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Bunyan, John - Glaube und Zweifel.

Bunyan, John - Glaube und Zweifel.

Ich möchte zu meiner Seele sagen: o meine Seele! dies ist kein Ort zum Verzweifeln; dies ist keine Zeit zum Verzweifeln; so lang meine Augen eine Verheißung finden in der Bibel, so lang dort die kleinste Erwähnung von Gnade ist, so lang als mir ein Athemzug in der Welt übrig bleibt, so lange will ich kämpfen gegen Unglauben und Verzweiflung.

Es gibt nichts wie Glauben, der uns helfen kann, wenn wir in einer Klemme sin. Der Glaube zerstreut die Zweifel, wie die Sonne den Nebel zerstreut. Und damit ihr nicht verzaget, so wisset: eure Zeit, zu glauben, ist allewege. Es gibt Zeiten, in denen gewisse Gnadenerfahrungen aufgebraucht sein mögen, aber es gibt keine Zeit, in der der Glaube nutzlos geworden ist. Darum muß der Glaube beständig in der Uebung bleiben. Der Glaube ist das Auge, er ist der Mund er ist die Hand, und eins von diesen ist den ganzen Tag im Gebrauch. Mag es regnen, mag es stürmen, mag es donnern oder blitzen, ein Christ muß allezeit glauben.

Einige Menschen mögen vielleicht sagen: ich möchte gern erlöset sein; ich möchte gern glauben; aber ich fürchte, die Gnadenzeit sei vorüber, und ich müsse trotz der Gnade Gottes zu Grunde gehen. - Auf diesen Zweifel möchte ich folgendes antworten: Bist du bewegt und erschüttert durch das Anhören des göttlichen Wortes? ist dein Gewissen aufgeweckt und überzeugt, daß du dich gegenwärtig in einem Zustande des Verderbens befindet, und daß du der Gnade dringend bedarfst? Dies ist ein gutes Zeichen, daß der Tag der Gnade für dich noch nicht vorüber sei. Denn gewöhnlich sind die, für welche die Gnadenzeit verstrichen ist, über alles hinaus und gleichsam mit einem glühenden Eisen gebrandmarkt, daß sie nichts mehr empfinden.

„Wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen.“ Er sagt nicht: wer da weiß zu schwatzen, wer da Bekenntniß ablegt, wer etwas augenfälliges thut u.s.w, sondern „wer kommt.“ Christus will sich selbst erlauben zu urtheilen, wer unter den Vielen, welche mit dem Christenthum Geräusch machen, wirklich zu Ihm komme. Nicht der, welcher sagt, daß er komme, sondern der, von welchem Christus sagt, er komme zu Ihm, ist in diesem Texte gemeint.

Denkt euch einen jungen Menschen, welcher eine heftige Liebe zu einer Jungfrau gefaßt hat, - wenn er je befürchtet, daß sie ihm nicht zu Theil werde, so ist es der Zeitpunkt, wo er anfängt zu lieben. Da denkt er: jemand wird sich zwischen meine Liebe und ihren Gegenstand hineindrängen; oder sie werden an meiner Person, meinem Stande, meinen Umständen etwas auszusetzen finden! Nun wird er von Gedanken bearbeitet: „sie liebt mich nicht“ u.s.w. - So ist es mit der Seele, welche im Begriff ist zu Christo zu kommen: du liebest Ihn, und die Liebe erzeugt Eifersucht und aus dieser entsteht Furcht.

Das Gefühl der Unwürdigkeit schafft und steigert die Furcht in den Herzen derer, welche zu Christus kommen. Aber eigentlich sollte dies nicht geschehen; denn wer bedarf des Arztes als der Kranke? oder für wessen Rettung ist Christus in die Welt gekommen, als für den vornehmsten der Sünder? - Deshalb je mehr du deine Sünden siehst, desto schneller fliehe du zu Jesu Christo, und laß das Gefühl deiner Unwürdigkeit dich vermögen, schneller zu eilen.

Wenn, ach! der Glaube zu Zeiten Windstille hat, zu Zeiten oben ist, und dann wieder unten, und bisweilen im Handgemeng ist mit Sünde, Tod und Teufel, dann hat der Glaube wenig Muße, Friedensworte zu sprechen zum Gewissen; er ringt nun um sein Leben, er kämpft nun um sein Leben, er kämpft nun mit Engeln und mit höllischen Geistern, alles was er nun thun kann, ist: schreien, seufzen, kämpfen, schwitzen, nach Lebensluftschnappen.

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