Blumhardt, Christoph - Andachten zum Brief des Paulus an die Römer

Blumhardt, Christoph - Andachten zum Brief des Paulus an die Römer

Römer 2, 11

“Es ist kein Ansehen der Person vor Gott.“

In dieser Stelle ist von Juden die Rede, die sich viel darauf einbildeten, Juden zu seyn, das Wort zu haben, im Bunde zu stehen etc., die aber, wenn man sie genauer besah, das Nämliche taten, was auch die Anderen, d. h. die Heiden. Sie lehrten wohl und predigten, das und das sollte man nicht tun, und taten's doch selbst, wie Paulus dort sagt. Wenn nun der Richter aller Welt die Leute einmal vorfordert, so kann Gott nicht, will Paulus andeuten, sagen, wenn so ein Jude kommt: „Ach, du bist ein Jude; nun wohl, gehe ein zu deines HErrn Freude.“ So kann's denn auch bei uns Christen einst nicht heißen: „Ach so, du gehörst zu denen! Schon recht, komm nur.“ Nein, wahrlich nicht, es ist kein Ansehen der Person vor Gott. Man darf sich nicht brüsten mit dem, was man glaubt und zeugt und bekennt und äußerlich scheint. Mit dem wird man nicht fertig, wenn nicht das Geglaubte und Bezeugte und Bekannte mit der Tat bewiesen worden ist, so daß man nicht mehr den Titel eines Übeltäters verdient. Wer aber das Wort „Übeltäter“ noch auf seiner Stirne trägt, bekommt das Urteil zu hören: „Weichet von Mir, ihr Übeltäter!“ (Matth. 7,23), - wenn er auch ein beständiger „Herr-Herr“-sager gewesen ist und zu den gepriesensten Christen gehört hat. Keiner darf auf das bauen, daß er zu denen oder denen gehört, Keiner auch nicht im Mindesten. Alles kommt darauf an, was du bist. Denn der gerechte Gott läßt Sich keine Veranlassung zu Klagen, als wäre Er parteiisch, zu Schulden kommen auf Seiten derer, die gerichtet werden. Nein, das kann nicht seyn!

Wollen wir doch das auch besser in's Auge fassen, wenn wir in Nöten beten. Warum wird oft unsre Bitte nicht erhört, und erscheint der Himmel wie eisern, daß auch ein väterlich Ratender und mithelfender Freund die Bitte nicht fertig bringen kann, sondern ratlos bleibt? Das übeltäterische Wesen, fein und grob, verborgen und offenbar, ist noch zu sehr an der Tagesordnung. Der HErr helfe uns durch Seinen Geist, vom pharisäischen und sündlichen Wesen abzukommen, und rein und lauter durch Seine Gnade vor Seinem Angesicht zu. stehen! Denn ernst geht's am großen Gerichtstage zu.

Mel. Allein Gott zu dir.

Der HErr ist nah, und stets bereit,
Wo man Ihn kindlich ehret;
Und wer nur ernstlich zu Ihm schreit,
Der wird gewiß erhöret.
Gott weiß wohl, wer Ihm hold und treu;
Und solchem steht er dann auch bei,
Wenn ihn die Angst umtreibet.

Röm. 3,28.

So halten wir es nun, daß der Mensch gerecht werde ohne des Gesetzes Werke, allein durch den Glauben.„

Um selig zu werden und in die Gemeinschaft mit Gott zu kommen, kommt Alles darauf an, daß der Mensch nicht mehr als Sünder vor Gott erscheine, sondern gerecht vor Ihm werde. Aus sich selbst aber konnte der Mensch nicht mehr gerecht werden; denn die Sünde war zu mächtig in ihm, und all sein Wesen zu verderbt und fern von Gott. Die Juden hatten wohl das Gesetz empfangen; und dieses verlangte unter Anderem viele Opfer, was allein schon bezeugte, daß der Mensch nicht als gerecht angesehen werden konnte. Die Opfer aber konnten nur die Geduld Gottes bewirken, mit der Bestrafung der Sünden zu warten, wie Paulus in unsrer Stelle eben gesagt hatte (V. 25), nicht aber ein Recht geben zu eigentlicher Vergebung der Sünden. Die Gerechtigkeit Gottes forderte ein anderes und größeres Opfer.

Solches Opfer brachte durch sich selbst Christus, indem Er als der Reine und Unschuldige sich für die Sünden der Menschen opferte. Dieser Eine nun, der sich für alle hingab, kann Allen zu gut kommen, Durch den Glauben an Ihn, den Heiligen, und an die durch Seinen Tod erworbene Gnade, bringen sie gleichsam in Ihm das Opfer selbst dar für ihre Sünden, und zwar das größte, das vollgültige Opfer, über welches kein anderes gehen kann. Christus kann die, die sich mit kindlicher Zuversicht an Sein Opfer halten, Seinem Vater als die Seinen, als Seine Gesinnungsgenossen, zur völligen Vergebung aller ihrer Sünden vorstellen. Drücken sie doch mit ihrem Glauben den tiefsten Herzenswunsch aus, so zu seyn, wie Er, in Allem mit ihm zu gehen. Sie leben sich in ihn hinein und geben dem Vater die Bürgschaft, - wo's nicht so ist, da gilt's eben auch nichts, - daß es ihnen ein Ernst sei mit ihrer Umkehr zu Gott. Darum wird, wer an Christum glaubt, gerecht; und ihm kann die Gerechtigkeit, die Christus hat, unfehlbar zu gut kommen.

Die Werke des Gesetz es können keine Gerechtigkeit erwerben; denn sie sind keine Opfer für die begangenen Uebertretungen des Gesetzes. Wer sie thut, thut für den Augenblick seine Schuldigkeit, aber nicht weiter; und das Vergangene ist damit nicht gesühnt. Wenn ein Mensch zu Zeiten Gutes thut, zu Zeiten die Sünde läßt, daß er nicht stiehlt, nicht die Ehe bricht, nicht mordet, nicht meineidig ist und dergleichen, so thut er, was eben recht ist; und wenn er's nicht so macht, wäre er der Streiche werth, die den Uebertretern gebühren, nicht einmal eines Lobs. Wie aber, wenn er drunter hinein irgendwie denn doch stiehlt, doch die Ehe bricht, doch mordet, doch meineidig ist, - und wie man so sündigen kann, ohne daß es vor Menschen gerade diesen Namen trägt, wer weiß das nicht? - womit soll das gut gemacht werden? Wie soll er als Gerechter vor Gott zu erscheinen den Muth haben? Wollte er aber JEsum nur zum Lückenbüßer annehmen, daß Jesus sollte das Verdienst haben, wo's dem Menschen nicht gebührte, das Verdienst aber ihm, dem Menschen selbst, verbleiben solle, wo er's zu haben glaubt, wer sieht nicht da den Trotz, den Hochmuth, die Herzenshärtigkeit des Menschen, der sich nicht beugen will um seiner Sünden willen und nur gleich den Kopf hoch trägt, wenn er nicht gerade immer, wo er könnte, stiehlt, oder die Ehe bricht, oder mordet, oder Meineid thut und dergleichen.

Wie klar wird uns doch da, daß ein Mensch, der gerecht werden will, Nichts, was er thut, etwas Verdienstliches seyn lassen darf, um allein durch das gläubige Vertrauen auf das, was Christus ihm geworden ist, zur Gnade und durch diese zur Gerechtigkeit zu gelangen! Ach, daß doch Allen die Augen aufgingen, die dargebotene Gnade, die nur gläubiges Vertrauen auf Christum fordert, nicht zu versäumen!

Eigene Melodie.

Es ist das Heil uns kommen her
Aus lauter Gnad' und Güte.
Die Werke helfen nimmermehr
Zum Frieden dem Gemüthe,
Der Staub' sieht JEsum Christum an,
Der hat für Alle g‘nug gethan;
Er ist der Mittler worden.

Zusatz (Allein durch den Glauben.)

Unser Spruch ist derjenige, der in der Reformationszeit und später viel Anlaß zu Streitigkeiten gegeben hat, weil nemlich das Wort allein im griechischen Grundtext nicht steht, der selige Luther aber, der es aus der alten lateinischen Uebersetzung nahm, trotz aller Einreden, die ihm gemacht wurden, bei den Wörtlein verblieben ist, jedoch nach seiner besonderen Auslegung mit dem Sinne: „Nur durch den Glauben.“ Wir haben's auch seitdem in der deutschen Bibel stehen lassen. Das Wort rechtfertigt sich übrigens ganz aus dem Grundtext, Der Wege zur Rechtfertigung nemlich, will Paulus sagen, gibt's möglicherweise nur zwei: des Gesetzes Wert oder den Glauben. Ein Mittleres wird nicht gesetzt, wie etwa, daß es Glaube und Werke mit einander ausmachen. „Wo bleibt nun der Ruhm?“ sagt Paulus, „er ist aus. Durch welch Gesetz? Durch der Werke Gesetz? Nicht also, sondern durch des Glaubens Gesetz; also kommt die Gerechtigkeit durch den Glauben ohne Gesetz.“ Wird also der Weg des Gesetzes geradezu ausgeschlossen, so bleibt offenbar der andere Weg, nemlich der des Glaubens allein noch übrig. Es drückt mithin das Wörtlein allein ganz den Sinn Pauli aus; und schon wenn man sich nur an dem Wörtlein allein stößt, mißversteht oder mißdeutet man den Apostel. Darum blieb Luther so fest dabei, damit, wie Andere wollten, vom Wort Pauli nichts abgezogen werde. So, kann man sagen, ist Luther mit dem Wörtlein allein genauer beim Wort geblieben, als wenn er, durch Gegner veranlaßt, es hätte streichen wollen.

Merken wir uns aber, Herzensnoth treibt oder soll treiben zum Glauben an Jesum; und ein trockener herzloser Bekenntnißglauben thuts nicht. Wird aber, wen Herzensnoth treibt, ein Sünder bleiben können? Fürchten wir also nicht, daß durch solche Lehre oder Rechtfertigungsweise dem Fleisch und der Sünde gedient werde. Der Glaube recht betrachtet, ist ja selbst wieder recht eigentlich die Erfüllung des Gesetzes, sofern er seinen Grund in der höchsten Werthschätzung des Gesetzes hat.

Römer 4,5.

Dem aber, der nicht mit Werken umgehet, glaubet aber an Den, der die Gottlosen gerecht machet, dem wird sein Glaube gerechnet zur Gerechtigkeit.

Da will der Apostel darauf hinweisen, daß wir als Gottlose keinen andern Weg zur Seligkeit wissen, als den des Glaubens, weil dieser gerecht macht, also durchbringt ohne des Gesetzes Werke. Wer mit Werken umgehet, d. h. durch Werke sich erretten will, die er doch nicht gethan hat und thun kann, dem fehlt's. Er kann's nicht erschwingen und bleibt weit unter dem, was gerecht macht, ist um solcher Eigenliebe willen nicht einmal auf der Bahn dazu. Jeder muß dann an sich verzweifeln, als an einem Gottlosen, und muß seine Hand nach Dem ausstrecken, der aus Gnaden zu helfen gekommen ist, wenn er nicht unter den Verlorenen bleiben will, die nichts mehr retten kann.

Kommt's dir seltsam vor, daß es so zugeht? Aber bedenke, wie viel Selbstverblendung, wie viel Sicherheit, wie viel Abkehr von Gott, wie viel Herzenshärte und Verstocktheit unter Umständen dazu gehört, nicht erkennen, wie wenig man taugt, was selbst einem Kinde fühlbar ist, oder es erkennen und doch etwas seyn wollen, und in beiden Fällen die von Gott dargebotene Rettungshand verschmähen! Wer das klare Evangelium, das so ganz an das Gemüth des Menschen spricht, wenn's ihm wirklich nahe kommt, von sich weisen kann, der ist ein harter Mensch. Das prophetische Wort nennt Solchen einen halsstarrigen Menschen, wie deutlich Habakuk (2,4) zu erkennen gibt, wenn er sagt: „Siehe, wer halsstarrig ist, der wird keine Ruhe in seinem Herzen haben; denn der Gerechte wird seines Glaubens leben.“

Aber merke, wie gerade den Gottlosen der Weg zur Gerechtigkeit durch Christum eröffnet ist. Es ist nicht so böse gemeint, wenn wir Alle Gottlose genannt werden; denn eben diesen soll ja geholfen werden. Für sie schlägt das Herz Gottes, daß sie doch noch gerettet werden möchten. Ihnen wird Gnade angeboten, die sie haben, wenn sie nur glauben, gläubig trauen. Ginge es durch Werke, so wären mindestens solche Gottlose, die auch du so nennst, wenn du ja dich nicht willst also nennen, unwiederbringlich verloren, selbst die gottlos Gewesenen, weil die begangenen Sünden immer noch wider sie zeugten. Gott aber hat's so eingerichtet, daß den Gottlosen geholfen werden kann, eben auch denen, die so recht Ursache haben, sich gottlos zu nennen, weil sie in frecher Weise Gottes Gebote übertreten haben. Darum nimm's nicht übel, wenn die Schrift dich gottlos heißt, wenn sie nur dich gerecht machen will. Aber gerecht können sie Alle werden, wenn sie durch Buße und Glauben zu Christo kommen, aus lauter Gnade. Was du denn auch auf deinem Gewissen haben magst, dir kann geholfen werden; du kannst doch noch unter die Zahl der Gerechten kommen, da aller deiner Sünde nicht mehr gedacht wird, wenn du mit lauterem Sinn unter Buße und Glauben die Gnade Gottes durch Christum ergreifst. Da sollte doch kein Sünder mehr zagen, wenn's so deutlich uns gesagt wird. O, du gottloser Mensch, verzweifle nicht. Höre und glaube; und dein Glaube wird dir zur Gerechtigkeit gerechnet.

Mel. Allein Gott in der Höh'.

Du, JEsu, giltst vor Gott allein
Mit Deinem Thun und Leiden.
Bringt das der Glaub' in's Herz hinein,
So kann die Seel' sich kleiden.
Du selbst gibst ihr das Ehrenkleid,
Den Brautschmuck der Gerechtigkeit;
Damit wird sie bestehen.

Römer 6,13.

Begebet nicht der Sünde eure Glieder zu Waffen der Ungerechtigkeit; sondern begebet euch selbst Gott, als die aus den Toten lebendig sind, und eure Glieder Gott zu Waffen der Gerechtigkeit.“ („Ergebet nicht…; sondern ergebet euch selbst. . .“)

Unsre Glieder sollen wir nicht der Sünde begeben, sondern Gott. Sünde und Gott werden also einander gegenübergestellt; denn die Sünde ist wider Gott und Gottes Ordnung. Der Sünde liegt daher Ungerechtigkeit zugrunde. Bei ihr achtet der Mensch nur auf sich selber und bezeigt sich völlig rücksichtslos gegen Gott und Menschen. Er tut, was ihm beliebt und behagt - mögen auch Gott und die Mitwelt dazu sagen, was sie wollen! Darum heißt's (1. Joh. 3, 4): „Wer Sünde tut, der tut auch Unrecht; und die Sünde ist das Unrecht.“ Wie aber die Ungerechtigkeit wider Gott ist, so ist die Gerechtigkeit alles, was mit Gott und Seinen Ordnungen im Einklang steht.

Die Sünde aber wird mit den Gliedern des Menschen vollbracht. Mund, Augen, Ohren, Hände, Füße usw. vollbringen sie. Diese Glieder dienen also der Ungerechtigkeit zu Werkzeugen; und auf diese Weise sind der Ungerechtigkeit von Gott selbst - der die Glieder geschaffen hat - die Waffen in die Hände gegeben. Sie vermöchte nichts, wenn der Mensch keine Glieder hätte, keine leibliche und geistige Ausstattung. Darum beraubt auch Gott manche Menschen der einen und der andern Waffe, wenn er sie blind oder stumm oder taub oder lahm macht oder sonst am Fleisch leiden läßt, damit sie aufhören zu sündigen, wie Petrus sagt 1. (1. Petr. 4,1). Ebenso beruht hierauf die Gleichnisrede des HErrn: „Wenn dich deine Hand oder dein Fuß oder dein Auge ärgert, so nimm's von dir“ - damit du nicht durch deine eigenen Glieder, die du wider Gott brauchst, ein Kind der Verdammnis werdest! Die Rede will sagen: „Nimm den Gliedern die Gewalt über dich, so daß es ist, als ob du sie abgehauen hättest, gar nicht mehr besäßest“ (Mat. 5,29 p.).

Von gläubigen Christen nun heißt es: „Ihr seid teuer erkauft; darum preiset Gott an eurem Leibe und in eurem Geist, welche sind Gottes“ (1. Kor. 6,20). So sollen denn alle Glieder im Dienste Gottes stehen.

Wie aber: wenn dennoch die Glieder und was der Mensch ist und hat, noch zur Sünde mißbraucht werden, wenn der Mensch sich doch nicht dem Dienste Gottes zur Gerechtigkeit hingibt? Ach, wie not tut die Ermahnung des Paulus! Ist es doch einst bald wieder Sitte geworden in der Christenheit, nach wie vor ungescheut die Glieder der Sünde zu begeben! Und bis auf den heutigen Tag kostet es viele, auch bessere Christen nicht viel, mit den Gliedern des Leibes und mit ihrer sonstigen Begabung Dinge zu vollbringen, die durchaus wider Gott sind; es ist, als ob sie noch mit ihren Gliedern als Waffen der Ungerechtigkeit wider Gott zu Felde lägen! Soll es denn möglich sein, sich oft bis in den Tod hinein mit seinem ganzen Wesen mehr oder weniger rebellisch gegen Gott zu verhalten: mit der Hand etwa, die Gott gegeben hat, Gott gleichsam ins Angesicht zu schlagen - und doch auf Christus hoffen zu wollen? „Was hattet ihr zu der Zeit für Frucht?“, sagt Paulus im Weiteren, „deren ihr euch jetzt schämet; denn das Ende derselben ist der Tod“.

Zusatz zu Römer 6,13 Die Waffen der Sünde

Von Natur aus sind alle Menschen so, daß sie durch Sünde alles, was ihnen gegeben ist, zu Waffen wider Gott verwandeln, weil sie im Dienst der Ungerechtigkeit, der Selbstsucht stehen. Nicht nur Glieder des Leibes mißbraucht der Mensch zur Sünde im Dienst der Ungerechtigkeit, sondern auch seinen Verstand, seine Geschicklichkeit, seine geistige Fähigkeit, alles, was er hat und übt; ja selbst seine höheren Anlagen, Gaben und Kräfte, seinen Geistesadel, weiß er im Dienst der Ungerechtigkeit oder Selbstsucht zur Sünde zu verwenden. Deswegen fürchtet der HErr die“ Weisen und Klugen“, wenn sie sich bewogen fühlen sollten, Ihm anzuhangen (Mat. 11,25). Man weiß auch, daß Leute, die in guten und christlichen Bildungsanstalten erzogen sind, dann, wenn sie nicht einschlagen, viel verschmitztere Bösewichter und viel abgefeimtere Gegner Christi werden können als solche, die wenig gelernt haben und deren Geist minder ausgebildet worden ist. Ja, die höhere Bildung, die das Evangelium überhaupt den Menschen gibt, wird nur gar zu häufig viel mehr in den Dienst der Welt hinein verwertet als in den Dienst Gottes und führt sonst auch oft zum reinsten Unglauben und zur Leugnung aller Offenbarungen. Denn man hat an der sogenannten „ Aufklärung“ - die man doch wieder allein dem Christentum zu verdanken hat - genug. So bilden sich sogar selbst aus der höchsten Gabe, die Gott gegeben hat, Waffen wider Gott. Und so kann z. B. auch die protestantische Welt ihre höhere Aufklärung wider Gott mißbrauchen.

Wie mögen wir uns also verwundern, daß der Zorn Gottes auf dem Menschengeschlecht ruht! Wir begreifen auch, wie Paulus in erregtem Eifer sagen konnte (Phil. 3,7-9): „Was mir Gewinn war, das habe ich um Christi willen für Schaden geachtet. Denn ich achte alles für Schaden gegen die überschwengliche Erkenntnis Christi Jesu, meines HErrn, um welches willen im habe alles für Schaden gerechnet und achte es für Kot, auf daß ich Christus gewinne.“ Denn auch ihm war alles, dessen er sich in seiner früheren Frömmigkeit rühmte, zu Waffen wider Christus geworden.

Wer aber zum Glauben an Christus mit dem Herzen gekommen ist, gilt als einer, der, wie unser Spruch sagt, von den Toten lebendig ist. Er ist aus dem Dienst der Ungerechtigkeit, der zum Tode führte, herausgetreten in den Dienst der Gerechtigkeit oder Gottes, der zum Leben führt. Nun sollten sich aber die Glieder offenbar nicht mehr der Sünde begeben - als wären sie immer noch Waffen in der Hand der Ungerechtigkeit -, sondern zum „Opfer, das da lebendig, heilig und Gott wohlgefällig ist“ (Röm. 12, 1).

Römer 6,18.

Nun ihr seid frei geworden von der Sünde, seid ihr Knechte geworden der Gerechtigkeit.

Durch das Evangelium und durch die in demselben verkündigte Gnade wird der Mensch frei von der Knechtschaft der Sünde. Denn von Natur ist der Mensch so von der Sünde gebunden, daß er oft, wenn er auch nicht will, wie man fast sagen kann, sündigen muß. Er hat keine Freiheit, sich der Sünde zu entwinden. Ein unwiderstehlicher Drang zu diesem und jenem, das nicht taugt, treibt ihn. Die Sünde ist sein Herr, er ihr Sklave. Durch die Gnade aber wird diese Macht der Sünde gebrochen und abgeschwächt; und durch den Geist Gottes, der mit der Gnade kommt, kann jeder so gestellt werden, daß er sich der Sünde entschlagen kann. Er kann kämpfen und durch den Kampf siegen. Insofern ist er frei. Es kostet wohl stets Kampf; aber wir vermögens, durch die Gnade Jesu Christi, wenn es unser ernstlicher Wille ist, zu überwinden und die Sünde nicht zu thun, die über uns herrschen möchte.

Wie wir aber dann aufgehört haben, Knechte der Sünde zu seyn, so kommt nun umgekehrt mehr und mehr ein unwiderstehlicher Zug in uns, der Gerechtigkeit zu dienen; und das Geringste, das wir versehen, läßt uns einen Stachel im Gewissen, den wir nur durch Buße und Rückkehr zur Gnade Gottes wegbringen können. Zu allem Guten fühlen wir uns verpflichtet; und es ist uns nicht wohl, wenn wir nicht durch Alles hindurch nach Gottes Wohlgefallen uns zu benehmen wissen.

So ist der gläubige Christ wieder ein Knecht geworden, aber der Gerechtigkeit. Dieses Joch ist indessen sanft, und der Mensch fühlt sich unter ihm glücklich. Wie schwer hat er's doch unter der Knechtschaft der Sünde! Wie ist er umgetrieben, gepeinigt und gequält schon von der Neigung zur Sünde! Wie schmachtet er unter dem Fluch der Sünde! Zuletzt ist der Tod der Sünde Sold! Wie befriedigend dagegen ist's, unter der Knechtschaft der Gerechtigkeit zu stehen! Der ganze Mensch wird unter ihr heil, das Gewissen immer freier. Ohnehin hat er kein Knechtsgefühl, weil ihm bewußt ist, daß es so recht ist, während jener das peinigende Gefühl hat, in einer Art Knecht zu seyn, wie er es nicht seyn sollte. Muß denn auch der Knecht der Gerechtigkeit für diese in ritterlichem Kampfe einstehen, so hilft ihm doch die Gnade von Sieg zu Sieg, von Freude zu Freude. Das Ende aber ist das ewige Leben in der Herrlichkeit Gottes!

Mel. Nun danket all und bringet.

Wie gut ist's, von der Sünde frei!
Wie selig Christi Knecht!
Im Sündendienst ist Sklaverei,
In Christo Kindesrecht.

Im Sündendienst ist Finsterniß,
Den Weg erkennt man nicht,
Bei Christo ist der Gang gewiß,
Man wandelt in dem Licht.

Im Sündendienst ist Haß und Leid,
Man plagt und wird betrübt;
In Christi Reich ist Freudigkeit,
Man liebt und ist geliebt.

Die Sünde gibt den Tod zum Lohn;
Das heißt ja schlecht gedient.
Das Leben aber ist im Sohn,
Der uns mit Gott versühnt.

Zusatz (Kampf und Sünde.)

Die Freiheit von der Sünde fühlt freilich oft der Christ nicht, wie er sie wünscht; und es kann ihm viel Sorge, Angst und Bekümmerniß bereiten, sich immer wieder so schwach zu fühlen, daß er unversehends erliegt, wohl auch in Sünden hineinkommt, die er längst glaubt überwunden zu haben. Allerdings, möchte man sagen, haben wir Ursache, um ein größeres Maß des Geistes zu bitten, das der Macht der Sünde in unsern Gliedern gleichsam besser die Stange hielte. Bitten wir nur darum; denn sicher können wir uns eine Gnadenzeit herausbitten, da Gott wieder eine größere Ueberwindungskraft gibt.

Indessen vergessen wir nicht, daß wir oft auch zu viel fordern, indem wir überhaupt alle Kämpfe weghaben möchten; und da unterscheiden wir nicht zwischen Kampf und Sünde, meinend, schon wenn man Kampf habe, sei es Sünde. Da tröstet man sich dessen nicht, auch wenn man der Sünde sich erwehrt hat, daß man überwunden habe, indem man irrigerweise jedenfalls sich zum Sünder macht, weil Kampf zur Sünde da war. Entschlagen wir uns dieser Thorheit; denn nicht Freiheit vom Kampf sondern Freiheit von der Sünde verheißt uns das Evangelium.

Gibt es aber nun Kampf, so überlegen wir vor Allem, ob wir auch, wenn's nicht gelingen will, immer recht kämpfen, ob wir nicht mit eigener Kraft kämpfen wollen, und ob wir auch immer die Kraft von oben im Glauben dazu nehmen. Andere wollen's mit übertriebenen, heißen Gebeten vom lieben Gott gleichsam erzwingen, da es im Grunde auch wieder, nur nach einer andern Seite hin, auf eigenes Wirken hinausläuft. Wiederum kommt's vor, daß man zu schnell überwunden zu haben und für immer Sieger geworden zu seyn glaubt, wenn es ein und etliche Male gelungen ist. Man möchte überhaupt gerne die Ueberwindungskraft ein für alle Male bekommen und gleichsam im Nu vom lieben Gott in ein Neues umgegossen werden, und klagt, als ob Gott nicht erhöre, daß er doch trotz aller Bitten wieder in dieses oder jenes hineinfallen lasse und nicht befreie. Da ist aber wohl zu bemerken, daß Wachsamkeit immer wieder erforderlich ist, und ist's eben gewonnen, so dürfen die Augen nicht geschlossen werden. Selbst wenn man längere Zeit sich frei fühlt, darf man doch nicht sicher seyn und sich frei glauben. Nie darf man denken, wenn's Gott in einem Fall gegeben hat, daß es nun für immer oder auch nur auf lange ausreichen werde. Immer mußt du wachen, immer wieder bitten; und keiner Versuchung darfst du dich gewachsen denken, ohne demüthige Bitte zum HErrn um Hülfe. Endlich mag's doch auch bei Vielen mehr nur ein schläfriger Wunsch seyn, kein ganzer Wille, frei zu werden von Schwachheiten und Sünden, was man an dem sieht, daß man oft ungescheut sich der Gefahr, der Versuchung, aussetzt, mit ihr eine Zeitlang spielt, bis sie gefangen nimmt; und dann klagt man über Schwäche, die Gott hätte wegnehmen sollen. Der Gedanke vollends, als ob man eben nicht anders könne, als wäre es angeboren, einem zur andern Natur geworden, wie Viele sich heimlich oder laut entschuldigen, läßt gewiß keinen Sieg aufkommen.

Andererseits aber müssen wir uns wundern, wie es den Anschein hat, als ob Viele in der Christenheit, die, weil sie zu ihr gehören, getauft und unter dem Wehen eines christlichen Geistes oft kaum unbemerkt aufgewachsen sind, auch ohne tiefer im Herzen erfaßt zu seyn, selbst ohne der sogenannten Weltlustbarkeit gar sich zu enthalten, doch eine Ueberwindungskraft haben, wie man sie bei solchen, die ernstere Christen seyn wollen, nicht immer sieht. Sie wissen ihr Gewissen zu bewahren, lassen sich in grobe Sünden nicht ein, und überwinden aus einer verborgenen Gottesfurcht, auch wo ihnen Gelegenheit geboten wäre, es der zuchtlosen bösen Welt nachzumachen. Man kann oft recht reine Menschen unter der sogenannten Welt finden, auch unter solchen, die sogar die christlichen Wahrheiten mit kritischen und zweifelnden Augen ansehen, ja selbst zum Spotten sich hergeben, freilich wohl in solchen Fällen aus Unwissenheit und Mißverstand. Woher doch das? möchten wir fragen. Sicher gibt es unter der Christenheit überhaupt noch einen verborgenen, anererbten oder durch die heilige Taufe und sonstige Gemeinschaft besiegelten Segen des heiligen Geistes, der sie hält und ihr Gewissen veredelt bleiben läßt, daß sie nicht in heidnische Gottesvergessenheit ausarten und als eigentliche Knechte der Sünde sich darstellen können.

Fassen wir das ins Auge, so kann's uns nachdenklich machen, daß doch auch wieder mehr Ueberwindungskräfte da sind und zu haben wären, als Viele in ihrer Verzagtheit und Verdrossenheit, oder auch Armseligkeit glauben. Immerhin ist der Heide durch's Ganze hindurch viel geknechteter als der Christ, und kann der Letztere Mahnungen des Gewissens empfinden, auch Kräfte zur Besiegung der Leidenschaft in sich fühlen, wie dieß bei dem Heiden nicht der Fall ist. Viel ist uns geblieben; und wenn noch so viele Erscheinungen in der Christenheit dagegen zu sprechen scheinen, so können wir nicht anders, denn glauben, daß die argen Knechte der Sünde, wie sie bei uns sich finden, es nur durch gewaltsame Unterdrückung eines Besseren, das in ihnen war und zeugte, geworden sind. Kaum wird einmal ein Christ, besonders wenn er in besseren Familien- und Kirchen-Verhältnissen aufgewachsen ist, sich im Gericht wie ein Heide hinstellen können und sagen: „Ich hab's eben nicht vermocht, habe nicht anders können,“ ohne eigene Schuld zu haben. Ernst aber können uns solche Betrachtungen stimmen, sofern sie uns zeigen, daß wir am Ende doch, wenn wir uns ernstlicher beflissen, freier von der Sünde, und bessere Knechte der Gerechtigkeit seyn könnten, als wir sind, trotz aller Armuth der Zeit. Ach, daß wir eifriger and treuer wären!

Römer 8,29.

Welche Gott zuvor ersehen hat, die hat Er auch verordnet, daß sie gleich sein sollten dem Ebenbild Seines Sohnes, auf daß derselbe der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern.

Der Apostel will es mit diesem Spruch dartun, wie „denen, die Gott lieben“ - was er im vorigen Vers gesagt hatte -, „alle Dinge zum Besten dienen“. Läuft doch bei ihnen alles, so will er sagen, darauf hinaus, daß sie gleich sein sollen dem Ebenbilde Jesu Christi.

Ihre Liebe besteht nämlich darin, daß sie in die Liebe Gottes eingegangen sind mit ihrem Glauben und mit ihrer Hingabe an die Gnade Gottes durch Christus. Sie haben sich durch die Liebe Gottes zur Liebe überwinden lassen und stehen mithin in der Liebe von Kindern Gottes. Solche Seelen hat Gott „zuvor“ - nämlich von Ewigkeit her, wie nach andern Schriftstellen zu ergänzen ist (vgl. Eph. 1,4)- ersehen oder eigentlich erkannt. Das will sagen: Sie sind Ihm einerseits nach ihrem innersten Sinn von Ewigkeit her nicht unbekannt gewesen; und andererseits hat Er sie eben darum von Ewigkeit her als die Seinen erkannt, d. h. bedacht und in Seine Fürsorge genommen. Dies wird damit erläutert, daß es weiter heißt, Gott habe sie von Ewigkeit her auch verordnet, Ebenbilder Seines Sohnes zu sein, der ins Fleisch kommen sollte. Diejenigen, die also Gott lieben und damit ihren wahren kindlichen Glauben dartun, brauchen nicht erst ängstlich zu harren, ob Gott sie erkenne und annehme; denn das ist für sie eine von Ewigkeit her ausgemachte Sache. Wenn der Apostel erwägt, daß wir's zu tun haben mit dem ewigen Gott, der uns bei sich eine ewige Bestimmung zugedacht hat, so ist es ihm nicht möglich, sich alles als eine Sache zu denken, die ganz neu in der Zeit geworden ist. Vielmehr treibt's ihn - da er sich in Gott keine Veränderung und Neuheit denken kann - unwillkürlich in die Ewigkeit zurück, so unfaßbar das auch dem menschlichen Verstande sein mag.

Was also denen, die Gott lieben, Widriges und Anfechtungsvolles begegnet, haben sie im Glauben so anzusehen, daß es ihnen zur Gleichstellung mit Jesus diene. Und es ist verkehrt, wenn sie sich durch irgend etwas in Zweifel und Verzagtheit oder in Mißtrauen und Murren oder gar in Verzweiflung bringen lassen.

Unter dem Ebenbilde Jesu Christi ist aber an alles zu denken, was es mit dem Sohne in Seinem erniedrigten und in Seinem erhöhten Stand geworden ist. Die Ihn lieben, werden mithin auch gewürdigt, zu leiden wie Er, es gering und übel in dieser Welt zu haben wie Er, den Versuchungen Satans, den Verfolgungen, Mißhandlungen und Lästerungen der Feinde Gottes ausgesetzt zu sein wie Er, zu verleugnen und aufzuopfern wie Er - sogar, wenn es sein muß, das Leben zu lassen wie Er. Dafür aber bleiben sie Ihm auch gleich in der Auferstehung und Erhöhung, werden dieselbe Herrlichkeit sehen, die Er hat, Ihm in allem gleich, auch in Kindesrechten gegenüber dem Vater. „Sie werden eins mit Ihm sein, wie Er mit dem Vater, auf daß sie vollkommen seien in eins“ (Joh. 17,22. 24).

Wie vieles bleibt uns da zu denken und zu staunen übrig! Und welche Ermunterung liegt doch für uns darin, in Geduld unter allem auszuharren und getreu zu bleiben bis in den Tod!

Zusatz Zu Römer 8,29 Christus, der Erstgeborene

Wenn der HErr in unsrem Spruch der Erstgeborene unter Seinen Brüder genannt wird, so ist damit auf Seine Auferstehung gesehen. Er ist der erste Mensch, der, nachdem Er bis ins Sterben hinein den andern Menschen, Seinen Brüdern, gleich geworden war, aus dem Tode wieder neugeboren wurde ins himmlische Leben, zur Erhöhung bei Seinem Vater. Er heißt nun der Erstgeborene unter Seinen Brüdern. Denn Er sollte der Erste sein, dem ein Zweiter, Dritter, Vierter, dem Tausende, Millionen und Abermillionen als Brüder, Ihm ähnlich, nachfolgen, auferstehen und neugeboren werden sollen in das Leben der ewigen Herrlichkeit.

Diesem unserm großen Bruder wollen wir treu bleiben, damit Er uns zu sich erhöhen kann, wie es Gott von Anfang an gewollt hat! Dadurch, daß wir Ihn allezeit liebend vor Augen haben, wird's Wirklichkeit werden. Dann werden wir nicht nur fest und wohl bleiben, sondern auch gleich werden dem Ebenbilde des Sohnes in der großen Wiedergeburt (Mat. 19,28).

Zusatz Zu Römer 8,29 Von der Gnadenwahl

In Verbindung mit dem vorhergehenden Vers ist unser Spruch auch zur Begründung der Lehre von der sog. Gnadenwahl oder Prädestination benützt worden. Sie besagt, daß Gott nach Seinem freien Willen die Einen zur Seligkeit berufen habe, die Andern nicht.

Eine nähere Beleuchtung der Stelle zeigt aber, daß sie hierfür nichts beweist. Im vorigen Vers werden die, welche Gott lieben, bezeichnet als die, welche nach dem Vorsatz berufen sind. Unter „Vorsatz“ kann aber hier nicht die willkürliche Erwählung zum Glauben und Lieben verstanden sein, wie es jene Lehre meint, sondern nur der jetzt zur Ausführung gekommene ewige Heilsplan oder die von Ewigkeit auf diese Zeit festgesetzte Gnadenordnung, der bestimmte vorgefaßte Wille Gottes, unter welchen Bedingungen Er Anteil am Reich Gottes geben wolle. Es soll nämlich nicht aus Verdienst der Werke gehen, sondern aus Gnaden des Berufers durch den Glauben (Röm. 9,11.32). Nach dem Vorsatz berufen sein, heißt also nichts anderes, als so, wie es Gott nach Seinem Vorsatz haben will, sich berufen lassen: durch Glauben und nicht durch Werke das Heil suchen, gläubig das Evangelium annehmen.

Die nun, so heißt es weiter, die Gott lieben - es ist nämlich hier Lieben mit Glauben gleichbedeutend genommen -, hat Gott vorher ersehen oder erkannt, d. h. Gott hat sie erstlich erkannt, insofern als Er's von Ewigkeit sah, daß sie ein Gemüt zum Glauben und Lieben haben würden - wie Ihm denn nichts von den Menschenkindern unbewußt ist, auch von denen, die erst werden sollen (Ps. 139,16). Zweitens hat Er sie insofern „erkannt“, als Er Bedacht auf sie genommen, Fürsorge für sie gehabt hat, daß ihnen einst das zukomme, was ihrem Gemüt und Verlangen entspricht. So wird das Wort „Erkennen“ häufig in der Schrift genommen. Demzufolge hat Er sie vorher schon zur Seligkeit bei Ihm durch Christus verordnet, wie es weiter heißt, und sie darum auch in der Zeit berufen, sie gerecht, sie herrlich gemacht (Röm. 8,30).

Es heißt also nicht, Gott habe sie damit erkannt oder vorausgeliebt, daß Er ihnen das Gemüt zum Glauben oder ihnen das Lieben gab - wie Er es (nach dieser Lehre) andern nicht gab -; sondern weil sie das Gemüt zum Glauben und Lieben hatten - wie es Gott vorauswußte und wie man an dem sieht, daß sie jetzt, da es verlangt wurde, glaubten und liebten -, hat Gott schon vorher für sie Sorge getragen und führt es jetzt an ihnen aus.

Wo aber nun dieses Gemüt zum Glauben, welches bei manchen auch unsres Geschlechts wie ein Gefangener im Verborgenen schmachtet, herkommt, und warum es die Einen haben, die Andern nicht: darüber äußert sich die Schrift nie. Sie setzt es voraus, wo es ist, auch da, wo sie das wirkliche Glauben als ein von Gott Gegebenes nimmt. Ein solches Gemüt, das die Gabe des Glaubens annehmen will oder nicht - worauf die Schrift am Ende alles ankommen läßt -, mag mit dem eigensten Selbstbewußtsein des Menschen zusammenfallen. Hier bleibt ein Geheimnis, das uns die Schrift nicht enthüllt - wie es überhaupt ein Geheimnis bleibt, in welcher Weise der freie Wille des Menschen mit der Allmacht und Allwissenheit Gottes zu vereinigen sei.

Alle Grübeleien darüber aber sollten in der christlichen Denkweise fernbleiben. Wir müssen es nach der Schrift kindlich so nehmen: einerseits, daß wir das, was wir sind, von Gott sind; und andererseits, daß wir's zu verantworten haben, was wir glauben oder nicht glauben, treu sind oder nicht treu sind. Nur so werden wir in gesunder Weise auf der Bahn des Lebens vorwärts kommen.

Römer 8,38f.

Ich bin gewiß, daß weder Tod noch Leben, weder Engel noch Fürstentum noch Gewalt, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch keine andre Kreatur mag uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserm HErrn.

Mit diesem prächtig tönenden Spruch will Paulus sagen, daß wir durch nichts, was vorkommen mag - sei es noch so betrübend, erschütternd und rätselhaft -, den Gedanken in uns aufkommen lassen dürften, als habe uns Gott nicht mehr lieb. Die Liebe Gottes, wie sie in Christus bewiesen ist und um Seinetwillen uns zugehört, ist felsenfest und unerschütterlich. Und der rechte Glaube besteht eben darin, daß er sich durch nichts stören läßt, sondern immer wieder sagt: „Dennoch bin ich der Liebe meines Gottes in Christus Jesus gewiß!“ Halbgläubige, zaghafte Menschen kommen gleich mit der Redensart: „Gott hat mich nicht mehr lieb, Gott hat mich verlassen und verworfen! Gott fragt nicht mehr nach mir!“ Das sind die, die sich wirklich scheiden lassen von der Liebe Gottes, obwohl sie vorgegeben hatten, sie in Seinem Sohne erfaßt zu haben. Und die sollten sich wahrlich schämen angesichts eines solchen Spruchs, da Paulus im Namen aller Gläubigen sagt: „Ich bin's gewiß, daß nichts uns scheiden kann von der Liebe Gottes!“ Vorher hatte er gesagt: „Wer will uns scheiden von der Liebe Gottes? Trübsal oder Angst oder Verfolgung oder Hunger oder Blöße oder Fährlichkeit oder Schwert?“ und hatte hinzugesetzt: „Aber in dem allen überwinden wir weit um deswillen, der uns geliebt hat.“ Und jene - 0 würden sie sich doch schämen! - sind im Nu bei der Hand zu sagen, jetzt sei's mit der Liebe Gottes gegen sie aus, weil sie durch irgendwelche Trübsal oder Anfechtung gehen müssen, die sie unfest und verdrossen macht!

Es liegt also der Nerv unsres Spruchs in dem Wort: „Ich bin gewiß.“ Er steckt im Glauben, in der felsenfesten Zuversicht, die man zu Gott um Christi willen hat und die man sich nicht nehmen läßt. Diese Gewißheit kommt auch aus der Überlegung, daß man hinfort - weil man's durch Christus gewiß wird - durch gar nichts verursacht sein könnte, an der Liebe Gottes zu zweifeln. Denn diese ist durch das, was Er mit Seinem Sohne Jesus Christus getan hat, zu fest gegründet. Wer freilich diese Seine in Christus erschienene und bewiesene Liebe nicht recht erkennt, in ihrer Wirklichkeit nicht gläubig erfaßt, der hat kein Fundament für seine Zuversicht und baut auf Sand. Dann werfen Stürme und Ungewitter ihm leicht alles über den Haufen - auch wenn er meint und behauptet, gläubig zu sein.

In welche Tiefen des Jammers hat nicht auch Christus hineinmüssen! Und wie herrlich ist Er aus ihnen herausgeführt worden! Alles das aber geschah doch uns zulieb! Aber wie Er mitten unter den Qualen des Kreuzes doch der Geliebte Gottes, das Kind des Vaters verblieb, so bleiben auch wir die Geliebten des HErrn, - Seine Kinder. Und wenn auch noch so viele Trübsal über uns herfallen mag: Wir bleiben um so mehr Gottes geliebte Kinder, wenn wir gleich Christus leiden! Dessen gewiß werden: das heißt glauben! Und wer's nicht so kann, der soll nur nicht sagen, daß er Glauben habe! Und wir andern - aber freilich wer sind die? - sollen uns nur nicht verwundern, wenn es solcherlei halben Leuten so ergeht, daß sie sich von der Liebe Gottes scheiden lassen, also Verzweiflungsgedanken bekommen.

Freilich hat's der Arge in unsern Tagen besonders darauf angelegt, gerade die Tiefe der Erkenntnis der Liebe Gottes, wie sie in Christus ist und sich dargestellt hat, in den Seelen nicht aufkommen zu lassen.

Harren wir der neuen Zeit einer reichlicheren Ausgießung des Heiligen Geistes! Wer aber nun richtig in der Erkenntnis Christi steht, der kann mit Paulus sagen: Ob ich sterbe oder lebe - Gott hat mich lieb! Ob Engel des Satans, ob Fürstentümer oder Gewalten der Finsternis wider mich sind - Gott hat mich lieb! Ob alles, was wider Gott steht, mich anficht und wo man denken könnte: Warum schlägt sie Gott nicht besser uns und den Seinigen zulieb tot? - Gott hat mich lieb! Und Er wird die Bösen schon noch beseitigen, wenn's Zeit ist! Ob ich in der Gegenwart Trübsal habe oder sie erst in der Zukunft erwarte, ob von oben oder von unten Gewalten über mich fallen - Gott hat mich lieb! Ob andere Kreaturen, welche es auch sein mögen, mir schaden wollen oder scheinbar wirklich schaden - ich bleibe dabei: Gott hat mich lieb!

Denn in dem allen liegen keine Beweise, daß es mit der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, nichts sei!

Röm. 12,1.

Ich ermahne euch durch die Barmherzigkeit Gottes, daß ihr eure Leiber begebet zum Opfer, das da lebendig, heilig und Gott wohlgefällig sei, welches sei euer vernünftiger Gottesdienst.

Wenn man Gottesdienst üben will, so soll's vernünftig und nicht unvernünftig seyn; es soll nach der Grundsprache dem logos gemäß, d. h. dem vom ewigen Wort in uns gelegten Lebens- und Richtwort (Joh. 1,4) entsprechend seyn. Solches ist der Fall, wenn man bei dem, was man thut, sich mit Gott und Gottes Heiligkeit im Einklang weiß; und wenn man so Gott in sich vernimmt, ist's vernünftig. Somit wäre der Gottesdienst insbesondere unvernünftig, wenn er ein bloßes Lippenwerk wäre, aus mehr mechanischen Ceremonien bestünde, dabei man Gottes nicht in Seiner Heiligkeit sich bewußt wird. Das Wort Vernunft hat hienach eine schöne Bedeutung; und man muß sich in Acht nehmen, daß man nicht gar zu sehr, wie es Viele machen, dieses Wort heruntersetzt. Nur eine solche sogenannte Vernunft, die man eigene Vernunft nennt, mit der man sich über Gott und wider Gott stellt, ist das Schlimme, dem wir entgegenstehen müssen. Da ist aber die Vernunft zur Unvernunft geworden, weil bei ihr der Mensch außer der Gemeinschaft mit Gott steht. So lange aber Vernunft Vernunft bleibt, als etwas dem ewigen Wort Verwandtes, da lasse du, lieber Christ, sie nur gelten.

Vernünftig also, wenn ich Gott dienen will, soll ich's machen, so wie es zu dem Gottesdienst wirklich paßt. Dieß thun wir, wenn wir unsre Leiber Gott zum Opfer begeben. Unter Leib versteht hier Paulus die ganze Persönlichkeit des Menschen für's äußere Leben, wie wenn er sagte: „Begebet euch selbst, euer ganzes Wesen mit all eurem Thun und Lassen, Gott zum Opfer.“ Was wir in diesem Leben thun und treiben, das nicht irgendwie im Dienste Gottes stünde, und womit wir nur uns, nicht ihm dienten, wäre kein rechter Gottesdienst; und wenn es denn doch Gottesdienst seyn will, wäre es ein unvernünftiger Gottesdienst. Für uns dürfen wir nichts mehr wollen, Alles muß Gott geopfert seyn. Alles eigene Gelüste, unter Umständen auch edlere Dinge, wie Kunst und Wissenschaft, muß wegfallen. Unsern Leib müssen wir zu zähmen wissen, an den irdischen Dingen dürfen wir nicht hängen bleiben, zeitliche Ehre darf uns nicht kitzeln, wenn nicht Gott damit geehret ist. Es muß also Fleischeslust, Augenlust, hoffärtiges Leben geopfert werden. Damit begeben wir unsre Leiber Gott zum Opfer; und thun wir's nicht so, so ist's mit all unsrem Dienen: Gottes etwas Unvernünftiges.

So meint's Paulus; und zu Solchem, weil's eben bei Vielen hart gehen will, ermahnt er uns um der Barmherzigkeit willen, die Gott in Christo an uns gethan hat, und die wir Ihm also schuldig sind. Aber, wenn wir's recht überlegen, wie viel fehlt uns dazu!

Mel. Gott ist gegenwärtig.

Heiland aller Sünder, rühre meine Seele,
Daß sie Dich allein erwähle,
Daß sie in Dir suche völliges Vergnügen,
Daß sie Deinen Liebeszügen
Allezeit
Sei bereit,
Ganz sich hinzugeben
Und in Dir zu leben.

Zusatz. (Das rechte Opfer.)

Selbst wenn das Opfer gebracht ist, ist's noch nicht immer vernünftig. Der Apostel setzt nemlich noch hinzu, daß das Opfer müsse „lebendig, heilig und Gott wohlgefällig seyn.“ Betrachten wir das auch noch ein wenig.

Lebendig ist das Opfer, wenn wir dabei rege zu allem Guten werden, nicht unthätig und faul uns niederlegen und schlafen, vielmehr wachen und beständig auf der Hut sind, um als Kämpfer Gottes zu überwinden, auch bereit, dem HErrn in Seinen Gliedern zu dienen. Wie Viele bringen doch da ein todtes Opfer, auch wenn sie opfern, sofern sie ihren ganzen Gottesdienst in unthätigem Andächteln aufgehen lassen, ihre Mitwelt fast gar vergessen, mit nichts auf diese einzuwirken Willens sind! Nur um so unthätiger, eingezogener, zurückgezogener wollen sie seyn, und zwar aus Grundsatz, wie wenn's so das Rechte wäre, je mehr sie Gott dienen zu wollen vorhaben. Diese bedenken nicht, daß sie nicht zu träger Ruhe, sondern zu lebendiger Thätigkeit ihre Leiber, d. h. sich selbst, Gott opfern sollen, daß das Opfer lebendig seyn müsse.

Sodann soll das Opfer heilig seyn, in heiliger Weise Gott dargebracht werden. Dieß geschieht nicht, wenn man sich selbstgefällig darin beschaut, in seinen Opfer sich bespiegelt, und etwa meint, Gott müsse dem viel Dank wissen, der Ihm, um Ihm zu dienen, so viel opfern könne. Wer's so macht, bringt gleichsam etwas Schadhaftes, Räutiges, Verkrüppeltes, nichts Heiliges auf den Altar, während nach dem Gesetz einst, uns zum Vorbild für die geistliche Unbeflecktheit, Alles ohne Schaden und Fehl seyn sollte, das man auf den Altar legte. Wie leicht aber schleicht sich auch in's Beste die Eigenliebe oder gar Heuchelei ein; und da ist's denn, als ob man, was man mit der einen Hand zum Opfer bringt, mit der andern wieder zurückzöge, sofern's nicht Gott, sondern dem eigenen Menschen gilt, also überhaupt gar kein Opfer mehr ist. Wie unvernünftig kann nicht auch auf diese Weise unser Gottesdienst werden!

Endlich soll das Opfer auch Gott wohlgefällig seyn. Dieß geschieht, wenn wir damit nicht wider den Willen Gottes uns wehe thun, oder gar Andern damit wehe thun, wenn wir nicht über dem, was wir Gott opfern zu müssen meinen, das vergessen, was wir unsrem Bruder schuldig sind, und Opfer lieblos von Andern verlangen, weil wir sie bringen wollen, wenn wir nicht mißverständlich, oder aus eigener Wahl und im Eigensinn, oder ohne es recht zu überlegen, als Opfer hingeben, was Gott uns zur Benützung in Seinem Dienst lassen wollte, wenn wir nicht Opfer bringen, die er nicht haben will, die Ihm also nur mißfällig seyn können. Viel ließe sich hiebei sagen, welch ein Mißbrauch mit dem Worte Pauli: „Ihr sollt eure Leiber,“ d. h. euch selbst, oder was es sonst sei, „Gott zum Opfer begeben,“ getrieben wird, wenn man den Beisatz außer Acht läßt, daß das Opfer auch Gott wohlgefällig, d. h. nach Seinem Willen, gebracht werden soll. Immer wieder wissen's die Menschen mit ihrem Gottesdienst auf's Unvernünftige zu treiben. Sollen wir aber mit Allem, wie wir's machen, Gott wohlgefällig seyn, so ist's dieses nur, wenn wir auch den Menschen wohlgefällig sind. Dieß geschieht, wenn wir beim Opfern unsrer Leiber, d. h. unser selbst, vornehmlich allen Zorn, alle Feindschaft, alle Bitterkeit, allen Stolz auf den Altar legen, und fein sanftmüthig, demüthig, friedfertig, barmherzig werden. Wer so Gott dient, der bat einen vernünftigen Gottesdienst. Denken wir hiebei auch an das, was Paulus sonst (1 Kor. 13,3) sagt: „Und wenn ich alle meine Habe den Armen gäbe, und ließe meinen Leib brennen, und hätte der Liebe nicht, so wäre mir's nichts nütze.“ Warum das? Weil ohne die Liebe nichts Gott wohlgefällig ist.

Vergessen wir's nicht, daß uns Paulus um der Barmherzigkeit Gottes willen in Christo Jesu ermahnt, daß wir doch nach allen Seiten trachten sollen, es mit unsrem Gottesdienst vernünftig zu machen! Aber, o Vernunft, wie fehlst du in unsern Zeiten bei so Vielen im Denken und im Leben!

Römer 12, 2

“Stellet euch nicht dieser Welt gleich, sondern verändert euch durch Verneuerung eures Sinnes, auf daß ihr prüfen möget, welches da sei der gute, der wohlgefällige und der vollkommene Gotteswillen

Da wird unsern lieben Abreisenden doch noch etwas Ernsteres nachgerufen. Wollen sie jetzt wieder in die Welt hinein, und nach dem Lauf dieser Welt sich stellen? Das doch wohl nicht, wenn sie die Heiligen Gottes bleiben wollen. Setzten sie sich doch damit gleich wieder weit vom lieben Gott, so daß Sein Schutz sie, so zu sagen, nicht mehr erreichen könnte. Wer als ein Heiliger vom HErrn bewahrt sein will, - das versteht sich von selbst, - darf dieser Welt sich nicht mehr gleich stellen; und es darf bei ihm nicht mehr nach dem alten Wesen gehen, wie es der natürliche Mensch nach der in ihm wohnenden Sünde gewohnt ist. Vielmehr werden die Heiligen, die unter den Schutz Gottes sich stellen, immer und überall sich prüfen, wie weit in all ihrem Thun der gute, der wohlgefällige und der vollkommene Wille Gottes mitlaufe. Wenn sie merken, daß es irgendwo fehlt, so machen sie's anders. Sie erneuern immer wieder ihren Sinn dem Willen Gottes nach, prüfen auch allezeit, mit was sie's gut, Gott wohlgefällig und ganz recht machten, und werden so erst die rechten Heiligen Gottes. Je weiter es darin Einer bringt, desto herrlicher wird auch die Bewahrung sein, die er von dem HErrn erfahren darf.

Sind wir in dem, was zur Erneuerung gehört, treu, so werden wir auch leicht über den Kleinmuth und die Verzagtheit hinüberkommen, wie es uns oft befallen will, wenn das Gedränge groß wird. Treue erhält den Mut auch bei Schwachheiten, und läßt uns immer wieder mit Vertrauen seufzen: „HErr hilf mir!“ Solche Seufzer aber hört der HErr. Der bewahre unsre Seelen auch in dem, daß wir im Vertrauen nicht matt werden, in der Erneuerung unseres Sinnes nicht nachlassen, dem Treiben der Welt nicht zu nahe kommen, damit Ihm nie Ursache gegeben werde, uns Seinen helfenden Schirm und Schutz zu entziehen! Er gedenke derer, die jetzt abreisen, und gedenke derer, die bleiben, und wolle Seine Liebeshand nach allen ausstrecken und alles in allem zum Guten lenken nach Seiner Barmherzigkeit!

Mel. Warum sollt ich mich.

„Wird er Mein,“ spricht Er, „begehren,
Will in Eil
Ich mein Heil
freundlich zu ihm kehren.
Weil er meinen Namen nennet,
Schütz' ich ihn,
Ohn' Verzeih'n,
Wenn die Not ihn brennet.“
„Ruft er an, will ich ihn reißen
Aus der Pein,
Bei ihm sein,
Ehre ihm erweisen,
Sättigen mit langem Leben
Ihn, und will
Noch in Füll'
All mein Heil ihm geben.“ (Nach Ps. 91,14-16)

Römer 15,4.

“Was zuvor geschrieben ist, das ist uns zur Lehre geschrieben, daß wir durch Geduld und Trost der Schrift Hoffnung haben.“

Die Schrift ist nach dem gegebenen Spruch uns zur Lehre geschrieben. Paulus meint unter dem zuvor Geschriebenen das Alte Testament. Dieses sagt uns in jedem Wort etwas, besonders, wenn der HErr selber redet. In jedem Wort können wir etwas finden, das uns zur Unterweisung und Lehre dienen kann. Oft scheint es nichts zu sagen; aber wenn man tiefer blickt, sagt es sehr viel. Das Alte Testament sollte einen viel größeren Wert für uns haben, als man's gewöhnlich wahrnimmt. Vornehmlich lehrt es uns Geduld und Trost mit Bezug auf das, was zu hoffen ist. Es sagt uns so viel von dem, was kommen sollte; und weil's lang währt, bis das Verheißene kommt, lehrt's uns an denen, die drauf warteten, und sich dran hielten, obwohl sie's noch nicht sahen, Geduld. Von den ersten Kapiteln an steht die Schrift in der Erwartung eines großen Heils; und durch die ganze Schrift läuft‘s durch. Das ist die Geduld der Schrift, die unermüdlich zu verheißen fortfährt, ob's gleich durch Jahrtausende läuft. Unter dieser Geduld- und Erwartungszeit weiß die Schrift auch Trost zu geben.

Leben wir nun mit der Geduld und mit dem Trost der Schrift, nun auch des Neuen Testaments, das uns auch viel noch Unerfülltes verkündigt, fort, so lebt auch unsre Hoffnung fort, daß wir doch endlich mit allem ans Ziel kommen werden. Was ists aber um diese Hoffnung? Sie dürfen wir mitten unter Kämpfen und Anfechtungen aller Art und trotz des langen Wartens, auf das wir verwiesen sind, uns nicht nehmen lassen. Der HErr erhalte uns in ihr!

Mel. Befiehl du deine Wege.

Ich will den HErren loben
Allzeit, und alle Stund
Sei Er von mir erhoben,
Sein Lob in meinem Mund.
Und meine Seel soll ehren
Den HErrn, sich rühmen Sein,
Daß Elende es hören,
Und herrlich drob sich freu'n.

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