Brenz, Johannes - Zweiter Epiphanias-Sonntag.

1542.

Joh. 2, 1-11.
Und am dritten Tage ward eine Hochzeit zu Kana in Galiläa; und die Mutter Jesu war da. Jesus aber und seine Jünger wurden auch auf die Hochzeit geladen. Und da es am Wein gebrach, spricht die Mutter Jesu zu ihm: Sie haben nicht Wein. Jesus spricht zu ihr: Weib, was habe ich mit dir zu schaffen? Meine Stunde ist noch nicht gekommen. Seine Mutter spricht zu den Dienern: Was er euch sagt, das tut. Es waren aber allda sechs steinerne Wasserkrüge gesetzt, nach der Weise der jüdischen Reinigung; und gingen je in einen zwei oder drei Maß. Jesus spricht zu ihnen: Füllt die Wasserkrüge mit Wasser. Und sie füllten sie bis oben an. Und er spricht zu ihnen: Schöpft nun und bringt es dem Speisemeister. Und sie brachten es. Als aber der Speisemeister kostete den Wein, der Wasser gewesen war, und wusste nicht, von wannen er kam, (die Diener aber wussten es, die das Wasser geschöpft hatten,) ruft der Speisemeister den Bräutigam und spricht zu ihm: Jedermann gibt zum ersten guten Wein, und wenn sie trunken geworden sind, alsdann den geringeren; du hast den guten Wein bisher behalten. Das ist das erste Zeichen, das Jesus tat, geschehen zu Galiläa, und offenbarte seine Herrlichkeit. Und seine Jünger glaubten an ihn.

Über die Kindheit und die Jugend unseres Herrn Jesu Christi ist an früheren Tagen genug gesagt worden, und wir werden nun von seinem Amte reden müssen, das er erst im dreißigsten Jahre seines Alters öffentlich unter den Menschen kundgetan hat. Christus hat nämlich seit seiner Jugend bisher im Verborgenen gelebt, bis Johannes der Täufer vom heiligen Geiste getrieben ward, ihm den Weg zu bereiten. „Er ist,“ spricht Johannes, „mitten unter euch getreten, den ihr nicht kennt. Der ist's, der nach mir kommen wird, welcher vor mir gewesen ist“ (Joh. 1,26.27). Da es nun vom dreißigsten Jahre seines Alters Zeit war, aus der Verborgenheit aufzutauchen, und da er von Johannes getauft war: begann er sein Amt, zu predigen sein Evangelium, und weil er mit keinem Ansehen bisher bekleidet war, hub er an, seine Herrlichkeit durch Wunder zu offenbaren. Zeigen die Fürsten dieser Welt ihre Majestät, so machen sie großen Aufwand und reiche Leute dadurch arm; denn der Fürsten Prunk pflegt ihrer Untertanen Säckel zu leeren. Indem aber Christus, der höchste von allen Fürsten, seine Majestät oder seinen Prunk zeigen will, tut er Wunder, dadurch er aus Armen Reiche und Gesunde aus Kranken schafft. Und hierzu schickt sich hauptsächlich das allererste Wunder, das er auf der Hochzeit zu Kana in Galiläa getan hat. Als es nämlich bei dieser Hochzeit an Wein gebrach und der Bräutigam seiner Armut halber vor seinen Gästen erröten musste: da hilft Christus dem Bedürfnisse ab und macht aus dem Wasser Wein, um durch reiche Fülle den Mangel auszugleichen. Von dieser Geschichte also wollen wir jetzt reden, auf dass auch wir die Herrlichkeit und Majestät Jesu Christi zu unserem Heile recht erkennen.

Es ward, heißt es, eine Hochzeit zu Kana in Galiläa, dazu auch Jesus mit seiner Mutter und seinen Jüngern geladen war. Da es aber an Wein gebrach, sagt Maria zu Jesu: „Sie haben nicht Wein,“ und zeigt eben damit ihren Wunsch an, dass er durch ein Wunder der Armut und der Scham des Bräutigams abhelfen möge. Allein Christus redet sie hart an. Weib (spricht er), was habe ich mit dir zu schaffen? Meine Stunde ist noch nicht gekommen.“ Es mag vielleicht wunderlich scheinen, was Christo geschehen sei, dass er seine Mutter so hart behandelt und so unfreundlich anredet. Und das hat er nicht bloß hier, sondern auch sonst häufig getan. Luk. 2, 49 sagt er: „Was ist's, dass ihr mich gesucht habt? Wisst ihr nicht, dass ich sein muss in Dem, das meines Vaters ist?“ Und Matth. 12, 48-50: „Wer ist meine Mutter? Und wer sind meine Brüder?“ Und er reckte die Hand aus über seine Jünger und sprach: „Siehe da, das ist meine Mutter und meine Brüder. Denn wer den Willen tut meines Vaters im Himmel, derselbige ist mein Bruder, Schwester und Mutter.“ Du wirst dich aber nicht wundern, so du Christi Absicht mit Fleiß erkannt hast. Denn was eben zu der Ehre gehört, welche Kinder ihren Eltern schuldig sind, hat niemals ein Sohn seine Mutter mehr geehrt als Christus. Es ist nämlich Gottes Gebot: Ehre die Eltern! und das hat Christus aufs Vollkommenste erfüllt. Er ging (sagt Luk. 2, 51) mit ihnen hinab und kam gen Nazareth und war ihnen untertan.“ Sobald aber Maria nicht nur die Ehre sucht, die man den Eltern schuldet, sondern auch nach der Ehre des Messias trachtet und gleichsam die Teilnehmerin bei der Verwaltung des Amtes zu sein wünscht, das Christo von Gott übertragen ist: da redet er sie gar hart an, um sie in die Schranken ihres Berufes zu weisen. Denn die Ehre und das Amt des Messias, d. h. dem menschlichen Geschlechte das Heil darzubieten, die Menschen mit Gott zu versöhnen und ihnen die ewige Seligkeit zu erwerben, das kommt keinem Anderen zu außer Jesu Christo. Er hat aber auf die künftigen Heuchler gesehen, welche ihn verlassen und bei Maria ihr Heil und Vergebung ihrer Sünden suchen würden, wovon es heute noch offenkundige Beweise unter den Heuchlern gibt. Denn einzig und allein Maria ist es, welche sie ohne Unterlass mit ihren Anrufungen ehren. Die Begrüßung Marias hat Morgens und Abends ihr Zeichen mit der Glocke. Und darüber hat das Gebet des Herrn kein öffentliches Glockenzeichen gehabt, obschon es so heilsam ist, dass es uns um Christi willen in den größten Übeln bewahrt und daher würdig wäre, so es gesprochen wird, mit dem Geläut aller Glocken bezeichnet zu werden. Dazu malt man die Maria, wie sie mit ihrem Mantel vom Himmel geschleuderte Pfeile auffängt; das heißt doch wahrlich, sie als unsere Erlöserin ehren. Es gibt auch noch andere, unzählbare Abgöttereien, deren die ganze Welt bisher voll gewesen ist; wie sie aber beschaffen gewesen sind, das lässt sich jetzt, bei der Kürze der Zeit, nicht aufzählen. Auf dass also Christus diesen Irrtümern entgegenträte, soviel an ihm lag, hat er seine Mutter stets hart behandelt, wenn sie die Teilnehmerin seines Amtes sein wollte. Und wie Christus bei der Einsetzung des Abendmahles voraussah, dass der Kelch dabei würde abgetan werden, hat er darum dessen Gebrauch mehr als den des Brotes festgestellt mit den Worten: „Trinkt Alle daraus.“ So hat er die kommende Abgötterei in Bezug auf seine Mutter Maria vorhergesehen und es ist ihm daher geratener erschienen, sie unfreundlich zu behandeln, als durch Schmeicheln Veranlassung zu Irrtümern zu geben. Denn obschon es niemals auf Erden ein Weib gegeben hat, noch jemals geben wird, deren wir ehrenvollere Erwähnung tun müssen, als der Jungfrau Maria, der Mutter Jesu, darf ihr doch nicht die Ehre des Messias oder Heilandes erwiesen werden. Hat also Christus solche Ehre seiner Mutter nicht zugestehen wollen, so hat er sie wahrlich viel weniger anderen Heiligen oder Werken zugestanden. Denn wäre dieselbe irgend Jemandem zuzugestehen, wem gestattete er sie billiger als seiner Mutter? Daher mögen wir immerhin die Maria und andere Fromme für Gott wohlgefällige Heilige ansehen, aber Jesum Christum allein als unseren wahrhaftigen Heiland und Versöhner verehren und anbeten.

Wiewohl aber Maria nicht unsere Erlöserin ist, gibt sie uns dennoch im heutigen Evangelium ein nützliches Beispiel, wie wir unsere Bitte im Gebete zu Gott erlangen mögen. Obgleich sie nämlich von ihrem Sohne hart behandelt worden ist, fährt sie doch fort, das Beste zu hoffen und gebeut den Dienern, zu tun, was er nur sagen würde, im völligen Vertrauen, er werde dem Mangel der armen Eheleute abhelfen; und so erreicht sie ja, was sie hofft. Ein bemerkenswertes Beispiel, dadurch wir zur Beharrlichkeit im Glauben, im Gebete und im Gehorsam Gottes ermahnt werden, ob wir auch die offenbare Verneinung des Heiles und der Erhörung vernehmen. Das kananäische Weib (Matth. 15,21-28) hört die offenbare Abweisung Christi und erlangt, da sie im Glauben und im Gebete anhält, nicht bloß, was sie begehrt, sondern trägt auch das größte Lob davon. Der ungerechte Richter (Luk. 18,2-8) hört auf die Witwe ob ihrer Zudringlichkeit, wie viel mehr Gott, der Allergerechteste! So spricht Christus (Luk. 11,8) von dem Freunde, der bei Nacht Brote verlangt: „Ich sage euch, und ob er nicht aufsteht und gibt ihm, darum, dass er sein Freund ist, so wird er doch um seines unverschämten Geilens willen aufstehen und ihm geben, wie viel er bedarf.“ Und Psalm 22,3 spricht Christus: „Mein Gott, des Tages rufe ich, so antwortest du nicht, und des Nachts schweige ich auch nicht.“ Und in einem anderen Psalm (69,4): „Ich habe mich müde geschrien, mein Hals ist heiß, das Gesicht vergeht mir, dass ich so lange muss harren auf meinen Gott.“ Und dennoch, weil er im Gebete verharrt hat, sagt er in einem andern Psalm (22,24.25): „Vor ihm scheue sich aller Same Israels; denn er hat nicht verachtet noch verschmäht das Elend des Armen.“ Gott antwortet nämlich nicht stracks auf die Bitten des Frommen; nicht, als erhörte er ihn nicht, sondern um unseren Glauben zu entzünden und uns Größeres und mehr zu gewähren, als wir zu bitten vermögen oder auch wagen. Möchtest du wohl sagen, Derjenige erhöre deine Bitte nicht, der, als du ihn batest, dir in dieser Stunde ein Stück Geld zu geben, dich drei Stunden warten hieße, so wolle er dir statt einer Silbermünze viele Goldgulden schenken? So verzieht auch Gott die Offenbarung der Erhörung, um uns viel mehr zu gewähren, als wir erbeten haben. So dürfen wir denn, auch wenn wir unseres Wunsches nicht sofort teilhaftig werden, im Gebete nicht nachlassen, sondern müssen ausharren im Glauben und im Gehorsam; denn also werden wir all' unsere Bitten erlangen.

Endlich kommt Christus nicht nur mit seinen Jüngern zu der Hochzeit, sondern hat dieselbe auch mit einem gar herrlichen Wunder geehrt: aus Wasser nämlich macht er Wein und bezeugt nicht allein durch solches Wunder, dass er die Ehe, welche Gottes Ordnung ist, gut heißt, sondern verpflichtet sich auch, wenn er mit seinen Aposteln geladen wird, den Gatten alle Notdurft ihres Lebens zu geben. Die Leute dieser Welt halten diejenige Hochzeit für glücklich, bei welcher die neuen Gatten reiche Mitgift zusammenbringen, und welche die Reichen und Mächtigen durch ihre Gegenwart und durch ihre Gaben ehren. Ist es nun auch ehrenvoll, dass Freunde durch ihre Anwesenheit einer Hochzeit Ehre antun, so besteht das Glück der Ehe doch weder in großer Mitgift, noch in vielen Freunden. Sie beschenken ja die Eheleute mit einem oder etlichen Goldgulden, und überlassen sie nachher ihren eigenen Entschlüssen und Schicksalen. Allein die Ehe wird dann glücklich und erwirbt allen Segen, wenn auch Christus und seine Jünger zur Hochzeit geladen werden. Denn Christus hat vor Gott dem Vater erlangt, dass, so Viele an ihn glauben und in ihrer Berufung oder Ordnung wandeln, in allen Übeln geschirmt und bewahrt werden. Und Gott ist durch Christum also versöhnt, dass er nicht umhin kann, allen Segen über seine Ordnung und Berufung auszugießen.

Davon gibt es viele Beispiele. 2. Mose 34,23.24 verheißt Gott, er wolle die Grenzen der Israeliten beschützen, wenn sie an den Festtagen zu der Stiftshütte gehen; denn das war Gottes Ordnung. Und 3. Mose 25,21 gelobt er, in einem Jahr den Ertrag dreier Jahre zu geben, damit das siebente Jahr gehalten werde. Da siehst du, dass Gott seine Ordnung begnadigt und segnet. Offenbar aber ist, dass die Ehe Gottes Ordnung ist; so ist's denn auch offenbar, dass Gott dieser Ordnung gewärtig sein und dem Mangel der Gatten steuern will. Zudem steht in den zehn Geboten das Gesetz: „Du sollst nicht ehebrechen,“ wodurch alle Hurerei gewehrt wird. Wer also ein Weib nimmt, um die Hurerei zu meiden, der nimmt wegen der Berufung die mancherlei Lasten des Ehestandes auf sich. Es steht aber geschrieben (5. Mose 28,1-3): „Wenn du der Stimme des Herrn, deines Gottes, gehorchen wirst, - gesegnet wirst du sein in der Stadt, gesegnet auf dem Acker.“ So ist nun Gottes Segen im Ehestande gewiss, wenn du nach seiner Berufung in denselben trittst. Man pflegt gemeiniglich zu sagen: Wer sich nicht ernähren kann, der nehme ein Weib. Das wird mit Recht gesagt, wenn man's auch recht versteht. Denn die Ehelosen pflegen in der Regel zu huren; wo aber Hurerei ist, da ist kein Segen Gottes, sondern alles Vermögen wird aufgezehrt. Hiob 31,11.12: „Das ist ein Laster und eine Missetat für die Richter; denn das wäre ein Feuer, das bis ins Verderben verzehrte, und alle mein Einkommen auswurzelte.“ Und Sprüche 6,26: „Eine Hure bringt Einen ums Brot;“ d. h. die Hurerei ist so verflucht, dass sie dem Hurer seiner Unreinigkeit halber nicht einmal das Brot oder seinen Unterhalt übrig lässt. Deshalb werden sie mit Recht ermahnt, in die Ehe zu treten und ehrbar zu leben, auf dass sie den Segen Gottes erwerben.

Du möchtest jedoch sagen: Wie soll ich Christum zu meiner Hochzeit laden? Erstlich: weil Christus und seine Apostel das Evangelium verkündigt haben, darum werden sie jetzt eingeladen, so du Christi Evangelium, welches durch die Apostel gepredigt ist, lieb hast und Buße tust. Zum Andern: so du Gott um den Segen der Hochzeit und des Ehestandes im Glauben anrufst. Zum Dritten: so die jungen Leute nicht leichtsinnig in die Ehe treten, sondern es tun nach dem Willen und dem Rate der Eltern und der Alten. Zum Vierten: so die Jünglinge zuvor lernen, ihrem Berufe, die Jungfrauen aber häuslichen und weiblichen Geschäften obzuliegen. Endlich: wenn die Hochzeit nicht nur fromm vollzogen, sondern auch ein keusches Leben in der Ehe geführt wird. Das heißt eben: Christum und seine Apostel nicht allein zur Hochzeit laden, sondern immerdar im Ehestande bei sich behalten. Wo aber Christus festgehalten wird, da müssen notwendig alle himmlischen Güter vorhanden sein. Und so wollen wir uns denn durch dieses Wunder erinnern lassen, Christi Majestät zu erkennen und ihn zu unseren Hochzeiten zu laden, auf dass wir die wahre Glückseligkeit gewinnen durch ihn, der mit Gott dem Vater und dem Heiligen Geiste zugleich Gott ist, hochgelobt in Ewigkeit. Amen.

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