Brenz, Johannes - Über die Vorwürfe gegen die Widertäufer (Auszug)

Brenz, Johannes - Über die Vorwürfe gegen die Widertäufer (Auszug)

Man sagt, sie lehren, alle zeitliche Guter mit einandern gemeine zu haben, daraus eine Unordnung und Aufruhr entstehen möchte, darum fallen sie dem Schwert in die Schärffe. Ich antworte: Der Lehre halben kan man sie nicht tödten, weil sie niemand zu solcher ihrer Gemeindschafft nöthigen. Haben doch dieses auch alle Orden gelehret, wer zu ihnen in ihren Orden hat kommen wollen, hat sich seines Eigenthums verziehen und mit ihnen gemein haben müssen. Sind dann die Mönche heilige und diese arme Widertäuffer Ketzer? Wie reimt sich das? sollte man allweg einen ermörden, wenn er einen oder zween Sprüche in der Schrifft nicht recht verstühnd, wer wollte vor dem Schwert bleiben? Es hätte auch Augsutinus, Hieronymus und alle müssen herhalten. Unterweisen gehört darzu. Nehmen sie es nicht an, so halte man sie vor Heiden. Es gilt auch nicht, daß man ihm traumen lasse, es möchte Aufruhr daraus entstehen rc. Wer kan vor eines Grauen? Es ist nicht genug, biß sie es vollbringen, was man förchtet, sonst müßte man die Kinder in der Wiege umbringen, vorzukommen, daß nicht etwann ein aufrühriger Mörder oder Räuber daraus würde, wie darauf stehet: aber vor der That soll es nicht darum geurtheilt werden: Ich seze darzu, wenn man es gleich gewiß müßte. Warum hat man sich solches bey den Mönchen nicht auch besorget, die das nicht allein gelehrt, sondern im Wercke vollbracht haben? Wie ist man jetzt so nasweis und spitzfündig worden? Es ist der Teuffel, der ein Mörder ist und gern Blut hat, der uns mit solchen Griffen ien Affen-Spiel machet, daß wir aus Eiffer, nicht nach der Kunst Hand anlegen sollen entweder an seine Martyrer, damit er seine Irrthümer stärcke, und unser spottete, oder damit wir an den heiligen Gottes einen Mord begehen. Er hat Gewinn auf allen Seiten, so man würget. Nun wenn gleich jemand darum zu würgen wär, sollte es über die Geistliche und Bischoffe ausgehen, die das gelehrt und in den Schwanck gebracht, und darmit schier alles Gut zu sich gerissen haben. Sind dann allein die Widertäuffer der Teuffel? Oder hat die Welt zuvor keinen Ketzer gehabt? Item sollte man allem Unglück vorkommen, das geschehen möchte, so müßte man keinen Menschen aufkommen lassen, sondern ihm das Herz abstechen. Item man müßte alle öffentlichen Zechen, Wirthschafften, Jahrmärckte verwehren, und mit dem Schwert aufheben, weil die Erfahrung lehret, daß sich viele Aufläuffe und viele aufrührige Anschläge in allen Versammlungen erhebt haben. Darmit dörffte niemand zu dem andern und müßten alle Versammlungen in der Acht und Bann seyn. Sprichst du: Sie lehren, es möge kein Christ das weltliche Schwert führen und der Stand sey ungöttlich und keine Obrigkeit ein Christ. Ich antworte: Wolan! So sind die Geistlichen, die das lange gelehrt und gethan haben, auch im Spiel, nemlich: es soll kein Geistlicher über das Blut richten und Urtheil sprechen. Sie haben ohne Dispensation keinen solchen zu ihnen aufgenommen, sintemahl er weltlich und kein Christ wär. Warum hat man es von ihnen gelitten, daß sie allen Geistlichen, das ist, rechten Christen, das Amt der Obrigkeit zu führen verbeuten? Man lasse die Ketzer lehren, was sie wollen, ist man doch an ihre Irrthümer nicht gebunden. Mag doch jedermann sagen, was er will. Es hat und thut aber nicht jedermann, was ihn gelustet. Es gehen viele Reden in einen Sack. Es möchte einer sprechen: Es wär kein Gott, wie viele in ihrem Hertzen sprechen. ISt es die Wahrheit, was die Täuffer mit den Mönchen lehren, so verfolgen wir sie unbillich. Ist es aber ein Lug, warum verachten wir es nicht? Es ist ja ein öffentlicher Lug keiner Antwort werth und mehr Lachens, dann Antwortens würdig. Oder warum verfolgen wir dieses nicht gleichwol an den Geistlichen, die eben das nicht allein, wie die Täuffer lehren, sondern thun und in den Schwank gebracht haben? Spricht man: Sie wollen nicht schwehren und geloben: so antworte ich: Was ligt daran: Man nehme ihr Ja und Nein vor einen Eid und so sie es übertreten, straffe man sie als die Meineidigen. Haben doch unsere Junckern dieses alles gelehrt und gethan, ich meyne, die Mönchen und Pfaffen. Da ist eitel Heiligkeit, dort Ketzerey. Ja dieses haben sie nicht allein wider die Obrigkeit gelehrt, sondern auch selbige verachtet, und mit der That gethan, nichts geleistet, weder Gehorsam noch einige Beschwerde. Ja sie selbst haben angefoderet, dieselbigen verbannet und Feur gespeyet, als wenn sie über der Obrigkeit schwebten und ihr zugebeuten hätten. Diese, nemlich die Widertäuffer, lehren allein und geben willig, was man an sie foderet, wie man sagt und sind doch Ketzer. Also sollen die grossen Dieben die kleinen henken, und die Erzketzer über ihr Blut Zucht und Urtheil sprechen. Ach Gott soll man einen jeden eines Irrsahls halber um das Leben bringen, wen will man leben lassen? Denn wir fehlen alle in vielen Stücken, und uns gehet noch viel ab und wir wissen nicht alles.

Quelle: Füßlin, Johann Conrad - Beyträge zur Erläuterung der Kirchen-Reformations-Geschichten des Schweitzerlandes, Band 3

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