Baur, Wilhelm - Jesus Christus, unsere Versöhnung - Am ersten Ostertag.

Baur, Wilhelm - Jesus Christus, unsere Versöhnung - Am ersten Ostertag.

Gelobt sei Gott und der Vater unsers Herrn Jesu Christi, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten. Amen.

Der Herr ist auferstanden! Mit diesem ältesten Christengruß am Osterfest komme ich dir, du liebe Gemeinde des Auferstandenen, heute entgegen und ich höre mit Freuden im festlich bewegten Gesang euren Gegengruß: Er ist wahrhaftig auferstanden! Hier in der Kirche muss vor allem Ostern gehalten werden, denn die Kirche des Herrn ruht auf seiner Auferstehung. Aber wie gerne wir hier in der Kirche weilen, wenn der Lebensodem der Predigt von der Auferstehung durch dieselbe weht und der Gruß des Auferstandenen im Herzen geschmeckt wird: Friede sei mit euch! in die Kirchenmauern darf doch Ostern nicht eingeschlossen sein, Ostern hat die Kraft, Felsen zu sprengen, Riegeln zu brechen, Pforten zu öffnen und ein volles, fröhliches Leben weithin zu ergießen. Nicht haben sich die alten Christen mit dem Gruß begnügt: der Herr ist auferstanden! Dass er wahrhaftig auferstanden sei, das bewährten sie auf Ostern an ihrem gesamten Leben. Sie hielten fröhliche Gastmähler, aber sie wehrten der Üppigkeit durch Erbarmen mit den Hungernden und indem sie Speise und Freude in die Kammern des Elends hineintrugen, bewiesen sie, dass sie der Odem des neuen Lebens, der ein Odem der Liebe ist, wahrhaftig angerührt habe.

O dass auch wir am fröhlichen Tag der Trauernden nicht vergäßen! Sie gaben gerne an diesem Tage ihre Sklaven frei, um für die Herrliche Freiheit der Kinder Gottes zu danken, welche der Durchbrecher aller Bande, Jesus Christus, ihnen erworben. O dass auch uns zu Herzen ginge die Mahnung: Lass los, welche du mit Unrecht verbunden hast, lass ledig, welche du beschwerst, gib frei, welche du drängst, reiß weg allerlei Last! Sie gingen gerne aus den Kirchenhallen in die Fluren hinaus: an den frischen, vom Eis befreiten Wasserquellen erinnerten sie sich, wie durch den Fürsten des Lebens das natürliche Wasser zu einem gnadenreichen Wasser des Lebens in der Taufe würde, bei der fröhlich grünenden Saat dachten sie daran, dass das Saatkorn, in die Erde gefallen und verwest, aber dann in neuem Leben aufsprießend, auf den gestorbenen, aber auferstandenen Heiland deute. O dass auch wir den Zusammenhang zwischen Natur und Gnade verstünden, von dem die Christenheit singt: Ostern, Ostern, Frühlingswehen! Ostern, Ostern, Auferstehen, aus der tiefen Grabesnacht! Blumen sollen fröhlich blühen, Herzen sollen heimlich glühen, denn der Heiland ist erwacht! - Und auf die Gräber zu gehen an dem Tag, wo der Stein von des Grabes Tür gewälzt worden, das ist eine alte, aber hoffentlich nicht veraltete Sitte. O möchten die, welche schon seit Jahren liebe Gräber besuchen, auf dies Osterfest in der Hoffnung wachsen, dass, was mit Tränen gesät ward, Saat ist von Gott gesät für den Tag der fröhlichen Ernte! Möchten die, welche frische Hügel haben, mit dem Grün, das darauf sprießt, ihre Hoffnung grünen lassen: Alle Gräber sind nun heilig, Grabesträume schwinden eilig, seit im Grabe Jesus lag. Jahre, Monde, Tage, Stunden, Zeit und Raum, wie schnell verschwunden! Und es scheint ein ewiger Tag! Der Herr ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden! Welch ein Leben strömt aus dieser Botschaft! Wie schwer wird die Aufgabe, in das enge Gefäß einer Stunde zu fassen, was von Ewigkeit zu Ewigkeit flutet! Es ist gut, dass die festliche Rede in den Schranken des Gotteswortes zu bleiben hat, das die Kirche uns darbietet. Wir wenden uns mit Andacht demselben zu, singen aber zuvor noch das alte Festlied:

Christ ist erstanden
Von der Marter alle!
Des sollen wir alle froh sein,
Christus will unser Trost sein.
Wär' er nicht erstanden,
So wär' die Welt vergangen.
Nun, dass er erstanden ist,
Loben wir den Herren Jesum Christ.
Amen.

Text: 1. Kor. 5,6-8.
Euer Ruhm ist nicht fein. Wisst ihr nicht, dass ein wenig Sauerteig den ganzen Teig versäuert. Darum fegt den alten Sauerteig aus, auf dass ihr ein neuer Teig seid, gleichwie ihr ungesäuert seid. Denn wir haben auch ein Osterlamm, das ist Christus, für uns geopfert. Darum lasst uns Ostern halten, nicht im alten Sauerteig, auch nicht im Sauerteig der Bosheit und Schalkheit, sondern in dem Süßteig der Lauterkeit und der Wahrheit.

Aus demselben Brief an die Korinther, aus welchem wir vorgestern gehört: Das Wort vom Kreuz ist eine Torheit denen, die verloren werden, uns aber, die wir selig werden, ist es eine Gotteskraft, hören wir heute ein Wort vom Osterlamm der Christen. Der Apostel erinnert, wenn er sagt: wir haben auch ein Osterlamm, an das Osterlamm des Volkes Israel, um durch die Vergleichung. die Christen zur Freude an ihrem Osterlamm, zum Erweis des Danks in neuem Leben zu bringen. Durch das Blut des Lammes, mit welchem jeder Hausvater die Pfosten seiner Tür besprengen sollte, ward einst Israel aus Ägyptens Knechtschaft erlöset: wir sind durch Christi Blut, das allein heilige und in Liebe für uns vergossene, von der Sünde, dem Tod, dem Gericht erlöst. Israel hat. jene wunderbare Verschonung und Errettung, die ihm widerfahren war, nie vergessen, alle Jahre ward das Osterfest zur Erinnerung daran gefeiert, die Eltern erzählten die Geschichte den fragenden Kindern und von Geschlecht zu Geschlecht pflanzte so die Kunde sich fort. Wie könnten wir vergessen, wie unser Herr und Heiland sich für uns in den Tod dahingegeben und wie ihn der Vater um unserer Gerechtigkeit willen von den Toten wieder auferweckt hat! Zu den eigentümlichen Gebräuchen des Osterfestes in Israel gehörte das Ausfegen alles Sauerteiges aus dem Haus, das Essen der süßen Brote. So, meint Paulus, sollten die Christen um ihres Osterlammes willen den alten Sauerteig und den Sauerteig der Schalkheit und Bosheit ausfegen und nur den Süßteig der Lauterkeit und Wahrheit gelten lassen. Aber es war in Korinth viel alter Sauerteig geblieben. Der alte Weisheitsdünkel hatte Streitigkeiten unter den Christen herbeigeführt, als ob sie nicht alle Einen Heiland hätten. Die alte Genusssucht hatte die Liebesmahle verunreinigt, als ob diese Mahle fürs Essen und Trinken eingerichtet gewesen wären und nicht vielmehr das gemeinsame Essen und Trinken nur eine Gelegenheit zur Gemeinschaft in der Liebe hätte sein sollen. Und namentlich war etwas von dem Sauerteig der fleischlichen Liebe übrig geblieben, den Paulus mit allem Ernst wollte ausgefegt haben, damit er nicht den ganzen Teig versäure! Aus allen diesen Gründen war der Korinther Ruhm nicht fein. Und nun, meine Lieben, wie stehts mit uns, die wir des Apostels Wort hören? Ist unser Ruhm fein? Halten wir das Osterlamm in Ehren? Tun wir von uns ab, was mit ihm sich nicht verträgt? Wir werden Antwort auf diese Fragen erhalten, wenn wir heute reden von dem Ruhm der christlichen Ostergemeinde und bedenken, wer dieser Ruhm ist, und wodurch wir beweisen, dass er unser Ruhm ist.

I.

Wer ist unser Ruhm, liebe Ostergemeinde? so frag' ich, nicht mit einer Rätselfrage, sondern um die Antwort, die auf jeder Lippe schwebt, in euer aller Namen aussprechen zu dürfen: unser Ruhm ist unser Osterlamm, Jesus Christus, der Gekreuzigte und Auferstandene. Wir spürens der Rede des Apostels an, dass er sich seines Heilandes rühmen will als dessen, in welchem das Vorbild des alten Bundes seine herrliche Erfüllung gefunden hat, wenn er spricht: Wir haben auch ein Osterlamm, das ist Christus für uns geopfert. Das klingt freilich wie Karfreitag, das lautet, als ob noch einmal die Losung ausgegeben werden sollte: es sei aber ferne von mir rühmen denn allein von dem Kreuz Jesu Christi. (Gal. 6,14.) Ja, liebe Ostergemeinde, des Kreuzes Ruhm soll auf Ostern nicht vernichtet, sondern bestätigt werden: dass der Gekreuzigte auferstanden ist, das macht uns auf Ostern so fröhlich, das ist der Grund aller Christenfreude. Denkt euch: der Heiland wäre im Grab geblieben, der Stein, den die Juden so sorgfältig davor geschoben hatten, wäre nicht weggewälzt, das Siegel, das sie so vorsichtig darauf gedrückt, wäre nicht erbrochen, die Wacht menschlicher Wächter über das Leben des lebendigen Gottes wäre nicht zu Schanden geworden dann mochten die Frommen noch so fröhlich gehofft haben, Christus werde Israel erlösen und durch Israel die ganze Welt, die Hoffnung war dahin: das Wort, das vom Himmel herab erklungen war: dies ist mein lieber Sohn an dem ich Wohlgefallen habe, war dann eine trügerische Stimme, die Aussagen, die der Herr von sich selbst gemacht, waren Lügen, seine Wundertaten teuflisches Gaukelspiel, die Jünger waren die ärmsten und betrogensten unter allen Menschen - es gab keine Vergebung der Sünden in Jesu von Nazareth, es gab kein erhörliches Gebet in seinem Namen, es gab keine Gemeinschaft derer, die auf ihn trauten, es gab keine Aussicht auf ein ewiges, herrliches Reich, die Pharisäer und Schriftgelehrten, die Obersten und Hohenpriester, Pilatus, und Herodes, Judas und der Teufel, der in ihn gefahren, hatten Recht - und wo war Gott, der lebendige Gott? wo war sein Sohn? wo blieb der Geist, den er zu senden verheißen? Geliebte, wir haben nichts unterlassen, um zu bezeugen, dass auf dem Tod Christi am Kreuz unsere Versöhnung ruht.

Aber wir dürfen auch nichts unterlassen, um zu bezeugen, dass die Auferweckung des Gekreuzigten die Bestätigung ist der Versöhnung, die er geschaffen. Mit dem Blut Christi ist unser Freibrief geschrieben: der lebendige Gott hat durch die Auferweckung das Siegel darauf gedrückt. Durch die Auferstehung ist die geschichtliche Wirklichkeit des Kreuzestodes zur ewig gültigen Wahrheit geworden. So können wir Christen Tod und Auferstehung nicht trennen. Wir können am Kreuz das Wort nicht vergessen: wenn er sein Leben zum Schuldopfer gegeben hat, wird er in die Länge leben, und im Garten des Joseph von Arimathia freuen wir uns, dass wir den Auferstandenen an den Wundenmalen, die er an sich trägt, als den zuvor für uns Gekreuzigten wieder erkennen. Ein Osterlamm, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt am Kreuz getilgt, das aber ein Ostern gefeiert als Löwe aus dem Stamme Juda, der überwunden, ein Gekreuzigter der auferstanden ist, der ist unser Ruhm. Und durch die Verkündigung dieses Ruhms ward die Kirche einst gegründet und hat sie heute Bestand. Darauf liebe Christen bitt' ich euch zu merken. Ihr wisst, was der Kreuzestod aus den Zwölfen gemacht hatte, zerschlagene, furchtsame, von der Himmelshoffnung in den tiefsten Trübsinn herabgestürzte Menschen, die wahrhaftig nicht danach aussahen, als ob sie die Welt erobern wollten. Und was geschieht? Sie erobern dennoch die Welt, auf einmal scheint das Wort ihnen durch die Seele gefahren zu sein wie Todesmut und Lebenshoffnung: Fürchte dich nicht, du kleine Herde, denn es ist eures Vaters Wohlgefallen, euch das Reich zu geben, und wodurch ist das geschehen? Hört sie selbst. Dort steht Petrus am Pfingstfest vor dem versammelten Volk und hält eine Predigt, durch. welche dreitausend Seelen zu der Gemeinde hinzu getan wurden, und diese Predigt gipfelt in der Verkündigung: Diesen Jesum hat Gott auferweckt, des sind wir alle Zeugen. So wisse nun das ganze Haus Israel, dass Gott diesen Jesum den ihr gekreuzigt habt, zu einem Herrn und Christ gemacht hat. (Apostelgesch. 2, 32 u. 36.) Gehet weiter. Als Petrus und Johannes in Jesu, des Auferstandenen Namen, dem Lahmen zur Auferstehung geholfen und das Volk sich darob wunderte und entsetzte, da gab Petrus dem die Ehre, der sein Ruhm war und sprach: den Fürsten des Lebens habt ihr getötet, den hat Gott auferweckt von den Toten, des sind wir Zeugen. Und euch zuvörderst hat Gott auferweckt sein Kind Jesum und hat ihn gesandt, euch zu segnen, dass ein Jeglicher sich bekehre von seiner Bosheit (Apostelgesch. 3). Und so gehts immer weiter. Mit großer Kraft - das ist die kurze Schilderung dessen, was die Apostel getan - gaben die Apostel Zeugnis von der Auferstehung des Herrn Jesu und war große Gnade bei ihnen allen. (Apostelgesch. 4 33.) Stephanus starb für wen? für einen Toten? Wahrhaftig nein, für den Lebendigen, den er unter dem Regen tödlicher Steine sah zur Rechten Gottes und zu dem er fröhlich in Hoffnung rief: Herr, Jesu, nimm meinen Geist auf. (Apostelgesch. 7,58.) Und der Jüngling, zu dessen Füßen die Mörder des Stephanus ihre Kleider niedergelegt hatten, Saulus, ward bald ein Paulus, weil er dem nicht widerstehen konnte, den er für tot hielt, der aber vom Himmel her als der Fürst des Lebens rief: Saul, Saul, was verfolgst du mich! Es wird dir schwer werden, wider den Stachel zu löcken. Und wollt ihr sehen, wie Paulus zu den Zwölfen als Zeuge der Auferstehung sich gesellte, dann lest nur in diesem Brief an die Korinther sein Zeugnis: Ist Christus nicht auferstanden, so ist unsere Predigt vergeblich, so ist auch euer Glaube vergeblich, so seid ihr noch in euren Sünden, so sind auch die, die in Christo entschlafen sind, verloren! Der Tod ist verschlungen in den Sieg, Tod, wo ist dein Stachel? Hölle wo ist dein Sieg? Gott sei Dank, der uns den Sieg gegeben hat durch unsern Herrn Jesum Christ. (1. Kor. 15.)

Geliebte im Herrn! Was der Apostel Ruhm war, das sollte doch auch unser Ruhm sein. Wodurch die Gemeinde ursprünglich gegründet ward, darauf muss sie fort und fort ruhen. Es ist auch unser Christentum, Predigt, Glaube, Gottesdienst, Leben, nichts ohne den auferstandenen Christus. Dass der Gekreuzigte wieder auferstanden, darauf beruht auch für uns die Wirklichkeit und Wahrhaftigkeit des Christus, wie ihn die Schrift uns verkündigt und wie wir ihn glauben. In dieser Zusammenfassung: gekreuzigt und auferstanden, liegt zugleich jede andere Einheit des Wesens unseres Heilandes, dessen wir uns trösten: seine Demut, mit der er sich bis in unser tiefstes Elend herabgelassen und Heine Herrlichkeit, die auch aus der Knechtsgestalt uns anleuchtet; sein Daheimsein auf Erden, wo er versucht ward allenthalben gleich wie wir, nur ohne Sünde, und sein viel völligeres Daheimsein im Himmel, von dannen er gekommen, dahin er zurückgekehrt; dass er keine Gestalt noch Schöne hatte und doch der Abglanz Gottes und das Ebenbild seines Wesens ist; seine Erscheinung in der Zeit und die Losung: Jesus Christus gestern und heute und derselbige auch in Ewigkeit - das alles ist wirklich und wahrhaftig durch die Zusammenfassung: den die Juden gekreuzigt hatten, den hat Gott auferweckt. Und wie die Wirklichkeit und Wahrhaftigkeit des Wesens Jesu Christi auf seiner Auferstehung beruht, so auch die Kraft der Gnadenmittel, die er uns, wie ein König seinem Volk, zurückgelassen hat. Welches Recht hätten wir, dies Gotteswort, dessen Kern und Stern Jesus Christus ist, als ein lebendiges und kräftiges zu verkündigen und welche Zuversicht könntet ihr aus dem Wort schöpfen, wenn es das Wort wäre eines zwar weisen Mannes, der sich aber über sich selbst getäuscht, eines frommen Mannes, der nur sein Leben mit der Eitelkeit befleckt, mehr sein zu wollen als andere Menschenkinder? Nun aber der, von welchem das Wort zeugt, auferstanden ist von den Toten, nun erweist sich das Evangelium von Christo als eine Kraft Gottes selig zu machen Alle, die daran glauben. Und das Abendmahl - ja ein Gedächtnismahl an einen lieben Toten, könnte es sein ohne die Auferstehung des Herrn, aber zu dem was es in Wahrheit ist, wird es erst durch die Auferstehung, zu einem Mahl, da Christus selbst gegenwärtig ist und sich uns zu eigen gibt, zu einem Mahl des neuen Lebens, das auch unsern Tod einst überwinden wird! Und unser Gebet im Namen Jesu tun wir es im Namen eines Toten, der sich besonderer Gnade bei dem himmlischen Vater teilhaftig gehalten, dem aber der Vater des kein Zeugnis gegeben - nein! wir tun es im Namen dessen, der von Ewigkeit her bei dem Vater war, aus Gehorsam sich kreuzigen ließ, den aber Gott als seinen lieben Sohn an sein Herz zurückgenommen, der zur Rechten Gottes sitzt und uns vertritt! Und unsere Belehrung - sie wird wie die des Paulus von dem Auferstandenen gewirkt! Und unsere Versöhnung - sie hat ihr Siegel in der Auferstehung des Herrn! Und unser Mut im Leben, Mut die Sünde zu bekämpfen und der Welt zu trotzen, er kommt von dem, der spricht: Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende!

Und unsere Auferstehung? Jesus, er mein Heiland lebt, ich werd' auch das Leben schauen, sein, wo mein Erlöser schwebt, warum sollte mir denn grauen. Lässet auch ein Haupt sein Glied, welches es nicht nach sich zieht! Dass der Gekreuzigte auferstanden und dass in ihm das Leben vor uns liegt wie ein seliges, herrliches, nie zu erschöpfendes, Himmel und Erde, Vergangenheit und Zukunft, den Einzelnen und die Menschheit zusammenfassendes Gut, dass wir Christen durch Christum Menschen ewig grüner Hoffnung sind, das ist unser Ruhm! Und laut soll dieser Ruhm am heutigen Osterfest gesungen werden: Nun, Gott sei Dank, der uns den Sieg durch Jesum hat gegeben, der uns den Frieden für den Krieg und für den Tod das Leben erworben, der die Sünd und Tod, Welt, Teufel, Höll' und was in Not uns stürzet, überwunden!

II.

Jesus Christus, der Auferstandene, ist der Ruhm der Ostergemeinde. Wodurch beweisen wir nun, dass der Auferstandene auch unser Ruhm ist? Das ist die andere Frage, die wir heute beantworten wollten. Ich gebe die Antwort: Dadurch, dass der auferstandene Christus unser Wesen und Leben durchleuchtet. An die Korinther schrieb Paulus: Euer Ruhm ist nicht fein. Wisst ihr nicht, dass ein wenig Sauerteig den ganzen Teig versäuert? Und was meint ihr wohl, worauf Paulus hingedeutet habe? Es war in der Christengemeinde zu Korinth ein Fall eines unerlaubten Verhältnisses und grober Fleischessünde vorgekommen und dass die ganze Gemeinde den Sünder nicht alsbald aus sich hinausgetan, wie sich Paulus ausdrückt, zum Verderben des Fleisches, auf dass der Geist selig werde am Tag des Herrn Jesu, das entrüstet den Apostel, das bringt ihn zu dem Ausruf: Euer Ruhm ist nicht fein. Wisst ihr nicht, dass ein wenig Sauerteig den ganzen Teig versäuert? liebe Christen! Wenn wir unsere heutige Christengemeine nach des Apostels Maßstab messen, wo bleibt dann unser Ruhm? Lasst uns doch zusehen, ob unser Ruhm fein ist, lasst uns aber nicht stehen bleiben bei dem einen Punkt des unzüchtigen Lebens - ach, welche Scham muss uns da schon ankommen! Lasst uns einmal im Licht des Osterfestes über das ganze Leben der Christen unserer Tage hinschauen. Was sehen wir zuerst? Nicht einmal geglaubt wird an die Wundertat Gottes, an die Auferweckung, auf welcher nicht nur dieses schöne Fest, auf welcher die Kirche, auf welcher das Heil der Welt, auf welcher das ewige Leben im Gottesreich ruht. Dass es Menschen gibt, welche überhaupt keine Auferstehung und darum auch nicht Christi Auferstehung glauben, darüber wollen wir uns nicht wundern. Das ist das uralte Heidentum des natürlichen Menschen, der nichts hat von der gewissen Zuversicht des, das man hofft und nicht zweifelt an dem, das man nicht sieht. Aber dass innerhalb der Christenheit der Unglaube, der in dem Zweifel an der Auferstehung gipfelt, wie ein Sauerteig um sich greift, dass aus den Kreisen der Gebildeten die alte heidnische Weisheit zu den Schlichten und Einfältigen hinabdringt, dass die Glaubensmattigkeit, welche in der Gemeinde wohnt, auf die Prediger des Worts zurückwirkt, dass von manchen Kanzeln der freudige Ruf: der Herr ist auferstanden! nicht mehr erschallt, dass die leibliche Auferstehung des Herrn in ein nur geistliches Fortleben verflüchtigt wird, dass geradezu gepredigt wird: die Kirche fällt nicht mit dem Glauben an die Auferstehung, während sie doch allein durch diesen Glauben zu Stande gekommen ist - das macht unsern Ruhm zunichte, denn unser Ruhm ist Christus, der Auferstandene. Eine ganz einfache Folgerung aus dem Mangel an Glauben an den Auferstandenen ist aber die irdische, fleischliche, weltliche Gesinnung: dem Mangel an Glauben folgt Mangel an Liebe. Ist die Liebe, die am Kreuz gestorben, nicht durch die Auferstehung als die ewige Liebe kräftig erwiesen, ist es nicht die Liebe Gottes, die durch Kreuzestod und Auferweckung uns eine Versöhnung, Frieden, Leben geschafft dann fehlt es unserem Leben an der Liebe, denn unsere Liebe ist nur Gegenliebe, dankbare Liebe, dann fehlt es an der Weihe unsers Tuns durch die Hingabe an den, der uns zuerst geliebt hat und an die Brüder, die wir um seinetwillen lieben sollen. Und wenn die heilige Liebe unserem Leben nicht die rechte Weihe gibt, welche Macht wäre stark genug, den zur Gemeinheit geneigten Menschen vom Verfall in die irdische Gesinnung, sei es in den schnöden Dienst des Mammons oder in die eitle Pracht dieser Welt oder in den tödlichen Genuss des Fleisches zurückzuhalten? Ach, liebe Christen, die Diesseitigkeit, Weltlichkeit, Fleischlichkeit und Eitelkeit, welche die Christenheit weiter und weiter zu durchdringen droht wie ein Sauerteig, macht, dass unser Ruhm nicht fein ist. Und wo der Glaube an den Auferstandenen fehlt, muss da mit der Liebe nicht auch die Hoffnung sterben? Ist die Hoffnungslosigkeit nicht auch ein Zug in dem Angesicht vieler Christen unserer Tage? Der Selbstmord, den man sonst als ein Zeichen verfallenden Heidentums angesehen hat, kommt er nicht in der Christenheit immer häufiger vor als ein Zeichen, dass das Christentum ins Heidentum zurückfällt? Der fromme Dichter hat gesungen: alle Schranken sind entriegelt, alle Hoffnung ist versiegelt und beflügelt jedes Herz: und es klagt bei keiner Leiche nimmermehr der kalte, bleiche, gottverlassene Heidenschmerz. Kann man das von unserer Christenheit sagen? Klagt nicht bei gar mancher Leiche immer noch der kalte, bleiche, gottverlassene Heidenschmerz? Und selbst die Christen, welche von den Gräbern weggehen und sich den Trost zuflüstern: Wiedersehen! haben sie die volle lebendige Hoffnung, zu der wir durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten sollen wiedergeboren werden? Blicken sie von den lieben Menschen, die sie gern wiedersehen wollen, zu dem Herrn auf, der sie wiedergibt, erheben sie sich aus der Familie und Freundschaft zum Reich Gottes, das erscheinen soll? Unser Ruhm ist nicht fein, liebe Christen! Darum gilt uns des Apostels Mahnung, darum fegt den alten Sauerteig aus, auf dass ihr ein neuer Teig seid, gleichwie ihr ungesäuert seid. Lasst uns Ostern halten, nicht im alten Sauerteig, auch nicht im Sauerteig der Bosheit und Schalkheit, sondern in dem Süßteig der Lauterkeit und der Wahrheit. Der Sinn dieser Gleichnisworte ist deutlich: den alten Sauerteig, das Leben eines Menschen, der keinen Heiland hat, und den Sauerteig der Bosheit und Schalkheit, das Leben eines Menschen, der den Auferstandenen kennt, aber ihm nicht die volle Wirkung auf seine Erneuerung einräumt, sollen wir abtun und im Süßteig der Lauterkeit und Wahrheit sollen wir wandeln als solche, die wahrhaftig glauben und lauter leben. Möchtet ihr einen Menschen sehen, der an den Auferstandenen glaubte und als ein Auferstandener lebte, dessen Ruhm Jesus Christus war und der sein Leben von diesem Ruhm ganz durchleuchten ließ? Ich kann euch einen solchen Menschen zeigen, es ist derselbe, welcher uns heute zuruft: wir haben auch ein Osterlamm, das ist Christus für uns geopfert, aber euer Ruhm ist nicht fein, dass ihr euer Leben ihm nicht zum Dankopfer bringt, es ist der Apostel Paulus. Er wandelte einst ohne den Heiland, er tobte wider die Gemeinde des Herrn, weil er an den Herrn nicht glaubte, dass er von den Toten auferstanden sei. Da hat sich ihm der Auferstandene gezeigt. Am letzten nach allen, sagt Paulus selbst, ist er auch von mir, als einer unzeitigen Geburt, gesehen worden. Denn ich bin der geringste unter den Aposteln, als der ich nicht wert bin, dass ich ein Apostel heiße, darum dass ich die Gemeinde Gottes verfolgt habe. (1. Kor. 15,8.9.) Und nachdem der Apostel Paulus den Auferstandenen erkannt, nachdem er von ihm überwältigt worden war, was tut er nun? Sein ganzes Leben leuchtet hinfort im Glanz des auferstandenen Christus. Nicht nur sein inneres Leben, so dass er sprechen darf: als die Traurigen, aber allezeit fröhlich, als die Armen und die doch viele reich machen, als die nichts inne haben und doch alles haben (2. Kor. 6,10), nein, er ruft den Ruhm des Auferstandenen aus, er durchzieht die Welt als der Herold des Wunderhelden, der dem Tod den Stachel, der Hölle den Sieg genommen hat. Wird der Mann durch diesen Glauben unbrauchbar für das Leben auf Erden? Freilich, was seine Seele ganz erfüllt, ist die Seligkeit der Seelen durch Christum. Aber so werktüchtig ist dieser Glaubensmann, dass er nicht allein in der Predigt mehr arbeitet denn die andern alle (1. Kor. 15,10.) durch die Gnade, die in ihm ist, sondern dass er neben dem Apostelberuf in dem irdischen Beruf eines Handwerkers bleibt, um sich seinen Unterhalt zu gewinnen und seine Predigt nicht als eine gewinnsüchtige verlästern zu lassen. Hat er in krankhafter Sehnsucht den Blick nach dem Auferstandenen hinaufgerichtet? Freilich er wandelt auf Erden schon wie im Himmel und wartet von dannen des Heilandes, Jesu Christi des Herrn, der seinen nichtigen Leib verklären wird, er hat Lust abzuscheiden und bei Christo zu sein, aber um der Gemeinde willen bleibt er noch gerne. So geht er seinen Weg in der Kraft des Auferstandenen weiter. Unsäglich ist das Leiden, das über ihn kommt, aber der Glanz der Auferstehung Christi erlischt nie in seinem Leben. Wir haben solchen Schatz in irdischen Gefäßen, so spricht er mitten in der Trübsal glaubensfröhlich, auf dass die überschwängliche Kraft sei Gottes und nicht von uns. Wir haben allenthalben Trübsal, aber wir ängsten uns nicht. Uns ist bange, aber wir verzagen nicht. Wir leiden Verfolgung, aber wir werden nicht verlassen. Wir werden unterdrückt, aber wir kommen nicht um. Und tragen um allezeit das Sterben des Herrn Jesu an unserem Leib, auf dass auch das Leben des Herrn Jesu an unserem Leib offenbar werde. (2. Kor. 4,7-10.) O, liebe Gemeinde, dass ein Jeder von uns wie Paulus von unserem Ruhm, welcher ist Christus, sich durchstrahlen ließe! (1. Kor. 15,53-57.) Dass wir alle, mit Christo verborgen in Gott, mit ihm offenbar werden möchten in der Herrlichkeit! Trage, liebe Ostergemeinde, den Ruhm deines Lebensfürsten hinaus mit Wort und Werk, lass durch all dein Wesen die Botschaft bekräftigt werden:

Ich sag es Jedem, dass er lebt
Und auferstanden ist,
Dass er in unserer Mitte schwebt
Und ewig bei uns ist!
Ich sag es Jedem, Jeder sagt
Es seinen Freunden gleich,
Dass bald an allen Orten tagt
Das neue Himmelreich.

Hinunter in das tiefe Meer
Versank des Todes Graun,
Und Jeder kann nun leicht und her
In seine Zukunft schaun.
Er lebt und wird nun bei uns sein
Wenn Alles uns verlässt,
Und so soll dieser Tag uns sein
Ein Weltverjüngungsfest.

Amen.

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