im Gesetz suchte, der ja auch in Wahrheit des Gesetzes Seele ist. Er gibt also ihrer sündhaften Unwissenheit einen Hieb und will sagen, dass etwas Größeres und Herrlicheres im Gesetz verborgen liegt, als sie bis dahin wussten. Ihre fleischliche Art gab sich mit dem äußeren Schein zufrieden und suchte nichts Geistliches im Gesetz, ließ auch nicht zu, dass man es ihnen zeigte.
Uns zu geben. Damit tritt Stephanus der Verleumdung entgegen, mit der man ihn fälschlich belastete. Denn wenn er sich dem Joch des Gesetzes unterwirft und als einen Schüler Moses sich bekennt, kann er doch unmöglich andere davon abspenstig machen; ja, er wendet das ihm vorgeworfene Verbrechen auf die Urheber der Verleumdung zurück. Er erhebt den Vorwurf, der das Volk insgesamt trifft, dass die Väter dem Gesetz nicht gehorchen wollten. Dabei erinnert er, dass Mose nicht bloß seinem Zeitalter als Prophet gegeben war, sondern dass seine Autorität auch nach seinem Tode noch bei den Nachkommen gelten sollte. Denn die göttliche Lehre darf nicht mit ihren Dienern vergehen und beseitigt werden. Was wäre unstimmiger, als dass die Lehre sterben sollte, die uns Unsterblichkeit verleiht? So haben wir auch für unsere Zeit zu sagen, dass die Propheten und Apostel nicht minder zu uns als zu ihren Zeitgenossen reden. Ihre schriftlich hinterlassene Lehre hat bleibende Kraft, weil man dabei mehr auf Gott als den Urheber als auf die menschlichen Diener sehen muss. So enthält unser Satz die Erinnerung, dass wir Gottes Rat verwerfen, wenn wir das für uns bestimmte Wort verwerfen.
V. 39. Dass die Väter Mose verwarfen, wird darauf zurückgeführt, dass sie sich mit ihrem Herzen nach Ägypten umwandten. Es war dies eine schreckliche und mehr als blinde Raserei, sich nach dem Aberglauben, den Sitten und Einrichtungen Ägyptens zurückzusehnen, wo sie noch vor kurzem so Schweres hatten leiden müssen. Die Meinung ist nicht, dass sie nach Ägypten zurückzukehren wünschten, sondern dass sie ihre Herzen zu jenen verderblichen Dingen zurückwandten, an deren keines sie ohne den äußersten Abscheu und Hass hätten denken dürfen. Gewiss haben die Juden auch einmal die Frage nach Rückkehr aufgeworfen, aber an diese Geschichte denkt Stephanus jetzt nicht. Er spricht von ihrer inneren Widerspenstigkeit. Nachdem sie unter Gottes Führung den rechten Weg betraten, sprangen sie plötzlich ab, gleichwie ein aufsässiges Pferd seinen Reiter nicht mehr tragen will und sich frech rückwärts wendet.
V. 40. Mache uns Götter. Obwohl die Juden in mannigfacher Weise ihre Herzen rückwärts wandten, wählt Stephanus doch nur ein vor anderen denkwürdiges Beispiel schmählicher und abscheulicher Untreue aus: sie machten sich ein Kalb, das sie an Gottes Statt verehrten. Man kann nichts Schimpflicheres ersinnen als diese Undankbarkeit. Sie geben zu, dass sie aus Ägypten erlöst sind, leugnen auch nicht, dass dies durch Gottes Gnade und Moses Dienst geschah; dabei verwerfen sie aber den, der so großes Gut gab, samt seinem Diener ohne Scheu. Und unter welchem Vorwand? Sie wissen angeblich nicht, was diesem Mose geschehen sei. Doch wissen sie sehr wohl, dass er auf dem Berge ist. Wie er dorthin ging, haben sie ihn mit ihren Augen verfolgt, bis Gott ihn mit der Wolke umhüllte und zu sich kommen ließ. Sie wissen ferner, dass Mose ihnen zugut abwesend war und versprochen hatte, zur gegebenen Zeit zurückzukehren, um das von Gott gegebene Gesetz ihnen zu bringen. Er hatte sie nur ein wenig warten heißen. Da erregen sie nach kurzer Zeit plötzlich einen unverständigen und unbegründeten Aufruhr. Um aber ihre Raserei mit einem vernünftigen und ehrbaren Schein zu umhüllen, wollen sie Götter gegenwärtig haben, als ob ihnen Gott bis zur Stunde noch kein Zeichen seiner Gegenwart gegeben hätte. Und doch ließ sich seine Herrlichkeit an jedem Tage in der Wolke und der Feuersäule sehen. Diese Stelle zeigt mit besonderer Deutlichkeit den Quell, aus dem alle Art von Aberglauben seit Anbeginn geflossen ist, insbesondere wie man zuerst zur Herstellung von Götzenbildern kam: der fleischliche Mensch will Gott für sein fleischliches Begriffsvermögen gegenwärtig haben. Gott kommt ja unserem schwachen Verständnis insofern entgegen, als er sich unter Bildern gleichsam sichtbar anbietet. Solche Symbole, die seine Gegenwart bezeugten, gab es unter dem Gesetz viele. Heute lässt er sich durch Taufe und Abendmahl, ja durch die äußere Predigt des Worts zu uns herab. Die Menschen sündigen aber in doppelter Weise. Erstlich begnügen sie sich nicht mit den von Gott verordneten Mitteln, schaffen immer neue Gebilde und überschreiten ohne Scheu die von ihm gezogenen Schranken. Es kann aber keine wahre Darstellung Gottes geben außer der, die er selbst verordnet hat. Daran schließt sich der zweite, nicht minder unerträgliche Fehler, dass der menschliche Verstand, der nur rohe und irdische Gedanken über Gott fasst, alle Zeichen seiner Gegenwart ins grobe verkehrt. So treibt er nicht bloß ein sündhaftes Spiel mit selbst gemachten Götzenbildern, sondern verkehrt auch, was Gott eingesetzt hat, in sein Gegenteil und verderbt es. Freilich ist Gott, wie ich sagte, zu uns herabgestiegen, aber mit der Absicht, uns in den Himmel zu erheben. Wir aber, die wir an der Erde haften, wollen auch ihn auf der Erde haben. Auf diese Weise wird seine himmlische Herrlichkeit entstellt, und es erfüllt sich allezeit, was die Israeliten hier sagen: Mache uns Götter! Denn jeder, der Gott nicht im Geist anbetet, macht sich einen neuen Gott. Wenn aber alles genau erwägt, wollen die Israeliten doch nicht einen selbst gemachten Gott haben, wähnen vielmehr unter dem Bilde des goldenen Kalbes den wahren und ewigen Gott zu besitzen. Denn sie wohnen in allem Ernst den angesagten Opfern bei und stimmen zu, wenn Aaron verkündet, hier seien die Götter, die sie aus Ägypten geführt haben. Gott aber hält sich mit jenen abgeschmackten Einbildungen nicht auf, sondern klagt, dass man fremde Götter an seine Stelle setze, sobald die Menschen auch nur im Geringsten von seinem Wort abweichen.
V. 41. Und machten ein Kalb. Warum gerade dieses Bild ihnen gefiel, lässt sich aus dem Vorangehenden leicht ersehen. Unter all den Götzenbildern, von denen es in Ägypten wimmelte, stand bekanntlich der Stier in besonderen Ehren. Dass man sich nach einem Götzenbild sehnte, kam nun, wie Stephanus schon sagte, lediglich daher, dass man das Herz wieder nach Ägypten gewandt hatte. Bemerkenswert ist der Ausdruck, dass sie dem Götzen Opfer brachten. Sie hatten im Sinn, den Herrn unter dem Bilde des Kalbs zu verehren. Aber weil sie durch Herstellung des Götzenbildes den wahren Gott verlassen haben, wird alles, was noch folgt, so angesehen, als sei es dem Götzen gegeben; denn Gott verschmäht alle verunreinigte Verehrung.
Und freueten sich der Werke ihrer Hände. Diese Redeweise ist aus Jesaja (2, 8), sowie den Propheten überhaupt entnommen, welche den Juden übereinstimmend vorwerfen, dass sie an ihren Gemächten sich ergötzen. Sicherlich ist es ein wunderbarer Wahnsinn, wenn in göttlichen Dingen die Menschen beanspruchen, selbst etwas schaffen zu können. Dass sie sich freuen, verstehe ich von dem feierlichen Tanz, von dem Mose im 32. Kapitel seines zweiten Buchs berichtet. Doch deutet Stephanus auf einen allgemeinen Fehler, an welchem die Götzendiener leiden. Denn da in der Religion Menschen nichts unternehmen dürfen, als was Gott vorschreibt, erwählen sie mit allem, was sie unter Zurücksetzung des göttlichen Worts sich selbst ausdenken, die Werke ihrer Hände. Stephanus aber zeigt, dass sie in demselben Maße, wie sie sich in ihrer Willkür gefallen, dem Herrn missfallen. Denn was die Menschen selbst ersinnen, ist eine Entweihung und ein Raub am Heiligtum.

42 Aber Gott wandte sich und gab sie dahin, dass sie dieneten des Himmels Heer; wie denn geschrieben steht im Buch der Propheten: „Habt ihr vom Hause Israel die vierzig Jahre in der Wüste mir auch je Opfer und Vieh geopfert? 43 Und ihr nahmet die Hütte Molochs an und das Gestirn eures Gottes Remphan, die Bilder, die ihr gemacht hattet, sie anzubeten; und ich will euch wegwerfen jenseit Babylon.“

V. 42. Hier erinnert Stephanus, dass die Juden zu sündigen nicht aufhörten, sondern immer weiter zu sündhaften Irrungen ausschweiften: der erste Fall war gleichsam der Eintritt in ein Labyrinth. Er setzt es aber auf Rechnung gerechter göttlicher Rache, dass von der Zeit an der Wahnsinn stieg, so dass sie sich statt eines Götzenbildes unzählige schafften. Dies Beispiel mahnt uns, peinlich bei Gottes Regel zu bleiben; denn die geringste Abweichung verwickelt uns in massenhaften Aberglauben und in einen wüsten Haufen von Irrtum. Das ist die gerechte Strafe Gottes für die Menschen, die seinem Worte zu gehorchen sich weigern. Darum sagt Stephanus: Gott wandte sich, d. h. er wandte den Rücken. Denn er richtete gleichsam seine Augen auf das Volk, solange er seine besondere Fürsorge in dessen Leitung bewies. Jetzt ist er durch den Abfall beleidigt und wendet sein Antlitz anderswohin. Daraus können wir zugleich schließen, dass wir auf dem rechten Weg nur verharren, solange der Herr über uns wacht und uns leitet. Wendet er sein Angesicht ab, so werden wir alsbald in Irrtümer gezogen. Schon als die Kinder Israel das Kalb machten, waren sie von Gott verlassen. Stephanus aber will an eine strenge Strafe erinnern und sagen, dass sie jetzt in gänzlich verworfenen Sinn gestoßen wurden, wie auch Paulus (Röm. 1, 28) lehrt, dass Leute, die dem ihnen geoffenbarten Gott nicht die Ehre gaben, durch seine gerechte Rache der Blindheit, dem Stumpfsinn und schändlichen Lastern übergeben wurden. So ist es gekommen, dass seit der ersten Verunreinigung der Religion einem geringen Anfang von Aberglauben zahllose Gräuel, einer leichten Verderbnis wunderbar roher Götzendienst nachfolgten. Denn weil die Menschen das ihnen angezündete Licht vernachlässigten, machte Gottes gerechtes Gericht sie völlig stumpf, so dass sie kein richtigeres Urteil hatten als das stumme Vieh. An sich ist der Götzendienst sehr fruchtbar, so dass aus einem Götzen hundert gezeugt werden und aus einer Form des Aberglaubens tausend sich ergießen. Vollends groß aber wird der Wahnsinn der Menschen, weil Gott sich selbst rächt, indem er sie dem Satan übergibt; denn seitdem er uns in seine Leitung genommen, hat er sich in keinem Stück verändert; vielmehr ist es unser frecher Leichtsinn, der ihn uns entfremdet.
„Habt ihr mir auch geopfert?“ Diese Stelle ist aus Amos (5, 25 f.) entnommen. Die Ausdrucksweise des Stephanus deutet aber darauf, dass es überhaupt in dem Buch der Propheten so zu lesen steht. Nach einer heftigen Predigt gegen den Götzendienst und mancherlei Verbrechen des Volks sagt Amos, es sei kein neues Übel, dass die Juden sich wider Gott empören, weil schon ihre Väter noch in der Wüste die wahre Frömmigkeit verlassen hatten. Dass man ihm dort keine Opfer brachte, sagt der Herr nicht in dem Sinne, als hätte es überhaupt keine Opfer gegeben, sondern weil er die verunreinigte Verehrung verschmähte. So wirft er auch bei Jesaja (43, 22 ff.) dem Volk vor, dass es ihn mit keinen Opfern geehrt habe: „Mir hast du nicht gebracht Schafe deines Brandopfers, noch mich geehrt mit deinen Opfern. Ja, mir hast du Arbeit gemacht mit deinen Sünden“ usw. Was dann folgt, lässt sich sowohl auf die Väter als auf die Nachkommen beziehen.
V. 43. Und ihr nahmet die Hütte Molochs. Die Meinung dürfte die sein, dass Gott zuerst die Väter anklagte, nun aber in heftiger Steigerung hinzufügt, dass die Nachkommen immer schlimmere Formen des Aberglaubens häuften, indem sie immer neue und mannigfaltige Götzen schufen. Was der Prophet in Gottes Namen sagen will, ist etwa dies: Wenn ich mit dem frühesten Altertum anfange zu erzählen, wie euer Volk sich gegen mich betragen hat, o Haus Jakob, so haben schon in der Wüste eure Väter den von mir angeordneten Kultus zu verderben und zu verkehren begonnen, ihr aber habt ihre Gottlosigkeit noch übertroffen, indem ihr einen ungeheuren Schwarm von Göttern einführtet. Er bekräftigt das Zeugnis des Propheten treffend mit dem Hinweis, dass die Juden schon von gottlosen und widerspenstigen Vätern abstammten, dann aber unaufhörlich noch tiefer sanken. Übrigens weicht seine Rede von den Worten des Propheten einigermaßen ab, ohne dass der Sinn sich änderte. Wahrscheinlich hat Stephanus, der zu Juden redete, wörtlich in ihrer Sprache vorgetragen, was beim Propheten steht. Lukas aber, der griechisch schrieb, folgte der griechischen Übersetzung.
Die Bilder, die ihr gemacht hattet. Es mag sein, dass der Prophet in diesem Zusammenhang auch an Sternbilder denkt; er verurteilt aber ohne Zweifel die Gottesbilder, welche die Juden gemacht hatten, weil Gott unter einer sichtbaren und äußeren Gestalt nicht verehrt sein will. Damit wird eine törichte und kindische Spitzfindigkeit der Papisten widerlegt. Weil sie die Bilder und Statuen, die sie anbeten, nicht als Götzen gelten lassen, nennen sie ihren wahnsinnigen Kultus Bilderverehrung, nicht Götzendienst. Mit solcher Sophisterei spotten sie Gottes; und jeder einigermaßen verständige Mensch sieht, dass sie sich mit solchen Torheiten mehr als lächerlich machen.
Jenseit Babylon. Der Prophet spricht von Damaskus, und auch die griechische Übersetzung weicht nicht ab. Daher könnte der Name Babylon irrtümlich untergelaufen sein; doch ist in der Hauptsache kein Unterschied. Die Kinder Israel sollten nach Babel gebracht werden; weil sie aber das Königreich Syrien mit seiner Hauptstadt Damaskus als einen sicheren und uneinnehmbaren Hort betrachteten, kündigt der Prophet an, dass Damaskus den Herrn nicht hindern werde, sie weiter hinauszutreiben. Er will etwa sagen: solange ihr Damaskus als Bollwerk wider eure Feinde habt, haltet ihr euch für herrlich geschützt; aber Gott wird euch darüber hinausführen, nämlich nach Assyrien und Chaldäa.

44 Es hatten unsre Väter die Hütte des Zeugnisses in der Wüste, wie ihnen das verordnet hatte, der zu Mose redete, dass er sie machen sollte nach dem Vorbilde, das er gesehen hatte; 45 welche unsre Väter auch annahmen und brachten sie mit Josua in das Land, das die Heiden innehatten, welche Gott ausstieß vor dem Angesicht unsrer Väter, bis zur Zeit Davids. 46 Der fand Gnade bei Gott und bat, dass er eine Wohnung finden möchte dem Gott Jakobs. 47 Salomo aber baute ihm ein Haus. 48 Aber der Allerhöchste wohnet nicht in Tempeln, die mit Händen gemacht sind, wie der Prophet spricht: 49 “Der Himmel ist mein Stuhl und die Erde meiner Füße Schemel; was wollt ihr mir denn für ein Haus bauen? spricht der Herr; oder welches ist die Stätte meiner Ruhe? 50 Hat nicht meine Hand das alles gemacht?“

V. 44. Die Hütte des Zeugnisses. Hier zeigt Stephanus, dass den Herrn keine Schuld trifft, wenn die Juden mit allerlei Aberglauben sich befleckten, als hätte er sie ohne Zügel in der Irre gehen lassen. Er sagt, dass Gott angeordnet habe, wie er von ihnen verehrt sein wollte. So folgt, dass sie nur darum in so viele Irrtümer sich verstrickten, weil sie der von Gott vorgeschriebenen Form nicht folgen wollten. Dabei erhebt er einen doppelten Vorwurf: einmal, dass sie sich mit Gottes Regel nicht zufrieden gaben und leichthin fremde Kultusformen erdachten, zum anderen, dass sie auch beim Tempel und den von Gott eingesetzten Zeremonien nicht auf den rechten Zweck achteten. Denn während sie sich um Übungen geistlicher Gottesverehrung hätten handeln sollen, ergriffen sie in ihrem rohen Geist nur das Irdische und Fleischliche, den Schatten statt des Körpers selbst. Das Zelt war den Juden ein „Zeugnis“; darum war es lediglich ihre eigene, ausgelassene Frechheit, die sie zum Sündigen trieb. Da sie über die rechte Weise der Gottesverehrung rechtschaffen unterwiesen waren, war der Vorwand der Unwissenheit ihnen genommen. Das soll man sich wohl merken. Gott legt uns mit der Offenbarung seines Willens gleichsam einen Zügel an; biegen wir nach Empfang seines Befehls rechts oder links ab, so erwirken wir doppelte Schuld; denn ein Knecht, der seines Herrn Willen weiß und nicht tut, wird schwerer geschlagen werden. Dass Gott nichts billigt, als was er selbst verordnete, kommt in dem Wort Zeugnis zum Ausdruck. Das hebräische Wort bedeutet zwar auch eine festgesetzte Stätte oder Zeit oder eine Zusammenkunft von Menschen; aber der Grund der Bezeichnung, den wir bei Mose hören, weist in eine andere Richtung. Denn Gott wiederholt öfter (4. Mos. 25, 8. 22): Ich will dort mit euch zusammenkommen. Also war die Hütte durch den Bund und das Wort des Herrn geheiligt, und es erschallte ihnen dort beständig seine Stimme, so dass sie sich von allen gemeinen Orten unterschied.
Nach dem Vorbilde, das er gesehen hatte. Das zielt auf das zweite Stück, von dem ich sprach. Es kann jemand sich allein an die von Gott verordneten Zeremonien halten und ihn doch in verkehrter Weise ehren. Denn vor Gott haben die äußeren Gebräuche nur insoweit Wert, als sie Sinnbilder der himmlischen Wahrheit sind. Darum sollte der Bau des alttestamentlichen Zelts nach dem himmlischen Vorbild sich richten, damit die Juden wüssten, dass man nicht an äußeren Figuren hängen bleiben soll. Was aber jenes Vorbild bedeutet, von dem Mose spricht (2. Mos. 25, 40), möge man aus meiner Auslegung des Ebräerbriefs (8, 5) ersehen. Hier weist Stephanus nur kurz darauf hin, dass der Gottesdienst, der den Juden verordnet war, geistliche Art an sich trug, dass aber ihre fleischliche Stumpfheit ihn übel missdeutete. Wie wir also erstlich sagten, dass dem Herrn keine Verehrung genehm ist, als die auf seinen Befehl sich gründet, so wird uns hier als Erfordernis eines rechten Gebrauchs dieses Befehls eingeprägt, dass die geistliche Wahrheit dabei sei und die Schatten dem Körper weichen.
V. 45. Welche unsre Väter auch annahmen usw. Die Widerspenstigkeit des Volks erscheint in noch schlimmerem Lichte, weil in einer Zeit, da die Hütte bei ihnen war und sie dieselbe auf allen ihren Wanderungen mit sich führten, sie sich doch in Gottes Zeugnissen nicht festhalten ließen, sondern in treulosem Leichtsinn zu fremden und unheiligen Kultusformen griffen. Damit bezeugten sie, dass in ihrer Mitte ein Gott wohne, von dem sie doch so fern waren und den sie aus dem Erbe vertrieben, das er ihnen verliehen hatte. Dazu kommt, dass Gott sein Stiftszelt mit mancherlei Wundern schmückte; mehrere Stellen der heiligen Geschichte lassen ersehen, dass die Siege, welche die Juden gewannen, zur Bekräftigung seiner Würde dienen mussten. Sie mussten also durchaus verstockt sein, wenn sie immer wieder und unablässig von einer so vielfältig bekräftigten Gottesverehrung absprangen.
Bis zur Zeit Davids. Weilte die Lade des Herrn auch lange in Silo (1. Sam. 1, 24; 4, 3), so hatte sie doch bis zu Davids Thronbesteigung keinen bestimmten Sitz. Menschen wären auch nicht zuständig gewesen, ihr eine Stätte auszuwählen; man musste sie an dem Orte aufschlagen, den der Herr zeigen würde, wie Mose öfter erinnert. Als man sie von den Feinden wiedergewann, wagte auch David selbst nicht, sie in die Tenne Aravnas zu bringen, bis ihm der Herr durch einen Engel vom Himmel bezeugte (2. Sam. 24, 18), dass dort die von ihm erwählte Stätte sei. Mit gutem Grunde aber verrechnet es Stephanus als eine einzigartige Wohltat Gottes (V. 46), dass dem David die Stätte gezeigt ward, an welcher die Kinder Israel darnach den Herrn verehren sollten. So beglückwünscht sich David im 122. Psalm dazu als zu einem nicht gewöhnlichen Ding: „Ich freue mich, als man mir sagte: wir werden ins Haus des Herrn gehen, unsere Füße werden stehen in deinen Toren, Jerusalem.“ Das Priestertum war mit dem Königtum verbunden. Also wird mit dem festen Platz der Lade dem David auch der feste Bestand des Königtums gezeigt. Darum wird uns auch berichtet, wie ängstlich er dies wünschte; er verpflichtete sich mit feierlichem Gelübde, dass er nicht eher in seinem Hause wohnen, seinen Augen Schlaf und seinen Augenlidern Schlummer geben wolle, als bis er eine Stätte für den Herrn und eine Wohnung für den Gott Jakobs wisse (Ps. 132, 3). Nun wurde dem David die Stätte gezeigt (1. Kön. 5, 5), aber erst dem Salomo erlaubt, den Tempel aufzurichten.
V. 47 f. Salomo baute ihm ein Haus. Aber usw. Stephanus scheint dem Salomo vorzuwerfen, dass er Gottes Wesen nicht bedacht habe, als er den Tempel errichtete; und doch hat er jenes Werk nicht ohne Gottes Geheiß angegriffen. Auch eine Verheißung wurde hinzugefügt, in der Gott bezeugte, dass er den Seinen dort gegenwärtig sein wolle. Aber wenn Stephanus erklärt: der Allerhöchste wohnet nicht in Tempeln, die mit Händen gemacht sind, so wird damit Salomo durchaus nicht getroffen, der hinreichend anerkannte, dass Gott im Himmel sei und man seine Gedanken im Glauben dorthin erheben müsse. Dies hat er auch im Voraus in seinem feierlichen Gebet deutlich ausgesprochen (1. Kön. 8, 27): „Aller Himmel Himmel fassen dich nicht, wie sollte es dies Haus tun?“ Stephanus tadelt vielmehr das Volk, welches in seinem Stumpfsinn missbräuchlich an den Tempel glaubte, als wäre dadurch Gott ihnen verpflichtet. Das wird aus dem Zeugnis des Jesaja (66, 1), das er zugleich anfügt, noch deutlicher. Weil die Juden Gott nach ihrer eigenen Stimmung beurteilen, dachten sie abergläubisch ihn an den Tempel gebunden, und nachdem sie dort die Opfer und den äußeren Pomp abgemacht hatten, glaubten sie ihn versöhnt und ihnen sogar verpflichtet. Um diesen stumpfen Gedanken ihnen auszutreiben, verkündet Gott, dass er das All erfülle.
V. 49. Denn wenn er sagt: „Der Himmel ist mein Stuhl und die Erde meiner Füße Schemel“ , so will dies nicht so verstanden sein, als wäre er körperlich oder könnte nach Menschenweise in Stücke zerteilt werden, sondern, weil er unendlich ist, erklärt er, dass kein Ort ihn umspanne. Wer also aus seiner eigenen Natur auf Gott und seine Verehrung schließt, täuscht sich. Weil aber der Prophet mit Heuchlern zu tun hat, erörtert er nicht bloß Gottes Wesen, sondern lehrt allgemein, dass er den Menschen sehr ungleich ist und nicht wie sie durch den hohlen Schein dieser Welt sich blenden lässt. Hier erhebt sich nun wieder jene Frage, warum der Prophet verkündet, dass Gott keine Ruhestätte in der Welt habe, während doch anderwärts der Geist deutlich das Gegenteil sagt (Ps. 132, 14): „Dies ist meine Ruhe ewiglich.“ Ich antworte: Wenn Gott einst im Tempel und den Opfern Sinnbilder seiner Gegenwart stiftete, so tat er dies nicht, um dort Gott und seine Kraft anzuheften. Es war also verkehrt, wenn die Juden mit ihren Gedanken an den Sinnbildern hängen blieben und sich damit einen irdischen Gott zurechtmachten. Verkehrt war es auch, wenn man unter diesem Vorwand zügellos sündigte, als wenn man in bloßen Gebräuchen ein bequemes und leichtes Mittel zur Hand hätte, Gott zu versöhnen. So pflegt die Welt mit Gott zu spiele. Wenn Gott durch äußere Sinnbilder bezeugt, er wolle den Seinen gegenwärtig sein und in ihrer Mitte wohnen, so lädt er sie zur Erhebung ein und will in geistlicher Weise von ihnen gesucht werden. Die Heuchler aber, die in die Welt verstrickt sind, wollen Gott vielmehr vom Himmel herabziehen; und während sie nichts als bloße Figuren haben, blähen sie sich in törichter Zuversicht und lassen sich ruhig in ihren Sünden gehen. So bildet man sich heute im Papsttum ein, Christus sei in Brot und Wein beschlossen. Und nachdem sie dann ihren spielerischen Kultus dem Götzen gegenüber abgemacht haben, gehen sie in der stolzen Überhebung dahin, dass ihnen an engelhafter Heiligkeit nichts fehle. Alles in allem aber macht es die im Glauben ergriffene Verheißung, dass Gott als in seinem Tempel gegenwärtig uns erhört und seine Kraft in den Sakramenten wirken lässt; wenn wir aber nicht im Glauben zu ihm aufsteigen, haben wir seine Gegenwart durchaus nicht. Hieraus lässt sich schließen, dass Gott, wenn er inmitten der Seinen wohnt, doch weder an die Erde geheftet, noch an irgendeinem Ort umschlossen wird; denn sie suchen ihn auf geistliche Weise im Himmel.
V. 50. Hat nicht meine Hand das alles gemacht? Mit diesen Worten erinnert der Prophet, dass Gott weder des Goldes noch kostbaren Tempelschmucks noch der Opfer bedürfe. Daraus folgt, dass seine wahre Verehrung nicht in Gebräuchen besteht. Denn was wir ihm darbringen, fordert er nicht um seinetwillen, sondern lediglich, um uns in ernster Frömmigkeit zu üben. Dieser Gedanke wird im 50. Psalm ausführlicher verhandelt. Wir sollen also wissen, dass Gott uns sucht, nicht das Unsere, welches wir ja überhaupt nur als von ihm geliehen besitzen. Daraus ergibt sich zugleich, wie weit wahre Religion von fleischlichen Menschengebilden absteht.

51 Ihr Halsstarrigen und Unbeschnittenen an Herzen und Ohren, ihr widerstrebet allezeit dem heiligen Geist, wie eure Väter, also auch ihr. 52 Welchen Propheten haben eure Väter nicht verfolget? Und sie haben getötet, die da zuvor verkündigten die Zukunft dieses Gerechten, welches ihr nun Verräter und Mörder geworden seid. 53 Ihr habt das Gesetz empfangen durch der Engel Geschäfte und habt´s nicht gehalten.

V. 51. Da Stephanus nicht ausdrücklich auf die Stücke der Anklage antwortete, so stimme ich gern der Annahme zu, dass er noch mehr gesagt hätte, wenn nicht seine Rede stürmisch abgebrochen worden wäre. Wir sehen ja auch, wie er absichtlich langer Umwege sich bedient, um seine Hörer gleichsam zu streicheln wie grimmige Tiere. Es ist aber wahrscheinlich, dass ihre Wut in dem Augenblick sich entzündete, als er zeigte, wie schmählich sie das Gesetz verderbt, den Tempel entweiht und jeden rechten Gottesdienst zugrunde gerichtet hatten. Wenn übrigens Stephanus sich nur allmählich seinen Weg bahnte und die trotzigen Gemüter allmählich zu besänftigen suchte, so hatte er doch durchaus passend geredet, um sich von dem ihm vorgeworfenen Verbrechen zu reinigen. Die Klage bestand, wie wir sagten, aus zwei Hauptstücken: dass Stephanus den Tempel Gottes geschmäht und das Gesetz abzuschaffen versucht habe. Um jenen Verleumdungen zu begegnen, hebt nun Stephanus mit der Berufung Abrahams an und zeigt, dass der Vorzug der Juden nicht auf ihrer Natur, nicht auf eigenem Recht noch auf Verdienst der Werke ruht, sondern auf der gnädigen Gabe, dass Gott in Abrahams Person sie zu Kindern annahm. Auch dies steht mit dem Gegenstand in Beziehung, dass der Heilsbund mit Abraham geschlossen war, bevor es einen Tempel, Gebräuche, ja selbst eine Beschneidung gab. Aller dieser Dinge rühmten sich ja die Juden derartig, dass sie behaupteten, es gebe ohne sie keine Gottesverehrung und keine Heiligkeit. Alsdann erzählt Stephanus, wie wunderbar und vielgestaltig Gottes Güte gegen Abrahams Geschlecht war und wie übel und sündhaft das Volk seinerseits, soviel es an ihm lag, Gottes Gnade von sich stieß. So darf es gewiss nicht seinen Verdiensten zugeschrieben werden, dass es Gottes Volk heißt, sondern allein dem Umstand, dass Gott es als ein unwürdiges aus freien Stücken sich erwählt und dem undankbaren wohl zu tun nicht abgelassen hat. Auf diese Weise konnten ihre hohen und stolzen Geister zur Demut gebeugt und gezähmt werden, so dass sie die Einbildung törichter Herrlichkeit fahren ließen und sich zum Mittler wandten. Drittens hat Stephanus dargelegt, dass bei der Gesetzgebung und Erlösung des Volks der Engel an der Spitze stand, dass aber Mose, indem er seinen Dienst ausrichtete, doch darauf hinwies, dass in Zukunft andere Propheten kommen sollten. Unter diesen musste einer der Oberste und Fürst sein, um allen Weissagungen ein Ziel zu setzen und eine klare Vollendung zu bringen. Daraus ergibt sich der Schluss, dass Leute, welche die im Gesetz verheißene und gepriesene Lehrart samt ihrem Urheber verwerfen, nichts weniger sind als Moses Schüler. Stephanus zeigt endlich, dass der ganze alte Kultus, den Mose verordnet hatte, keinen Wert in sich selbst hat, sondern auf ein anderes Ziel bezogen werden muss, da er ja nach dem himmlischen Vorbilde gestaltet ward. Die Juden aber seien immer verkehrte Ausleger des Gesetzes gewesen, weil sie nichts als Fleischliches und Irdisches gedachten. Dies führt zu dem Schluss, dass dem Tempel und Gesetz kein Unrecht geschieht, wenn man Christus als beider Zweck und Wahrheit in die Mitte stellt. Weil übrigens die Hauptfrage die war, dass die eigentliche Gottesverehrung nicht in Opfern und ähnlichen Dingen stehe, und dass alle Gebräuche Christus nur abschatteten, beabsichtigte Stephanus bei diesem Stück vornehmlich zu verweilen, wenn die Juden es geduldet hätten. Als aber die eigentliche Zuspitzung kommen sollte, wurden sie wütend und wollten nicht mehr hören. Darum fehlt die Anwendung alles Gesagten auf den vorliegenden Fall. So wird Stephanus gezwungen, mit einem herben Tadel zu schließen. Er sagt: Ihr Halsstarrigen. Dies Bild, welches Mose öfter gebraucht, wenn er das Volk als widerspenstig und unfolgsam bezeichnen will (2. Mos. 32, 9; 33, 3. 5), ist von Pferden und Stieren entnommen. Der nächste Vorwurf lautet für die Juden noch wuchtiger. Die Beschneidung war für sie eine Hülle zur Bedeckung aller Laster. Sind sie nun Unbeschnittene an Herzen und Ohren, so werden sie damit nicht bloß als Aufrührer gegen Gott bezeichnet, sondern werden gerade in dem Zeichen, mit dem sie prunkten, als treulos und bundbrüchig erfunden. Was sie als höchsten Ruhm vorwiesen, wird ihnen sehr passend zur Schande gewendet. Denn der Vorwurf besagt, dass sie Gottes Bund verunreinigt hätten, so dass nun ihre Beschneidung nutzlos und gemein ward. Diese Redeweise ist aus Gesetz und Propheten entnommen. Das Zeichen der Beschneidung wollte den Juden sagen, dass sie ihre Herzen und alle sündhaften Triebe für den Herrn beschneiden sollten, wie wir lesen (5. Mos. 10, 16): „So beschneidet nun eures Herzen Vorhaut.“ Darum ist, wie Paulus erinnert (Röm. 2, 28), die Beschneidung des Buchstabens ein hohler und nichtiger Schein vor Gott. Wenn heute die Wahrheit unserer Taufe in der geistlichen Abwaschung besteht, so könnte man, fürchte ich, uns mit Recht vorwerfen, dass wir an der Taufe durchaus keinen Anteil haben, weil wir Fleisch und Geist beflecken.
Ihr widerstrebet allezeit dem heiligen Geist. Anfangs hatte Stephanus die Leute, gegen die er so heftig losfährt, des Vater- und Brudernamens gewürdigt (V. 2). Solange also Hoffnung bestand, sich möchten sich zur Sanftmut beugen lassen, handelt er nicht bloß freundlich mit ihnen, sondern gibt ihnen Ehrennamen. Da er aber nun ihre verzweifelte Verstocktheit sieht, nimmt er ihnen nicht bloß jede Ehre, sondern, um alle Gemeinschaft mit ihnen abzuschneiden, spricht er zu ihnen wie zu einem fremden Geschlecht: Ihr seid immer aufsässig wider Gottes Geist gewesen, wie eure Väter, also auch ihr. Und doch stammte er selbst von denselben Vätern ab; aber um sich mit Christus zusammenzuschließen, vergisst er sein Geschlecht, soweit es unfromm war. Indessen wirft er nicht alle, wie man zu sagen pflegt, in einen Topf, sondern redet die große Masse an. Dass diese dem heiligen Geist widerstrebt, wird gesagt, weil sie ihn, der in den Propheten redet, hochmütig verwerfen. Denn es ist hier nicht von heimlichen Offenbarungen die Rede, die Gott einem jeglichen ins Herz gibt, sondern von dem äußeren Predigtamt. Das wollen wir fleißig merken. Stephanus will den Juden jeden Vorwand zur Entschuldigung nehmen. Darum wirft er ihnen vor, dass sie mit Vorsatz und Absicht, nicht aber in Unwissenheit, sich wider Gott auflehnen. Man sieht daraus, wie viel dem Herrn sein Wort gilt, und mit welcher Ehrfurcht er es aufgenommen wissen will. Wollen wir also nicht wie die Riesen mit Gott Krieg führen, so müssen wir lernen, auf die Diener, aus deren Mund er uns belehren will, in Sanftmut zu hören.
V. 52. Welchen Propheten haben eure Väter nicht verfolget? Es verschärft den Vorwurf, dass sie die Bosheit schon von den Vätern ererbt haben. Es ist nichts Neues, dass sie der Wahrheit widerstehen. So fällt die Maske der wahren Kirche, mit deren Gewicht sie Stephanus bedrängten. Es musste ein unwürdiges Vorurteil gegen die Lehre des Evangeliums erwecken, dass sie sich rühmten, die Kirche Gottes zu sein, und diesen Titel auf lange Überlieferung stützten. Dem begegnet Stephanus und zeigt, dass ihre Väter nicht minder als sie in unfrommer Verachtung der gesunden Lehre und in Hass gegen die Propheten gewütet haben. Freilich könnte man es als unbillig empfinden, die Kinder mit dem Verbrechen der Väter zu belasten. Aber es ist der heiligen Schrift geläufig, die Söhne in die Schuld der Väter verstrickt zu denken, da sie in die gleichen Verbrechen sich verwickeln. Damit stimmt auch Christi bekanntes Wort (Mt. 23, 32. 35): „Ihr machet das Maß eurer Väter voll, auf dass über euch komme das gerechte Blut, das auf Erden vergossen ist, von dem Blut Abels an bis auf Zacharias.“
Die da zuvor verkündigten usw. Daraus schließen wir, dass alle Propheten darauf zielten, ihr Volk zu Christus zu weisen, wie ja eben er das Ziel des Gesetzes ist. Als der Gerechte wird er bezeichnet, nicht bloß, um an seine Unschuld zu erinnern, sondern auch wegen der Wirkung, weil es ihm ja eigen ist, Gerechtigkeit in der Welt anzurichten. Mit diesem Satz überführt Stephanus die Juden, dass sie der Wohltat der Erlösung mehr als unwürdig sind, weil schon in alter Zeit die Väter nicht bloß verwarfen, was ihnen durch die Propheten bezeugt ward, sondern sogar die Boten der Gnade grausam hinschlachteten, während die Nachkommen versuchten, den ihnen angebotenen Urheber der Gerechtigkeit und des Heils auszutilgen. Durch diese Gegeneinanderstellung erklärte Christus die verbrecherische Verbindung seiner Feinde für den Gipfel aller Gottlosigkeit.
V. 53. Ihr habt das Gesetz empfangen. Die Wut, mit der die Feinde gegen Stephanus brannten, hießen sie Eifer um das Gesetz, als wäre er ein Abtrünniger, der auch andere zu solchem Abfall verleite. Um diese Verleumdung zurückzuweisen, sagt er ihnen: Ihr lügt offensichtlich, indem ihr Eifer um das Gesetz vorwendet, welches ihr ja unaufhörlich übertretet und zerreißt. Und wie er ihnen in den letzten Worten den verräterischen Mord an dem Gerechten vorwarf, so zeiht er sie jetzt des Abfalls vom Gesetz.
Durch der Engel Geschäfte. Der beste Ausleger dieser Stelle ist Paulus (Gal. 3, 19), der lehrt, dass das Gesetz durch Engel verordnet wurde. Auch der griechische Ausdruck, den wir etwa wiedergeben könnten, dass Engel bei der Gesetzgebung „beschäftigt“ waren, klingt dort an. Die Vermittlung durch Engel diente zur Festigung des Ansehens des Gesetzes. Wenn also Gott Engel gleichsam zur feierlichen Bezeugung herbeirief, als er den Juden sein Gesetz gab, so werden eben diese Engel auch Zeugen ihrer Treulosigkeit sein. Eben darum erinnert Stephanus an die Engel, um die Juden vor ihnen als schuldig hinzustellen, dass sie sein Gesetz übertreten hatten. Hieraus kann man schließen, was erst den Verächtern des Evangeliums geschehen wird, welches so hoch über dem Gesetz steht, dass es dessen Herrlichkeit gleichsam verdunkelt, wie Paulus dies 2. Korinther 3, 7 ff. ausführt.

54 Da sie solches höreten, ergrimmeten sie und bissen die Zähne zusammen über ihn. 55 Wie er aber voll heiliges Geistes war, sah er auf gen Himmel und sah die Herrlichkeit Gottes und Jesum stehen zur Rechten Gottes und sprach: Siehe, ich sehe den Himmel offen und des Menschen Sohn zur Rechten Gottes stehen. 56 Sie schrien aber laut und hielten ihre Ohren zu und stürmeten einmütiglich auf ihn ein, stießen ihn zur Stadt hinaus und steinigten ihn.

V. 54. Da sie solches höreten usw. Der Anfang der Handlung wahrte einen gewissen Schein des Rechts; endlich aber können die Richter ihre Wut nicht mehr zügeln. Zuerst wird die Rede durch ein feindliches Murren und durch Lärm unterbrochen. Jetzt kommen sie unter widrigem Geschrei in Aufruhr, damit kein Wort mehr zu ihren Ohren dringe. Darnach schleppen sie den heiligen Mann zum Tode. Dass sie ergrimmeten, müsste wörtlich übersetzt werden, dass sie innerlich zerrissen wurden. Das Wort beschreibt also eine mehr als gewöhnliche Wut. Diese Wut bricht in Zähneknirschen aus, wie ein gewaltiges Feuer in eine Flamme. In dieser Weise muss das Hören des Wortes Gottes alle Verworfenen treffen, welche Satan befehligt. Und dies ist die Lage des Evangeliums, dass es Heuchler, die zuvor bescheiden schienen, zur Raserei treibt, gleichwie wenn man einen Schlaf begehrenden Trunkenen plötzlich aufweckt. Darum schreibt Simeon es Christus als eigentümliche Wirkung zu, dass er vieler Gedanken offenbar mache (Lk. 2, 35). Das ist aber nicht die Schuld der Heilslehre, deren Zweck vielmehr ist, die Menschenherzen dem Gehorsam gegen Gott zu unterwerfen. Wo aber die Seelen in Satans Gewalt sind, muss die Unfrömmigkeit hervorbrechen, sobald man sie mit Gottes Wort drängt. So ist das Übel eine Nebenerscheinung. Solche Beispiele erinnern uns aber, dass man keineswegs hoffen dürfe, Gottes Wort werde alle Menschen zu gesundem Sinn zurückbringen. Diese Lehre ist durchaus notwendig, um uns standhaft zu machen. Die das Lehramt führen, können dies in rechter Treue nur tun, wenn sie sich den Verächtern Gottes scharf entgegenstellen. Da es aber niemals an verbrecherischen Leuten fehlt, die Gottes Majestät für nichts achten, so muss man immer wieder zu jenem heftigen Verfahren des Stephanus greifen. Entgegenkommen ist unrecht, wo dem Herrn seine Ehre entrissen wird. Was aber wird nun geschehen? Die Gottlosigkeit wird noch heftiger aufflammen. So scheint es, als gössen wir Öl ins Feuer. Aber was auch geschehen möge, - man darf die Gottlosen nicht schonen, sondern muss tapfer auf sie drücken, auch wenn die Hölle alle Furien ausspeien müsste. Wer die Ohren der Gottlosen mit Schmeicheleien streicheln will, lässt sich nicht durch Rücksicht auf den Erfolg leiten, sondern ist weich aus Furcht vor Gefahr. Wir aber sollen, wenn auch der Erfolg nicht immer unseren Wünschen entspricht, wissen, dass eine tapfere Behauptung der frommen Lehre vor Gott ein wohlriechendes Opfer ist.
V. 55. Wie er aber voll heiliges Geistes war usw. Es lässt sich kaum aussagen, in welche Bedrängnis der Knecht Christi verstrickt war, da er sich rings von rasenden Feinden umgeben und seine gute Sache teils durch Verleumdung und Bosheit, teils durch Gewalt und unsinniges Geschrei erdrückt sah, da rings grimmige Gebärden drohten, er selbst zu einer grausamen und schrecklichen Todesart geschleppt wurde und nirgends Hilfe oder Erleichterung sich zeigte. So wendet er sich, von Menschenhilfe verlassen, zu Gott, dem Richter über Leben und Tod. Und seine Erwartung täuschte ihn nicht; denn alsbald erschien ihm Christus. Lukas berichtet, dass Stephanus mit unüberwindlicher Geisteskraft gewappnet war, so dass nichts ihn hinderte, den Himmel zu schauen. Er sah auf gen Himmel, um im Vertrauen auf Christi Anblick Mut zu sammeln und, sterbend den Tod besiegend, herrlich zu triumphieren. Dass aber Christus sich uns nicht zeigt, ist nicht verwunderlich, da wir nur zu sehr an der Erde haften. So geschieht es, dass wir nicht bloß beim Tode, sondern beim geringsten Gerücht von Gefahr, ja, beim Rauschen eines fallenden Blattes den Mut sinken lassen. Es kann nicht anders sein; denn wo ruht unsere Tapferkeit, außer in Christus? Wir aber lassen den Himmel fahren, gleich als hätten wir Schutz allein in der Welt. Dieser Fehler lässt sich nur bessern, wenn Gottes Geist uns, die wir von Natur zur Erde neigen, zur Höhe erhebt. Dass also Stephanus seine Augen zum Himmel richtet, begründet Lukas damit, dass er des Geistes voll war. Auch unsere Seele muss unter seiner Leitung und Führung zum Himmel aufsteigen, sobald Übel uns drückt. Und ehe er sie erleuchtet, sind unsere Augen auch sicherlich nicht so scharfsichtig, um zum Himmel durchzudringen. Vielmehr sind die Augen des Fleisches so stumpf, dass sie nicht einmal den Himmel suchen.
Und sah die Herrlichkeit Gottes. Daraus schöpfen wir den allgemeinen Trost, dass Gott nicht minder uns beistehen wird, wenn unsere Sinne die Welt vergessen und zu ihm streben. Nicht dass er uns durch eine äußere Schauung erschiene wie dem Stephanus, aber er wird sich uns innerlich so offenbaren, dass wir seine Gegenwart wahrhaft spüren. Diese Art des Schauens muss uns genügen, indem Gott zeigt, dass er uns nicht nur mit seiner Kraft und Gnade nahe ist, sondern auch bewährt, dass er in uns wohnt.
Siehe, ich sehe den Himmel offen. Gott wollte nicht nur für seinen Knecht persönlich sorgen, sondern auch seine Feinde brennen und quälen, wie denn Stephanus sie mutig angreift, indem er öffentlich verkündigt, dass das Wunder ihm geschenkt ward. Es fragt sich aber, in welcher Weise sich der Himmel auftat. Ich meinerseits glaube nicht, dass am Himmel tatsächlich sich etwas änderte, sondern dass dem Stephanus ein neuer Scharblick gegeben ward, der durch alle Hindernisse bis zur unsichtbaren Herrlichkeit des himmlischen Reichs hindurch drang. So folgt, dass das Wunder nicht am Himmel, sondern in seinen Augen geschah, wie es denn auch den Feinden verborgen blieb. Außerdem müssen wir anmerken, dass Gottes Herrlichkeit dem Stephanus nicht völlig erschien, wie sie war, sondern nur insoweit das menschliche Begriffsvermögen sie fasste. Denn jene Unermesslichkeit lässt sich mit dem Maß des Geschaffenen nicht umspannen.
Und des Menschen Sohn zur Rechten Gottes stehen. Die Bezeichnung als Menschensohn will besagen: Ich sehe jenen Menschen, den ihr durch den Tod abgetan glaubt, mit dem Regiment im Himmel bekleidet. Knirscht also, wie ihr wollt; ich werde unerschüttert bis aufs Blut für ihn kämpfen, der für seine Sache und mein Heil eintreten wird. Dass der Menschensohn steht, erklärt Augustin etwas zu scharfsinnig damit, dass er jetzt als Fürsprecher in Betracht komme, während er sonst als Richter sitzend gedacht wird. Es ist aber hier vom Sitzen oder Stehen des Körpers Christi überhaupt keine Rede; es wird lediglich mit bildlichem Ausdruck sein mächtiges Herrschen beschrieben. Denn wohin wollten wir wohl seinen Richterstuhl stellen, auf dem er zur Rechten des Vaters sitzt, da Gott alles erfüllt und man nicht träumen darf, dass seine Rechte ein bestimmter Ort sei? Trotzdem ist übrigens der Schluss verkehrt, dass Christus in seiner menschlichen Natur allenthalben sei. Denn dass er sich an einem bestimmten Ort befindet, hindert ihn nicht, seine Kraft durch die ganze Welt wirken zu lassen. Wollen wir ihn also im Wirken seiner Gnade gegenwärtig spüren, so müssen wir ihn im Himmel suchen, wie er sich auch von dort her dem Stephanus offenbarte. Gewiss gibt es eigentlich, d. h. philosophisch zu reden, keinen Ort über den Himmeln. Es ist mir aber genug, dass es ein verkehrter Traum ist, Christus anderswohin gesetzt zu denken als in den Himmel und über die Elemente der Welt.
V. 56. Sie schrien aber laut. Die Verkündigung der Herrlichkeit Christi bereitete ihnen so schwere Qual, dass sie in wahnsinnigen Lärm ausbrechen mussten. Dann stürmten sie auf Stephanus ein, wie Leute zu tun pflegen, die sich nicht mehr zügeln und mäßigen können.
Und steinigten ihn. Diese Art der Strafe für falsche Propheten hatte Gott im Gesetz verordnet (5. Mos. 13, 1 ff.); aber er hatte dort auch angegeben, wen man dazu zählen sollte, nämlich wer versuchen würde, das Volk zu fremden Göttern abzulenken. Darum war die Steinigung des Stephanus ungerecht und nichtswürdig, weil er unter falscher Anschuldigung verurteilt wurde. So müssen Christi Blutzeugen eine Strafe wie Verbrecher auf sich nehmen. Der Unterschied besteht allein in ihrer Sache; aber dieser Unterschied ist vor Gott und vor den Engeln so groß, dass die Schmach der Märtyrer in ihrer Würde alle Herrlichkeit der Welt überstrahlt. Es drängt sich aber die Frage auf, wieso die Juden, denen doch die Herrschaft genommen war, Stephanus steinigen durften. Denn bei der Verhandlung über Christus sagen sie (Joh. 18, 31): „Wir dürfen niemand töten.“ So ist es eben jetzt in gewaltsamer und tumultuarischer Weise geschehen. Und die römischen Landpfleger ließen wohl absichtlich die inneren Streitigkeiten des Volks gehen, damit es sich gegenseitig aufreibe und umso schneller unterworfen werden könne.

57 Und die Zeugen legten ab ihre Kleider zu den Füßen eines Jünglings, der hieß Saulus, 58 und steinigten Stephanus, der anrief und sprach: Herr Jesu, nimm meinen Geist auf! 59 Er kniete aber nieder und schrie laut: Herr, behalte ihnen diese Sünde nicht! Und als er das gesagt, entschlief er. – Saulus aber hatte Wohlgefallen an seinem Tode.

V. 57. Und die Zeugen usw. Dieser Bericht lässt ersehen, dass man in jenem Tumult doch einen gewissen Schein des Rechts wahrte. Es war mit gutem Recht angeordnet, dass die Zeugen mit der Steinigung anfangen mussten. Denn wo man den Mord mit eigenen Händen durchführen muss, hält viele eine heilige Scheu zurück, die sonst minder unbedenklich mit einem Meineid der Zunge Unschuldige umbringen würden. Dass nun diese Zeugen zum Mord mit der Zunge auch noch den blutigen Angriff auf einen Unschuldigen fügten, zeigt, wie blind und rasend ihre Gottlosigkeit war. Und dass sie ihre Kleider zu den Füßen des Saulus niederlegten, macht eindrücklich, dass es nicht sein Verdienst war, wenn er nicht in verworfenen Sinn und in das Verderben mit den anderen dahingegeben ward. Denn sollte man den nicht für hoffnungslos verloren halten, der schon in seiner Jugend durch solche Schule ging? Dass er noch ein Jüngling war, wird ja nicht gesagt, um seine Unwissenheit zu entschuldigen, sondern um uns die Frage nahe zu legen: Was hätte dieser Mensch der Gemeinde schaden können, wenn ihm Christus nicht zeitig Zügel angelegt hätte! Umso leuchtender strahlt dieser Beweis der Macht und Gnade Gottes, dass er die äußerste Wut eines wilden Tieres in einem Augenblick bändigte und einen elenden Mörder, der durch sein Verbrechen schon fast in die Hölle gesunken war, zu so hohen Ehren erhob.
V. 58. Der anrief usw. Weil Stephanus schon genug Worte an die Menschen verschwendet hatte, wendet er sich mit Recht zu Gott und rüstet sich mit Gebet, alles zu ertragen. Müssen wir schon während des ganzen Verlaufs unserer Ritterschaft in jedem Augenblick zu Gottes Hilfe unsere Zuflucht nehmen, so ist in dem letzten und allerhärtesten Kampf die Anrufung Gottes besonders nötig. Lukas lässt nun noch einmal ersehen, welch überstürzte Wut sie packte; obwohl sie den Knecht Christi unter Kniebeugung beten sahen, wurde ihr rauer Sinn doch nicht gemildert. Das Gebet des Stephanus hat nun zwei Hauptstücke. Im ersten befiehlt er seinen Geist Christus und zeigt damit die Standhaftigkeit seines Glaubens. Im zweiten betet er für seine Feinde und bezeugt dadurch Liebe gegen die Menschen. Da nun in diesen beiden Stücken die ganze Summe der Frömmigkeit besteht, haben wir in dem Tode des Stephanus ein seltenes Beispiel frommen und heiligen Sterbens. Übrigens wird er noch weitere Worte geredet haben, von denen nur der Hauptinhalt angegeben wird.
Herr Jesu usw. Welch erhabene Geistesgröße, dass Stephanus ruhig auf Christi Gnade sich stützt, während er schon die Steine fliegen sieht, die ihn bald überschütten werden, und ringsum grause Verwünschungen und Schmähungen gegen sein Haupt gerichtet hört. So will der Herr zuweilen seine Knechte gleichsam zum Nichts machen, damit ihre Rettung umso wunderbarer erscheine. Wir aber wollen diese Rettung nicht mit der Empfindung des Fleisches, sondern mit dem Glauben ermessen. Wir sehen auch, wie Stephanus dem Urteil des Fleisches nicht im Geringsten nachgibt, sondern vielmehr mitten im Untergang auf seine Rettung traut und gleichmütig dem Tod entgegengeht. Ohne Zweifel war es ihm tief ins Herz geprägt, dass unser Leben mit Christus in Gott verborgen ist (Kol. 3, 3). Darum hat er nicht die mindeste Sorge um seinen Leib und ist zufrieden, seine Seele in Christi Hände niederzulegen. Denn er hätte nicht aus Herzensgrund so beten können, hätte er nicht das gegenwärtige Leben vergessen und die Sorge dafür gänzlich abgeschüttelt. Solange wir in dieser Welt weilen, müssen wir als Leute, die stets von tausend Todesgefahren umgeben sind, unseren Geist täglich mit David (Ps. 31, 6) in Gottes Hände befehlen, dass er unser Leben aus allen Gefahren herausreiße. Wo wir aber mit Sicherheit zum Tode gerufen werden, sollen wir zu dem Gebet unsere Zuflucht nehmen, dass Christus unseren Geist aufnehme. Denn zu dem Zweck hat er selbst seinen Geist in des Vaters Hände befohlen, damit er der ewige Hüter unserer Geister werde (Lk. 23, 46). Es ist dies ein unschätzbarer Trost, zu wissen, dass, wenn unsere Seele aus dem Körper wandert, sie nicht ins Unbestimmte umherschweift, sondern von Christus in treue Hut genommen wird, wenn wir sie nur in seine Hände befehlen. Diese Zuversicht muss uns anleiten, den Tod stille haltend zu tragen; ja, wer in ernstem und gläubigem Sinn seine Seele Christus anvertraut, wird sich zugleich in unbedingtem Gehorsam an ihn ausliefern. Übrigens gibt diese Stelle klares Zeugnis, dass die Seele des Menschen nicht ein flüchtiger Hauch ist, wie gewisse wahnsinnige Leute träumen, sondern ein wesenhafter Geist, der über dies Leben hinaus besteht. Außerdem lernen wir hier, dass es gut und recht ist, Christus anzurufen, dem ja vom Vater alle Gewalt gegeben ward, damit jedermann sich seiner treuen Obhut anvertraue.
V. 59. Er kniete aber nieder und schrie laut usw. Jetzt folgt der andere Teil des Gebets, in welchem Stephanus zum Glauben an Christus die Liebe zu den Menschen fügt. Sicherlich muss diese uns beseelen, wenn anders wir in Christi Heil schaffender Gemeinschaft stehen wollen. Indem Stephanus für seine Feinde betet, und zwar für seine Todfeinde, und dies in eben dem Zeitpunkt, da ihre Wut ihn zur Rachbegier hätte anstacheln können, zeigt er hinlänglich, wie er gegen alle anderen gesinnt ist. Was aber nach dem Bericht des Lukas Stephanus tat, schreibt Christus uns allen vor; und weil es kaum etwas Schwierigeres gibt, als Unrecht derartig zu verzeihen, dass wir auch für solche bitten, die uns verderben wollen, sollen wir immer die Augen auf des Stephanus Vorbild richten. Er schreit nun mit lauter Stimme. Damit täuscht er aber nichts den Menschen vor, von dem nicht Gott selbst Zeuge wäre, dass er es aufrichtig und von Herzen sagt. Doch erhebt er seine Stimme, um nichts zu unterlassen, was die Wut der Feinde mildern könnte. Nicht alsbald zeigte sich ein Erfolg; doch hat er gewiss nicht vergeblich gebetet. Paulus ist ein leuchtender Beweis, dass nicht allen diese Sünde behalten wurde. Ich will nicht übertreibend mit Augustin sagen: „Hätte Stephanus nicht gebetet, so würde die Kirche den Paulus nicht haben.“ Aber die Verzeihung, welche Gott dem Paulus gewährte, ist wenigstens ein Beweis, dass des Stephanus Gebet nicht vergeblich war.
Und als er das gesagt, entschlief er. Diese Zufügung will uns ersehen lassen, dass das Gebet unter den letzten Atemzügen gesprochen ward; ein Beweis wunderbarer Standhaftigkeit. Auf ein innerlich beruhigtes Sterben deutet auch der Ausdruck, dass er entschlief. Wer im Sterben solches Gebet spricht, lässt sich nicht von der Hoffnung auf Befreiung und dem ängstlichen Wunsch leiten, seine Feinde zu erweichen; er will lediglich, dass sie zur Umkehr kommen. Wenn die Schrift von einem Entschlafenen spricht, denkt sie an den Leib; niemand möge den unreifen und lächerlichen Gedanken fassen, dass auch die Seelen entschlafen.

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