Calvin, Jean - An Bullinger in Zürich (504).

Nr. 504 (C. R. – 2505)

Calvin, Jean - An Bullinger in Zürich (504).

Der eine Überbringer des Briefes war Charles de Joinvilliers, Calvins intimer Freund und Privatsekretär; den anderen kennen wir nicht. Weggelassen einige Fragen, wie man Perrin und Konsorten an der Tagsatzung am besten entgegentreten könne.

Politisches. Von einem Heiratsschwindler.

Die Überbringer dieses Briefes sind rechtschaffene, untadelige Leute, denen du ruhig anvertrauen darfst, was du mir zu wissen tun willst und was sich doch der Umständlichkeit wegen nicht brieflich behandeln lässt. Beide sind mir vertraute Freunde; der eine, dessen Schwester unser Bude zur Frau hat, ist noch mehr bei mir zu Hause als der andere. Da ihn der Verlust seiner Frau so furchtbar schwer bekümmerte, habe ich ihm zugeredet, Euch zu besuchen. Da ich wusste, dass das schon früher sein Wunsch war, hoffe ich, es werde ihn ein wenig trösten und seinen Schmerz lindern. Doch habe ich ihm nicht verschwiegen, dass seine Reise auch noch einem andern Plane dienen solle. Wir wissen nämlich zwar sicher, dass die von Genf Verbannten und Verurteilten von kurzem an der letzten Tagsatzung zu Baden irgendwie intrigiert haben, aber es ist uns überaus unangenehm, so lange nicht zu erfahren, wie sie aufgenommen worden sind, und was sie erreicht haben. Zwar ein Schriftstück haben wir gelesen, voll von groben Schmähungen gegen unsern Rat, aber zugleich auch voll von stinkenden Lügen. Vor allem möchten wir wissen, ob ihnen irgendwelche Hoffnung gemacht wurde, und ob die Tagsatzungsherren ihre Klagen überhaupt anhörten; obwohl wir vermuten, dass sie die Abweisung, die sie verdienten, nicht ohne Spott und Schande davon getragen haben, macht uns doch dies ungewisse Warten recht ängstlich. Daher ergriff ich eifrig die Gelegenheit, die sich bot, durch diesen Freund etwas von der ganzen Verhandlung und ihrem Ausgang zu erfahren. - -

- - Über die hiesigen Verhältnisse kann dir der Bote berichten. Meine Kollegen lassen Euch alle ehrerbietig grüßen. Sie beauftragen mich, Euch noch folgendes zu schreiben. Wir haben gehört, dass gegenwärtig in Zürich ein Mensch aus Limousin wohne, einer französischen Provinz zwischen der Auvergne und Perigord, von großer Gestalt, mit spärlichem, rötlichem Bart, sehr wohlbeleibt, eher leichenblass als bloß bleich von Gesichtsfarbe. Wenn Euch der auch betrogen hätte, täte es uns leid. Es heißt nämlich, er habe sich in Zürich verheiratet; ist es wahr, so hat er nun schon drei Frauen. Als er vor fünf Jahren nach Genf kam, brachte er eine Person mit, die als seine Frau galt, bis man dadurch, dass er sich oft auf lange entfernte, erfuhr und durch sichere Zeugnisse die Bestätigung erhielt, dass er bereits mit einer andern verheiratet sei; dabei war er einer der papistischen Lohnpriester, die durch Messelesen den täglichen Unterhalt gewinnen. Außerdem betrügt er in heilloser Weise seine Gläubiger, zu denen auch ich gehöre; doch hat er in Frankreich geprahlt, ich sei ein Wucherer. Was ich hier schreibe, können wir Euch, wenn Ihr wollt, amtlich beglaubigt zukommen lassen. Nochmals lebwohl, trefflichster Mann und verehrter Bruder. Herrn Gwalther, deinem Schwiegersohn und den andern Brüdern viele Grüße. Der Herr segne dich und dein Haus und leite dich mit seinem Geiste bis ans Ende.

Genf, 30. Juli 1556.
Dein
Johannes Calvin.

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