Calvin, Jean - Apostelgeschichte - Kapitel 25.

Calvin, Jean - Apostelgeschichte - Kapitel 25.

1Da nun Festus ins Land gekommen war, zog er über drei Tage hinauf gen Cäsarea gen Jerusalem. 2Da erschienen vor ihm die Hohenpriester und die Vornehmsten der Juden wider Paulus und ermahneten ihn 3und baten um Gunst wider ihn, dass er ihn fordern ließe gen Jerusalem; und stelleten ihm nach, dass sie ihn unterwegs umbrächten. 4Da antwortete Festus, Paulus würde ja behalten zu Cäsarea; aber er würde in kurzem wieder dahin ziehen. 5Welche nun unter euch (sprach er) können, die lasset mit hinabziehen und den Mann verklagen, so etwas an ihm ist. 6Da er aber bei ihnen mehr denn zehn Tage gewesen war, zog er hinab gen Cäsarea; und des andern Tages setzte er sich auf den Richtstuhl und hieß Paulus holen. 7Da derselbige aber vor ihn kam, traten umher die Juden, die von Jerusalem herabgekommen waren, und brachten auf viel und schwere Klagen wider Paulus, welche sie nicht mochten beweisen, 8dieweil er sich verantwortete: Ich habe weder an der Juden Gesetz noch an dem Tempel noch am Kaiser mich versündiget.

V. 1. Da nun Festus ins Land gekommen war. Hier wird uns eine zweite Verhandlung beschrieben, in welcher Paulus einen nicht minder schwierigen Kampf und keine leichtere Gefahr zu bestehen hatte als in der ersten. Da er ihn als Gefangenen vorgefunden hatte, konnte Festus argwöhnen, dass es sich um eine verwickelte Sache handle, und somit ein ungünstiges Vorurteil fassen. Doch aus anderer Richtung drohte eine noch schwerere Gefahr. Wir wissen, dass ein neuer Statthalter bei seinem Eintreffen den Provinzbewohnern vieles reichlich zu gewähren pflegt, um ihre Gunst zu gewinnen; so war es glaublich, dass Festus den Paulus nicht ungern dem Tode preisgeben werde, um mit diesem Vorspiel sich beliebt zu machen. So greift eine neue Versuchung den Glauben des heiligen Mannes an, als wäre Gottes Verheißung, auf die er sich bis dahin gestützt hatte, eitel gewesen. Umso heller leuchtet in seiner Befreiung die Gnade Gottes, die ihn wider alles Erwarten aus dem Schlund des Todes reißt. Die Juden kommen mit ihren Verleumdungen dem Landpfleger zuvor; allerdings sagen sie noch nichts von Todesstrafe, sondern bitten nur, Paulus möge nicht vor einem fremden Gericht zur Verantwortung gezogen werden. Dies, was augenscheinlich billig war, erbitten sie rücksichtsvoll als eine Gunst (V. 3). Dass sie es nicht erlangen, erklärt sich nur daraus, dass der Geist des Festus von Gott gefesselt wird; so schlägt er ihnen standhaft ab, was er doch zu gewähren nachher bereit ist (V. 9). Wie nun jetzt der Herr den Geist des Landpflegers durch den Zügel seiner verborgenen Vorsehung zurückhielt, so erlaubte er ihm nachher, zu wollen, band aber seine Hände, so dass er nicht frei ausführen konnte, was er wollte. Darum sollen wir Zuversicht fassen, in Gefahren aufrecht stehen, uns zur Anrufung Gottes getrieben fühlen und unsern Geist stillen, weil ja der Herr, indem er seine Hand ausstreckte und eine so starke Verschwörung zerbrach, seiner Macht, welche die Gläubigen schützen kann, ein ewiges Denkmal errichtet hat.

V. 5. Welche nun unter euch können usw. Vermutlich haben die Juden unter Hinweis auf die Beschwerlichkeiten und Kosten die Bitte gestellt, der Landpfleger möge nicht eine ganze Anzahl ihrer ersten Männer, auf denen zum Teil schon hohes Alter lastete, durch eine Reise ermüden, die sich leicht vermeiden ließ, sondern anordnen, dass Paulus von einigen Hütern nach Jerusalem gebracht werde. Damit sie also nicht über Beschwerung klagen können, lässt Festus ihnen jene Notwendigkeit nach und stellt frei, aus ihrer ganzen Schar beliebige Männer zu wählen. Dabei lässt er doch hinlänglich merken, dass er ihren Beschuldigungen keinen Glauben schenkt und als ein unbestochener Richter lediglich nach der Wahrheit entscheiden wird.

V. 7. Viel und schwere Klagen. Solange Paulus unter dem Gesetze lebte, war er als ein unantastbarer Mann bekannt und berühmt. Nach seiner Bekehrung zu Christus gab er dann ein unvergleichliches Vorbild unschuldigen Wandels. Doch sehen wir, wie er von vielen Vorwürfen und schrecklichen Verleumdungen betroffen wird. So geht es den Knechten Christi fast immer. Umso mutiger müssen sie sich darauf rüsten, durch böse und gute Gerüchte hindurchzugehen, und dürfen es für nichts Unerhörtes halten, wenn man ihre guten Taten mit bösen Gerüchten lohnt. Dabei sollen sie sich Mühe geben, nicht bloß vor Gott ein gutes Gewissen zu bewahren, sondern auch auf eine rechte Verteidigung vor Menschen bedacht sein, wo sich Ort und Gelegenheit gibt. Lässt sich doch Paulus nicht selbst im Stich, sondern deckt sich mutig mit dem Schilde seiner Unschuld gegen falsche Anklagen. Auch dies wollen wir uns merken, dass gottlose Leute die Guten stets schmähen und schamlos angreifen werden, wenn man ihnen einen Zügel anlegen will; sie tragen ja Satans Art an sich, dessen Geist sie treibt. Dass wir also den gottlosen Leuten den Mund stopfen sollen (1. Petr. 2, 15), will nicht dahin verstanden sein, dass ein rechtschaffener Mensch niemals von falscher Missgunst könne angetastet werden, sondern dass unser Leben für uns sprechen und alle Flecken falscher Anschuldigung austilgen müsse. In dieser Weise sehen wir die Schmähungen seiner Feinde, obgleich der Richter ihnen entgegenkommen möchte, an Paulus abprallen, weil er seine Unschuld durch Tatsachen beweisen kann. Und doch hatten sie ohne Zweifel falsche Zeugen zur Hand und waren nicht faul gewesen, sie entsprechend anzustiften; weil aber der Herr seinem Knecht unbesiegliche Stärke einflößt, so dass er mit dem Glanz seines rechtschaffenen Wesens ihren eitlen Nebel zerstreuen kann, liegen sie beschämt am Boden und müssen endlich voll Schande vom Gericht abziehen. Übrigens zeigt (V. 8) die Verteidigungsrede des Apostels, mit welchen Verleumdungen die Juden ihn angriffen. In erster Linie warf man ihm Gottlosigkeit vor, weil er angeblich das Gesetz umstürzte und den Tempel verunreinigte. Zum andern klagte man ihn des Aufruhrs wider den Kaiser und das römische Reich an, weil er überall Unruhe stifte. Zur Abwehr dieser doppelten Anklage half ihm Gott durch besondere Gnadenwirkung: der Herr lässt ja die Unschuld der Seinen leuchten wie die Morgenröte.

9Festus aber wollte den Juden eine Gunst erzeigen und antwortete Paulus und sprach: Willst du hinauf gen Jerusalem und daselbst über diesem dich vor mir richten lassen? 10Paulus aber sprach: Ich stehe vor des Kaisers Gerichte, da soll ich mich lassen richten; den Juden habe ich kein Leid getan, wie auch du aufs beste weißt. 11Habe ich aber jemand Leid getan und des Todes wert gehandelt, so weigere ich mich nicht zu sterben; ist aber der keines nicht, des sie mich verklagen, so kann mich ihnen niemand übergeben. Ich berufe mich auf den Kaiser. 12Da besprach sich Festus mit dem Rat und antwortete: Auf den Kaiser hast du dich berufen, zum Kaiser sollst du ziehen.

V. 9. Festus aber wollte den Juden eine Gunst erzeigen. Mochte nun, was ich vermute, Festus etwas von den Nachstellungen erfahren haben oder ganz unwissend sein, - in jedem Falle verfährt er unbillig mit Paulus. Wir sehen an ihm, wie Leute, die nicht der Geist Gottes regiert, für jeden üblen Einfluss empfänglich sind. Festus verachtet oder hasst den Paulus nicht mit Absicht; aber das Haschen nach Gunst, vielleicht auch Gewinnsucht, gewinnt die Oberhand und veranlasst ihn, den Apostel ungerechterweise der Gefahr des Todes auszusetzen, um der Gegenpartei einen Gefallen zu tun. Doch müssen wir uns wundern, dass er ihm die Wahl lässt und nicht einfach anordnet, dass er auch wider eigenen Willen hingeführt werde. Offenbar hielt in die Furcht, das Recht eines römischen Bürgers anzutasten, der ja sich auf die höhere Instanz berufen durfte, so dass der Landpfleger nichts Weiteres unternehmen konnte.

V. 10. Ich stehe vor des Kaisers Gerichte. Als Paulus sieht, dass er durch die Liebedienerei des Landpflegers den Juden ausgeliefert werden kann, deckt er sich mit dem römischen Bürgerrecht. Er würde sich bescheiden unterworfen haben, wenn er auf Recht und Billigkeit hätte zählen können. Da nun der Richter nicht aus eigenem Antrieb seine Pflicht tut, zwingt die Notwendigkeit den heiligen Mann, sich mit dem Schild der Gesetze zu decken. Und wiederum ist es der Herr, der ihn durch dieses Mittel befreit, als er schon den Feinden beinahe zur Abschlachtung übergeben war. Indem er aber eine Verhandlung seiner Sache vor dem Gericht des Kaisers fordert, unterwirft er doch die Lehre des Evangeliums nicht dem Urteil eines unheiligen und gottlosen Menschen; vielmehr lehnt er in der Bereitschaft, überall Rechenschaft von seinem Glauben zu geben, einen Gerichtshof ab, von dem sich ein billiges Verfahren nicht mehr erhoffen ließ. Weiter will ich noch anmerken, dass die Form, in welcher ein römischer Bürger seine Ausnahmestellung decken konnte, damals eine Änderung erfahren hatte: das Recht des Volkes hatten die Cäsaren auf sich übertragen, als wären sie die besten Hüter und Schützer der öffentlichen Freiheit.

Den Juden habe ich kein Leid getan. Weil Leute, die ein böses Gewissen haben und ihrer Sache misstrauen, gewöhnlich eine Ausflucht und Ablenkung suchen, wehrt sich Paulus gegen diesen Verdacht. Sicherlich muss es Dienern Christi nicht weniger am Herzen liegen, ihre Unschuld zu bezeugen, als ihr Leben zu retten. Hätte Paulus kurzweg verweigert, Rechenschaft zu geben, so würden die Feinde triumphiert haben, und zur Schmach für das Evangelium hätte man ihm angedichtet, dass er mit seinem bösen Gewissen sich nicht zu verteidigen wage. Indem er aber den Landpfleger selbst als Zeugen seiner Unschuld aufruft und sich der Strafe nicht weigert, falls man ihm ein Verbrechen nachweise, bricht er allen Verleumdungen die Spitze ab.

V. 11. Ich berufe mich auf den Kaiser. Nachdem der Apostel bekannt hat, dass er keineswegs entschlüpfen wolle, falls man ihn auf einem Verbrechen betreten hätte, macht er freien Gebrauch von menschlichen Hilfsmitteln. Wir sollen also, wenn wir in eine ähnliche Zwangslage kommen, nicht abergläubische Bedenken hegen, uns die Gesetze und bürgerlichen Ordnungen zunutze zu machen. Denn nicht umsonst steht geschrieben, dass die Obrigkeit zum Lobe für die Guten von Gott eingesetzt ward (Röm. 13, 3; 1. Petr. 2, 14). Auch vor einem ungläubigen Richter den Prozess zu führen, scheute sich Paulus nicht; denn indem er Berufung einlegte, strebte er doch eine neue Verhandlung an. Wir sollen also wissen, dass der Gott, der Gerichtshöfe eingesetzt hat, den Seinen auch erlaubt, sich ihrer zu bedienen. Es ist also eine falsche Auslegung, wenn man meint, Paulus verwerfe es grundsätzlich, dass die Korinther zur Wahrung ihres Rechtes die Hilfe des bürgerlichen Richters anriefen (1. Kor. 6, 1), während er vielmehr das offenbare Laster tadelt, dass sie überhaupt keinen Verlust sich gefallen lassen wollten und durch allzu begehrliches Prozessieren mancherlei Makel auf das Evangelium brachten.

V. 12. Da besprach sich Festus mit dem Rat. Die Landpfleger hatten die Sitte, sich mit einer Anzahl hervorragender Bürger zu umgeben, die als Beisitzer im Gericht wirkten, so dass jeder Beschluss erst nach Befragung dieses Rats zustande kam.

13Aber nach etlichen Tagen kamen der König Agrippa und Bernice gen Cäsarea, Festus zu begrüßen. 14Und da sie viele Tage daselbst gewesen waren, legte Festus dem Könige den Handel von Paulus vor und sprach: Es ist ein Mann, von Felix hinterlassen, gefangen, 15um welches willen die Hohenpriester und Ältesten der Juden vor mir erschienen, da ich zu Jerusalem war, und baten, ich sollte ihn richten lassen; 16welchen ich antwortete: Es ist der Römer Weise nicht, dass ein Mensch übergeben werde umzubringen, ehe denn der Verklagte habe seine Kläger gegenwärtig und Raum empfange, sich der Anklage zu verantworten. 17Da sie aber her zusammenkamen, machte ich keinen Aufschub, und hielt des andern Tages Gericht und hieß den Mann vorbringen; 18und da seine Verkläger auftraten, brachten sie der Ursachen keine auf, der ich mich versah. 19Sie hatten aber etliche Fragen wider ihn von ihrem Aberglauben und von einem verstorbenen Jesu, von welchem Paulus sagte, er lebe. 20Da ich aber mich der Frage nicht verstund, sprach ich, ob er wollte gen Jerusalem reisen und daselbst sich darüber lassen richten? 21Da aber Paulus sich berief, dass er auf des Kaisers Erkenntnis behalten würde, hieß ich ihn behalten, bis dass ich ihn zum Kaiser sende.

V. 13. Aber nach etlichen Tagen usw. Durch diese hier eingeschobene lange Erzählung erfahren wir, dass die eigentliche Verhandlung zwar abgebrochen war, aber ein gewisser Glanz über der Gefangenschaft des Paulus lag. Er wurde aus dem Kerker vorgeführt, um vor einer hohen Hörerschaft seinen Glauben zu bekennen und vom Evangelium zu reden. War er auch ein verachteter Gefangener, so hielt man ihn doch nicht wie einen Verbrecher. Seine Schande sollte dem Ruhm Christi keinen Abbruch tun; er hatte im Gefängnis größere Freiheit, durch sein Zeugnis für das Evangelium zu wirken, als wenn er in einem Privathause als ungebundener Mann gelebt hätte.

König Agrippa und Bernice. Dieser Agrippa war der Sohn des älteren Agrippa, von dessen schmählichem und abstoßendem Sterben wir hörten (12, 23). Er war nach dem Tode seines Vaters an Stelle seines Oheims zum König von Chalcis gewählt und erhielt später ein größeres Vierfürstentum. Bernice war seine rechte Schwester; nachdem sie zuerst mit ihrem Oheim, dem König Herodes von Chalcis, vermählt war und ihn durch den Tod verloren hatte, lebte sie geraume Zeit als Witwe, jedoch wenig ehrbar und züchtig; man hatte sie in Verdacht, mit ihrem Bruder Agrippa gar zu vertrauten Verkehr zu pflegen. Um dies schlimme Gerücht der Blutschande zu ersticken, heiratete sie den König Polemon von Cilicien. Da ihr aber die böse Lust noch mehr galt als der Schein der Schamhaftigkeit, trennte sie sich von ihm. Dass sie die Gattin ihres Bruders geworden sei, berichten die Geschichtsschreiber nirgends. Es ist aber glaubhaft, dass sie, in ihrem schändlichen Wesen verstockt, der bösen Gerüchte nicht mehr achtete und bei ihm wohnte. In die Ehe mit ihm zu treten vermied sie, um dadurch das Verbrechen des blutschänderischen Umgangs nicht zu verraten und zugleich zu steigern. Wir dürfen uns nun nicht wundern, dass der König sich aufmachte, um den Landpfleger durch einen Antrittsbesuch zu ehren. Denn er trug sein Königtum gewissermaßen nur zu Lehen und war von dem Wink und der Gnade des römischen Kaisers abhängig, die er durch Vermittlung des Landpflegers sich erhalten und befestigen musste.

V. 14. Und da sie viele Tage usw. Nachdem man einige Zeit miteinander zugebracht, ging der Gesprächsstoff aus, - und wie müßige Leute dies und das herbeizuziehen pflegen, um darüber zu reden, erzählte Festus dem Könige auch von einem gewissen Gefangenen. Dabei erteilt er zwar der Bosheit der Priester einen Seitenhieb und heuchelt eine wunderbare Billigkeit, die er seinerseits bewiesen habe; indessen spricht er bald darauf sich selbst das Urteil, indem er unbedachter weise den Angeklagten als unschuldig erscheinen lässt und gesteht, dass derselbe Anlass hatte, Berufung zum Kaiser einzulegen, um nicht nach Jerusalem geschleppt zu werden.

V. 18. Brachten sie der Ursachen keine auf, der ich mich versah. Es ist verwunderlich, dass Festus so redet, da man doch die Anklage des Aufruhrs gegen Paulus erhob. So kann man eben deutlich sehen, wie leichtfertig diese Verleumdungen waren; sie konnten für das Urteil gar nicht in Betracht kommen und wiegen nicht schwerer als Schmähreden. Darum sagt der Landpfleger (V. 19), dass es sich bei der ganzen Sache um Fragen des Gesetzes drehe; und da er als ein Römer auf solche keinen Wert legt, redet er verächtlich von jüdischem „Aberglauben“. Es war ja freilich ein unwürdiger und beklagenswerter Zustand, dass ein ungläubiger und götzendienerischer Mann als Richter inmitten der Juden saß und in seiner Unwissenheit über Gottes heilige Offenbarungen urteilen sollte. Aber die Schuld lag gänzlich bei den Gegnern des Paulus, die sich um Gottes Majestät gar nicht kümmerten, um lediglich ihrer Wut zu folgen. Dem Apostel selbst blieb doch nichts anderes übrig, als sich gegen die ungerechten Vorwürfe zu wehren, die man ihm machte.

Von einem verstorbenen Jesu usw. Ohne jeden Zweifel hat Paulus würdig und mit gebührendem Nachdruck von Christi Auferstehung gesprochen, - aber Festus in seinem Stolz hielt die Sache ernstlicher Erwägung nicht wert. Er spottet zwar nicht geradezu über Paulus, lässt aber hinlänglich merken, wie nachlässig er sein Reden von Christus angehört hatte. Wir sehen daraus, dass die Predigt wenig oder nichts ausrichtet, wenn nicht der Geist Gottes inwendig die Herzen anrührt; gottlose Leute springen über alles, was da gesagt wird, hinweg, als erzählte man Fabeln. Wenn man nun schon Paulus dem Festus gegenüber nichts erreichte, sollen wir uns heute durch die gleichgültige Sicherheit der Masse nicht verwirren lassen. Übrigens haben wir hier den Beweis, dass bei der Verhandlung noch viel hin- und hergeredet wurde, wovon Lukas nichts berichtet. Denn er hatte bis dahin nicht angemerkt, dass Paulus von Christus Zeugnis gab; und doch zeigt dieser Fortgang der Erzählung, dass er ernstlich über Christi Sterben und Auferstehen, also über die Hauptstücke des Evangeliums, mit den Juden disputiert hatte.

22Agrippa aber sprach zu Festus: Ich möchte den Menschen auch gerne hören. Er aber sprach: Morgen sollst du ihn hören. 23Und am andern Tage, da Agrippa und Bernice kamen mit großem Gepränge und gingen in das Richthaus mit den Hauptleuten und vornehmsten Männern der Stadt, und da es Festus hieß, ward Paulus gebracht. 24Und Festus sprach: Lieber König Agrippa und alle ihr Männer, die ihr mit uns hie seid, da sehet ihr den, um welchen mich die ganze Menge der Juden angegangen hat, beide zu Jerusalem und auch hie, und schrieen, er solle nicht länger leben. 25Ich aber, da ich vernahm, dass er nichts getan hatte, das des Todes wert sei, und er auch selber sich auf den Kaiser berief, habe ich beschlossen, ihn zu senden. 26Etwas Gewisses aber habe ich von ihm nicht, das ich dem Herrn schreibe. Darum habe ich ihn lassen hervorbringen vor euch, allermeist aber vor dich, König Agrippa, auf dass ich nach geschehener Erforschung haben möge, was ich schreibe. 27Denn es dünket mich ein ungeschickt Ding zu sein, einen Gefangen schicken und keine Ursachen wider ihn anzeigen.

V. 22. Ich möchte den Menschen auch gern hören. Hieraus lässt sich vermuten, dass Agrippa selbst darauf brannte, den Paulus zu hören, aber nicht eher davon zu reden wagte und unternahm, als ihn Festus seinerseits einlud. So wird der heilige Diener Christi zum Schauspiel vorgeführt, damit ein unheiliger Mann seinem Gast eine Ergötzung bereite. Allerdings konnte Festus sich auch durch den Rat des Agrippa und seiner Begleiter unterrichten wollen, um dem Kaiser seine eifrige Umsicht zu beweisen. Gottes verborgene Vorsehung aber lenkte die Sache zu einem andern Ziel: denn ohne Zweifel verbreitete sich das Gerücht davon weit und breit und stärkte die Frommen nicht wenig. Möglicherweise blieben auch einige von den Zuhörern nicht unberührt, sondern nahmen ein Samenkorn des Glaubens in sich auf, das zu seiner Zeit Frucht brachte. Wenn aber auch niemand von ihnen ernstlich und von Herzen Christus ergriff, so war es doch ein nicht zu verachtender Erfolg, dass die Bosheit der Feinde aufgedeckt ward und minder unterrichtete Leute sich nun mäßigten, so dass ihr Hass gegen das Evangelium nicht mehr gar zu heftig brannte. Die Gottlosen mussten sich schämen, die Gläubigen dagegen sammelten neue Lebenskraft und wurden mehr und mehr im Evangelium bestärkt.

V. 23. Und am andern Tage usw. Agrippa und seine Schwester kommen nicht als demütige Jünger Christi, sondern mit großem Gepränge, welches ihre Ohren verhärtet und ihre Augen blendet. Man muss auch glauben, dass mit jenem großartigen äußeren Auftreten sich ein innerlich hochfahrendes Wesen verband. Zur geistlichen Hochzeit Christi muss man sich ganz anders rüsten. Darum ist es nicht verwunderlich, dass sie nicht zum Gehorsam gegen Christus geführt wurden. Lukas redet aber wohl von diesem Glanz, um uns wissen zu lassen, dass dem Paulus Gelegenheit gegeben war, in großer Versammlung vor auserwählten und gewichtigen Zeugen nicht bloß seine Sache zu führen und sich als Angeklagter zu verteidigen, sondern auch für den Fortschritt des Evangeliums zu wirken. Er tritt als ein Lehrer auf, der Christi Namen verherrlicht. So bricht aus seinen Banden Gottes Wahrheit hervor, die sich alsbald in freiem und ungebundenem Lauf ausbreitete und endlich auch zu uns gelangte.

V. 26. Nach geschehener Erforschung usw. Man weiß nicht, ob der Landpfleger, indem er den Paulus unverhüllt für unschuldig erklärte, mit diesem Kunstgriff ihn verleiten wollte, von seiner Berufung abzustehen. Konnte er sich doch leicht veranlasst sehen, jetzt die Furcht fahren zu lassen und sich ganz der Erkenntnis des gerechten Richters anzuvertrauen, namentlich wenn ein freundliches Urteil des Agrippa hinzukam. Was aber auch Festus im Sinn hatte, - er spricht mit eigenem Munde seiner Ungerechtigkeit das Urteil, weil er einen Mann nicht als unschuldig freigelassen hat, den er jetzt ohne Anmerkung eines Verbrechens zum Kaiser zu senden sich scheut. Auch dies geschieht durch Gottes wunderbare Vorsehung, dass ein dem Paulus günstiges vorläufiges Urteil gerade von jüdischer Seite gesprochen werden muss. Vielleicht war es eine Schlauheit des Landpflegers, dass er die Meinung des Königs und der ersten Männer von Cäsarea herauszulocken trachtet, um die Missgunst auf sie ablenken zu können, falls sie ihn etwa freisprächen. Er selbst wollte sich nicht die Priester ohne Grund zu Feinden machen, an denen ein guter Teil der Bevölkerung in Jerusalem hing. Nunmehr konnte er für sein Schreiben an den Kaiser sich aufs kürzeste mit der Autorität des Agrippa decken. Der Herr aber blickte auf ein anderes Ziel. Er, der wider alles Hoffen der Menschen den Ausgang lenkt, wollte die gesunde Lehre durch die Nebel der Verleumdungen klarer hindurch brechen lassen.

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