Besser, Wilhelm Friedrich - Die Briefe St. Johannis in Bibelstunden für die Gemeinde ausgelegt 10. - Unser Glaube an Jesum Christum, den Sohn Gottes. Cap. 5

Besser, Wilhelm Friedrich - Die Briefe St. Johannis in Bibelstunden für die Gemeinde ausgelegt 10. - Unser Glaube an Jesum Christum, den Sohn Gottes. Cap. 5

1. Wir glauben, darum lieben und überwinden wir.

V. 1-5.

HErr, stärke uns den Glauben durch das Zeugniß des Jüngers Deiner Liebe, auf daß wir lieben und überwinden sammt ihm. Amen.

In der Freude der Gemeinschaft mit dem Vater und mit Seinem Sohne Jesu Christo will Johannes seine Leser stärken. Bisher hat er die Merkmale und Früchte dieser seligen Gemeinschaft vor Augen gestellt, der Christen Leben im Licht, in Gerechtigkeit, in Liebe. Jetzt, in diesem letzten Capitel, liegt es ihm an. Alles, was er geschrieben, ausdrücklich auf die im Eingange des Briefes vorangestellte evangelische Hauptsumma zurückzuführen und den Glauben an Jesum Christum, den Sohn Gottes, als die süße Wurzel aller Christenfreude und Christenmacht zu preisen. Was er Cap. 3,23. kürzlich angedeutet, will er noch einmal recht eindringlich aussprechen. Das Schlußkapitel des Briefes bildet daher ein Ganzes, dessen drei Theile eng mit einander verknüpft sind. Erstens: was Johannes geschrieben hat von der Bruderliebe und von der Weltüberwindung, den beiden Lichtmerkmalen des Christenwandels, das erlebt in Wahrheit, wer an Jesum Christum den Sohn Gottes glaubt (V. 1-5.). Zweitens: der Glaube an Jesum Christum den Sohn Gottes beruht auf dem dreieinigen Zeugniß Gottes; wer diesem Zeugniß glaubt, der hat wahrhaftig das Leben (V. 6-12.). Drittens: Wer im Glauben das Leben hat, dessen Freude ist völlig, unantastbar von Sünde, Tod, Welt und Teufel (V. 13-21.). Heute beschäftige uns der erste Abschnitt dieses Schlußkapitels. V. 1. Wer da glaubt, daß Jesus sey der Christ, der ist von Gott geboren; und wer da liebt Den, der ihn geboren hat, der liebt auch den, der von Ihm geboren ist. Gottesliebe und Bruderliebe sind unzertrennlich, nach Christi Gebot (Cap. 4.21.). Dieses Gebot aber ist den Gläubigen nicht schwer. Denn wer da glaubt, daß Jesus sey der Christ, der ist von Gott geboren, und die ihm angeborne kindliche Liebe zu dem Vater birgt in ihrem Schooße die geschwisterliche Liebe zu den Brüdern. Also Johannes schreibt das neue Gebot der Bruderliebe seinen Kindlein und ist gewiß, sie werden es nicht schwer und lästig, sondern leicht und süß finden, weil (vergl. Cap. 2,12 ff.) sie glauben, daß Jesus sey der Christ. In diesen Hauptsatz faßt er wieder sein Evangelium und den Inhalt des Christenglaubens zusammen: Jesus ist der Christ (Cap. 2,22.). Jesus, der zu Bethlehem Geborne, der in Armuth und Schwachheit, in Schmach und Verachtung, in Angst und Leiden wohlversuchte und gehorsam erfundene Menschensohn, der Gekreuzigte: Er ist der Christ, seit Seiner Auferstehung kräftig erwiesen als der Sohn Gottes, der erhöhte König. Seines Reiches, in welchem Er die durch Sein Blut versöhnten Sünder selig macht durch Sein Leben - das glauben wir. „Ein Gläubiger sagt seinen ganzen Glauben, sein ganzes Herz, wenn er bekennt, Jesus ist der Christ. Der heilige Geist bringt die Wahrheit, in die er uns leitet, immer zusammen, faßt sie in Eins, in unserm Herzen und Gemüth. So umfaßt der Glaube. Den, der nicht zu fassen ist, das unendliche Heil. So hat er einen concentrierten Heiland, und concentriert alle seine Kraft in diesem einigen Satze. So kann's alsdann ein einfältiger Glaubensblick seyn, der durchschaut das ganze Geheimniß, sieht Jesum, das Lamm im Thron, und hat bei der Anbetung vor dem Throne die ganze Wahrheit beisammen, worauf unser Glaube ruht, den Felsen, worauf Jesus. Seine Gemeinde erbaut hat.“ Steinhofer, Fleisch und Blut aber offenbaren uns nicht, daß Jesus der Christ sey; ein Jeder, der das glaubt, der ist von Gott geboren. Selig geworden seyn durch den Glauben ist ein Stand, in den Niemand sich selber versetzt, Gottes Gabe ist es, und die Gläubigen sind Sein Werk, geschaffen in Christo Jesu (Ephes. 2,8-10). Wer aber im Glauben erfährt, welch eine Liebe der Vater uns erzeigt hat, daß wir Gottes Kinder sollen heißen, der liebt den unsichtbaren Gott in den sichtbaren Kindern Gottes, welche die Welt nicht kennt. Es ist eine Grundanschauung der Schrift, und sonderlich bei Johannes tritt sie von Cap. 1,3. u. 7. an immer von neuem hervor, daß die Gemeinschaft mit Gott in der Gemeinschaft der Kinder Gottes als wahrhaftige und wirkliche sich offenbart. Der Glaube an Jesum den Christ leidet keine Einsamkeit, sondern umschlingt - als „Ein Glaube“ (Ephes, 4, 3ff.) - mit dem Liebes- und Friedensbande alle Genossen desselbigen göttlichen Lebens und läßt sie inne werden ihrer Gliedschaft an dem Einen HErrn und Haupte, der Seines Leibes Fülle ist. Das ist das Geheimniß der Kirche. Die Pfingstgestalt der Kirche ist die lieblichste Auslegung unsers Textes. Schön stellt Augustin die Einheit von Gottes- und Bruderliebe dar: „Breite deine Liebe über den ganzen Erdkreis aus, wenn du Christum lieben willst, denn die Glieder Christi wohnen über den Erdkreis hin. Was nützt es, wenn du glaubst, und hassest? Du betest das Haupt an, und beleidigst die Glieder! Er liebt Seinen Leib. Gleich als wollte dir Jemand das Haupt küssen, und dich zugleich mit benagelten Schuhen auf die Füße treten. Würdest du nicht der Ehrenbezeugung dich erwehren und rufen: Was machst du? Du trittst mich! Du würdest nicht sagen: du trittst mein Haupt! denn das Haupt ehrte er ja; aber das Haupt würde mehraufschreien für die getretenen Glieder, als deß achten, daß es geehrt wird.“ Vergl. Apostelg. 9, 4. („was verfolgst du Mich?“). Ich erinnere mich einer Predigt aus theuerm Munde, worin ein Himmelfahrtsgemälde als Abbildung der Kirche dargestellt wurde: das Haupt schon von der lichten Wolke verhüllt, der Leib noch sichtbar. Der Pfingstgeist wohn uns bei, daß wir, mit apostolischer Liebe erfüllt, den Vater im Sohne, und den Sohn in Seinen Miterben liebend finden und treffen, bewahrt vor dem Irrwege der falschberühmten Geistlichkeit, welche Haupt und Glieder auseinanderreißt und eine „geköpfte Kirche“ übrigbehält, die sich freilich nicht lieben läßt. Das Pfingstfeuer entzünde unsre kalten Herzen, daß die Bruderliebe brenne, zur Erfreuung der Gemeinde, zur Erleuchtung der Welt. „Zünde an die Liebesflamme, daß ein Jeder sehen kann, wir, als die von Einem Stamme, stehen auch für Einen Mann. Und allein von Deinem Brennen nehme unser Licht den Schein, also wird die Welt erkennen, daß wir Deine Jünger seyn.“ Jawohl - „allein von Deinem Brennen!“ Johannes gibt uns sogleich das Merkmal an, woran wir die lautere, vom heiligen Geiste, dem „Zunder keuscher Liebe,“ entzündete Bruderliebe erkennen und ihr göttlich Feuer von fremdem Feuer unterscheiden sollen:

V. 2. Daran erkennen wir, daß wir die Kinder Gottes lieben, wenn wir Gott lieben und Seine Gebote halten. Willst du wissen, ob deine Liebe zu den Brüdern rechter Art sey, so prüfe dich, ob du in ihnen eben Gottes Kinder liebst, und das geschieht, wenn du im Lieben der Brüder das Zeugniß des Geistes hast, daß du Gott, ihren Vater, liebst und Seine Gebote hältst. Das ist die wahre Bruderliebe, welche den Weg der Gebote Gottes läuft, liebend nach Gottes Ordnung, nicht nach eignen Gedanken. Niemand betrüge sich selbst! Es gibt eine Liebe aus dem Fleisch, die aufs Fleisch säet, und dabei geistlichen Schein annimmt. Die brüderliche Gemeinschaft hat etwas auch der Natur Angenehmes, und das süße Vergnügen zu lieben und geliebt zu werden ist ein gefährliches Ding, wenn ihm das Salz fehlt (Marc. 9, 50.), das Salz des Bundes unsers Gottes, ohne welches unser Liebesopfer nimmer seyn soll (3 Mos. 2, 13.). Von diesem heiligen Salze muß die Liebe gewürzt seyn, daß sie nicht falsch werde (Röm. 12, 9.) und keine Fäulniß erleide. Was arg ist an dem Bruder, der ja Sünde noch hat, das haßt die wahrhaftige Liebe, und dem, was gut ist, dem Kinde Gottes in ihm, hängt sie an. Ach wie selten ist doch heute die Zucht der Liebe unter uns! Wie schwer wird es uns, die Lust am gemüthlichen, behaglichen Umgange mit den Brüdern zu verleugnen und die gefährliche „Liebenswürdigkeit“ zu fliehen, die im Grunde lieblose Selbstsucht ist! Ost macht man sich ein heiteres Bild von dem Bruder und ergötzt sich daran, und die wirkliche Person desselben, die der Liebe viel zum Betrüben gibt, vermeidet man zu erkennen. Ungefärbt will die Bruderliebe seyn (1 Petr. 1, 22.), göttlicher Farbe allein, unvermischt mit der häßlichen Farbe der Eigenliebe. Und daran erkennen wir, daß wir uns untereinander als Kinder Gottes lieben, wenn wir miteinander Gott lieben als den Heiligen und Versöhnten und Seine Gebote halten, indem wir uns untereinander die Füße waschen (Ev. 13, 14.), einer tragend des andern Last, einer dem andern zurechthelfend mit sanftmüthigem Geiste, einer den andern reizend zu gottseligem Wandel. Also wenn du bedenklich bist, ob du deinen Bruder auch wirklich lieb hast, so prüfe dich, ob dein Sinn gegen ihn von der Liebe Gottes regiert wird, ob du ihm gönnst, was Gott ihm gönnt, und ihm wehrst, was Gott ihm wehrt. Dahin zielt die Liebe, daß sie die Gebote Gottes an den Brüdern aufrichte, und im Halten Seiner Gebote erweist sich die Bruderliebe als eins mit der Liebe zu Gott.

V. 3. Denn das ist die Liebe zu Gott, daß wir Seine Gebote halten; und Seine Gebote sind nicht schwer. Wir haben den Sinn des heiligen Johannes schon kennen gelernt, wonach ihm das Halten der Gebote Gottes einen rechten Mannageschmack hatte (Cap. 2,3; 3,22.). Hier zeigt er uns sein ganzes Herz, voll evangelisches Süßigkeit. Ueberblicken wir zunächst den Zusammenhang noch einmal: Wer an Jesum Christum glaubt, der ist von Gott geboren und liebt sammt dem himmlischen Vater seine mitgebornen Brüder; die Bruderliebe ist das Merkmal, woran die Wirklichkeit der Liebe zu Gott erkannt wird, und die Liebe zu Gott ist das Merkmal, woran die Wahrheit der Bruderliebe erkannt wird; in der wahren Bruderliebe, worin alle Gebote Gottes zusammen erfüllt werden, ist die Liebe zu Gott geschäftig - denn das ist die Liebe zu Gott, damit geht sie um, das ist ihr Trieb und ihr Werk, daß wir Seine Gebote halten. „Dein Wille geschehe!“ bittet die Liebe. „So bitten wir,“ sagt Cyprian, „nicht damit Gott thun möge, was Ihm gefällt (denn wer mag widerstehen, daß Er nicht thun könnte, was Er will?), sondern damit wir thun können, was Gott gefällt.“ Und wir können es thun: Und Seine Gebote sind nicht schwer. Eben darum sind sie nicht schwer, weil es Liebesgebote sind in zwiefachem Sinne: der sie gibt, ist die Liebe, die wir glauben, und wir halten sie in der Liebe, die wir opfern, nachdem die Geburt aus Gott sie uns zuvor geschenkt hat. Wir reichen Gott unsre leeren Hände dar, und Er füllt sie mit der Gabe, die wir Ihm geben sollen. Daher die Bitte Augustin's: „Gib, was Du befiehlst, und befiehl. was Du willst.“ Es ist der Christen Freudenstand, daß ihnen Gottes Gebote nicht schwer sind; daran erkennen wir, daß der Spruch eintrifft: „Gleichwie Er ist, so sind auch wir in dieser Welt“ (Cap. 4,17.), Gleichwie es des Heilandes Speise war, den Willen des Vaters zu thun, und wie Er das Vollenden Seines Liebeswerkes als Sättigung Seines Hungers empfand (Ev. 4,34.): so ist es Seinen Gläubigen nicht schwer, der Liebe Gebote zu halten; sie preisen Gott, daß sie lieben können, und seufzen nicht mehr, daß sie lieben sollen. Oder wäre es einem Kinde schwer, seinen Vater oder seine Geschwister zu lieben? Wir sind nun aber Gottes Kinder und alle von Ihm Geborne sind unsre Brüder. Darum muß es heißen: „Du darfst ja nur ein Kindlein seyn, und darfst ja nur die leichte Liebe üben. O blöder Geist, schau doch, wie gut Er's mein? Das kleinste Kind kann ja die Mutter lieben. Drum fürchte dich nur ferner nicht so sehr: es ist nicht schwer, es ist nicht schwer!“ Johannes begegnet mit diesem Erfahrungs-Zeugnisse: Seine Gebote sind nicht schwer der verführerischen Rede der Irrlehrer, welche die Gebote Gottes eine „Last“ nannten und die heiligen Apostel jüdischer Gesetzlichkeit (Matth. 23,4; Apostelg. 15,10.) anklagten, wogegen sie die rechte Freiheit ihren Anhängern verhießen. „Ich will nicht auf euch werfen eine andre Last,“ läßt daher der HErr durch Johannes denen zu Thyatira schreiben (Offenb. 2,24.); keine andere als die „leichte Last,“ kein anderes als das „sanfte Joch“ (Matth. 11,30.), dazu sie von Anfang berufen worden, will Er ihnen auslegen: wer aber dieser „Last“ sich entledigt, der wirst damit zugleich seine Seligkeit weg. In demselben Sinne redet hier der Apostel seine Leser an: „Laßt euch die Gebote des HErrn nicht als eine schwere Last verdächtigen: sie sind nicht schwer!

Setzt eure Christen-Erfahrung muthig den Widerchristen entgegen und zeuget, daß eures Gottes und Heilandes Gebote euch kein Last, sondern eine Lust sind, weil ihr glaubet, was sie leugnen, daß Jesus ist der Christ.“ Den Leugnern der in Jesu Christo erschienenen und von den Gläubigen erfahrenen Liebe Gottes sind ja freilich Seine Gebote eine unerträglich schwere Last, die sie entweder in zagender Furcht beseufzen oder mit empörerischem Trotze abschütteln. Unterm Kreuze Christi allein erlernt sich dieser Teil: Seine Gebote sind nicht schwer. Da stand der Jünger, den Jesus lieb hatte, mit Maria, und durfte das Wort aus seines HErrn Munde hören: „Siehe, das ist deine Mutter!“ (Ev. 19,27.), und von Stund an nahm sie der Jünger zu sich, um aufs seligste zu erfahren, daß die Gebote der gekreuzigten Liebe nicht schwer, sondern freudenreich sind. Alles, was in der Welt ist, Fleischeslust, Augenlust und hoffährtiges Leben, das ist dem Christen ein „schweres Joch“ - „darunter das Herze sich naget und plaget und dennoch kein wahres Vergnügen erjaget“; aber wahres Vergnügen ist in der Liebe des Vaters, und Seine Gebote halten ist Seligkeit. - Lies die Bergpredigt hiebet mal wieder durch, lieber Christ, und wenn du an ein Gebot kommst, wie das: „Ich aber sage euch: Liebet eure Feinde; segnet, die euch fluchen; thut wohl denen, die euch hassen; bittet für die, so euch beleidigen und verfolgen“ (Matth. 5,44.), dann schlage an deine Brust und sinne nach über das Zeugniß Johannis: Seine Gebote sind nicht schwer. Ja, dieser Spruch komme uns heim, so oft unsre Empfindung spricht: „Ach, wie schwer sind Gottes Gebote, sonderlich wenn wir uns leiden müssen, und beschämt laßt uns dann den Finger auf das Wort legen, das voransteht: Das ist die Liebe zu Gott, daß wir Seine Gebote halten. Drückende Pein hat die Liebe nicht. Ist uns schwer, was Gott uns auflegt und gebietet, so sind wir nicht völlig in der Liebe, denn die völlige Liebe benimmt dem göttlichen Willen alle Beschwerlichkeit. Aus Liebe zu Ihm, der uns zuerst geliebt, laßt uns thun, was Er uns gebietet, so werden wir's vermögen; unsre Liebesarmuth erhole sich stets von neuem an Seinem Liebesreichthum, auf daß an uns wahr werde: „Wir glauben, darum lieben wir,“ und wir es versiegeln, daß Seine Gebote nicht schwer sind. „Es war eine natürliche, aber herzliche Liebe, die Jakob zu der Rahel hatte, als er seinem Schwiegervater Laban um dieselbe sieben Jahr mit Viehhüten dienen mußte, davon er sagt: Des Tages verschmachtete ich vor Hitze und des Nachts vor Frost, und kam kein Schlaf in meine Augen; und gleichwohl däuchte ihn, als waren's sieben Tage, so lieb hatte er sie (1 Mos. 29.). Da erleichterte die Liebe dem Jakob Alles, was sonst außer solcher Liebe ihm allzuschwer worden wäre. Also geht's auch, wo wir nunmehr nicht nur selbst zu dem Guten, das Gott an uns erfordert, Lust haben, die durch die neue Geburt gewirkt wird, sondern nun auch Gott mit aufrichtiger Liebe lieben; da macht uns die Liebe zu Gott Alles leicht, wie schwer es ist, es thut uns die Last alsdann nicht mehr wehe. Und mag also die Kraft der Aneinanderhängung der Textworte diese seyn: Das ist die Liebe zu Gott, daß wir Seine Gebote halten, und eben dasselbige, daß wir Ihn lieben, macht, daß uns Seme Gebote nicht schwer oder beschwerlich sind, sondern wir mit Freuden all unser Vermögen dran strecken, sie zu halten.“ Spener. - Hat denn aber Johannes minder als Paulus erfahren, daß das Christenleben im Glauben ein Kampf ist (2. Tim. 4.7.), weil die Welt, die noch um und an uns ist, die unschweren Gebote uns erschwert? Hat er minder als seine Brüder sich zu üben gehabt in dem Ringen nach dem Eingang in die enge Pforte (Luc. 13, 24.), und stimmt er etwa nicht ein in das geistliche Kampfeslied: „Es kostet viel ein Christ zu seyn?“ Das sey ferne! Die Liebe des Liebesjüngers ist eine unschwärmerische Liebe. Nüchternen Geistes erwägt er wohl, was es heiße, der Lust und der Feindschaft der Welt zum Trotz zu behaupten: Seine Gebote sind nicht schwer, und dankbaraufschauend zu Gott, der uns allezeit Sieg gibt in Christo (2 Cor. 2,14.). fährt er fort:

V. 4. Denn Alles, was von Gott geboren ist, überwindet die Welt, und unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat. Darum also sind die Gebote Gottes nicht schwer, weil was sie schwer macht, überwunden wird. „Und die Last, drunter sich die Helden plagen, wird den Kindern leicht zu tragen, die die Kreuzeskraft gefaßt.“ Alles, was aus Gott geboren ist, Väter, Jünglinge und Kinder, überwindet die Welt. In der Einen allgemeinen Ueberwinderschaar ist Niemand, auch nicht das jüngstgeborne noch unmündige Gotteskind, zu schwach im Streite, denn in Allen wirkt dieselbige Kraft der göttlichen Geburt und führt zum Siege. Kampf kostet freilich der Sieg; aber gib dich zufrieden, wenns hart hergeht und Christus unten zu liegen scheint. Er ist auferstanden, und Alles was Sein ist in Seinen Gläubigen, kann nicht verloren seyn und im Grabe bleiben, es muß durchbrechen und überwinden. Welt nennt der Apostel Alles, was nicht aus Gott geboren ist, sondern im Argen liegt (V. 19.), Alles, was vom Wege der göttlichen Gebote die Kinder Gottes hinwegschrecken oder hinweglocken will. Beides wird überwunden: die Angst und die Lust der Welt, die Angst, welche wir leiden, die Lust, welche wir meiden; die Weltfeindschaft, die wir nicht fürchten, der Weltzauber, den wir nicht lieb haben. „Verleugnet euch, verlaßt die Welt!“ Welt und Fleisch, die Zwillingskinder des Teufels, beide überwindet man kraft der Kindschaft Gottes, die eine Brüderschaft Jesu Christi ist. Schon im 2ten Cap. hat Johannes die Christenmacht zur Ueberwindung der Welt beschrieben, auf daß seiner Kindlein Freude völlig sey, und den Streitern gegen die verführerischen Widerchristen hat er zugerufen: „Kindlein, ihr seyd von Gott, und habt jene überwunden; denn der in euch ist, ist größer, denn der in der Welt ist“ (Cap. 4,4.). Nun preist er das Geheimniß ihres Sieges in diesen Worten: Und das ist der Sieg, der die Welt überwunden hat: unser Glaube! Merke, wie er das stetige Ueberwinden aus dem einmal erlangten Siege hervorwachsen läßt (Cap. 2,13.). So oft der Widerspruch unsers alten Menschen gegen die Gebote Gottes uns den neuen Gehorsam im Leiden und Meiden schwer macht und im heißen Kampfe den Seufzer uns auspreßt: „Ich elender Mensch, wer wird mich erlösen von dem Leibe dieses Todes!“ - so oft besinne sich unsre betrübte Seele auf das, was wir sind in Christo Jesu, und der heilige Geist wird uns beistehen und nicht versinken lassen, sondern uns aufrichten zu dem Triumphruf unsres Glaubens: „Ich danke Gott, durch Jesum Christ, unsern HErrn“ (Röm. 7,24.25.), und abermal: „Gott sey Dank, der uns den Sieg gegeben hat, durch unsern HErrn Jesum Christum“ (1 Cor. 15,57.). Die Welt außer uns und in uns, der Bösewicht, unser Widersacher, verhöhnt uns und spricht: „Ihr seyd Fleisch und darum in meiner Gewalt!“ Aber unser Glaube gibt uns die Antwort ein: „Du lügst, Teufel! Ich bin getauft, ich bin mit Christo gestorben und auferstanden, ich bin ein Kind Gottes, Was du an mir siehst, das gebe ich deiner Todesgewalt preis; aber ich habe ein Leben, darüber du keine Gewalt hast, Christus ist mein Leben!“ Ja, gelobt sey Gott! Einmal selig gemacht von allen Sünden und errettet von der Obrigkeit der Finsterniß durch das Blut Jesu Christi, behaupten wir unsern Sieg, und fühlen wir der Welt Schlangenstich, so setzen wir den Fuß auf ihren zertretenen Kopf. Unser Glaube ist der Sieg, sagt Johannes. „Seyd getrost. Ich habe die Welt überwunden“ (Ev. 16,33.), spricht unser Siegesheld; in unserm Glauben ist dieses siegreiche „Ich“ enthalten, darum sind wir getrost. Nicht unsre Glaubenshandlung, sondern der Glaubensinhalt, Jesus Christus, macht unsern Glauben zu dem Siege, der die Welt überwunden hat. Glaube und Sieg ist ein von Gott zusammengefügtes Paar, das Niemand scheiden soll. In Hebr. 11. folgt auf die Erklärung, daß der Glaube sey die standfeste Zuversicht, in welcher wir schon habhaft sind der gehofften unsichtbaren Heilsgüter, die Vormalung der Wolle von Glaubenszeugen, aus welcher es lauter Sieg regnet, und wir sind gekommen zu diesen Zeugen, welche im Himmel angeschrieben sind, als zu Einer Gemeinde (Heb. 12,23.). Der Sieg der vollendeten Seligen ist auch unsre Freude, denn wir sind eins mit ihnen in dem Einen Siege Jesu Christi, den der Glaube im Kampfe behalt, und den das Schauen in der ewigen Ruhe genießt (Offenb. 15,2.), - Hier lerne nun, ob du gläubig bist. Luther nennt unsern Textspruch einen rechten Probirstein. „Darum ist auch der Glaube nicht ein kalt, faul, ledig und müßiger Gedanke, sondern eine lebendige, thätige Kraft, daß. wo er ist, da muß solche Frucht, Sieg und Ueberwindung folgen, oder so es nicht folgt, ist auch der Glaube und neue Geburt nicht da, Bist du ein Sieger, so wirst du auch Beuteaufzuweisen haben - Augenlust, Fleischeslust und hoffährtiges Leben heißen die drei Haupttrophäen, welche die Streiter Jesu Christi der überwundenen Welt ausziehen und sie am Siegespaniere des Kreuzesaufhängen. Laßt uns ein Zeugniß von der Weltüberwindung unsrer Brüder aus jener Zeit vernehmen, da die Welt gegen die Kirche im verzweifelten Streite lag. Tertullian stellt der Weltlust die Christenfreude entgegen und sagt: „Wer wäre so undankbar, nicht zu erkennen die Fülle der Ergötzungen, die schon jetzt uns beschieden sind? Denn was ist lieblicher als die Versöhnung mit Gott, als die Offenbarung der Wahrheit, als die Entlarvung der Irrthümer, als die Vergebung so vieler vorigen Sünden! Welche Lust ist größer als eben der Ekel an der Lust, als die Verachtung der ganzen Welt, als die wahre Freiheit, als ein völliges Gewissen, als ein Leben voller Genüge, sonder Furcht des Todes; da du unter die Füße trittst die Götzen der Heiden, die Teufel austreibst, Heilsarzeney darreichst, Offenbarungen erbittest, Gotte lebst! Das sind die Vergnügungen der Christen, das sind ihre Schauspiele, heilig, ewig, und umsonst zu schauen; hier erblicke unsre Circensischen Spiele, zähle des Laufes Stunden in der dahineilenden Weltzeit, miß den Raum in den Schranken, schaue auf das Ziel der Vollendung, vertheidige die Genossenschaft der Kirche, wache und merke auf das Signal Gottes, brich auf bei dem Schall der Posaune des Erzengels, ergreife die Ehrenkrone des Martyriums. Ergötzen Jemanden die Comödiendichter, nun, wir haben genug Schrift, genug Verse, genug Sprüche, auch genug Lieder und Stimmen dazu, und das nicht Fabeln sondern Geschichte, nicht schöne Reden sondern einfältige Wahrheit. Oder wünschest du Faustkampf und Wettringen? Es ist vorhanden, nicht wenig, sondern reichlich. Siehe da, Unzucht niedergeworfen von Keuschheit, Falschheit getödtet von Treue, Grausamkeit zu Boden gestoßen von Barmherzigkeit, Uebermuth bewältigt von Bescheidenheit - und allen diesen Kämpfen schauen wir nicht bloß zu, sondern wir werden selber darin gekrönt. Fragst du aber auch nach Blut? Hier ist das Blut Christi. Und zu welch einem Schauspiel ist nahe die Wiederkunft des HErrn, des dann Unbezweifelten, Schrecklichen, Siegreichen! Welch ein Jubel der Engel, welche Herrlichkeit der auferstehenden Heiligen, und dann wird erscheinen das Reich der Gerechten, die neue Stadt Jerusalem!“ – Wer darf denn noch sagen, es koste zu viel, ein Christ zu seyn, während Gott selbst gnädig darreicht, was es kostet, beide das Wollen und das Vollbringen? „Fällts euch zu schwer?“ fragt der Heiland, und wenn wir bange antworten: „Ja, HErr, wir vermögen nichts,“ so ruft Er uns zu: „Ich geh voran, Ich steh euch an der Seite; Ich kämpfe selbst. Ich brech die Bahn, bin Alles in dem Streite.“ - Johannes schaut vorwärts in die Geschichte der streitenden Kirche und sieht die Macht der Welt überwunden von der Kraft, die in den Schwachen mächtig ist. Sein Blick ist richtig, denn es ist der Blick des heiligen Geistes, und kein Patmos hat ihn verdunkeln können. Sollten nicht wir noch bereitwilliger sein, als die ersten Leser dieses apostolischen Wortes, dessen Erfreuung anzunehmen? Die Jahrhunderte bezeugen es, daß der Glaube der Christen der Sieg ist, der die Welt überwunden hat. Tausende unsrer Brüder sind schmählich gestorben und haben ihr Blut vergossen: aber während die Welt, die jene getödtet hat, durch das Schwert des HErrn HErrn überwunden, Ihm anbetend zu Fuße gefallen oder unter Seinen gerechten Gerichten umgekommen ist, und die heutige Welt dasselbe Loos sich bereitet, lebt noch heute der Glaube der auf dem Richtplatz als Sieger gekrönten Zeugen in der Kirche auf Erden, welche sie durch ihre Hinrichtung halfen aufrichten. Ihr Zeugniß hat überwunden, und unser Zeugniß, welches das ihrige ist, wird überwinden, bis Alles geschehen ist, was geschehen soll: bis der letzte überwundene Feind gebückt gekommen ist, um Zions König anzubeten und ein Mitsieger zu werden, und dann Alles, was sich zu beugen weigerte, zermalmt zum Schemel. Seiner Füße liegen wird. Christ ist erstanden! und unser Ostertag ist schon im Lauf. So laßt uns denn erwecken den Sieg, der uns gegeben ist, unsern Glauben, wenn die Stunde der Versuchung kommt und Alles was wir sehen und fühlen trostlos ist, als verschlänge die Welt uns gar! „Wir haben aber solchen Schatz (den Sieg des Glaubens) in irdenen Gefäßen, auf daß die überschwängliche Kraft sey Gottes, und nicht von uns. Wir haben allenthalben Trübsal, aber wir ängsten uns nicht; uns ist bange, aber wir verzagen nicht, wir leiden Verfolgung, aber wir werden nicht verlassen; wir werden unterdrückt, aber wir kommen nicht um“ (2 Cor. 4,7-9.). Wohl dem, der den Glauben hat, wer ist ihm gleich! Ein Wurm, bis in den Staub gebeugt, der auf den Thron des Königs steigt; bekümmert, trübe, bloß und krank, und doch voll lauter Lobgesang; so schwach, daß meine Kunst in nichts besteht, so stark, daß Satan aus dem Wege geht. Verfolgt, verhöhnet und verflucht, doch von dem HErrn hervorgesucht; ein Narr vor aller klugen Welt, bei dem die Weisheit Lager hält; verdrängt, verjagt, besiegt und ausgefegt, und doch ein Held, der ew‘ge Palmen tragt!“ - Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat, nämlich der Glaube, den Johannes gemein hat mit allen seinen von Gott gebornen Brüdern. Nicht Alles, was man Glauben nennt, bringt zum Siegesfeste, sondern unser, der Christen, Glaube, und was denselben sieghaft macht, ist nicht unsre Andacht und Anstrengung und Inbrunst, kurz Nichts, was wir dabei thun und leisten, sondern allein Der ist der Sieger, an den wir glauben, den wir umfangen mit Herzenszuversicht als unsern Christus. Mit Bekennerfreudigkeit spricht der Apostel den Inhalt dieses „unsers allerheiligsten Glaubens“ (Jud. 20.) aus, und wie ein Siegeslied klingt es:

V. 5. Wer ist, der die Welt überwindet, ohne der da glaubt, daß Jesus ist der Sohn Gottes? Das Wort glauben gebrauchten die Widerchristen auch. Aber ihr Glaube, sagt Johannes, ist nicht unser Glaube, und allein dem rechten, einigen Glauben der Christen unterliegt die Welt. Wohl uns, daß unser Glaube, den wir bekennen, Johannis und aller Apostel Glaube ist! Wir glauben, daß Jesus ist der Sohn Gottes. Dieser Jesus von Nazareth (Apostelg. 3,4.10.) ist der Sohn Gottes, in Ihm hat Gott unsre Menschheit in Sich gezogen und zur Herrin aller Dinge gemacht, und die Kindschaft aus Gnaden sammt der Herrschaft über Alles, was Welt heißt, empfangen wir um der ewigen Sohnschaft Dessen willen, der Fleisch ward und durch Sein Blut uns erlöst hat. Wer das nicht glaubt, der mag vieles Andre zu glauben und zu erkennen sich rühmen und mag große Thaten thun, er bleibt dennoch ein Kind des Todes, verweltlicht und der Sünde Knecht, voller Furcht und Pein, ohne Frieden und Freude, lieblos und gottlos - die Gebote Gottes sind ihm schwer. Es ist auch unmöglich, die Ueberwindung der Welt denen nachzumachen, welche glauben an Jesum den Sohn Gottes, und die Geschichte aller selbstgewachsenen Tugendhelden und Weltverbesserer bestätigt das apostolische Wort, daß Niemand die Welt überwindet, wer selbst von der Welt ist, sondern allein der, dessen Siegeskraft von oben her ist, von Jesu, dem Sohne Gottes, an welchen glaubend er den Sieg zuvörderst über sich selber, über seine Welt, erlangt hat. Ein alter Weiser hat gesagt: „Man gebe mir einen Punkt außerhalb der Welt, worauf ich stehen möge, und ich hebe die Welt aus ihren Angeln!“ Dieser Wunderpunkt ist gegeben unserm Glauben, er heißt: Jesus Christ. Auf Ihn gestützt, auf Ihn erbaut überwinden wir die Welt. Möchten doch die mancherlei Anstalten und Vereine, die dermalen dem Verderben der Welt sich entgegenstemmen und die Schäden in Staat und Kirche, in Schule und Haus zu heilen vielgeschäftig sind, in ihre Fahne die Inschrift schreiben: Wer ist, der die Welt überwindet, ohne der da glaubt, daß Jesus Gottes Sohn ist? Dann, aber auch nur dann wird es eine Siegessahne seyn, unter der man streitet. Der HErr sagt: „Wer nicht mit Mir ist, der ist wider Mich; und wer nicht mit Mir sammelt, der zerstreuet“ (Luc. 11,23.). Vor dem starken Finger Gottes allein weicht der Weltgeist; wer ihn durch andre Mittel austreiben will, der wird ihn höchstens zu einem Kleiderwechsel bewegen. Allein durch das Erfahrungszeugniß des Glaubens an Jesum den Sohn Gottes wird gesammelt und erbaut Sein Reich; was ohne solchen Glauben wie Sammeln aussieht, ist in der Thai ein Zerstreuen, und die Welt betheiligt sich klüglich an diesem Sammeln, weil sie weiß, daß dabei das Ihre am sichersten im Frieden bleibt. Jede Confession, welche der Jesum hassenden Welt von Seinen Bekennern in Lehre und Leben gemacht wird, stumpft die Waffen ab, welche allein die Verheißung des Sieges haben, und vergiftet die Liebeswerke unsrer Hände. Wer es erkannt und erfahren hat, daß Nichts der Welt überlegen ist, ohne allein was aus dem Glauben an Jesum den Sohn Gottes kommt, der achtet Alles, was der Vernunft geschmückten Gründen Gewinn heißt, für Schaden (Phil. 3,7.), und das Eine, was noth ist, im Glauben besitzend, gibt er Jesu die Ehre, welche Gott keinem Andern lassen will.

HErr Gott, lieber Vater, so stärke denn unsern Glauben! Unser Gewissen verklagt uns, daß wir durch Unglauben Deinen Geist betrübt und Deines Wortes uns geweigert haben. Ach wir schämen uns vor Dir, wenn wir bedenken, welch eine Würde und Macht Johannes allen Deinen Kindern zuspricht. Erzeige aber an uns auch darin die Langmuth Deiner Liebe, daß Du den Geist der Gnade noch nicht von uns nimmst; laß ihn durch das Wort, welches wir eben gehört haben, kräftig in uns wirken, damit wir Buße thun und uns von Herzen zu Dir bekehren. Ja, erneuere uns durch den Geist der Kindschaft, den Du reichlich über uns ausgegossen hast; erwecke in uns den Glauben an Jesum Christum, Deinen lieben Sohn, unsern Heiland, auf daß wir das Zeugniß bei uns haben, daß wir von Dir geboren sind. Du väterliche Liebe, lehre uns Dich wiederlieben und in freudigem Gehorsam Dich ehren. Gib nur den rechten Geschmack an Deinem Worte, worin Du unter uns wohnst, und neige unsre Herzen zu Deinen Kindern in brünstiger, ungefärbter Bruderliebe, daß wir unter einander Gemeinschaft haben, und unsre Gemeinschaft sey mit Dir und Deinem Sohne, Jesu Christo. Deine heilige Liebe, o HErr, müsse in uns brennen, bewahre uns, daß kein fremdes Feuer das Opfer unsrer Liebe anzünde. Auch im Lieben der Brüder Dich über Alles zu lieben und Deine Gebote zu halten, das hätten wir gerne; laß es durch Gnade uns gelingen! Verzeih uns unsre Thorheit und Trägheit, wodurch wir so oft Deine Liebe hinderten, unsers Mitbruders Johannes Erfahrung, daß Deine Gebote nicht schwer sind, auch zu der unsrigen zu machen. Verzeih uns, liebster HErr Jesu, jedes Murren gegen Dein Joch, welches Du sanft nennst, jedes Seufzen unter Deiner Last, die Du leicht nennst, und lehre uns murren allein gegen die Sünde unsers Unglaubens. Es ist nicht wahr, Du bist kein harter Mann, daß Du ernten wolltest, wo Du nicht gesäet hast: Du gibst selber Alles, was Du forderst. Erleuchte unsre Augen, daß wir erkennen mögen den Reichthum der Herrlichkeit, die Du uns gegeben hast, und anziehen die Stärke, die wir in Dir haben. Wir sind noch in der Welt, und wir wissen aus Deinem Munde, daß Dir unser Streiterstand zu Herzen geht: so überlassen wir uns ganz Deiner Treue und allmächtigen Gnade, daß Du, o Anfänger und Vollender unsers Glaubens, Alles in uns ausrichtest, was zum Ueberwinden gehört, Deinem Jesusnamen zur Ehre, Deinem Siege zur Verherrlichung. Wir fassen Dich, HErr Jesu, mit unsrer schwachen Hand, halte Du uns fest in Deiner starken Gotteshand, aus welcher Niemand uns reißen soll. Dein Wort, das Schwert des Geistes, und den Schild des Glaubens lehre uns täglich ergreifen. Wenn wir weinen über die Noth Deiner geängsteten Kirche in der Welt, dann tröste uns mit der triumphirenden Stimme: „Es hat überwunden der Löwe vom Geschlecht Juda!“ Ob wir ganz daniederliegen und die Gottlosen sich rühmen, sie hätten uns übermocht: dennoch laß uns feste glauben, daß an uns wahr werden muß die Verheißung: „Deine Hand wird deinen Feinden auf dem Nacken seyn.“ Wenn wir erschrecken über uns selber, die wir Sünder und arg sind, und uns fürchten vor dem Gericht, das anheben muß am Hause Gottes, dann wende den Blick unsers Glaubens stracks auf Dich und zeige uns im Evangelio die Gestalt, die wir in Dir haben vor Gott, Deinem Vater, und Seinen heiligen Engeln. Entleide uns allen Trost der Creatur und jeden fleischlichen Arm; Du, nur Du, HErr Jesu Christe, sey und bleibe unsers Lebens Kraft und das Horn unsers Heils, am Bekenntniß Deines Namens laß uns halten unverrückt, bis wir endlich das Lied des Sieges, Dein Lied, o Lamm Gottes, fingen werden mit Allen, die überwunden haben durch Dein Blut und durch das Wort ihres Zeugnisses, im neuen Jerusalem. Amen.

Mel. Was Gott thut, das ist wohlgethan.

Das Kleinod ist mir vorgesteckt,
Ich soll nur tapfer kämpfen;
Drum bleibt mein Arm stets ausgestreckt,
Mit Gott den Feind zu dämpfen.
Nur unverzagt
Und frisch gewagt!
Ich seh‘ die Krone binden,
Drum will ich überwinden.

2. Wir glauben, und haben das Zeugniß Gottes von Seinem Sohne.

V. 6 - 12.

HErr Gott, neige unsre Ohren zu dem Zeugnisse, das Du zeugt auf Erden, und erquicke unsere Herzen mit dem Zeugnisse, das Du zeugt im Himmel. Amen.

Jesus ist der Christ, der Sohn Gottes: das glaubt, wer aus Gott geboren ist, und wer solchen Glauben hat, der überwindet die Welt. Gewiß, ein auserwählter Stand, worein unser Glaube uns versetzt hat! „Beständigkeit verleihe!“ heißt nun unser Gebet. Bleiben bei Jesu, beharren im Glauben und den Sieg behalten, das ist unsere Aufgabe, und Johannes ermuntert dazu eine Kindlein, deren Freude völlig seyn soll, indem er an die Gewißheit ihres Christenglaubens sie erinnert mit Hinweis auf das Zeugniß, welches der Glaube an Jesum Christum hat. Es ist das Zeugniß des dreieinigen Gottes selbst, im Himmel und auf Erden; im Himmel fein Ursprung, auf Erden eine Beweisung. Mit dreieinigem Zeugniß zeugen, wie im Himmel der Vater, das Wort und der Geist, also auch auf Erden der Geist, das Wasser und das Blut, daß Jesus ist der Christ, der Sohn Gottes. Was vermögen gegen diese Wahrheitszeugen die Lügner? Das Leben, welches Gott uns gegeben hat in Seinem Sohne, ist die thatsächliche Widerlegung der antichristischen Lüge, wogegen alles Disputiren verlornes Geschwätz ist, denn ferne sey es, daß wir Gott zum Lügner machen sollten! Wer ist der Lügner: ist es Gott, der da bezeugt, oder ist es der Widerchrist, der da leugnet, daß Jesus der Christ sey? Zur Entscheidung für eins von beidem zwingt Johannes seine Leser mit unentrinnbarer Gewalt. - Unser diesmaliger Abschnitt ist wohl der schwierigste in dem ganzen Briefe. Laßt uns desto einfältiger bitten um die Weisheit von oben, welche aufs erste keusch ist, und um die Salbung, welche Alles uns lehrt und vor Irrthum uns bewahrt, auch wo wir inne werden, daß unser Erkennen und Weissagen Stückwerk ist.

V. 6. Dieser ist es, der da kommt durch Wasser und Blut, Jesus der Christ, nicht in dem Wasser allein, sondern in dem Wasser und dem Blut; und der Geist ist es, der da zeugt, daß der Geist die Wahrheit ist. Der vorige Vers hieß: „Wer ist aber, der die Welt überwindet, ohne der da glaubt, daß Jesus Gottes Sohn ist?“ Mit triumphirender Glaubensfreude fährt Johannes fort: Dieser ist es! und beschreibt den Jesus, an dessen Brust er einst gelegen, als den gegenwärtigen Christus, den Sohn Gottes gestern und heut, im Himmel und auf Erden. Er ist aufgefahren in die Höhe, aber Er läßt hienieden Sich anrühren von Seinen Brüdern in den heiligen Gnadenmitteln, in Wort und Sacrament, durch welche Er die Verheißung Seines Beiunsseyns bis ans Ende der Welt erfüllt. Er kam und Er kommt. Er kam durch Wasser und Blut, indem Er das Wasser der heiligen Taufe, womit Er selbst getauft ward, und den Kelch des Neuen Testaments in Seinem am Kreuze vergossenen Blut einsetzte zu Mitteln Seines die Kirche durchströmenden Heilslebens, und Er kommt nun, so lange Sein Gnadenreich auf Erden währt, durch dieses und in diesem Wasser der Taufe, durch dieses und in diesem Blute des Abendmahls. Nicht auf Vergangenes, sondern auf Gegenwärtiges beruft sich der Apostel zum Zeugniß, daß der getaufte und gekreuzigte Jesus der Sohn Gottes sey, Paulus sagt, daß Christus in Kraft erwiesen ist als Gottes Sohn, unser HErr, seit Er auferstanden ist von den Todten (Röm. 1,4.), und Petrus tröstet die Gläubigen in ihrem Leidensstande damit, daß Christus, getödtet nach dem Fleisch, lebendig gemacht ist nach dem Geist, zu erweisen Sein Leben an der Gemeinde (1 Petr. 3,18.). Damit stimmt unser Text überein, denn durch das Wasser der Taufe kommt der Auferstandene, welcher ist zur Rechten Gottes in den Himmel gefahren, und richtet in uns auf den Bund eines guten Gewissens mit Gott (1 Petr. 3,21.22.). und im Blute des Abendmahls erweist Er Sich als der Lebendige, welcher den Tod verschlungen hat in den Sieg Seines Lebens, und tränkt uns aus dem gesegneten Kelche zum Gedächtniß daran, daß dieses Blut, mit welchem Er eingegangen ist in den Himmel (Hebr. 9,23 f.), einst vergossen ward zur Versöhnung für unsre Sünden. Wir trinken das Blut des Lebendigen und verkündigen, daß Er todt war für uns (1 Cor. 11,28.). Schon bei Cap. 4,2.3. haben wir die Abendmahlsfeindschaft der Leugner des im Fleische gekommenen Sohnes Gottes besehen. Johannes betont ihnen gegenüber mit doppeltem Nachdruck das Kommen des HErrn in dem Blut: nicht in dem Wasser allein, sondern in dem Wasser und dem Blut. Damit spricht er zugleich der heil. Taufe ihre gehörige Würde zu. Denn weil der in dem Wasser Kommende derselbe ist, der auch kommt in dem Blut, darum eben ist das Wasser ein gnadenreiches Wasser des Lebens, wodurch wir, gepflanzt sammt Ihm zu gleichem Tode, auch Seiner Auferstehung gleich werden (Röm. 6,4 f.). Das krystallreine Taufelement ist mit dem Blute des Lebens gefärbt. Wer dem Blute die Ehre verweigert, muß folgerichtig auch das Wasser verachten; wer des HErrn Kommen im heil. Abendmahle nicht bekennt, muß folgerichtig auch die heil. Taufe Seiner gnädigen Gegenwart entleeren. Es muß so seyn, und es ist so. Luther findet mit Recht in den Worten: nicht im Wasser allein, sondern im Wasser und Blut einen Lobpreis der heil. Taufe. „Er will durch solche Worte uns vermahnt haben, mit geistlichen Augen in der Taufe anzusehen das schöne rosenfarbne Blut Christi, so aus Seiner heiligen Seite geflossen und vergossen ist, und heißt also getauft werden nichts anders denn in demselben rosenfarbnen Blute Christi gebadet und gereinigt werden. Daß es nicht heiße ein gemein Wasserbad, wie Moses oder der Bader geben kann, sondern eine heilsame Bluttaufe oder Blutbad, welches allein Christus Gottes Sohn selbst durch Seinen eignen Tod zugerichtet hat. Sein Blut sollte seyn nicht ein vergeblich vergossen Blut, sondern eine Waschung oder Bad, und desselben Kraft sollte in der Wassertaufe seyn, daß also nach dem Tode Christi geht durch die ganze Christenheit ein ewiger Strom aus Seinem Leibe gequollen, der da mit Wasser und Blut fleußt, dadurch wir alle müssen von Sünden gereinigt werden. Das macht die liebe Taufe so theuer, heilig und werth, daß sie in das Blut Christi gemengt und vereinigt ist, so daß in Christo durch Wasser getauft werden heißt: wahrhaftig mit dem Blut Christi gewaschen und gereinigt werden. Also auch im Gesang: Das Aug allein das Wasser sieht, wie Menschen Wasser gießen; der Glaub im Geist die Kraft versteht des Blutes Jesu Christi; und ist vor ihm ein rothe Fluth, von Christi Blut gefärbet, die allen Schaden heilen thut u. s. w.“ Wiederum ist der in dem Blute Kommende derselbe, der auch kommt in dem Wasser. Das in der Taufe geschaffene Leben erhält und vollendet der HErr im Abendmahle. Dort zum Leben geboren und ins Reich Gottes gekommen, werden wir hier zum Leben ernährt und bleiben im Reich Gottes; dort zur Braut geschmückt und dem himmlischen Bräutigam verlobt, erfahren wir hier das „große Geheimniß“ der geistlich-leiblichen Vereinigung mit Ihm (Eph. 5, 23 f.); dort Christo einverleibt durch den schöpferischen Lebensstrom des Geistes, der vom Haupte ausfließt, werden wir hier als Glieder Eines Leibes mit dem einigen Geiste des Lebens getränkt (1 Cor. 12, 13). Achten wir auf dies Verhältniß der beiden zusammengehörigen Sacramente zu einander, so tritt der innige Zusammenhang dieses sechsten Verses mit den beiden vorangehenden in helles Licht. Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat, und wer da glaubt, daß Jesus Gottes Sohn ist, der überwindet die Welt. Die Taufe macht uns zu Siegern, die überwunden haben, das Abendmahl stärkt uns zum Behalten des Sieges im beständigen Ueberwinden. Einmal sind wir getauft: durch Einen Sieg, den Sieg Jesu Christi, hat unser Glaube die Welt überwunden; oft halten wir das Abendmahl: stets von neuem ziehen wir Kraft zum Ueberwinden an, denn - wie Chrysostomus sagt - “ nicht anders als blöde Schäflein kommen wir zur Tränke des Blutes Christi, und nicht anders als muthige Löwen gehen wir von dannen.„ Gelobt sey, der da kommt nicht im Wasser allein, sondern im Wasser und im Blut! ja, der nicht nur die Kraft Seines Blutes in das Wasser der einmaligen Taufe gelegt hat, sondern der das Blut, welches wahrhaftig Trank ist, uns darreicht, so oft uns dürftet, in dem gesegneten Kelche, den wir segnen! - Eine Frage haben wir noch: warum nennt der Apostel nur das Blut, nicht auch den Leib des HErrn? und warum stellt er die himmlische Gabe des einen Sacraments, das Blut, neben den irdischen Träger des andern, das Wasser? In der schon angeführten Stelle 1 Cor. 12, 13. redet auch Paulus nur vom Tranke des Abendmahls, und es müßte uns genügen zu bedenken, daß das Blut des Neuen Testaments, wodurch wir überwinden und welches uns rein macht von aller Sünde, nicht ungenannt bleiben konnte in diesem Spruche, auf den unser Glaube an den gegenwärtigen Heiland sich lehnen soll. Doch beantwortet Johannes selbst unsre Frage, indem er auf eine Stelle seines Evangeliums uns zurückweist. Als die Seite des am Kreuze gestorbenen HErrn von dem Lanzenstiche durchbohrt ward, da floß Blut und Wasser heraus, „und der das gesehen hat,“ so bekräftigt der Evangelist was er schreibt, „der hat es bezeugt, und sein Zeugniß ist wahr; und derselbige weiß daß er die Wahrheit sagt, auf daß auch ihr glaubet“ (Ev. 19, 35.) - nämlich glaubet, daß Jesus sey der Christ, das Lamm Gottes, das rechte Osterlamm, an welchem die Schrift erfüllt ist (2 Mos. 12, 46; Sach. 12, 10.). Aus dem geschlachteten Osterlamme sieht Johannes Blut und Wasser fließen, aus dem gestorbenen Sohne Gottes Kräfte des Lebens, und es erscheinen ihm darin die beiden Sacramente, in welchen Christus kommt, um das aus Seinem versöhnenden Tode entsprungene Leben einzuwirken in die Menschheit, die im Tode verloren war und kein Leben in sich selber hat. Mir solchen Augen hat die Kirche zu allen Zeiten ihres HErrn durchstochene Seite, daraus Blut und Wasser floß, angeschaut (vergl. Leidensgeschichte S. 434.), und schon Tertullian faßt unsern Text mit jener Stelle des Evangeliums zusammen: „Der HErr redet von einer Taufe, mit der er Sich müsse taufen lassen, nachdem Er doch schon getauft war (Luc. 12, 50.). Denn Er war gekommen durch Wasser und Blut, wie Johannes schreibt, als der mit Wasser getauft und durch Blut verklärt werden mußte, auf daß Er alsdann uns mache durch das Wasser zu Berufenen, durch das Blut zu Auserwählten. Diese beiden Taufen hat Er aus Seiner Seitenwunde hervorströmen lassen, sintemal die, so an Sein Blut glauben würden, mit Wasser gewaschen werden, und die so mit Wasser sich gewaschen haben würden. Sein Blut trinken sollten.“ Und auch wir singen ja: „Das Wasser, welches aus den Stoß des Speers aus Seiner Seite floß, das sey mein Bad, und all Sein Blut erquicke mir Herz Sinn und Muth,“

Der Zusammenhang unsers Textes mit jener evangelischen Stelle geht noch weiter. Indem Johannes ausruft: „Dieser ist es, der da kommt durch Wasser und Blut, Jesus der Christ!“ steht ihm das am Kreuze geschlachtete und nun erhöhte Lamm Gottes vor Augen, und was er dort im Evangelium geschrieben: „Der das gesehen hat, der hat es bezeugt, und sein Zeugniß ist wahr,“ das wiederholt er jetzt in den Worten: Und der Geist ist es, der da zeugt, daß der Geist die Wahrheit ist. Er selbst, Johannes, ist es, der dort im Evangelio und jetzt in dem Briefe zeugt, daß Jesus der Christ ist, kommend durch Wasser und Blut, und mit aller Freudigkeit legt er solch Zeugniß ab, weil er weiß, daß es als die Wahrheit seinen Lesern und der Kirche aller Zeiten sich legitimiren werde, so gewiß der Geist, der es ihm auszusprechen gab, dazu als zu dem seinigen sich bekennen und in den Herzen aller Gläubigen es versiegeln muß. Der Geist ist es, der da zeugt - nicht schlechtes Menschenwort, nicht Zeugen von der Erde, die ja Himmlisches nicht verbürgen möchten. Wohl zeugt der Geist durch irdische Werkzeuge, in denen er wohnt und wirkt; aber darin beruht eben die “ große Gewißheit„ der heiligen Männer Gottes, die getrieben vom heiligen Geiste zeugen, daß sie wissen: Der Geist ist es, der da zeugt, nicht wir ohne ihn; das Evangelium, das wir predigen, ist nicht irdischer Herkunft, sondern das Zeugniß des heiligen Geistes vom Himmel gesandt (1 Thess. 1, 5; 1 Petr. l. 12.). „Wenn der Tröster kommen wird,“ so lautet die theure Verheißung des HErrn, deren Erfüllung aus unserm Textworte hervorleuchtet, „welchen Ich euch senden werde vom Vater, der Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht, der wird zeugen von Mir, und zwar auch ihr werdet zeugen, denn ihr seyd von Anfang bei Mir gewesen“ (Ev. 15, 26. 27.). Der Geist aus der Höhe ist gekommen und zeugt auf Erden im Worte der Apostel, der Ohren und Augenzeugen des in Jesu Christo erschienenen Lebens, nachdem er dessen Zukunft zuvorbezeugt hat im Worte der Propheten, und Allen, welche diesem gottmenschlichen Zeugnisse glauben, gibt der Geist der Wahrheit die Gewißheit ins Herz, daß der Geist die Wahrheit ist. Der Geist bezeugt sich selber; der Vernunft ist das eine Thorheit, aber dem Glauben ist es köstlich. „Da ihr glaubtet, seyd ihr versiegelt worden mit dem heiligen Geiste“ (Ephes. 1, 13.), das ist Gottes Ordnung, die nicht umgekehrt werden soll. Gott fordert unterwürfige Hingabe an die Wahrheit, die im Evangelium uns vorgehalten wird, und wenn wir die Liebe zur Wahrheit annehmen (2 Thess. 2, 1 0.), dann schreibt Er uns dieselbe so kräftig ins Herz, daß wir's bis zum Schwören wissen: HErr, Dein Wort ist die Wahrheit! - Kennst du, lieber Christ, aus Erfahrung das Amen, welches der Geist dem Gemüthe entlockt, wenn du sein Sausen hörst in dem göttlichen Worte? Du bist getauft, und der Geist sagt, du habest Christum angezogen (Gal. 3, 27.): bist du nun überzeugt durch sein Zeugniß und weißt es mit ganzer Zuversicht, daß er die Wahrheit ist? Du wirst getränkt aus dem Kelche des Neuen Testaments, und der Geist sagt, daß du habest das ewige Leben und der Fürst des Lebens wird dich auferwecken am jüngsten Tage (Ev. 6, 54.): bist du nun selber ein lebendiger Abendmahlsbries, an dem Jedermann lesen kann, daß der Geist die Wahrheit ist? Du hörst Gottes Wort, und der Geist sagt, daß unter des Wortes lautendem Schalle und sichtbarem Buchstaben Jesus Christus dir nahe sey in Seiner Gemeinde und in dein Herz sich fassen lasse (Röm. 10, 8ff.): kommt nun dein Glaube aus der Predigt, wie das Predigen aus dem Worte Gottes, und bezeugt das Geistesecho deines Bekenntnisses, daß die Geistesstimme im gehörten Wort die Wahrheit ist? Der Geist und die Braut sprechen zusammen (Offenb, 22, 17.) - o, wäre es doch so, so brautmäßig allezeit auch bei uns! Hörten wir doch den Geist nichts sprechen, was wir nicht bald mitsprächen! “ Aber meine Rede sähet nicht unter euch! Warum kennet ihr denn Meine Sprache nicht? (Ev. 8, 37. 43), so muß der HErr Nagen, und die Ursach unsrer Unkenntniß Seiner Sprache decken die Worte auf: „Denn ihr könnet ja Mein Wort nicht hören!“ Wer den Inhalt des Geisteszeugnisses nicht hören kann, weil er ihn nicht lieb hat, der versteht auch die Zeugensprache des Geistes nicht. Der Geist straft, wo er zeugt (Ev. 16, 8.), und nur wer sein Strafen bußfertig annimmt, hat im Glauben des Trostes zu genießen, wovon sein Zeugniß voll ist. Wer dagegen nicht den Geist, den Geist und das Leben Christi in Wort und Sacrament, für Wahrheit hält, sondern Welt und Fleisch, das Handgreifliche und Sinnenfällige, und wer solchen Welt- und Fleischessinn an sich nicht strafen lassen will, der kann den Geist der Wahrheit nicht empfangen und sein Zeugniß nicht vernehmen. Wir dürfen nicht zweifeln, daß der Geist, dessen Amt es ist zu zeugen, beide im Worte und in den Hörern des Wortes, Allen ohne Unterschied sein Zeugniß gönnt, Alle ohne Unterschied zu überzeugten Besitzern und Bekennern der Wahrheit machen will; denn so gewiß der göttliche Gnadenwille ein allgemeiner ist (1 Tim. 2, 4), so gewiß wirkt in den göttlichen Gnadenmitteln der heilige Geist ernstlich und kräftig, wiewohl nicht unwiderstehlich (Röm. 10, 18.). Wem nun das Wort der Wahrheit, das Evangelium von seiner Seligkeit, unbezeugt bleibt in seinem Herzen, daß er nicht zu dem Freudenworte des heil. Paulus: „Ich weiß, an wen ich glaube (2 Tim. 1, 12.) und des heil. Johannes: „Wir wissen, daß wir das ewige Leben haben, die wir glauben an den Namen des Sohnes Gottes“ (V. 13.) gelangt: der hat dem heil. Geiste widerstrebt und seinem Bitten kein Gehör gegeben, weil er die Lüge mehr liebte als die Wahrheit. Davor behüte uns Gott! - Es ist der herrliche Lohn des Suchens in der Schrift, geübt zu werden in der Erfahrung dieses Spruches: Der Geist ist es, der da zeugt, daß der Geist die Wahrheit ist. Johannes, den die Liebe zum fleischgewordenen Worte im Lieben des geschriebenen Wortes unterwiesen hat, mag es fröhlich bezeugen, daß der Geist der Wahrheit, der Jesum den Christ in ihm verklärte und das Evangelium ihm eingab, zugleich die Wahrheit in hellem Tageslichte zeige, die er von Anfang geredet hat durch den Mund der heiligen Propheten. Die ganze Schrift ist ja Ein kettenartig ineinandergreifendes Geisteszeugniß Der Geist, der in den vorangehenden Offenbarungen waltet, bezeugt sich als erlebte Wahrheit in den nachfolgenden, und heißt Moses bei den Kirchenvätern „der Ozean der Gottesgelehrtheit, aus welchem alle Flüsse und jedes Meer,“ so nennen wir billig Johannes (den Empfänger der Offenbarung) den Ozean, in welchen alle Flüsse und jedes Meer stießen. So oft wir lesen: „Auf daß die Schrift erfüllt würde.“ oder: „wie geschrieben steht,“ und so oft sonst alte Schrift neu wird im Munde der heiligen Männer Gottes, hören wir den Geist zeugen, daß der Geist die Wahrheit ist. Und wie er den heil. Aposteln bezeugt hat, daß er in Mose und den Propheten die Wahrheit ist, so macht er noch heute in jedem demüthigen Schüler des äußerlichen Wortes die Wahrheit zu einer innerlich erfahrenen. Vielleicht hat dir, lieber Hörer des Worts, der Geist schon Manches, doch noch nicht Alles, was er in der Schrift dir gesagt und aus der Schrift dir hat predigen lassen, als Wahrheit bezeugt, und du kennst Sprüche, an welchen du es noch nicht erfahren hast, daß der Mensch lebt von einem jeglichen Wort, das durch den Mund Gottes geht (Matth. 4, 4.), und daß alle Schrift von Gott eingegeben nütze ist zur Lehre u, f. w, (2 Tim. 3, 18.). Nun, sey getrost und warte auf den Geist, der da zeugt für jedes seiner Worte, bis er's auch dir bezeuge. Hast du nur des in der Schrift zeugenden Geistes einiges Ziel. Jesum Christum den Sohn Gottes zu verklären (Ev. 16, 14.), mit erleuchteten Augen erkannt, so wird er im Oeffnen der Schrift fortfahren und dich kräftig überzeugen, daß wie in jedem Sonnenstrahle das Sonnenlicht, so in jedem Schriftworte das wahrhaftige Licht leuchtet. Hüte dich, wie man vor Gift sich hütet, vor der Geringschätzung auch eines Tüttels der heiligen Schrift, und sieh dich vor vor deinem eignen Geiste, der sein falsches Zeugniß dir aufdringen und unter der gleißenden Firma des „christlichen Bewußtseyns“ der Schrift Richter seyn will. Ehre Gott im Gehorsam des Glaubens, so wird Er zu seiner Zeit mit Freudigkeit des Glaubens dich segnen. - Thun wir aber recht daran, daß wir das Zeugniß des Geistes für unsern Glauben in die Erfahrung der Wahrheit des prophetischen und apostolischen Worts setzen? Ist der Geist nirgend anderswo die Wahrheit, die er selber dem Glauben bezeugt, als im Worte der heiligen Schrift und in den vom Worte getragenen Sacramenten? Bezeugte er als Geist gegenwärtigen Lebens etwa, was er als Geist eines vergangenen Amts verkündigt hätte durch die Propheten und Apostel? Hieraus soll die Auslegung der folgenden Verse antworten, wo der Geist unter den drei Zeugen auf Erden als der erste genannt wird. In diesem 6ten Verse schreibt der Apostel das Zeugen zuvörderst dem Geiste zu, denn er hat die Zeugenkraft in sich selbst; das Wasser und das Blut aber entnehmen die Kraft zu zeugen von dem Geiste, der bei und in ihnen ist,

V. 7. 8. Denn Drei sind, die du zeugen, im Himmel: der Vater, das Wort, und der heilige Geist, und diese Drei sind Eins; und Drei sind, die da zeugen, auf Erden: der Geist, und das Wasser, und das Blut, und die Drei sind zusammen. Das schreibt Johannes, hineinschauend in den offenen Himmel. wo seine Liebe thront (vergl. Offenb. 5.). Durch Wasser und Blut kommt der HErr: der da sitzet zur Rechten des Vaters in der Höhe, der kommt zu den Seinen, die auf Erden sind, auf himmlisch-irdische oder sacramentliche Weise in Taufe und Abendmahl, und der Geist, vom Himmel gesandt, wird ausgegossen in irdische Gesäße, in die Herzen der Gläubigen, und salbt sie zu dem Zeugniß, worin er selbst die Wahrheit ist. So ist denn Himmlisches und Irdisches geeint in dem Geistes-Zeugniß, in dem Tauf-Wasser und in dem Abendmahls-Tranke, und der Apostel hebt nur ausdrücklich hervor, was in dem Vorigen bereits eingeschlossen liegt, indem er die drei Himmelszeugen mit Namen nennt, deren einmüthiges Zeugniß durch die drei Erdenzeugen vermittelt wird. Unsere Gemeinschaft mit dem Vater und mit dem Sohne im heil. Geiste (dies haben wir als den freudenreichen Inhalt des ganzen Briefes erkannt wird bezeugt von dem Vater und dem Sohne und dem heil. Geiste. Gottes Zeugniß ist es, welches der Geist, das Wasser und das Blut einstimmig zeugen (V .9.), und wer die Zeugen auf Erden verachtet, der verachtet die Zeugen im Himmel. Denn Drei sind, die da zeugen. Nicht: Dreies, das da zeugt, nicht drei zeugende Dinge, sondern: Drei, die da zeugen, sagt Johannes. Sein Blick ist den drei zeugenden Personen zugewandt, die auf Erden ihr himmlisches Zeugniß offenbaren, und weil im Himmel. Drei sind, die da zeugen, die heiligen Drei, in deren Namen wir getauft werden, darum eben nennt er das Wasser, das Blut und das Geisteswort als die drei von den himmlischen Personen durchtönten Zeugen auf Erden. Im Himmel sind die Drei, die da zeugen: der Vater, das Wort und der Geist. Auch die Himmlischen, der heiligen Engel lichte Schaaren, jauchzen ob dem Zeugniß, welches aus der heiligen Dreieinigkeit hervorstrahlt und Jesum verklärt, denn was der sündigen Menschen Seligkeit ist, das gelüstet auch die Engel zu schauen (1 Ptr. 1, 12). „Daß sie als drei Personen (reis nicht tria) aufgeführt werden, das macht, weil sie nicht allein sind, sondern die drei göttlichen Personen sind in denselben, und das Zeugniß ist vornehmlich solcher himmlischen Zeugen.“ Spener. Jedoch kein Ohr hat je gehört, mit welcher Feier die Himmel dem Zeugniß des dreieinigen Gottes von dem Mariensohne, der da ist Gott über Alles gelobt in Ewigkeit, würdiglich respondieren. Der Kirche auf Erden kommt es zu gut, was im Himmel gezeugt wird; die drei Himmelszeugen, derer ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit, lassen ihr dreieiniges Zeugniß auf Erden kund werden. Der Vater hat gezeugt von Jesu Christo, Seinem lieben, in die Niedrigkeit des Fleisches dahingegebenen Sohne, durch Seine Stimme vom Himmel über der Taufe im Jordan, auf dem Berge der Verklärung, beim Eingange in das Leiden; Er hat von Ihm gezeugt durch die Werke, die Er Ihm gegeben (Ev. 5, 36.) und hat den Gekreuzigten als Seinen Christus deklarirt durch die Zerreißung des Tempelvorhangs , die Verfinsterung der Sonne und, das Erdbeben. Nun aber, seit Er durch Seine herrliche Macht Ihn auferweckt und zu Seiner Rechten erhöht hat, zeugt Er als gegenwärtiger Zeuge von der göttlichen Himmelshöhe des auf eine kleine Zeit Erniedrigten, indem Er zum Kommen zu Jesu Christo uns zieht (Ev. 6, 44.) und mittelst des Wassers den Geist Seines Sohnes in unsre Herzen sendet, der uns Jesum HErrn nennen und in Seinem Namen die Kniee beugen lehrt zur Ehre Gottes des Vaters; ja, Er zeugt für Seines Sohnes Majestät und Reich durch die „größeren Werke,“ welche Er denen zu thun gibt, die an Jesum Christum glauben und in Seinem Namen bitten, auf daß der Vater geehrt werde in dem Sohne (Ev. 14, 12- 14.). Der Sohn - den Johannes hier wieder das Wort nennt, nicht allein um Sein ewiges himmlisches Wesen auszudrücken, sondern auch weil das Zeugen dem ewigen Worte so wohl ansteht Er hat gezeugt von Sich selber, als Er Fleisch ward und wohnte unter uns voller Gnade und Wahrheit, daß Johannesaugen sahen Seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingebornen Sohnes vom Vater (Ev. 1, 14.), und als Er - der im Himmel ist - redete was Er wußte und zeugte was Er gesehen (Ev. 3. 11 ff,; 8, 14. 18. 38.). Nun aber, seitdem Er verklärt ist mit der Klarheit, die Er beim Vater hatte, ehe die Welt war, zeugt Er als gegenwärtiger treuer Zeuge von Seiner Menschensohnes -Herrlichkeit, indem Er kommt mit den Wolken (Offenb. 1, 5. 7. vergl. mit Matth. 26, 64.), und indem Er das Blut, welches uns erkaufte und das Er hinausgetragen hat in den Himmel vor das Angesicht Gottes (Hebr. 9, 24; 12, 24.), das Wasser der Taufe und ins Amt der Schlüssel heilskräftig legt und im Kelche des Neuen Testaments uns sacramentlich darreicht zum ewigen Leben. Der heil. Geist hat gezeugt von Jesu Christo von der ersten Freudenstimme an, die er in Adams und Evas trostbedürftigen Seelen erweckte (1 Mos. 3. 20. 4,1.), bis hin zu dem Gruße, womit er die zweite Eva, die holdselige Jungfrau, zur Mutter Gottes benedeite (Luc. 1, 28f.), bis zu dem Lobgesange, welchen er dem Zacharias eingab (Luc. 1,67.), und der Stimme des Bräutigamsfreundes, welchen er vom Mutterleibe an erfüllte (Luc. 1, 15.), und vor dessen Augen er auf Jesum in Taubengestalt herniederschwebte; er hat gezeugt aus dem Munde des mit seiner Fülle Gesalbten selbst, der Sich mit ihm zusammenschließt und spricht: „Wir zeugen“ (Ev. 3. 11.), Nun aber, seitdem er da ist als der den Menschensohn verklärende Geist des Vaters und des Sohnes (Ev. 7, 39.), zeugt er in pfingstlicher Gegenwart von dem Leben, welches Jesus der Christ hat und gibt, indem er Gaben und Kräfte über die Kirche ausschüttet und in den Herzen der Gläubigen als Wahrheit versiegelt die apostolische Predigt: „Der Gott unsrer Vater hat Jesum auferweckt, welchen ihr erwürgt habt und an das Holz gehängt. Den hat Gott durch Seine rechte Hand erhöht zu einem Fürsten und Heiland, zu geben Israel Buße und Vergebung der Sünden. Und wir sind Seine Zeugen über diese Worte, und der heilige Geist, welchen Gott gegeben hat denen, die Ihm gehorchen.“ (Apostelg. 5, 30 - 32.). Also Drei sind, die da zeugen, im Himmel: ihr Zeugenthum ist im Himmel, denn Gott ist im Himmel, aber es gilt der Kirche auf Erden. Und dreieinig ist das Zeugniß des dreieinigen Gottes von Jesu Christo: und diese Drei sind Eins. Eins sind Sie im Wesen: der Vater ist Geist (Ev. 4, 24,), der HErr ist der Geist (2 Cor. 3, !7.). und der heilige Geist ist Geist. Wie der Vater das Leben hat in Sich selbst, also hat Er dem Sohne gegeben das Leben zu haben in Sich selbst (Ev. 5, 26; vergl. 8, 57.), und der Geist Christi ist das Leben (Röm. 8, 6.). Gott ist die Liebe, und zwar die dreieinige Liebe, denn die Liebe Gottes in Christo Jesu wird ausgegossen in unsre Herzen durch den heil. Geist (Röm. 5, 5). Weil Sie denn Eins sind im Wesen, so sind Sie auch Eins in ihres Wesens Offenbarung und zeugen mit einstimmigem Zeugnisse von Jesu Christo, daß in Ihm und allein in Ihm aller Sünder Heil und Leben ist. Das himmlische Zeugniß des Vaters, daß wir von Ihm geboren, des Sohnes, daß wir mit Ihm vereinigt, des Geistes, daß wir Sein Tempel sind, kurz, daß wir Gemeinschaft mit Gott haben, geht ganz auf dies Einige, unsern Glauben an Jesum Christum den Gekreuzigten und Auferstandenen zu bekräftigen. Zu unserm Glauben, der die Welt überwunden hat, sagen Drei, die da sind im Himmel, vom Throne der ewigen Majestät her Ja und Amen. Wer will Nein sagen? - Wie aber vernehmen wir solch dreifältiges Himmelszeugniß? Antwort: wenn wir das Zeugniß der andern Drei annehmen, welche eingewickelt in Irdisches das Himmlische auf Erden an uns bringen. Und Drei sind, die da zeugen, auf Erden: der Geist, und das Wasser, und das Blut, und die Drei sind zusammen. Mit demselben Namen nennt Johannes den ersten Erdenzeugen, wie den dritten Himmelszeugen. Der Geist ist es, der da zeugt, daß der Geist die Wahrheit ist: als Geist des Lebens, der uns sammt Christo ins himmlische Wesen versetzt (Ephes. 2, 8.) und uns sagen lehrt: „Unser Wandel ist im Himmel“ (Phil. 3, 20.), zeugt er für die Wahrheit, welche er als Geist des Wortes uns verkündigt. Nehmen wir ihn an als Erdenzeugen in der armen irdischen Gestalt (Luther sagt gern: in den Windeln) des mündlichen Wortes, dann will er als Himmelszeuge sich unser annehmen und vom Himmel herab der Wahrheit uns so zeugenhast versichern, daß wir sagen und singen sollen: „In meines Herzens Grunde schrieb's Gottes Geist hinein, der kann auch diese Stunde mein wahrer Zeuge seyn. Es ist kein Heuchelwesen, kein Traum, kein leerer Wind: wie wir's im Worte lesen, so ist mein Herz gesinnt.“ Der Geist bezeugt also die Wahrheit, die er sammt dem Vater und dem Sohne wesentlich ist, auf zwiefache Weise: im Wort des Evangelii, welches er predigt durch Menschenstimme, und in den Herzen der Gläubigen, in welche er himmlisches Leben in der Liebe Gottes ausgießt; jenes thut er als Erden-, dieses als Himmels -Zeuge, aber - merke es wohl! - Niemand wird seines Himmelszeugnisses froh, ohne wer seinem Erdenzeugnisse gehorcht. Und wie der Vater und der Sohn ihres himmlischen Zeugnisses für unsern Glauben nicht anders uns inne werden lassen, als durch den Geist, welcher ja des Vaters und des Sohnes Geist ist: so umschließt das Wort, in welchem auf Erden der Geist zeugt, die beiden Sacramente, das Wasser und das Blut, die des Vaters und des Sohnes Himmelszeugniß an uns bringen, wenn wir dem Sacraments - Worte trauen, welches -eitel gläubige Herzen fordert.“ Darum steht der Geist unter den Erdenzeugen voran. Durchgriffet von dem Worte, so mit und bei dem Wasser ist (Ephes. 5, 26.), zeugt das Wasser auf Erden im Einklang mit dem himmlischen Vater - Zeugnisse, wie es im Pommerschen Taufbüchlein heißt: „Diese heilige Taufe ist ein göttlich Bad der himmlischen Wiedergeburt, darin diesem Kinde der Himmel nun geöffnet ist, und Gott der Vater ihm schenkt Seinen einigen Sohn zum Erlöser und zum Heilande, und ruft mit Seiner Stimme durch Sein Wort, daß dies Kind an Seinen eingebornen Sohn Jesum Christum glauben soll, den ihm Gott zum Gnadenstuhl vorgestellt hat, der heilige Geist wird auch hier über dies Kind ausgegossen. Mit solchen Augen sollen wir demnach die heilige Taufe ansehen, nicht anders als wenn wir nun am Jordan stünden, und sahen den Himmel offen, hörten die Stimme des Vaters, und sähen des Menschen Sohn unsern Heiland vor uns mit dem heiligen Geiste hernieder fahren.“ Nehmen wir das Zeugniß des Wassers auf Erden im Glauben an, dann „neigt es Herz und Geist dahin, daß wir uns gen Himmel schwingen,“ um in unserm Gemüthe das Zeugniß des Vaters im Himmel zu vernehmen, daß Er uns. Seine Kinder heißt in Christo Jesu, Seinem lieben Sohne, unserm HErrn. Und so oft wir, gedrückt von der täglichen Sünde, die uns immer noch anklebt und unser Taufkleid befleckt, hineilen zu dem Blute des Sohnes Gottes, welches uns rein macht von aller Sünde; so oft wir unserm Fürsprecher und Hohenpriester dafür danken, daß Er Sein Blut, welches im Himmel für uns redet, auch auf Erden uns hinterlassen und mit dem sichtbaren Kelche des Abendmahls durch Sein Wort segnend verbunden hat, damit es uns, die wir irdisch sind, tränke zum himmlischen Leben: so oft bezeugt das Blut auf Erden, was das ewige und fleischgewordene Wort im Himmel bezeugt, daß unser Glaube an Jesum Christum, den Sohn Gottes, auf unbeweglichen Grund gegründet ist und wahrhaftig die Welt überwunden hat. Wer das Zeugniß des Blutes auf Erden annimmt, der hat das Zeugniß des Sohnes im Himmel in sich selbst Und die Drei sind zusammen, gehen auf ein und dasselbe als auf ihr Ziel. Wie die drei ursprünglichen Himmelszeugen Eins sind im Wesen und darum auch im Zeugniß, so klingt das Zeugniß der drei Erdenzeugen, welche von jenen abhangen, in Eins zusammen, und der himmlischirdische Dreiklang lautet: Jesus ist der Christ, der Sohn Gottes. In unserm Katechismus bekennen wir von der heil. Taufe, daß „sie wirkt Vergebung der Sünden, erlöst von Tod und Teufel und gibt die ewige Seligkeit Allen, die es glauben, wie die Worte und Verheißung Gottes lauten,“ und vom heil. Abendmahl, „daß uns im Sacrament. Vergebung der Sünden, Leben und Seligkeit durch solche Worte (für euch gegeben und vergossen zur Vergebung der Sünden) gegeben wird, denn wo Vergebung der Sünden ist, da ist auch Leben und Seligkeit.“ Darin ist trefflich ausgedrückt, daß die Drei: der Geist, das Wasser und das Blut, zusammen sind, Eins bezeugen und Eins geben. Ich höre das Wort der Wahrheit im Evangelio, ich bin gereinigt durch das Wasserball im Wort, ich werde getränkt durch das Blut des Abendmahls mit Geist und Leben: Eins ist es, was diese Drei mir bezeugen, daß Gott mir das ewige Leben hat gegeben, und solches Leben ist in Seinem Sohne (V. 11.). Ist aber das Zeugniß beide der Himmels- und der Erdenzeugen ein dreieiniges Zeugniß, so nehmen sich die drei Himmelszeugen, die da Eins sind, eines jeden der drei Erdenzeugen, die in Eins sind, in kräftiger Wirkung an. Wohl gehören besonders zusammen der Vater und das Wasser, durch welches Gottes Kinder geboren werden; das ewige, fleischgewordene Wort und das Mut, durch welches Christi Glieder ernährt werden; der heilige Geist und der Geist im Wort göttlicher Predigt, woraus der Glaube kommt: doch ungeschieden von dem Wasser ist sammt dem Vater auch der Sohn, der die Kraft Seines Blutes damit verbindet, und der heilige Geist, der voll schöpferischen Lebens darüber schwebt; ungeschieden von dem Blute ist sammt dem Sohne auch der Vater, der dadurch versöhnt ist, und der heil. Geist, dessen Leben darinnen webt; ungeschieden von dem Geistes-Worte ist sammt dem heiligen Geiste auch der Vater, der Urheber des Worts, und der Sohn, der Inhalt desselben. - Das Wasser und das Blut sind immerwährende Zeugen für unsern Glauben an Jesum Christum, dazu hat der HErr die beiden Sacramente eingesetzt und gleichsam festen Fuß im sichtbaren Wesen gefaßt, um Sich nimmermehr von der Erde verdrängen zu lassen. Wo Taufe und Abendmahl im Schwange gehen, da bezeugt der gen Himmel Gefahrene Sein Fortleben in der Kirche auf Erden. Des HErrn Treue und Gnade hat gewaltet, daß diese beiden Zeugen noch nicht verstummt sind, auch in den jammervollen Zeiten nicht, wo der Geist kaum hie und da den Mund eines Uebriggebliebenen fand, durch den er von Jesu Christo hätte zeugen mögen. Die Ewigkeit wird es klar machen, wie manche „Verborgene“ durch Taufe und Abendmahl an Jesu Christo hangen geblieben und durch Zeiten allgemeinen Abfalls hindurchgerettet sind. Was das Wasser und das Blut zu solchen immerwährenden Zeugen macht, ist eben die Einsetzung des HErrn, welche gültig und in Kraft bleibt bis ans Ende der Welt. Aber auch das Wort des Geistes ist ein vom HErrn eingesetztes Wort: „Prediget das Evangelium,“ spricht Er zu den Aposteln (Marc. 16, 15.), und abermal: „Wer euch hört, der hört Mich“ Luc. 10, 16.). Der Inhalt des Geistes-Zeugnisses ist demnach vorhanden in der apostolischen Predigt (durch welche das prophetische Wort bestätigt wird, 2. Petr. 1, 19.). Dies Anfangs - Zeugniß des Geistes im apostolischen Worte, welches jetzt sammt dem prophetischen geschrieben steht, ist der quellende Brunnen und die unverbrüchliche Regel jedes Zeugnisses im Fortgange der Kirche, zu welchem der im Himmel zeugende Geist als zu einem Zeugnisse des auf Erden zeugenden Geistes sich bekennt. Die Apostel sind gestorben, aber der Geist, der in ihnen gezeugt hat, lebt und steht kräftig im Geschäfte, wo das göttliche Wort erschallt aus dem Munde des Einen Amtes des Neuen Testaments (vergl. 2. u, 3. Br. V. 1.), das im Anfang die Apostel führten und das bis zum Ende hin seinen Dienst erstrecken wird, bis dadurch die Fülle der Auserwählten mit dem Geiste des lebendigen Gottes zubereitet ist (2 Cor. 3, 1 ff.). Als der HErr das heilige Predigtamt einsetzte, blies Er die Jünger an und sprach: „Nehmet hin den heiligen Geist,“ und faßte das Evangelium, das Wort von der Versöhnung, dessen Träger das Amt der Versöhnung ist (2 Cor. 5, 18. 19). in die Absolutions - Vollmacht zusammen (Ev. 20, 21 ff.). Nicht ohne das immerwährende Amt gab der HErr das immerwährende Wort, und der Geist ist ein gegenwärtiger Zeuge durch das Amt des Worts (Apostelg. 6, 4.), wie ja auch das Wasser und das Blut als gegenwärtige Zeugen sich erweisen durch das Amt der Haushalter über Gottes Geheimnisse (1 Cor. 4, 1.). Der Apostel Paulus verbindet Himmel- und Erden-Zeugenamt mit einander in den Worten: „Er ist aufgefahren über alle Himmel, auf daß Er Alles erfüllete, und Er hat gesetzt Etliche zu Aposteln, Etliche zu Propheten, Etliche zu Evangelisten, Etliche zu Hirten und Lehrern, zur Zurichtung der Heiligen, zum Werke des Amts, zur Erbauung des Leibes Christi (Ephes. 4, 10-12.). Wenn wir also das Gnadenmittel des Worts, woraus der Glaube kommt, im geschriebenen Worte der heil. Propheten und Apostel finden, so sagen wir damit nicht, daß seit Johannis Mund sich geschlossen der Geist aufgehört habe mündlich zu zeugen, sondern dies behaupten wir, daß sein Zeugen die im geschriebenen Worte offenbarte Wahrheit zum alleinigen Inhalt habe. „Wir sollen Gott fürchten und lieben, daß wir die Predigt und Sein Wort nicht Verachten,“ heißt es im Katechismus, und ferne sey es, daß wir den Zeugengeist in die Bibel festbannen und aus dem Munde der Prediger des Worts nicht hören sollten. Ja. wo ein Christ ist, da zeugt der Geist. Was ist denn die Kirche, die Paulus einen Pfeiler und Grundfeste der Wahrheit nennt (I Tim. Z, 15.), anders als ein vom Geiste zum Zeugniß der Wahrheit zubereitetes Gotteswerk? Was sind ihre Bekenntnisse, ihre Gebete, ihre Lieder, all ihre aus Gottes Wort geflossenen Zeugnisse anders als Zeugnisse des Geistes, der von einer Erfahrung zur andern die Wahrheit, auf die im Anfang die Kirche gegründet ward, den Gläubigen zueignet? Was sind die Werke ihrer Liebe und ihres Leidens, was ist ihr Wandel im Licht, womit sie die Tugenden ihres HErrn verkündigt, ihr Missionstrieb, womit sie dem Geheiße gehorcht, um Arbeiter in des HErrn Ernte zu bitten, ihre gliedliche Gemeinschaft, worin die Herrlichkeit ihres himmlischen Hauptes sich spiegelt (Ev. 17, 22.) - was anders ist das alles als die Beweisung des Geistes, der da zeugt, daß Jesus wahrlich der Christ ist, welcher “ ausgegossen hat dies, das ihr jetzt sehet und höret„ (Apostelg. 2, 33.)? Gebe der HErr uns offne Ohren zu hören, was der Geist den Gemeinden sagt durch alle Zeugnisse seiner lebendigen und kräftigen Gegenwart; vor allem aber behalte uns Seine Gnade beim Hören des festen prophetischen und apostolischen Wortes, damit wir tüchtig bleiben jeglichen Geist zu prüfen, ob er von Gott ist (Cap. 4, 1.). Wie das himmlische, innerliche Zeugniß des Vaters und des Sohnes verbunden ist mit dem festeingesetzten irdischen, äußerlichen Zeugnisse des Wasserbads im Wort und des Abendmahlstrankes im Blut, ebenso ist das himmlische, innerliche Zeugniß des heiligen Geistes vernennt Johannes das gedoppelte Dreizeugen-Zeugniß im Himmel und auf Erden, stellt also das Zeugniß des Geistes und des Wassers und des Blutes auf Erden ausdrücklich als das Mittel dar, wodurch das Zeugniß des Vaters und des Wortes und des heil. Geistes im Himmel an uns gebracht wird. Gottes Zeugniß ist größer. So oft der Apostel in diesem Briefe Gottes. Alles übertreffende Größe hervorhebt (Cap. 3, 20; 4, 4), hat er es auf die völlige Freude der Gläubigen abgesehen. So auch hier. Mit Zuversicht dürfen und sollen wir annehmen, was die Apostel vom Worte des Lebens uns verkündigen (Cap. 1, 1 ff.), denn ihr Augen- und Ohrenzeugniß ist auch als menschliches schon annahmewürdig; aber es ist zugleich größer, als sonst irgend ein Menschenzeugniß, denn Gott ist's, der auf Erden und im Himmel dieses Zeugniß ablegt. Denn das Zeugniß Gottes ist das, das Er gezeugt hat von Seinem Sohne. Wer da annimmt das Zeugniß des dreieinigen Gottes, daß Jesus der Christ ist, dieses Vaterzeugniß von des eingebornen Sohnes Herrlichkeit, der nimmt das ganze Zeugniß Gottes an, denn alle Gottes- Verheißungen sind Ja und Amen in dem Sohne Gottes, Jesu Christo (2 Cor. 1, 20), in dessen Angesichte Gottes Klarheit erkannt wird (2. Cor. 4, 6). Gott hat gezeugt von Seinem Sohne, und zwar von Anfang; die Kirche des Alten Testaments, welche auf Christum hoffte, und die Kirche des Neuen Testaments, welche den erschienenen Christus bei sich hat, ist das Werk dieses göttlichen Zeugnisses. Zurückblickend in die Vergangenheit des Reiches Gottes auf Erden und die göttlichen Offenbarungen, welche alle in das Zeugniß des Vaters von dem Sohne zusammengehen, als ein Ganzes überschauend, bezeichnet es der Apostel als das Zeugniß, welches Gott gezeugt hat, aber es ist zugleich ein Zeugniß in gegenwärtiger Kraft, welches die Gläubigen in sich haben (V. 10.), und jeder Rückblick auf das, was Gott zur Erweisung. Seines Christus von Anfang her gethan hat, stärkt unser geistliches Augenlicht zum Sehen der gegenwärtigen Geschäfte der Drei, die da zeugen. „Unser ganzes Predigtamt,“ bekennt Luther, „geht dahin, daß wir dieses Zeugniß von dem Sohne Gottes in den Herzen der Menschen aufrichten mögen“ - dabei erhalte uns der Stifter und Erhalter des Amtes, das den Geist gibt (2 Cor. 3, 8). V. 10. Wer da glaubt an den Sohn Gottes, der hat solches Zeugniß in sich selbst; wer Gott nicht glaubt, der hat Ihn zum Lügner gemacht, denn er hat nicht geglaubt an das Zeug miß, das Gott gezeugt hat von Seinem Sohne. „Da erklärt er, was das sey: das Zeugniß annehmen, nämlich glauben. Denn wer Gottes Zeugniß annimmt, der glaubt an den Sohn Gottes; wer es nicht annimmt, der glaubt nicht und hat auch nicht das Zeugniß von dem Sohne bei sich, welches ist die gewisse Versicherung im Herzen, so da gar nicht daran zweifelt, daß wir durch Christum Gottes Kinder sind, Vergebung der Sünden und ewiges Leben haben.“ L. Aus Jünger-Erfahrung spricht Johannes. Er glaubte an den Sohn Gottes, und in seines Herzens Grund war das Zeugniß Gottes eingedrückt; das Zeugniß Dessen, der vom Himmel kam und auf Erden redete, hatte er angenommen (Ev. 3. 33.) und wußte nun mit göttlicher, vom Himmel her gewirkter Gewißheit, daß dieser Jesus der Sohn Gottes und sein Heiland sey. Dieselbe siegreiche Freude spricht er allen Gläubigen zu. Wer durch das Zeugniß des Evangeli und die daran gehängten Siegel der heil. Sacramente zum Glauben an den Sohn Gottes sich bringen läßt, der hat das Zeugniß Gottes in sich selbst. Solches Zeugniß, das Wort- und Sacraments-Zeugniß Gottes, hat der Gläubige in sich selbst, es ist in ihm kräftig geworden und ihm gegenwärtig zu seliger Gewißheit und großem Frieden (1 Thess. 1, 5). Nicht bloß in der heiligen Schrift steht es für den Gläubigen geschrieben, daß Jesus Gottes Sohn und der Sünder Heiland sey, sondern diese heilige Schrift hat der Geist mit himmlischen Schriftzügen, die Niemand lesen kann als der sie empfängt, ihm ins Herz geschrieben (Jer. 31, 33) und das Wort zu einem Worte in seinem Herzen gemacht (Röm. 10, 8); nicht bloß fein Taufschein bezeugt es ihm, daß das Wasser des Lebens über ihn geflossen ist, sondern er vernimmt dieses Erdenzeugen himmlische Sprache, die einem Geiste Zeugniß gibt, daß er ein Kind Gottes ist (Röm. 8, 16), und ihn frohlocken lehrt: „Sehet, welch eine Liebe hat uns der Vater erzeigt, daß wir Gottes Kinder sollen heißen!“ (Cap. 3, 1); nicht bloß trinkt er mit dem Munde Christi theures Blut im Abendmahle, sondern er genießt auch, was solch Trinken nützet, nämlich Vergebung der Sünden, Leben und Seligkeit, denn der HErr legt zu dem irdischen das himmlische Zeugniß und versichert. Seine gläubigen Abendmahlsgäste. Seines Geistes und Lebens in ihnen, daß Er in ihnen lebe (Gal. 2, 20) und daß die Ein Geist mit Ihm seyen (1 Cor. 6, 17). Hätte ich das Zeugniß Gottes so, daß ichs jeweilen vergessen könnte und mich darauf besinnen müßte, wie auf etwas dem Gedächtniß Entfallenes, das wäre schlimm, wie wollte ich dann überwinden? Daß ich Gottes Zeugniß in mir selbst habe, darauf kommt zuletzt das Ganze an. Das macht den Glauben sieghaft. Johannes behauptet mit höchster Sicherheit: „Wer da glaubt, der hat es!“ Mag denn die Empfindung des göttlichen Zeugnisses für meinen Glauben oft recht schwach seyn, weil mein Glaube oft recht schwach ist; ja, mag in der Anfechtung mich dünken, Gott schweige gar (wie die Psalmen aus der Tiefe klagen): ich gebe mich an meinen HErrn und Gott hin, dessen Gnade ich nicht verleugne, und weil Sein Zeugniß, welches ich habe im Worte, zum Glauben mich bewegt und im Glauben mich befestigt, so werde ichs auch tröstlich hören im Herzen und alle Angst überwinden. Weil ich Gott die Ehre gebe, daß Er in Seinem irdischen Zeugniß mir nicht lüge, so wird Er mir auch Sein himmlisches Zeugniß beilegen und es setzen wie ein Siegel auf mein Herz (Hohel. 8, 6). Man erzählt von einem Schriftgelehrten, der in der Todesangst die Bibel umarmte und rief: „Ich glaube Alles, was hier geschrieben steht!“ Gott helfe uns vielmehr zu dem Glauben, der das Zeugniß Gottes nicht auf Erden in einem Buche (oder in der sichtbaren Kirche) zurückläßt, sondern mitnimmt in den Himmel zum Schauen von Angesicht. - Spener sagt zu unserm Texte: „Es ist ein schädlicher Irrthum und gefährliche Sache, wo Einige, wenn sie von dem innerlichen Zeugniß, dessen Vortrefflichkeit und Nothwendigkeit hören, das äußerliche Zeugniß deswegen hintenansetzen und verachten, da uns doch göttliche Ordnung durch das äußerliche zu dem innerlichen führen will. Wer daher mit Verachtung des äußerlichen sich nach dem innerlichen bestrebt, dem mag leicht begegnen, daß Gott durch Sein gerechtes Gericht zulasse, daß er sich durch seine eigne Phantasie verführe und nachmal, was allein dieser Werk gewesen, für des heiligen Geistes Zeugniß annehme, oder sich gar der Teufel einmische und ihn mit falschem Eingeben betrüge. So lange wir auf Erden leben, gehen uns einmal die irdischen Zeugen zunächst an. Aber wir sollen es freilich nicht bei dem äußerlichen Gebrauch bleiben lassen, sondern weil derselbe das Innerliche zum Zweck hat und der heil. Geist dieses dadurch wirken will, dessen Wirkung auch Platz geben, daher ihn um solche Gnade bitten, so oft wir mit den äußerlichen Mitteln umgehen, auf unser Herz Acht geben, was etwa der heil. Geist für Regungen darin erwecken möchte, um ihnen nicht zu widerstreben noch sie zu versäumen; sonderlich aber, weil zu solchem innerlichen Zeugniß allerdinge des heil. Geistes Einwohnung nöthig ist, ihm zulassen, daß er erst unsre Herzen durch wahre Buße reinige, denn so lange die Sünde noch herrscht, ist der Mensch zu der Einwohnung des heil. Geistes und seinem Zeugniß ungeschickt.“ - Jedermann gönnt die Liebe Gottes, die für Alle den Sohn dahingegeben hat, dieses Zeugniß durchs Wort im Herzen. Die Ungläubigen sind in ihren unseligen Zustand nicht durch ein absolutes Dekret Gottes, sondern dadurch hingegeben, daß sie die Liebe zu der auch ihnen sich erbietenden Wahrheit nicht angenommen haben: Wer Gott nicht glaubt - also ein Ungläubiger ist - der hat Ihn zum Lügner gemacht, denn er hat nicht geglaubt an das Zeugniß, das Gott gezeugt hat von Seinem Sohn rc. Hier stellt Johannes das Zeugniß Gottes von Seinem Sohne, welches in dem Gläubigen ein innerliches wird (er hat es „in sich selbst“), als äußerliches, aller Annahme werthes (1 Tim. 1, 15.) Wort-Zeugniß hin, wodurch Gott „Jedermann vorhält den Glauben“ (Apostelg. 17, 31.). Aus zwei Stellen im Evangelium sieht dieser Spruch zurück. Der HErr sagt zu Nikodemus: „Wer an Ihn (den Sohn Gottes) glaubt, der wird nicht gerichtet; wer aber nicht glaubt, der ist schon gerichtet, denn er hat nicht geglaubt an den Namen des eingebornen Sohnes Gottes“ (Ev. 3, 18.). Der Unglaube, welcher die Verdammniß über sich führt, ist die That des zum Glauben Berufenen, der Gottes Liebesrath gegen sich verachtet hat. So hoch ehrt Gott uns arme Menschen, daß Er uns würdigt. Ihn zu ehren, indem wir durch gläubige Annahme Seines Zeugnisses es versiegeln, daß Gott wahrhaftig ist (Ev. 3, 33. Bd. IV. S. 224.): wie schrecklich muß darum das Gericht derer seyn, welche statt dessen der Annahme Seines Zeugnisses sich geweigert und Ihn zum Lügner gemacht haben! Vor diesen Worten sollten auch diejenigen erzittern, welche aus angeblicher Demuth das evangelische Zeugniß Gottes nicht annehmen wollen, als wäre Gott nicht großer, sondern kleiner als unser Herz. Es ist ja erschrecklich, Gott zum Lügner machen; das ist die Sünde, welche alle andern Sünden behält und vom Leben aufschließt. „Unglaube ist nicht der groben Neigungen eine, sondern der höchsten eine, die da sitzet und herrscht oben in der Burg des freien Willens und der Vernunft, da sonsten Glaube und Gottesfurcht herrschen sollten. Ungläubig seyn ist nichts anders, denn Gott verleugnen und Ihn zum Lügner machen. Gott aber zum Lügner machen ist so viel. als Gott Seine Gottheit rauben, und sich selber zum Wahrhaftigen machen ist so viel, als sich zu Gott machen. Hütet euch davor!“ L. Zwingende Beweise dafür, daß Jesus Gottes Sohn ist, gibt es nicht. Es bleibt bei dem Worte des HErrn: „So Jemand will Deß Willen thun“ (Ev. 7, 17.) - wer das nicht will, den läßt Gott ungezwungen; aber wer zum Glauben sich nicht hat ziehen lassen von Gottes erbittender Gewalt, den wird Er einst zum Sehen zwingen mit gebieterischer Gewalt und wird es ihm in der Hölle beweisen, wer der Lügner ist, - Nachdem in V. 10. die Thatsache ausgesagt ist, daß der Gläubige das Zeugniß des dreieinigen Gottes in sich hat, wendet sich V, 11. zu der Beschaffenheit dieses Zeugnisses, zu seiner Sprache, woran ich erkenne, ob ich es auch in mir habe; ich habe es aber in der Erfahrung des neuen Lebens durch den Glauben an Jesum.

V. 11. Und das ist das Zeugniß, daß uns Gott das ewige Leben gegeben hat, und solches Leben ist in Seinem Sohne. Wer ewiges Leben hat, der hat es von und in Jesu, und dem ist's bezeugt, daß Jesus Gottes Sohn ist. Sein Selbstwesen bezeugt uns Gott nicht durch ein Sagen, wie Menschensagen ist, sondern durch ein Sagen, welches kräftiges Thun ist. “ Ich bin das Leben,„ spricht der Sohn Gottes, und Er macht uns Seiner als des Lebens gewiß, indem Er Sich uns zum Leben gibt durch das Wort Seiner Selbstbezeugung. Der Apostel will den Ring seines Briefes schließen, darum kehrt er zurück zu dem Anfange: „Das Leben ist erschienen, und wir verkündigen euch das Leben“ (Cap. 1, 2.), was auch in der Mitte des Briefes, Cap. 2, 25. u. Cap. 3, 14., hindurchklingt. Das ewige Leben ist die Gnadengabe Gottes in Christo Jesu, unsern, HErrn (Röm. 6. 23.). In Ihm ist dieses Leben, uns hat es Gott gegeben; es ist in Jesu Christo Seinem Sohne für uns, denn Er ist die Versöhnung für unsre Sünden und die Ursach unsrer Gemeinschaft mit Gott, und es ist durch Jesum Christum in uns, weil wir durch den Glauben Ihn wohnend haben in unsern Herzen. Fragen wir also nach der Zeugensprache Gottes in uns, so antwortet Johannes, daß es die Sprache der Erfahrung ewigen Lebens ist. Durch die irdischen Zeugen, Wort und Sacrament, kommt Jesus Christus zu uns, und kommen wir dadurch im Glauben zu Ihm, so haben wir in uns selbst das Zeugniß des dreieinigen Gottes, der den Himmel in uns pflanzt, worin Er zeugt. Wenn der Vater und der Sohn im heiligen Geiste Wohnung machen bei dem Menschen, der das Wort Jesu Christi hält (Ev. 14, 23.), dann ist der Himmel in ihm vorhanden. und der Wellenschlag des ewigen Lebens zeugt in ihm von des Lebens ewigem Quell (Ev. 4, 14.). „Kommet und sehet!“ so hieß im Anfang die Einladung ins Lebensreich des Sohnes Gottes (Eo. l, 39.46.), und bis ans Ende wird die kräftigste Apologie für unsern Glauben das Erfahrungszeugniß von dem Leben seyn, welches die Gläubigen haben.

V. 12. „Wer den Sohn hat der hat das Leben; wer den Sohn Gottes nicht hat, der hat das Leben nicht.“ Dies faßt das ganze Hauptstück und Summa des Evangelii. Willst du des ewigen Lebens gewiß seyn, so hast du es allhier wahrhaftig, wo du Christum den Sohn Gottes hast. Also aber hast du Ihn, wenn du diesem Zeugniß und Predigt glaubst, und sollst dich gewißlich darauf verlassen im Leben und Sterben als auf göttliche Wahrheit. Glaubst du aber nicht, so hast du auch das Leben nicht, und hilft dir nichts, was du sammt aller Welt vermagst, thust und leidest, denn du hast den Sohn Gottes nicht, weil du diesem Zeugniß von ihm nicht glaubst und Gott zum Lügner machst.“ L. Es ist eine bündige Erklärung des Glaubens: den Sohn Gottes haben. In diesem Haben (Hebr. 11,1.) besteht des Glaubens Geheimniß, wie der heil. Geist David singen lehrt: „Ich werde inne, daß Du mein Gott bist.“ (Ps. 56,10; vergl. 73,25.), und wie die Braut sagt: „Mein Freund ist mein, und ich bin Sein“ (Hohel. 2,16.). Man kann Ihn aber anders nicht haben, als daß man Ihn aufnimmt und ergreift, wo Er Sich von uns fassen und halten zu lassen versprochen hat, im Wort und Sacrament, und der Apostel wehrt alles Enthusiastische ab, wenn er das „Bleiben in der Lehre Christi“ als das Mittel anzeigt, wodurch wir beide den Vater und den Sohn haben (2 Br. 9.). Wer nun den Sohn hat, der hat das Leben: das ist Johannis Grundspruch, darin faßt er das Evangelium zusammen (Ev. 3,16.36; 6,40.47; 8,51; 10,28; 11,25.26; 12,50; 17.2.3.). Erschienen ist das Leben der Gläubigen in ihnen noch nicht, sondern verborgen mit Christo in Gott (Cap. 3,1; Col. 3,3.); aber daß sie es haben, wissen sie so gewiß, als sie (nach Cyprian's schönem Ausdruck) „hassen, was sie waren, und lieben, was sie seyn werden.“ Luther versteht das Haben des Lebens trefflich zu beschreiben: -Nun leben solche Heiligen nicht allein in jenem Leben, sondern sahen's hier an im Glauben, und wo Glaube ist, da ist auch ewiges Leben angefangen. Ein Christ hat den Vortheil, daß er bereits aus dem Grabe ist mit dem rechten Fuß, und hat einen gewaltigen Gehülfen, der ihm die Hand reicht, nämlich seinen HErrn Christum, der schon längst gar heraus ist und ihn bei der Faust faßt und schon mehr denn die Hälfte herausgerückt hat, daß nicht mehr denn der linke Fuß dahinten bleibt. Denn die Sünde ist ihm schon vergeben und ausgetilgt , Gottes Zorn und die Hölle ausgelöscht, und lebt bereits in und bei Christo nach dem besten Stück (welches ist die Seele) theilhaftig des ewigen Lebens. Darum kann ihn der Tod nicht mehr halten noch an ihm schaffen, ohne daß noch das übrige Stück, die alte Haut, Fleisch und Blut, verwesen muß, daß es auch neu werde und der Seelen folgen könne, sonst sind wir schon gar hindurch ins Leben, weil Christus und meine Seele nicht mehr im Tode ist. In der Taufe werden wir mit Christo vermählt und werden Ein Leib und Fleisch mit Ihm. Und Er theilt uns mit Alles was Er ist und hat, alle Seine Ehre und Güter. Was ist Er aber? Eitel Reinigkeit, eitel ewige göttliche Gerechtigkeit, eitel liebes Kind und eitel ewiges Leben; Summa, eitel ewig unbegreiflich Gut, das kein Herz nimmer genug gedenken noch fassen kann, und beide Engel und Menschen in Ewigkeit daran zu schauen haben. Mit diesen ewigen, himmlischen und göttlichen Gütern hat uns Christus geziert, daß wir uns derselben mögen und sollen annehmen, als unser eigen.„. Wer den Sohn Gottes nicht hat, der hat das Leben nicht. Entweder, oder: entweder mit dem Sohne Gottes das Leben, oder ohne den Sohn Gottes den Tod - etwas drittes hat. Niemand, mag er seinen Tod gleich mit Lebensfarbe schminken. „Denn wer Dich nicht im Herzen hat, der ist gewiß lebendig todt.“ Ihn haben können, und doch nicht haben: das ist das Gericht. Warum wollet ihr sterben, ihr vom Hause Israel (Ez. 33,11)? Ja, „welche Seele noch verdirbt, stirbt darum, weil sie gerne stirbt.“ - Hat nun Johannes nicht recht gesagt: „Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat! Wer ist aber, der die Welt überwindet, ohne der da glaubt, daß Jesus Gottes Sohn ist?“ Saget Amen, ihr österlichen Christen, und gebt dem Auferstandenen die Ehre, der Seine Osterbeute austheilt in Seiner Kirche durch das Amt, in welchem Er kommt, bis daß Er kommen wird in offenbarer Herrlichkeit. Lasset uns beten: HErr Jesu, Du treuer und wahrhaftiger Zeuge, der Du thront im Himmel und wohnt auf Erden in Deiner Gemeinde, wir preisen. Deine Gnade, daß Du unsern Glauben an Dich gründet auf unbeweglichen Grund. Hilf uns nun, daß wir in großer Gewißheit an Dir hangen und die Welt überwinden, weil Du überwunden hat. Wir wollen Dich ehren, HErr, in den Mitteln Deines Kommens zu uns; Dich ehren im Wasser und im Blut, in der Taufe, die uns Dir verlobt hat, im Abendmahle, das uns mit Dir leibhaftig vereinigt zu ewig-seligem Leben; Dich ehren in dem Geistesworte, durch welches wir gezeugt sind zu Kindern der Wahrheit. Erhalte Deiner Kirche die heilsamen Gnadenmittel lauter und rein bis ans Ende, und laß uns ihrer brauchen mit einfältigem und heilsbegierigem Herzen. Dreieiniger Gott, Vater, Sohn und heiliger Geist, leg Dein himmlisches Zeugniß zu dem Zeugnisse der Zeugen auf Erden, so oft sie ihre Geschäfte an uns treiben, und drücke das Siegel der Wahrheit uns ins Herz, daß wir wissen, es sey im Himmel Ja und Amen, was auf Erden gezeugt wird von Jesu Christo, unserm HErrn. Die Dich Lügen strafen. Du Wahrhaftiger, die laß uns überwinden durch das Zeugniß erfahrenen Lebens, wie Du von Anfang Dein Volk durch Geist und Leben sieghaft gemacht hast im Streite gegen alles Widersprechen der im Tode bleibenden Welt. Wir haben den Sohn, wir haben das Leben: das sey unser Missionslied und unser Psalm in Zion! Das überwinde viele Starke, Dir, o Sohn Gottes, zum Raube und zur Beute; der Gewalthaber des Todes müsse seine Gefangenen loslassen, weil wir Dich, das erschienene Leben, verkündigen und allen Menschen bezeugen, was der Geist uns bezeugt, daß der Vater Dich gesandt hat zum Heiland der Welt. Wenn erscheinen wird, o HErr, das Leben, welches in Dir ist, und Du hast es uns gegeben, dann wollen wir Dich besser loben und vor Deinem Throne stehen als lobsingende Zeugen Deiner offenbarlichen Herrlichkeit. Amen.

Mel. Durch Adams Fall.

HErr Gott, hilf mir, daß ich Dich kann
Von Herzen Vater nennen.
Und Christum, Deinen lieben Sohn,
Im Glauben recht erkennen.
Daß Sein Blut mich vom Tod erlöst.
Mir bracht das ewig Leben.
HErr Jesu Christ, Dein Hüls und Trost
Mir allzeit wollest geben.

Zugabe zu Capt. 5, 7.8.

Diese Zugabe ist für diejenigen Leser der Bibelstunden bestimmt, welche Cap. 5, 7.8, in folgender Gestalt gedruckt zu lesen erwartet haben: (Denn Drei sind, die da zeugen im Himmel: der Vater, das Wort und der heilige Geist; und diese Drei sind Eins.) Und Drei sind, die da zeugen auf Erden: der Geist und das Wasser und das Blut; und die Drei sind zusammen. Die eingeklammerten Worte fehlen nämlich in den ältesten griechischen Handschriften, die wir besitzen, weshalb Luther dieselben in seine Bibelübersetzung nicht aufgenommen hat (auch nicht in die letzte Aufgabe von seiner Hand, 1545). Sie sind erst später, ungeachtet des Interdikts, welches Bugenhagen darauf legte, in unsre deutsche Bibel gekommen. Von je her war ich gewohnt, diese Worte als „erwiesen unächt“ zu betrachten, und ehe ich gründlich in die Untersuchung der Stelle einging, hatte ich schon hin und her überlegt, auf welche Weise ich dieselbe am schicklichsten in den Bibelstunden behandeln sollte. Nun bin ich aber bei einem andern Ergebniß angelangt, als ich vorher gedachte. Die Unächtheit der fraglichen Worte ist mir aus äußern und innern Gründen zweifelhaft, dagegen dies gewiß geworden, daß nichts Ungeschicktes geschieht, wenn man als apostolische Worte sie dahinnimmt.

Es ist hier der Ort nicht, die Untersuchung, welche zu diesem Resultate mich geführt hat, im Einzelnen vor den Augen des Lesers zu wiederholen. Nur zwei Punkte, einen äußern und einen innern, hebe ich hervor.

1. Auf eine ältere Handschrift, als die älteste der uns bekannten, gründet sich das Citat des Bischofs von Carthago, Cyprian, der in seiner Schrift über die Einheit der Kirche sagt: „Der HErr spricht: Ich und der Vater sind Eins; und wiederum steht geschrieben vom Vater und Sohn und heiligen Geiste: Und Drei sind Eins, Wer dürfte meinen, daß diese von der göttlichen Festigkeit herkommende, mit den himmlischen Geheimnissen zusammenhängende Einheit zerrissen werden könne in der Kirche?“ Um so wichtiger ist dieses Citat, weil Cyprian die Stelle nicht anführt zum Beweise der Lehre von der göttlichen Dreieinigkeit, sondern um zu zeigen, wie die Einheit der drei göttlichen Personen im Himmel sich abspiegle in der Einheit der Kirche auf Erden. Der gangbaren Annahme, daß die Worte hinzugesetzt seyen, um gegen die Arianer als Waffe zu dienen, läßt sich die mindestens eben so wahrscheinliche Vermuthung entgegenstellen, daß sie von einem sabellianisch oder arianisch gesinnten Bearbeiter des Textes weggelassen worden sind, und war dieser Recensent etwa jener Hesychius, dessen kritische Arbeit auf mehrere nachfolgende Handschriften im Abendlande nicht ohne erheblichen Einfluß gewesen ist, so erklärt sich das Fehlen der Worte in denselben leicht. Mag man jedoch den Ausfall der Worte so oder anders, aus Absicht oder aus Versehen hervorgegangen erklären, höchst wahrscheinlich ist, daß Cvprian sie gelesen hat, und Bengel's Hoffnung ist (auch nachdem der soeben bekanntgewordene Sinaitische Codex dieselbe nicht erfüllt hat) keine ungereimte: „Dennoch darf man wieder und immer wieder hoffen, ob nicht etwa das johanneische Original oder andre uralte griechische Handschriften, welche die Stelle haben, noch in den geheimen Schutzkasten der göttlichen Vorsehung verborgen liegen und zu ihrer Zeit ans Licht gebracht werden.“

2. Die Auslegung der beiden Verse im Zusammenhange des ganzen Abschnitts hat, wie ich hoffe, den Beweis genügend geliefert, daß die drei Himmelszeugen nicht „fremdartig,“ sondern an ihrem rechten Orte dastehen. Hätte wirklich Johannes den 7ten Vers nicht geschrieben, so hatte er doch im Sinne gehabt, was der Vers enthält, und von einer Fälschung könnte selbst dann nicht die Rede seyn, wenn, was nothwendig zwischen den Zeilen zu lesen ist, von einem Glossator an den Rand daneben geschrieben wäre. Deshalb streiten wir auch mit denen nicht, welche aus Gründen der äußeren Kritik sich nicht entschließen können, die Worte für ursprünglich zu halten; aber der Zusammenhang scheint uns das Zugeständniß zu erzwingen, nicht nur, daß Johannes gerade so geschrieben haben könnte, sondern daß, wer die Worte ausdrücklich daneben geschrieben hätte, aus Johannis Seele sie abgeschrieben haben würde. Bengel legt die innige Zusammengehörigkeit der beiden Verse so dar: „Die Dreiheit der auf Erden Zeugenden, als eine nachbildliche, wird durchaus getragen von der himmlischen Dreieinigkeit, als der urbildlichen, fundamentalen, unabänderlichen. Der Apostel hätte ganz wohl entweder mehr als drei auf Erden Zeugende aufstellen, oder alle in dem Einen Geiste zusammenfassen können; aber er nennt sie in der Dreizahl, nur weil er die Drei anschaut, die da zeugen im Himmel Daher eben, weil der Vater und das Wort und der heilige Geist eigentlich Drei sind, und Zeugende sind, und Eins sind, erhalten auch der Geist und das Wasser und das Blut abbildlicher Weise ähnliche Prädikate, welche ihnen an sich minder zukommen, was auch diejenigen gefühlt haben, welche in dem Verse von dem Geist und dem Wasser und dem Mut das Drei in Drei es umwandeln wollen. Es geben die beiden Verse, im innigsten Zusammenhange, einen vollständigen Reim und einen harmonischen Klang: der eine ohne den andern ist wie ein Lied, das mitten inne abbricht, wo das Ohr peinlich nach der andern Hälfte verlangt.“ Löhe (in der Epistelpostille) urtheilt also: „Ausdruck und Inhalt des siebenten Verses ist theils so eigenthümlich, theils so vollkommen und der höchsten, heiligsten Lehre der Christenheit das runde klare Wort verleihend, daß man unmöglich annehmen kann, der Vers rühre von Menschen her und sey frevelig in das göttliche Wort eingeschoben. Wenn auch einem Menschen hätte bei Erwähnung von dreien Zeugen auf Erden die Dreiheit der göttlichen Personen einfallen können, so geht es doch über Menschenwitz und Ahnung, die drei himmlischen Personen als Zeugen für Jesum Christum hinzustellen. Und wenn auch wir gewohnt sind zusagen, diese Drei sind Eins, so ist doch unsre gewohnte Rede nur ein Wiederhall dieses Verses, und auch dieser Gedanke, der ja mit diesen Worten in der ganzen heiligen Schrift nicht vorkommt, ist bei aller seiner Einfalt so groß und hoch, daß man ihn und den vollkommenen Ausdruck, den er im Texte gefunden, keiner menschlichen Quelle zuschreiben kann. Auch ist es eine reine Einbildung, was manche sagen, daß unser siebenter Vers den Zusammenhang stören soll, da er im Gegentheil durch die himmlische Parallele des dreifach Einen Zeugnisses das irdische Zeugniß nur in ein um so schöneres Licht stellt und durch ein hohes Beispiel mehr die Erde zum Vorhof und Vorbild des ewigen Vaterhauses macht. Als daher im Jahre 1580 die sogenannte sächsische Normalbibel erschien, fand sich der siebente Vers unsers Capitels in getreuer Uebersetzung derselben einverleibt, ist auch seitdem einverleibt geblieben, und ich glaube, wenn man ihn auch irgendwie aus der Bibel ausmerzen wollte, man würde ihn nimmermehr aus dem Sinn und Gedächtniß der Kirche austilgen können, so vollkommen spricht er den von Gott geoffenbarten und von der Kirche angenommenen Glauben aus.“

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