Calvin, Jean - An Farel in Neuchatel und Viret in Lausanne (166).

Nr. 166 (C. R. – 795)

Calvin, Jean - An Farel in Neuchatel und Viret in Lausanne (166).

Jakob Sturm ist der Stättmeister von Straßburg; Johann Sturm, der Rektor, und der Arzt Ulrich Geiger waren seine Mitarbeiter in der Straßburger Politik.

Fürsorge für verfolgte Evangelische.

Der Überbringer dieses Briefes, unser frommer Bruder, ist Bürger von Uzes; die Wut der Gottlosen hat viele Evangelische aus dieser Stadt getroffen. Sie beschlossen alle, man solle versuchen, ob man in Deutschland einige Hilfe finde. Ich antwortete, ich habe jetzt mehr Hoffnung, da die evangelischen Fürsten mit deutlichen Zeichen ihre Entfremdung vom Kaiser kundgetan hätten. Außerdem war mir gemeldet worden, es sei in Worms ein Gesandter des Dauphin, der viel verspreche. Ich kenne zwar die Unzuverlässigkeit des Hofes, aber schaden wird es nichts, wenn mans einmal wagt. Ich hätte es nicht abgeschlagen, selbst die Reise zu übernehmen, wie man mich dringend ersuchte, wäre ich nicht noch gebunden. Denn die Genesung von meiner Krankheit geht so langsam. Ich sehe noch kaum einen Fortschritt, außer dass die Schmerzen nicht mehr da sind. So muss ich denn diese Aufgabe einem von Euch überlassen, welchem es besser passt. Die Kosten übernimmt der Überbringer dieses Briefes. Da du noch nach Bern reisest, lieber Viret, so wäre es nur billig, wenn du Farel die Mühe abnähmest, mit der Erlaubnis des Rates. Wird es dir nicht gestattet, so weiß ich, dass Farel selbst weder sich noch sein hohes Alter schonen wird. Jedenfalls muss es einer von euch durchaus tun. Deshalb lass uns doch ja nicht im Stich, lieber Farel, wenn Viret der Urlaub verweigert wird. Denn ich habe es den Brüdern beinahe gelobt in Eurem Namen. So ists nun Eure Pflicht, mein vielleicht allzu kühn gegebenes Versprechen zu halten. Nun, da es bei den gegenwärtigen Verhältnissen Frankreichs ganz umsonst wäre, vom König zu fordern, was er von sich aus tun sollte, so glauben wir, man müsse sich auf die Bitte beschränken, er möge selbst die gerichtliche Untersuchung [in Religionsprozessen] übernehmen. Jedenfalls sollte den gewöhnlichen Gerichtshöfen die Untersuchung verboten werden; dann sollte er gerechte außerordentliche Richter ernennen. Wird das erreicht, so ist schon viel gewonnen. Mehr zu erstreben, wäre wie gesagt überflüssige Mühe. Will der Kanzler uns mit seiner Gunst behilflich sein, so wird alles gut gehen. Aber weil er ängstlich und unentschlossen ist, wird man dafür sorgen müssen, dass man scharf in ihn dringt. Deshalb wird man nicht weniger Mühe auf die zweite Stelle verwenden müssen als auf die erste. Immer jedoch wird mit Nachdruck die Abschwörung auszuschließen sein. Denn wir leisten dem Satan Dienst, wenn wir den Evangelischen den Ausweg öffnen, dass sie Christum verleugnen können. Die ganze Sache lasse ich vor allem Herrn Jakob Sturm angelegentlich empfehlen, der auf den Konventen der Evangelischen eine Macht ersten Ranges bedeutet; dann auch Butzer, dass er antreibt, wen er kann. Weiter dem [Johann] Sturm und Herrn Ulrich, dass auch sie mit ihrem Ansehen dafür eintreten. Die Sachlage selbst gibt Euch den nötigen Rat. Ihr seid ja auch keine Anfänger mehr, die man mit Mandaten versehen muss. Lebt wohl, liebste Brüder. Der Herr segne die Reise dessen, der dies heilige Schutzamt übernimmt.

Genf, 1. Mai 1546.
Euer
Johannes Calvin.

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