Calvin, Jean - An Antoine de Bourbon, König von Navarra.

Nr. 566 (C. R. – 2885)

Calvin, Jean - An Antoine de Bourbon, König von Navarra.

Macard hatte sich beklagt, dass der König von Navarra am französischen Hof es nicht zum offenen Bekenntnis seines evangelischen Glaubens bringe und Calvin aufgefordert, ihm zu schreiben; der andere, der ihm vorgehalten wird, ist d´ Andelot.

Ermahnung zu offenem Bekenntnis seines evangelischen Glaubens.

Sire, wiewohl es scheinen möchte, ich sollte Sie in den Wirren, die sich seit einiger Zeit erhoben haben, mit Briefen verschonen, so fürchte ich mich doch nicht, in solcher Notlage Sie im Namen Gottes zu bitten und zu ersuchen, das zu tun, was Gott von Ihnen verlangt, und hoffe, Sie werden es nicht als unpassende Zudringlichkeit ansehen, wenn ich die Sache des höchsten Königs vertrete, dem wir ja kaum den hundertsten Teil dessen erweisen können, was wir ihm schulden, auch wenn sich jeder nach Kräften anstrengt, für ihn zu wirken. Freilich, als ich überlegte, ob es wohl gut sei, Ihnen wieder zu schreiben, zögerte ich eine Zeitlang; da ich aber nichts anderes tun konnte, so entschloss ich mich schließlich dahin, es sei nichts besser, als von der Freiheit, die Sie mir durch Ihr Schreiben zu gestatten geruhten, Gebrauch zu machen, besonders da ich nicht daran zweifle, dass Sie Stärkung nötig haben in den Angriffen, die der Satan wider Sie richtet. Denn darin zeigt sich unsere Schwäche so recht deutlich, dass die Geschicktesten, wenn sie nicht von oben her gerüstet würden, zu Fall kämen. Obwohl nun diese Angriffen auf den ersten Blick Große und Kleine erschrecken könnten, so bitte ich Sie sehr, Sire, des schönen Anfangs zu gedenken, den Gott gemacht hat zur Förderung der reinen Wahrheit seines Evangeliums; da er nun gerade Ihnen dazu Gelegenheit bietet, so will er gewiss prüfen, wie groß Ihre Liebe zu ihm ist, und wenn Sie bisher schweigen durften, so fällt eben jetzt jede Entschuldigung dafür dahin, da Sie Gott sozusagen an der Hand nimmt und von Ihnen fordert, dass Sie sein Zeuge werden. Ich weiß wohl, wie bedeutsam ein Bekenntnis, das Sie ablegen, sein könnte, dass es Sie schädigen könnte in Ihrer persönlichen Stellung, Ihrer königlichen Würde, an Ehre und Besitz; aber wie dem auch sei, so müssen Sie darauf bestehen, Sire, was Sie dem schuldig sind, von dem Sie alles, was Sie besitzen, haben und noch viel Besseres erwarten, nämlich ein Erbe im Himmel. Ihre hohe Stellung, das wissen Sie, enthebt Sie des Gesetzes und Gebotes nicht, das allen Gläubigen gilt, festzuhalten an der Lehre unseres Herrn Jesu Christi, in der all unser Glück und unsere Seligkeit liegt. Ja, je höher Sie über den andern stehen, Sire, umso mehr müssen Sie sich Mühe geben, den Weg zu weisen einem großen Volke, das seine Augen auf Sie gerichtet hat; denn Sie wissen, nach dem Maß seiner erhaltenen Gnadengaben muss ein jeder Rechenschaft ablegen.

Denken Sie daran, Sire, wie viele Menschen alle Rücksicht auf die Welt unter sich treten wollten, wenn Sie den Einfluss, den Gott Ihnen gegeben hat, zur Geltung bringen könnten. Tatsächlich zeigt ja auch eben die Standhaftigkeit eines Mannes, der zwar weit unter Ihnen steht, aber doch zwischen Ihnen und dem gewöhnlichen Volk eine Mittelstellung innehat, einem jeden durch das Beispiel, was seine Pflicht ist. Die geringen sehen ein solches Vorbild und entfachen daran ihren Mut. Seinesgleichen und wer ihm nahe steht, muss sich angetrieben fühlen, ihm Gesellschaft zu leisten. Sie aber, Sire, gehen ihm ja voran an Ehre und Rang und müssen deshalb mindestens ebensoviel Tapferkeit zeigen und sich nicht schämen, teilzuhaben an der Schmach Christi, da um seinetwillen gebrandmarkt zu werden ehrenvoller ist als alle weltlichen Ehren. Ich bin sicher, dass viele Ihnen den Rat geben werden zu schweigen und ruhig zu sein, da ja eine offene Erklärung Ihnen nichts nütze. Sind aber, wie es im Psalm steht, die Gebote Gottes Ihre Ratgeber, so hören Sie mehr darauf, Sire, und halten Sie sich daran, was Ihnen darin gezeigt wird, nämlich Zeugnis abzulegen für das Wort Gottes auch vor den Königen, selbst wenn sie nichts davon hören wollen. Ich weiß nicht, wie weit Sie sich schon haben ziehen lassen, Sire; aber ich bitte Sie, wenn Sie zu schwächlich begonnen haben, wie uns ja häufig die ersten Kämpfe noch nicht recht gerüstet finden, so fassen Sie nun Mut und verlassen Sie sich im übrigen auf den, dessen Sache Sie führen, dass er einem hochgemuten Wagnis auch guten Erfolg geben wird, wie ja gewiss die Feinde Gottes umso kühner werden und umso mehr sich verstocken in ihrem Hochmut, wenn sie meinen können, es sei ihnen gelungen, Sie durch Einschüchterungen schwach zu machen.

Ich meine damit nicht, Sire, dass Sie sich verlassen sollen auf das, was die Welt von Ihrem hält, und sich damit stärken sollen, sondern ich will Sie nur im Namen Gottes ermahnen: Überlassen Sie sich ganz ihm, stützen Sie sich auf seine Kraft, verlassen Sie sich auf seine Hilfe, bergen Sie sich unter seinem Schutz, aber bringen Sie ihm auch als Opfer dar den Einfluss, den er Ihnen gegeben hat, indem Sie ihn brauchen und ganz seinem Dienste widmen. Wenn Sie so freimütig vorgehen, so zweifeln Sie nicht daran, Sire, dass er die Sache in seine Hand nehmen wird, sei es, dass er das Herz des Königs lenkt zum Gehorsam gegen ihn, sei es, dass er nur dessen Hass mäßigt, so dass Ihr Bekenntnis einer ungezählten Schar armer Gläubiger zum Schilde wird, die auf Sie hoffen und sich wundern werden, wenn Sie ihren Hoffnungen nicht entsprechen.

Beim König und seiner Umgebung, die ihn gegen die wahre Religion aufhetzt, können Sie es, Sie mögen es machen, wie Sie wollen, doch nicht vermeiden, dass man Sie im Verdacht hat, mehr zu denken, als Sie zu sagen wagen. Deshalb stünde es Ihrer königlichen Majestät besser an, sich frei heraus zu geben, wie Sie sind, besonders wenn man deswegen in Sie dringt. Aber nochmals, wenn es auch nach der Welt weder nützlich noch ersprießlich erscheint, die Wahrheit Gottes zu bekennen, so haben Sie doch auf das zu achten, Sire, was der von Ihnen verlangt, der wohl wert ist, dass man Ihm ohne Widerspruch gehorcht. Erkennen Sie also, dass er Sie jetzt prüfen will in der Verteidigung der Lehre des Evangeliums zur Linderung für die armen Glieder seines Leibes, mit denen er auch Sie verbunden hat; schließen Sie die Augen für alle Hindernisse, die Sie aufhalten könnten, und tun Sie Ihre Pflicht, auf dass alle Kinder Gottes sich freuen und seinen heiligen Namen preisen können.

Sire, indem ich mich alleruntertänigst Ihrer Gnade empfohlen halte, bitte ich den König der Könige, er möge Ihnen Glück geben, Sie zunehmen lassen in allem Guten, Sie mit seinem Geiste leiten bis ans Ende und Sie in seiner heiligen Hut halten.

Den 8. Juni 1558.

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