Beck, Johann Tobias - Vorbereitungsrede auf die Confirmations-Communion 1835.

Beck, Johann Tobias - Vorbereitungsrede auf die Confirmations-Communion 1835.

Josua 24, 14 f.
So fürchtet nun den HErrn, und dienet ihm treulich und rechtschaffen. Gefällt es euch aber nicht, daß ihr dem HErrn dienet, so erwählet euch heute, wem ihr dienen wollet. Ich und mein Haus wollen dem HErrn dienen.

Es gibt Zeiten im menschlichen Leben, Geliebte, wo es gilt, zu entscheiden: will ich für den HErrn sein, oder wider den HErrn? Eine solche Zeit wartet morgen auf Confirmanden und ihre Eltern. Es ist ein Tag, wo euch Kindern der HErr zuruft: „gebt mir eure Herzen, und behaltet von nun an meine Wege lieb!“ und ihr antwortet: „ja HErr, dein wollen wir sein und bleiben im Leben, Leiden und Sterben!“ und darauf empfanget ihr Leib und Blut des HErrn, zur Stärkung, daß ihr euer Versprechen halten könnet, wenn euer Herz redlich ist, zum Gericht, wenn es euch nicht Ernst ist. - Da gilt es also: entweder für mich oder wider mich. Und ihr Eltern, sollte es auch dem Einen und Andern unter euch indeß gleichgiltig gewesen sein, ob eure Kinder gute oder schlechte Christen werden, ob ihr selber Jünger und Diener dessen seyd, der euch und eure Kinder von der gegenwärtigen argen Welt erlösen und zu einem himmlischen Erbtheil bringen will, oder Weltleute nach dem hergebrachten eiteln Wandel; sollte das Eine und Andere unter euch sogar der züchtigenden Gnade Jesu Christi an sich und an seinem Kinde entgegen gearbeitet haben: morgen gilt es noch einmal eine Entscheidung zwischen euch und eurem HErrn. Es fragt sich, ob du auch da, da des HErrn Stimme abermals mit deinem Herzen so beweglich redet über der Bundes-Erneuerung deines Kindes, ob du auch da nicht dich ergreifen lässest von neuem Ernst, oder ob du wirklich bedenken willst, was zu deinem Frieden dient, um mit umgewandeltem Sinn dein und deines Hauses Heil zu schaffen auf dem Weg, welchen die heilige Schrift dich weist. Und wenn ihr auch Alle, gel. Eltern, indeß schon mit christlicher Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit gearbeitet habt an eurer Selbstbesserung und an einer Kinder-Erziehung nicht nur nach dem Sinn der Welt, sondern nach dem Sinn Gottes: auch da werdet ihr nur um so mehr euch freuen, daß ihr morgen mit euren Kindern vor den HErrn dürft treten, um zusammen den Bund mit Ihm zu erneuern, an seinem Gnadentisch euch einsegnen zu lassen für den weiteren Lebensweg, und öffentlich es Ihm zu geloben: ich und mein Haus, wir wollen dem HErrn dienen.

Gewiß, meine Freunde, ein Kind, das seinem Confirmationstag entgegengeht, ohne in seinem Herzen ergriffen zu sein, und zum Guten besonders sich angefaßt zu finden, ein solches Kind muß ein sehr verwahrlostes, ein sehr leichtsinniges Kind sein. Und ein Vater oder eine Mutter, denen auch dieser Tag wie alle Tage wäre, die nicht von frommen Gedanken und Empfindungen besonders bewegt wären - solch ein Vater- oder Mutterherz müßte ein sehr hartes und verrohtes sein. Fällt dir doch ganz von selbst die eigne Kindheit ein, wie du da auch zum erstenmal zum Altar hinzutratest mit demüthigem, vertrauensvollem Herzen, und wohl manches Gute noch in dir trugst, das du nachher verloren hast. Auch dem Aeltesten unter uns legt es sich an das Herz: du solltest in diesem, jenem Stück wieder sein, wie du als Kind warst! und indem du dieß denkst, steht dein HErr und Heiland vor dir mit seiner lieb-ernsten Ermahnung: kehre doch um, und werde wieder wie ein Kind! nütze diese Tage dazu, Kind wieder zu werden mit deinem Kind - denn ich sage dir, nur als ein Kind kommst du in's Himmelreich. Mit dem eigensinnigen Kopf, mit dem kalten, gleichgiltigen Herzen, mit dem Dünkel und Zankgeist, was der Mensch in älteren Jahren so leichthin in der Welt annimmt, damit kommt Keiner in's Himmelreich; denn da ist nicht Sitte, daß man strittig, kalt und hochmüthig ist, sondern daß man dem glaubt, der die Wahrheit ist, und den liebt, der die Liebe ist, und dem gehorcht, welcher der allein Gute, Weise und Gewaltige ist.

Nicht wahr, ihr lieben Kinder habt jetzt den guten, redlichen Willen, das zu thun, und den Gott zu eurem HErrn für Leben und Sterben zu erwählen, der euch in seinem eignen Sohn zuerst erwählt hat, der morgen euch sagen wird: hier mein Leib, für euch gebrochen! hier mein Blut, für euch vergossen! Und ihr, geliebte Eltern, auch euch schlägt das Herz höher und wärmer für den HErrn, der euch und euren Kindern zu seinem ewigen Reich der Seligkeit will aushelfen aus diesem Erdenleben, dessen Nichtigkeit ihr ja immer mehr müßt kennen lernen, je älter ihr werdet. Bei dieser Bundesschließung eurer Kinder verjüngen sich in euch die alten Bande, die einst zum HErrn euch zogen, und an Ihn euch knüpfen; die Gebete verjüngen sich vor euch, die ihr zu Ihm sandtet, die guten Gedanken und Vorsätze, die ihr schon hattet, alle die besten Stunden, die ihr, so alt ihr seyd, schon verlebtet. Und daran knüpft sich wohl bei Eltern und Kindern nur Ein trüber Gedanke: ach, wenn es nur auch so bei mir bliebe, wie es jetzt mir ist! wenn diese guten Empfindungen und Entschließungen nur auch einen festen Halt bei mir hätten, daß sie mir nicht wieder verloren gingen im gewöhnlichen Leben, sondern rechtschaffene Frucht brächten!

Aber, Geliebte, wenn es so euch ist, so gibt es auch ein Mittel, das euch gewiß nicht wird im Stich lassen, das ihr nur anwenden dürft, um nicht abermals ohne bleibende Frucht von dieser Kirche und Communion wegzugehen. Das Mittel liegt in den Worten: ich und mein Haus, wir wollen dem HErrn dienen! ihr dürft sie nur recht verstehen, nämlich so: ich will auch in meinem Hanse den Gottesdienst halten, der hier in dieser Kirche gehalten wird, der mich allemal wieder neu aufweckt und stärkt zu einem besseren Leben. Was geschieht denn hier auch an den Tagen, wie der heutige und morgige ist, daß sie mit besonderer Kraft die Herzen auf das richten, was göttlich ist? wodurch werden die Stunden hier für uns so ausgezeichnet, daß sie den andern nicht gleichsehen in unsrem Inwendigen auch an Tagen, die auswendig sonst Nichts auszeichnet? Sehet: wir beten hier, wir lesen Gottes Wort, nicht nur daß es gelesen ist, sondern wir denken auch darüber nach, wenden es an auf unser eigenes Herz und Leben, auf das, was wir erlebt haben, und auf das, was unser noch wartet, und wir ermahnen uns unter einander mit dem Ernst und mit der Güte Gottes. Sind denn nun diese Beschäftigungen nur an dieses Haus und an gewisse Tage gebunden? können wir im eigenen Hans nicht auch beten zu dem Gott, der in's Verborgene sieht, und dem das einfache Beten des Herzens gefällt, nicht das Kunstgebet eines Redner-Mundes? können wir zu Haufe nicht auch sein Wort lesen, das uns so nahe ist mit Speise für Unmündige und für Starke? können wir, was uns darin angeht, nicht auch in's Nachdenken nehmen, und damit uns selbst und unter einander ermahnen, wie es die Gelegenheit des Tages mit sich bringt? Es sind freilich meistens Kleinigkeiten, welche Tag für Tag in unsern Häusern sich ereignen; aber welche große Dinge können sie anrichten? Zorn, Verdruß, Zwistigkeiten, Schelt- und Schimpfworte, Kummer, Reue, Leichtsinn, Zerstreutheit - da eben nun zeigt es sich, wo ein christlicher Sinn zu Hause ist, und wo noch nicht. So lange wir noch weltlich gesinnt sind, wissen wir unter den häuslichen Beschwernissen nicht anders uns Luft zu machen, als damit, daß Eines mit dem Andern rechtet über herrisches Befehlen und störrisches Nicht-Gehorchen, über Unbilligkeit und Rücksichtlosigkeit und dergleichen. Das Abrechnen nimmt so kein Ende, weil es täglich neuen Anlaß gibt; Eines weiß dem Andern seine Fehler an den Fingern herzuzählen, weiß aber nicht eben so auch die eignen und fremden Fehler wieder gut zu machen - kurz, es fehlt uns an der Kunst, das Böse mit Gutem zu überwinden (Röm. 13,21. vergl. 14 ff.). Lasset uns aber einmal die Einrichtung treffen und fest darüber halten, daß in unsrem Hause täglich Gottes Wort gelesen wird mit Andacht, unter allen Umständen, ob nun Krieg oder Friede im Hause sey - gewiß wird da nicht leicht die Sonne untergehen über dem Zorn irgend eines Hausglieds. Es redet ja das Wort der Versöhnung und in demselben der Gott der Liebe mit unsern Seelen, der Funke des Guten wird jedesmal wieder angeblasen, herrliche Vorbilder der Frömmigkeit mit ihrer Demuth und Geduld treten vor uns hin, herzliche Ermahnungen, liebreiche Warnungen, eindringende Bestrafungen, helle klare Lehren und Rathschläge, wie wir in Wort und That gegen einander uns verhalten müssen, wie wir an uns selbst unsre Fehler erkennen, bekämpfen und ablegen müssen, und zu alle dem werden heilige Stärkungen aus der uns dargebotenen Gnade und Wahrheit unsres HErrn der ganzen Familie nahe gelegt. Alles dieß aber kann um so williger angenommen werden, weil da nicht Einer dem Andern seine Fehler vorhält, sondern derjenige eben, von welchem Jedem sein Gewissen sagt: der so redet, darf so mit mir reden; Ihn muß ich hören, denn Er hat mich theuer erkauft, und führt mich einmal in's Gericht, wenn ich Ihn vergeblich habe reden lassen. Kommt dann dazwischen hinein auch wieder eine Störung des Friedens und der Ordnung im Hause, so fällt einem entweder selbst ein passendes Wort der heiligen Schrift ein, das zum Licht und Stab dient, oder man weiß einander mit Liebe und Ernst daran zu erinnern, und das fruchtet mehr als harte und klagende Worte, die wir aus uns selbst nehmen; über dem Worte Gottes schlichtet sich in einem Hause, das ihm täglich Gehör gibt, Alles wieder, oder es mildert sich wenigstens, was die Herzen scheiden kann, und der Wandel wird vorsichtiger, das Herz wachsamer und williger zum Guten, man kommt dem Heiland und durch Ihn Gott näher, und in Gott kommt man einander näher. Ist das nicht ein Segen, der mit keinem Einkommen, keinem Vergnügen, keiner Gesellschaft und Ehrenbezeugung ersetzt kann werden? gewiß, einem solchen Haus widerfährt Heil! Da hat man auch nicht nöthig, wenn es schief geht im Hause, demselben zu entlaufen, in der Meynung, man wolle sich draußen bei faulem Gerede und zerstreuender Gesellschaft Rath und Freude holen, wovon man meistens nur neue Unlust nach Hause bringt, Zunder zu neuen Zerwürfnissen, Blindheit gegen sich selbst und Splitterrichterei gegen Andere. Solche Irrwege verhütet wieder das Wort Gottes; denn es lehrt uns statt jenem Umherlaufen und Herumtappen, wenn uns etwas auf dem Herzen liegt, in unser Kämmerlein gehen, und beten zu dem Vater, der in's Verborgene sieht, und das bringt Geduld in's Herz, Sanftmuth, Demuth, Glaube, Hoffnung, Liebe, Weisheit, kurz eine heilige Kraft, die immerdar neu und besser es lernt, sich zu schicken in die traurigen und freudigen Vorfälle des Hauses mit frommem Sinn und gutem Muth, dankbar zu sein in guten Tagen, den bösen Tag aber auch für gut zu nehmen und zu überwinden mit Gutem,, ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen, denn solche Wahrheit ist Gottes Wort (Joh. 8, 31 ff.). Aus einem solchen Hause geht man dann auch mit wahrer Lust und wahrem Segen zur Kirche, wenn in derselben Gottes wahrhaftiges Wort zu hören ist; der Same, der da gesäet wird, fällt in ein gutes Land, und wird durch das nachfolgende Bibellesen und Beten bewahrt, vermehrt und fruchtbar gemacht; bestätigt und bekräftigt wird euch beim öffentlichen Gottesdienst so Manches, das euch beim häuslichen durch's Herz ging, und manche Wahrheit, die im Verborgenen liegt, wird euch aufgeschlossen. Warum wirkt öffentliche Predigt und Christenlehre, auch wo sie rechter Art ist, so wenig? weil so wenig Lust dazu da ist, sie zu besuchen, und so wenig Uebung, sie recht zu benützen, und an Beidem fehlt es, weil in den Häusern so wenig das Wort Gottes wohnt, und Gott so wenig oder herzlos gedient wird mit Gebet.

Also, geliebte Eltern, meynet nicht, daß es bloße Obliegenheit der Lehrer und Prediger sey, eure Kinder zu unterweisen zur Gottseligkeit: euch selbst kommt es vornehmlich zu, dafür Sorge zu tragen; denn es sind ja eure Kinder, und ihr habt das Buch in der Hand, das dazu auch in die Häuser gegeben ist, um von Kindheit an als Unterweisung zur Seligkeit zu dienen (2 Tim. 1,5. 3,15 ff.). Meynet also auch nicht, jetzt, da eure Kinder aus Schule und Religionsunterricht entlassen sehen, habe auch Lehre, Strafe, Besserung und Erziehung in der christlichen Gerechtigkeit ein Ende. Es bleibt immer noch das Wort: „ihr Eltern, ziehet eure Kinder auf in Zucht und Vermahnung zum HErrn! meine Worte sollst du deinen Kindern schärfen Morgens und Abends, beim Aufstehen und Niederlegen! lehret und vermahnet euch unter einander, und erbauet euch selbst zu einem geistlichen Hause!“

Und ihr Kinder, beherziget die Worte: bewahret, was euch vertrauet ist, und meidet die ungeistlichen, losen Geschwätze, womit so Viele die köstliche Zeit sich wegstehlen, daß sie dann sagen müssen, sie fänden keine Zeit zum Gebet und Bibellesen. Uebet euch selbst in der Gottseligkeit, welche Verheißung hat für dieses und das zukünftige Leben; haltet euch an das Vorbild der heilsamen Worte, die ihr im bisherigen Unterricht gehört habt vom Glauben und von der Liebe in Christo Jesu - diese gute Beilage bewahret durch das heilige Wort Gottes, das ihr in Händen habt, und durch den heiligen Geist, der euch gegeben wird, wenn ihr den Vater darum bittet.

Morgen, wo euch geliebte Eltern und Kinder die Wahl vorliegt, wem ihr dienen wollt, muß es von Grund eures Herzens gesagt sein, und dann aufrichtig von euch gehalten werden: das sey ferne, daß wir den HErrn unsern Gott jemals verlassen sollten; wir wollen dem HErrn dienen, auch in unsern Häusern! In euern Gewissen müßt ihr gewiß euch angeklagt finden wegen mancherlei bisheriger Versäumnisse im Dienste Gottes und Verfehlungen. Der barmherzige Gott gebietet euch daher vor Allem, Buße zu thun, erweckt euch zum Glauben und kommt demselben entgegen mit der Versöhnung und Vergebung eurer Sünden im heiligen Abendmahl, und dazu noch mit geistlicher Kraft, daß ihr fürder mit neuem Gehorsam Ihm dienet. So bereitet denn eure Herzen zum bußfertigen und gläubigen Empfang der göttlichen Gnade, erhebet euch und betet mit mir u. s. w.

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