Blumhardt, Christoph - Andachten zum Evangelium nach Lukas

Blumhardt, Christoph - Andachten zum Evangelium nach Lukas

Lukas 6, 35.

“Euer Vater im Himmel ist gütig über die Undankbaren und Boshaftigen.“

Das ist ein merkwürdiger Spruch, weil so ausdrücklich gesagt ist, Gott sei gütig über die Undankbaren und Boshaftigen. Es ist eigentlich damit gesagt, daß im Grunde alle Menschen, auch die Besten, noch undankbar und boshaft seien. Denn beachten wir's, daß das Wörtlein „auch“ weggelassen ist. Wohl kann man immer noch einen Unterschied machen, wie ihn der HErr in der Bergpredigt macht, da Er sagt: „Er lässet Seine Sonne aufgehen über die Bösen und über die Guten, und lässet regnen über Gerechte und Ungerechte.“ Aber warum, könnte man fragen, macht Gott keinen Unterschied mit Seiner Güte? Sicher darum, weil, wie unser Spruch uns belehrt, der Unterschied nicht so ist, daß an den Gerechten nichts von Ungerechtigkeit, an den Dankbaren nichts von Undankbarkeit, an den Guten nichts von Bosheit mehr wäre. Weil's so ist, muß Gott auch die eigentlich Undankbaren und Boshaftigen mit segnen, wenn Er nicht Allen zusammen Seine Güte entziehen wollte, wie das bei allgemeinen Landplagen oft zu sein scheint.

Daß es auch den Besten noch fehlt, geben diese, wenn wir sie dafür halten, selber zu. Denn gerade sie fühlen sich stets beschämt, wenn Gott ihnen eine besondere Güte zukommen läßt, indem sie sagen, sie seien so viel Güte nicht wert. Prüfen wir uns doch genau. Wer ist frei auch nur von Bosheit? ich meine eben vom Ärgsten, welches ist die Bosheit. Wer hat nicht, auch wenn er noch so gut scheint, noch etwas Boshaftiges in sich? Wie oft muß man nicht auch bei den Besten noch verwundert sagen: „Wie? so kann's der auch noch?“ Wenn daher Gott nach unsrer Bosheit aufhören wollte, gütig zu sein, was würde aus uns? Somit ist unser Spruch, daß Gott gütig sei über die Undankbaren und Boshaftigen, ein Trostspruch für uns, da wir erschrecken müßten, wenn es hieße: „Gott ist gütig über die Dankbaren, Guten und Unschuldigen.“ Wie zaghaft müßten wir da werden, auf die Güte Gottes zu hoffen!

Indessen ist‘s doch, wie schon bemerkt, ein Unterschied. Die Einen sind, was sie Böses sind, mit Gleichgiltigkeit, Gewissenlosigkeit, Frechheit, Unbußfertigkeit; die Andern beugen sich über alles, was sie Böses an sich entdecken, und suchen sich zu reinigen. Den Letzteren wird Solches zur Gerechtigkeit gerechnet, so daß sie auch, unter Umständen, in besonderer Weise die Güte Gottes erfahren dürfen.

Wie aber machen's nun wir gegen die Undankbaren und Boshaftigen? Können wir diesen vergessen, was sie gegen uns sind, und doch noch vorkommenden Falls ihnen Gutes tun? Nehmen wir uns doch in Acht, und bedenken wir, daß eben darum der HErr von der Güte Gottes gegen Undankbare und Boshaftige redet, daß wir als Kinder unsres Vaters im Himmel es Ihm nachmachen sollen. Darum schließt Er mit den Worten: „Seid barmherzig, wie euer Vater im Himmel barmherzig ist.“ Um gütig zu sein, sollen wir nicht erst fragen, ob die Bedürftigen undankbar und boshaftig seien oder nicht, gleichwie der Vater im Himmel auch nicht darnach fragt, wenn Er gütig ist, - sollen vielmehr einfach da barmherzig sein. Ja, gerade gegen die Undankbaren und Boshaftigen müssen wir vorzugsweise gütig sein lernen, wenn eine gewisse Zucht nicht scheinbare Zurückhaltung erfordert. Denn fangen wir an, selbstgerecht unser Herz zu verschließen, dann wird die Zeit kommen, da Gott Sein Herz auch gegen uns verschließen wird. Denn „mit eben dem Maße, damit wir messen, wird uns gemessen werden.“

Mel. Wachet auf, ruft uns.

Gütigster JEsu, o wie gnädig,
Wie liebreich bist Du, wie gutthätig,
Selbst gegen Feinde, wie gelind!
Dein Sonnenlicht erscheinet allen,
Dein Regen muß auf alle fallen,
Ob sie Dir gleich undankbar sind.
Mein Gott, ach lehre mich,
Damit hierinnen ich
Dir nacharte.
JEsu, ei nu,
Hilf mir dazu,
Daß ich auch gütig sei, wie Du!

Lukas 6, 39

“Mag auch ein Blinder einem Blinden den Weg weisen? werden sie nicht alle beide in die Grube fallen?“

Im Leiblichen kommt es nicht wohl vor, daß ein Blinder sich einem Blinden zum Führer anbietet oder anvertraut. Aber im Geistlichen ist es etwas gar Gewöhnliches. Da sind die Blinden oft gerade die ärgsten Stürmer und zudringlichsten Leute, die alles am besten wissen wollen, und darum commandiren, Jedermann bemeistern und zwingen wollen, mit ihnen zu laufen. Je blinder, je schlimmer. Da muß dann der andere Blinde, - blind, sofern er noch nicht genug Erkenntnis und Einsicht hat, - wohl aufmerken. ob er's mit einem Sehenden oder Blinden zu tun habe. So oft uns jemand einen Weg, den wir selber noch nicht kennen, weisen will, müssen wir solchen Führer gleichsam vom Kopf bis zum Fuße besehen, ob er's auch wisse und recht wisse, oder ob er nicht selber blind sei. Man muß nicht gleich Jedem, der sich pomphaft hinzustellen weiß, trauen, sondern sich wohl besinnen, ob man trauen dürfe oder nicht, und wenn es eine wichtige Sache ist, desto mehr mit stillem Aufblick nach oben, und zartem Aufmerken auf das, wie man's innerlich fühlt. Man bekommt nirgends leichter ein bestimmtes Gefühl davon, daß man sich in Acht zu nehmen habe, als wo man's mit falschen Geistern zu tun hat, mit Leuten, die Eigenes anpreisen. Wer da sein eigenes Gefühl verleugnet und mißachtet, - und wie viele haben sich schon darüber zu spät anklagen müssen, - der kommt in den Fall, mit einem Blinden zu gehen; und da kann's übel ablaufen, - sie verrennen sich beide in den gleichen Ruin, des Leibes und der Seele.

Ach, daß Gott uns klug machte, nur mit Sehenden zu gehen und zeitig zu erkennen, wo man uns nur einen Köder vorwerfen will, um für alles Andere uns blind zu machen! Es ist sicher besser, allein als blind zu gehen und den Weg, daß ich so sage, mit dem Stecken zu suchen, denn vermittelst eines Scheinlichtes sich zu Blinden zu gesellen.

Mel. Werde munter.

Aber freilich kann nichts taugen,
Als nur das, was Christus tut.
Lassen wir Ihn aus den Augen,
Finden wir was Fremdes gut,
So erfahren wir gewiß,
Unser Licht sei Finsterniß,
Unser Helfen sei Verderben,
Unser Leben lauter Sterben.

Lukas 7, 13

“Weine nicht.“

„Weine nicht!“ sagt der HErr zu der Wittwe, die hinter ihrem verstorbenen Sohne weinend einhergeht, und deren Tränen Sein Herz rühren, da Er eben dem Leichenzug begegnete. „Weine nicht!“ sagt Er zur Mutter, und den Jüngling weckt Er auf. Ach, so wird Er wohl auch einmal zu denen, die viel unter ihrer vergeblichen Arbeit an toten Herzen weinen, und den Erstorbenen mit Tränen nachgehen, sagen: „Weinet nicht!“ - und die Toten aufwecken. Wenn auch die, von welchen wir vorhin redeten, Jahre lang keine Frucht ihrer Arbeit sehen, und viel darüber weinen und seufzen, so kann doch auch eine Zeit kommen, da der HErr ihnen plötzlich Türen öffnet, und es dann heißt: „Weinet nicht! Die Toten sollen erwachen.“ Der HErr, unser Heiland, bleibt sich gleich; und was Er damals auch vorbildlich beim Sarge des Jünglings sprach und tat, das wird Er einmal überall in der ganzen Welt noch ausrichten. Denn dazu ist Er da, daß endlich alles, soweit es sich zu Ihm ziehen läßt, zu Ihm hingezogen werde.

Mel. Nun ruhen alle.

Was ist‘s, daß ich mich quäle?
Harr' Gottes, meine Seele,
Harr' und sei unverzagt.
Du weißt nicht, was dir nützet;
Gott weiß es, und Gott schützet.
Er schützet den, der nach Ihm fragt.

Lukas 8, 15.

„Das auf dem guten Lande, sind, die das Wort hören und behalten in einem feinen, guten Herzen, und bringen Frucht in Geduld.“

Viererlei ist das Ackerfeld, wie wir wissen. Gutes Land ist ein solches, das nicht hart getreten ist, das keinen steinigten Grund hat, das nicht mit Dornen oder Unkraut übersäet ist. Wo diese drei Sachen fehlen, da ist ein gutes Land. Das Hartgetretene also, worunter das im gewöhnlichen Leben entstandene stumpfsinnige und unempfängliche Wesen zu verstehen ist, muß umgebrochen werden, - die Steine (verstehe das harte, gefühllose Wesen darunter) müssen heraus, - und die Dornen, d. h. die Sorgen und Wollüste dieses Lebens, sollen ausgerauft werden. Denn nach diesen drei Seiten hat der Feind gar viele Herzen so verderbt, daß sie kein gutes Land sind, also das Wort wohl hören, aber nicht behalten und keine Frucht bringen. Da sehen wir's, wie wir des Lückenverzäuners und Wegeverbesserers bedürfen.

Wo wir aber das Land nicht gut finden, wollen wir nicht gleich den Mut aufgeben, als ob nichts mehr geschehen könne, weil das Wort nicht bleibe. Wir können den HErrn bitten, das Land unsrer und Anderer Herzen gut zu machen, d. h. erstlich es umzuackern und weich und locker für die Aufnahme des Samens zu machen, - sodann es von Steinen zu befreien, damit nicht durch verfrühtes Wachstum, weil's am innersten Grund fehlt, alles wieder zu Grunde gehe, - und endlich es von Dornen zu reinigen oder von den bösen Lüsten, welche aufkommendes Gutes wieder ersticken. Denn dann wird’s ein gutes, feines Herz. Das vermag der Herr zu machen, dem's an Mitteln und an Wegen nicht fehlt. Ist aber das Herz gut, daß es das Wort sorgfältig bewahrt, so kann mit der Zeit, - denn Zeit braucht es, - auch die Frucht zu Tage kommen. Dazu bringe es der treue und gnädige Gott und Erbarmer mit uns und unsern Kindern, und allen, die uns nahe am Herzen liegen, zuletzt weithin durch die ganze Welt.

Mel. Mein's Herzens Jesu.

Drum öffne, HErr, Verstand und Herz,
Daß wir Dein Wort recht fassen,
Uns in der Freude wie im Schmerz
Auf seine Kraft verlassen,
Daß wir nicht Hörer nur allein,
Nein, auch desselben Täter sein,
Frucht hundertfältig bringen.

Lukas 9,55.

“Wisset ihr nicht, welches Geistes Kinder ihr seid?“

Hier hatten zwei Jünger den Wunsch gehegt, dass Feuer vom Himmel falle und die Samariter verzehre, welche dem HErrn Jesus die Herberge versagt hatten. Darüber bedroht sie der HErr und sagt zu ihnen: „Wisset ihr nicht, welches Geistes Kinder ihr seid?“ d. h. was für ein Geist euch beseelen soll? Sie hatten empfangen oder sollten empfangen den Geist der Sanftmut, der Liebe, der Geduld, der Barmherzigkeit. Dabei durfte kein schroffer oder gar verzehrender Eifer mehr über sie kommen, keine Härte und Unbarmherzigkeit sich mehr bei ihnen zeigen. So sollte es bis auf den heutigen Tag gehalten sein. Ist's doch auch nur der Geist der Sanftmut und der Geduld, der's gewinnt. Dagegen kommt man mit „Waffen“-Gewalt nicht vorwärts; auch verdirbt man mit tyrannischem Gebieten und Herrschen, mit gesetzlicher Schärfe und Strenge unter dem Namen und Schein eines Bekenners mehr, als man gut macht. Nur Ruhe und priesterliche Nachsicht, auch Irrenden und Fehlenden gegenüber, bringt das Reich Gottes weiter. Das dürfte sich unsre Zeit wohl merken, da auch die Frommen teilweise so gern gewalttätig vorwärtsstürmen und, wie es oft geschieht, die Sachen so verschlimmern, dass gar nimmer zu helfen ist. Auch im Kleinen wollen wir's uns merken, wie die einzige alles überwindende Macht in der Sanftmut und Liebe liegt! Dies allein verrät Christi Geist. „Wer aber Christi Geist nicht hat, der ist nicht Sein!“ (Röm. 8, 9)

Lukas 10,16.

“Wer euch höret, der höret Mich.“

Der HErr will die, die Ihn verkündigen, als Repräsentanten Seiner Person angesehen wissen. Das wird oft vergessen. Freilich ist's auch mißlich, daß nicht von allen, die von Ihm reden und über Sein Evangelium sich hören lassen, dasselbe gelten kann, daß sie Repräsentanten JEsu seien. Wenn's die aber wissen, daß sie Repräsentanten Christi seyn sollen, und indem sie als Zeugen da stehen, schon in den Augen der Leute es auch wirklich sind, so wird ihre Verantwortung doch groß seyn, wenn sie nur nach ihrem Gelüste das Evangelium deuten und deuteln, wie wenn's also der HErr sie geheißen hätte. Wie werden da manche einst auf's Maul geschlagen werden! Wo man aber von einem Diener des HErrn das Gefühl hat, daß er in rechtem Geist zu seiner Sache stehe, da ist's doch gut, wenn man's überlegt und denkt: „Solchen hören heißt den Heiland hören,“ - nur auch im Stillen, damit man desto williger, gehorsamer, demütiger annehme, nicht als gegenüber von dem, der da redet, sondern als gegenüber von dem, den der vertritt. Solches schließt auch keineswegs eine bescheidene Prüfung aus.

Es liegt sehr viel an dieser demütigen Stimmung der Zuhörer. Denn auch umgekehrt heißt es: „Wer euch verachtet,“ d. h. euch über die Achsel ansieht, „der verachtet Mich,“ - sieht Mich über die Achsel an. JEsum hören bringt Segen, JEsum mißachten bringt Unsegen. Demnach sorgen wir für unsere eigene Seele, je mehr wir uns mit Bescheidenheit, Demuth und Gehorsam zu dem stellen, der uns Sein Wort verkündigt.

Mel. Dir, dir, Jehova.

O daß Dein Feuer bald entbrennte,
Daß wir es säh'n in alle Lande geh'n,
Auf daß bald alle Welt erkennte,
Was zur Erlösung ihr von Dir gescheh'n!
O HErr der Ernte, siehe Du darein;
Die Ernt' ist groß, der Knechte Zahl ist klein!

Lukas 21, 28

“Wenn dieses anfähet zu geschehen, so sehet auf und hebet eure Häupter auf, darum, daß sich eure Erlösung nahet.“

Wenn nemlich die letzte Zeit eintritt, so geschehen mancherlei wunderbare Dinge, und meist schreckhafte. Es sind uns angekündigt Kriege, wie sie noch nie gewesen sind, Erdbeben wie noch nie, Seuchen wie noch nie, Plagen aller Art, wie noch nie, lauter Dinge, worüber man sich entsetzt, zittert und bebt. Auch Zeichen am Himmel, Schrecknisse durch gewaltige Naturerscheinungen werden geschehen. Ob dem allem wird den Leuten bange werden, und sie werden zagen. Aber die, die des HErrn sind und Seiner in Geduld warten, sollen, „wenn die Dinge anfangen zu geschehen, aufsehen und ihre Häupter erheben, weil jetzt ihre Erlösung nahe.“

Äußerlich wird freilich die Freude nicht gar groß sein; denn die Trübsal wird für die Treuen des HErrn so groß werden, wie noch keine gewesen ist, seit die Welt steht. Aber eben darum will der HErr mit den angeführten Worten unsern Mut auffrischen und uns, wenigstens um des Ausgangs willen, freudig stimmen, weil die Freude allein stark und ausdauernd machen kann, um unverzagt allen Schrecknissen ins Angesicht zu schauen.

Wie der HErr Jesus selbst Angesichts des Kreuzes, das Er vor Sich sah, über dieses hinweg nur auf Seine Verklärung schauete, und nicht betete (Joh. 17, 1): „Vater, die Stunde ist hie, daß ich gekreuzigt werde,“ sondern betete: „Vater, die Stunde ist hie, daß Du Deinen Sohn verklärest,“ so sollen die Gläubigen, wenn das Arge anfähet, auch nicht sagen : „Jetzt kommt die Zeit der Trübsal,“ sondern sollen sagen: „Jetzt kommt unsre Erlösung,“ also über die Trübsal hinüberblicken und durch den Blick auf die nahende Erlösung sich zu allem stärken. Muß dann auch, wer's gewinnen will, nun erst recht dran und alle Schrecknisse über sich kommen lassen, so kann doch die gewisse Aussicht, daß alles vorüber gehe und es dann, ob wir leben oder sterben, ewig gut gehe, unter allen Anfechtungen getrost machen, Mut und Stärke, selbst Freudigkeit verleihen; und wer nicht mit freudigem Geiste auf das Ende zu blicken wird fähig seyn, wird’s schwer haben, um standhaft zu bleiben und seine Seele zu erretten.

Einstweilen aber wollen wir uns rüsten, in jetzigen Umständen treu zu seyn, auch durch nichts uns berücken und betören, oder in Sicherheit einwiegen zu lassen, als ob's etwa noch langen Verzug habe, oder gar nicht komme, auf daß wir, wenn es ernster wird, fähig werden auszuhalten und siegreich zu überwinden. Der HErr helfe uns wachen und beten!

Mel. Fahre fort.

Halte aus, halte aus,
Gottes Volk, halt' deine Treu,
Laß nicht lau und träg' dich finden.
Auf, das Kleinod rückt herbei!
Auf, verlasse, was dahinten!
Gottes Volk, im letzten Kampf und Strauß
Halte aus; halte aus!

Lukas 22,32.

Wenn du dermaleinst dich bekehrst, so stärke deine Brüder.

0 Petrus, wann bist du denn bekehrt? Der sollte doch schon lange bekehrt sein!

Und jetzt heißt es noch:“ Wenn du dermaleinst dich bekehrst“, d. h. wenn die Zeit kommt, daß du dich bekehrst, „so stärke deine Brüder“. Da sollten wir uns nicht so bald „Bekehrte“ heißen!

Der HErr aber redet mit Bezug auf des Petrus nahe bevorstehende Verleugnung. Demnach würde seine Bekehrung darin bestehen, daß er anders wäre, um nicht mehr zu verleugnen, nicht mehr sich zurückzuziehen, sondern frei zu bekennen. Es ist, wie wenn der HErr zu ihm sagen würde: „Bist du einmal soweit, daß dir das Bekennen näher steht als das Verleugnen, dann stärke deine Brüder.“ Denn gleich darauf sagt Er ihm sein Verleugnen voraus. Ein Verleugnender nämlich kann niemand stärken, kann nur andern schaden, andere zurückhalten, ärgern und fernhalten vom Reich Gottes. Deswegen ist überhaupt das Verleugnen, je nachdem es ist, von so ernster Bedeutung und eine so schwere Sünde, weil nämlich andere, oft auch Brüder, durch dasselbige herunterkommen von ihrem Glauben- keineswegs gestärkt werden. Alle, die es hören, stutzen und treten zurück; und so wird ein Verleugner Urheber von großem Schaden, den andere nehmen. Das ist die Frucht des Verleugnens. Ein solches war's vielleicht weniger bei der Verleugnung Petri. Indessen könnten immerhin manche von jenen Leuten hintennach gesagt haben: „Saubere Jünger Jesu, die so feige Memmen sind und so Den verleugnen mögen, mit dem sie doch täglich im Umgang gestanden sind! Und was für einer wird ihr Meister sein?“ Man kann wirklich nicht wissen, wie für die eine oder andere Seele die Verleugnung Petri zum Schaden oder zum Abhalten geworden ist. Jener Magd, der Petrus so frech ins Gesicht hinein sagte: „Ich kenne den Menschen nicht!“ ist es später sicher schwerer geworden, an den HErrn Jesus zu glauben. Und wenn auch die andern Knechte den Petrus später wieder haben zeugen hören, so werden sie immer noch den Kopf geschüttelt und gesagt haben: „So, das ist der!“ Mit seinem Verleugnen hat also Petrus niemand gestärkt. Und deswegen soll er sich bekehren und bekennen lernen, damit er fortan die Brüder stärke. Sein Bekennen konnte ja bewirken, daß andere auch bekannten und Mut bekamen, dasselbe zu glauben und anzunehmen. Und diese wurden dann also „gestärkt“.

Steht aber einmal einer so, daß er bekennen kann, so soll er frisch dran, um Seelen zu stärken, die ins Reich Gottes kommen sollen. Das aber werden wir sagen können, daß einer nicht bekehrt ist, solange er verleugnen mag, namentlich verleugnen, wenn er ausdrücklich gefragt wird.

Der HErr bewahre uns vor allem Selbstbetrug!

Lukas 24,32.

“Brannte nicht unser Herz in uns, da Er mit uns redete auf dem Wege, als Er uns die Schrift öffnete.“

Traurig gingen jene Beide ans dem Wege nach Emmaus hin. Der Todesjammer ihres Meisters lag ihnen aus der Seele; und der Gekreuzigte schien ihnen so fern gegangen, daß ihnen die Worte der Frauen, die von dem Engel erzählten, der sagte, Er lebe, mehr Schrecken als Trost brachten. Da tritt denn der Auferstandene als ein unbekannter Fremdling zu ihnen her. Anfangs läßt Er ihren Kummer sie ausreden. Weil ihnen aber die Kunde von dem Leben JEsu nichts gelten wollte, schalt Er sie dann zuerst Toren und träges Herzens, zu glauben den Propheten. Hierauf nimmt Er die Schrift mit ihnen vor und legt ihnen Eins ums Andere, was sie sagt, aus, wie es auf Christum deute, der durch Leiden zu Seiner Herrlichkeit eingehen sollte. Es war, als senkte sich Er selbst durch die Schrift in die Herzen der Jünger hinein. Ihr Herz wird warm, ihre ganze Stimmung eine andere und gehobene. Da sehen wir, wie auch wir am schnellsten und nachhaltigsten einander aufrichten können. Halten wir uns nur mit einfältigem Herzen gegenseitig die Schrift vor; und tun wir's, so ist's oft, als wäre JEsus dabei und öffnete uns die Schrift, daß nicht wir es sind, die reden, sondern der Geist Christi es ist, der durch uns redet. So fängt auch unser Herz an zu brennen. Denn der Geist Christi vermag Türen am Worte Gottes zu öffnen, durch welche ein Strom von Labsal uns zufließt. Wollten wir doch kindlicher an die Schrift glauben, und eifriger sein, sie zu beherzigen, wie oft könnten wir schnell einen nagenden Kummers los werden, und als Engel des Trostes vor einander stehen. Denn eben durch's Wort tritt JEsus, der Auferstandene, wenn Er alle Tage bei uns sein will, uns überall nahe.

Mel. JEsus meine Zuversicht.

O des Tags der Herrlichkeit!
JEsus Christus, Du die Sonne,
Und auf Erden weit und breit
Licht und Wahrheit, Freud und Wonne!
Mach' dich auf, es werde Licht!
JEsus hält, was Er verspricht.

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/b/blumhardt_d_a/blumhardt-lukas.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain