Calvin, Jean - An Christoph Pfäfferlin in Büren.

Nr. 465 (C. R. – 2326)

Calvin, Jean - An Christoph Pfäfferlin in Büren.

Pfarrer Pfäfferlin [Piperinus] zu Büren im Kanton Bern hatte Calvin von einem Gerücht benachrichtigt, das seine Gegner über ihn verbreiteten, nämlich er habe eine Summe von 4000 Gulden, die die Königin von Navarra für arme Refugianten nach Genf gesandt habe, unterschlagen und für sich verwendet. Er forderte ihn auf, sich öffentlich dagegen zu verteidigen. Der erwähnte Verstorbene war der flämische Refugiant David de Busanton (vgl. 104).

Calvin der Veruntreuung von Armengeldern beschuldigt.

Wenn ich höre, wie furchtbar ich überall verleumdet werde, mein lieber Pfäfferlin, so bin ich nicht so eisenhart, dass es mich nicht schmerzlich berührte; aber es ist mir ein großer Trost, dass du und andere Knechte Christi und fromme Verehrer Gottes mitleiden unter dem Unrecht, das mich trifft. Freilich, wärs möglich, so wollte ich lieber allein in der Stille hinunterwürgen, was Schimpfliches mir aufgeladen wird, damit nicht daraus auch auf meine Brüder ein Teil der Betrübnis überfließt. Das ist ein Grund unter andern, weshalb ich solche Verleumdungen stillschweigend übergehe, die ich sonst ohne Anstrengung in nichts auflösen könnte und auch ganz gern von mir abschütteln möchte. Weshalb soll ich rechtschaffene Leute mit eifrigen Rechtfertigungen meiner Person behelligen? Zwänge mich dazu eine wirklich große Notwendigkeit, so wollte ich sie um Verzeihung bitten und meine Verteidigung vorbringen, aber das Geschwätz, mit dem mich böse Leute beschmutzen, ist zu unsinnig und inhaltslos, als dass es eine sorgfältige Widerlegung forderte. Ja, seine Urheber könnten mich ehrgeizig schelten, wenn ich gar zu ängstlich darauf bedacht wäre, mein Ansehen zu schützen. Dafür ist gerade das von dir erwähnte Gerücht über die ungeheure Geldsumme ein Beispiel. Jedermann weiß, wie einfach ich zu Hause lebe; man sieht, dass ich auch für prächtige Kleider keine Ausgaben mache; allgemein bekannt ist auch, dass mein einziger Bruder weder sehr reich ist, noch, was er hat, von mir bekommen hat. Wo läge denn also jener Schatz vergraben? Man behauptet, ich habe die Armen bestohlen. Dass das durchaus frei erfunden ist, werden selbst meine allerschlimmsten Feinde gestehen müssen. Wenn fromme Leute etwas für die Armen auslegen, so rühre ich davon keinen Heller an. Es starb bei mir vor acht Jahren ein adliger Herr, der mir ohne handschriftliche Bescheinigung mehr als 2000 Kronen anvertraut hatte. Als ich merkte, dass er in Todesgefahr war, weigerte ich mich, eine solche Last auf mich zu nehmen, als er das Geld zu meiner Verfügung stellen wollte. Auch sorgte ich dafür, dass er 800 Kronen nach Straßburg schicken ließ, zur Unterstützung Not leidender Refugianten; auf mein Mahnen hin bestimmte er durchaus unverdächtige Leute zur Verteilung der übrigen Summe. Als er auch mir etwas vermachen wollte, was andere nicht verschmäht hätten, lehnte ich es ab. Aber ich sehe wohl, was meine Gegner beunruhigt. Weil sie mich nach ihrer eigenen Art einschätzen, so zweifeln sie nicht daran, dass ich Geld von allen Seiten her aufhäufe, da ich so günstige Gelegenheit dazu hätte. Aber wenn ich Leben dem Gerede, mich bereichert zu haben, nicht ausweichen kann, so wird schließlich mein Tod mich von diesem Verdacht freisprechen. Übrigens fände ich des Schreibens kein Ende, wenn ich daran dächte, eine Verteidigungsschrift für mich auszuarbeiten. Wenn bei Euch vielerlei behauptet wird, so wisse, es ist kaum ein Hundertstel von dem, womit man mich beständig belästigt. So bleibt mir nichts übrig, als dass ich, bereit, Rechenschaft zu geben, doch nichtsdestoweniger meine Wange solchen Schlägen darbiete. Lass uns, lieber Christophe, weiterwandeln durch üble und gute Gerüchte, und auch durch schlimmes Geschwätz wollen wir uns nicht erschüttern lassen. Freilich, wenn du begreifst, woher es kommt, so wirst du mit mir leicht erkennen, dass man darüber nur mit Geduld den Sieg davontragen kann. Denn es kämen niemandem solche Dinge in den Sinn, wenn nicht geringe Menschen sähen, dass sie damit den Vornehmen einen Dienst leisten, und dass für ihr Schmähen ein Lohn auf sie wartet. Diese Lügen werden sofort verschwinden, wenn sie nicht von denen, zu deren Gunsten sie erdichtet sind, unterstützt würden. Ich muss den Brief abbrechen und schließe deshalb. Lebwohl, bester, mir sehr lieber Bruder. Der Herr sei stets mit dir; er leite dich mit seinem Geiste und segne dein Wirken.

Genf, 18. Oktober 1555.
Dein Johannes Calvin.

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